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Die Liebe im leisen Land

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
176 Seiten
Deutsch
Amalthea Signum Verlagerschienen am20.01.20211. Auflage
Stille Tage in New York Sie waren doch eigentlich ein stimmiges Paar: Amy, die ehrgeizige Amerikanerin aus gutem Hause, und der Journalist und Arthur Rimbaud verehrende Österreicher Tom. Stürmisch verliebt und einander bedingungslos ergeben heirateten sie. Doch nach und nach zeigen sich Risse, schleichen sich erste Misstöne in die Harmonie ihrer Ehe. Als eine Pandemie auch New York heimsucht und das alltägliche Leben zum Stillstand kommt, ist die Konfrontation mit ihren Problemen unausweichlich. Denn Stille ist nicht immer friedlich. Innere Konflikte, Ängste und Zweifel, Träume und Sehnsüchte kommen ans Licht und werden zur Zerreißprobe für das Paar ... Eine Beziehung am Scheideweg: bewegend, emotional, mitreißend

Reinhold Bilgeri, Mag., geboren in Hohenems/Vorarlberg, ist Singer-Songwriter, Drehbuchautor, Filmemacher und Schriftsteller. Als Pop-/Rocksänger verkaufte er international über 3 Millionen Tonträger und veröffentlichte 2005 mit 'Der Atem des Himmels' seinen ersten Roman, der zum Bestseller avancierte.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

KlappentextStille Tage in New York Sie waren doch eigentlich ein stimmiges Paar: Amy, die ehrgeizige Amerikanerin aus gutem Hause, und der Journalist und Arthur Rimbaud verehrende Österreicher Tom. Stürmisch verliebt und einander bedingungslos ergeben heirateten sie. Doch nach und nach zeigen sich Risse, schleichen sich erste Misstöne in die Harmonie ihrer Ehe. Als eine Pandemie auch New York heimsucht und das alltägliche Leben zum Stillstand kommt, ist die Konfrontation mit ihren Problemen unausweichlich. Denn Stille ist nicht immer friedlich. Innere Konflikte, Ängste und Zweifel, Träume und Sehnsüchte kommen ans Licht und werden zur Zerreißprobe für das Paar ... Eine Beziehung am Scheideweg: bewegend, emotional, mitreißend

Reinhold Bilgeri, Mag., geboren in Hohenems/Vorarlberg, ist Singer-Songwriter, Drehbuchautor, Filmemacher und Schriftsteller. Als Pop-/Rocksänger verkaufte er international über 3 Millionen Tonträger und veröffentlichte 2005 mit 'Der Atem des Himmels' seinen ersten Roman, der zum Bestseller avancierte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783903217706
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum20.01.2021
Auflage1. Auflage
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1042 Kbytes
Artikel-Nr.5609830
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I

Als Tom Maas die Augen aufschlug, kam die Decke auf ihn zu. So gemächlich, dass er es nicht gleich als Bedrohung verstehen wollte. Der verstaubte Lüster wurde immer größer und die Stuckornamente gewannen an Kontur, um gleich wieder zu verschwimmen, bevor es ganz schwarz wurde.

Aber kein Aufprall, nur ein dumpfer Druck auf dem ganzen Körper und dann dieser Kalkgeruch - Geist und Seele wichen zur Seite, als wär s die Offenbarung der Gretchenfrage. Wenn die beiden dem Druck weichen können, hätten die Dualisten ja doch recht, fuhr s ihm durch den Kopf, sollten die sich tatsächlich davonmachen, während der Körper sein Leben aushaucht, dann wäre die Sache geklärt und die Transzendenz hätte ihm, dem der Glaube fehlte, eine vor den Latz geknallt. Solche Dinge denkt man, wenn einem die Luft fehlt, dachte er.

Eine Ahnung schob sich dazwischen - alles nur ein Traum -, aber dann wieder diese konkreten Schmerzen, die Sache war noch nicht zu Ende. Das Gewicht der Decke hatte begonnen, seinen Brustkorb auf Herz und Lunge zu pressen, die Glasfigürchen des Lüsters und die elektrischen Kerzen zerbröselten samt Halterung auf seiner Haut, tausend Nadelstiche und ein Hauch von versengtem Kupferdraht, dann das Bersten der Rippen - das war keine Einbildung, eine kratzte doch an der Lunge, die sich gerade blähen wollte, und gleichzeitig schlüpfte ein Stück Magensack durch seine Zwerchfellhernie und reizte den Vagusnerv, was die Elektrik des Herzens aus dem Lot brachte. Ein Flimmern war die Folge, Kammerflimmern? Tom versuchte zu husten, pressend den Atem anzuhalten, um die stolpernde Tachykardie einzufangen, wäre nicht das erste Mal gewesen, aber er bekam keine Luft mehr, also womit pressen? Wenn jetzt gleich die Sache mit dem berühmten Lebensfilm abläuft, dann bin ich also dran, schloss er. Sein Mund hatte den Satz formuliert, ohne Ton, und doch klang er als Echo von der Schädeldecke zurück. Die Zeitrafferbilder blieben aus, kein Lebensfilm. Das beruhigte für den Augenblick. Doch nicht der Tod. Noch nicht.

Ein heißer Blutschwall stieg ihm in den Kopf und ließ ihn hochfahren, wie einen Taucher, der mit leeren Lungen aus dem Wasser schießt. Luftjapsen, Herzjagen, er saß im Bett, schweißnass, wie ausgespuckt. Angst war keine dabei, seltsamerweise, eher Neugier auf das Kommende und Wut über die Entgleisung seiner Organe. Die ontologischen Überlegungen hatten sich erübrigt - er lebte. In Dreieinigkeit lebte er, Körper, Geist und Seele. Er griff sich ab, um vermeintliche Verletzungen zu ertasten. Auf seiner Brusthaut entdeckte er einen Fächer rötlicher Kratzer, die wohl von der Uhr an seinem Handgelenk herrührten. Er war also in Bauchlage, auf seinem linken Arm liegend, eingeschlafen und wieder aufgewacht.

Erst unter dem eisigen Duschstrahl kam er zu sich. Als er aus der Kabine trat, verharrte er eine Weile vor dem Fenster, hielt die Landschaft fest mit seinem Blick, um sich zu vergewissern, dass der Albtraum vorüber war. Er roch das duftende Kirschholz, den vertrauten Meinl-Kaffeeduft aus dem unteren Stock, Amy würde schon wach sein, sie war ein früher Vogel. Er sah draußen die grün-gelben Hügel, die erhaben zwischen Strauchwerk und verwitterten Totems zum Hudson River hinflossen. Alles vertraut, er war in seinem Wochenendhäuschen in Poughkeepsie, einem verschlafenen Nest in Dutchess County, im Schoße einstiger Wappani-Weiden (»die schilfbedeckte Hütte am kleinen Wasserplatz« hatten die Indianer die Stelle genannt). Eine Idylle, neunzig Minuten von seinem Townhouse in New York entfernt, nur eine Weile Gerumpel mit der Metro-North Railroad durch die früheren Jagdgründe der Ureinwohner, deren Geister noch immer hier spukten. Er war daheim, nicht ganz, aber in vertrauter Umgebung.

Als Tom in die Hosen stieg, spürte er, dass er unsicher auf den Beinen war, seine linke Hand zitterte, noch halb eingeschlafen vom Druck seines Körpers. Er hatte schon öfter Todesängste erlebt, wenn sein Herz aus dem Rhythmus geraten war, aber seine Ärzte hatten das immer als psychosomatisch bedingte funktionale Störungen abgetan, wahrscheinlich berufsbedingt, von organischen Erkrankungen keine Spur. Sie hatten wohl recht, die Ärzte und ihre Geräte, aber die Aussetzer, die fehlenden Schläge, gingen nicht spurlos an ihm vorüber, die Ahnung, er hinge über einem Abgrund, hielt sich beharrlich. Seit die Heimsuchung durch dieses Gespenst den ganzen Planeten zum Stillstand gebracht hatte, stellte sich plötzlich sein Innenleben auf die Bühne, die Organe, die Nerven, das Gewissen, die Seele, weiß der Teufel. Die trockene Sicht der Profis, die ihn offensichtlich für einen »Hypochonder« hielten - in Wien nannten sie das »Psycherl« -, half ihm, seine Phobien in den Griff zu bekommen. Er lernte damit zu leben.

Ins Kaffeearoma hatte sich inzwischen Amys Parfum gemischt, ein vertrauter Duft, sie hatte sich offensichtlich schon zurechtgemacht. Aber wozu? Wollte sie ausgehen? Nein, sie hätte ihn schon gestern in ihre Pläne eingeweiht, wenn es so wäre. Noch wollte er es nicht wahrhaben, aber er war beunruhigt, und seit einiger Zeit schien es tatsächlich Gründe dafür zu geben. Amy schien nicht mehr dieselbe - oder seine eigene Wahrnehmung war getrübt. Er hörte ihre vertrauten Geräusche unten am Schreibtisch, sie saß einen Stock tiefer an ihrer alten Stenografiermaschine, vertieft in ihre Fingerübungen.

Tom hatte sich vor sieben Jahren in sie verliebt und sie sich in ihn, und sie hatte ihn an New York gebunden wie die Erde den Mond bindet, oder umgekehrt, verlässlich jedenfalls, mit einer mathematischen Gewissheit, die Dauer versprach, ihn, Thomas Maas, den Wiener aus Pötzleinsdorf, der den Schafberg liebte. Amy Alister, seit fünf Jahren seine Frau, hatte seinen Hausberg fast entzaubert, um Tom, drüben in Amerika, in einem neuen Zauber zu fangen: Manhattan.

Er konnte den treibenden Rhythmus ihrer Finger hören, die über die Akkord-Tastatur flogen. Sie liebte dieses altmodische Gerät, das längst durch digitale Gerichtsprotokolle ersetzt worden war, aber für ihre analoge Seele klang es wie Musik, im Gegensatz zum glatten Laptop-Getippse. Amy war schon in Yale die Schnellste gewesen, die Verrückteste, die Künstlerin unter den Kommilitoninnen, und hübsch obendrein. Master-Abschluss in Jus, Anwaltspatent. Strebsamkeit, Ehrgeiz und Disziplin hatten ihr Vater und Großvater, die lange schon tot waren, in die DNA gemeißelt.

Tom glaubte, an der Dynamik ihres Anschlags ihren Gemütszustand erkennen zu können. Im Moment fegte ein Solo über die Tasten, zügellos und beherrscht zugleich, und erzählte wohl eine Geschichte, die so schwarz war wie der Himmel über New Hampshire in einer kalten Jännernacht, aber sicher war er sich nicht. Irgendwas störte. Noch ein Rätsel in der Welt.

»Dir geht s gut heute, Amy, ich kann s hören«, log er durch den Spalt der Badezimmertür. Von seinem eigenen Zustand oder gar von seiner Todesahnung wollte er noch nichts erzählen, um sie nicht zu beunruhigen. Wie gesagt, die Stimmung war in letzter Zeit ein wenig angespannt, subtil nur, ohne Eklat. Keine Reaktion von unten.

Offensichtlich hatte sie Kopfhörer im Ohr und tippte eine ihrer alten Übungskassetten durch - längst vergangene Gerichtsverhandlungen mit Hochtempo-Dialogen und Kreuzverhören - ein ziemlich anachronistisches Geistestraining. Eigentlich ein Aufwärmritual für Gerichtsschreiber, das sie sich schon bald nach ihren Examen auferlegt hatte und bis heute durchzog, obwohl sie längst in einer großen Anwaltskanzlei beschäftigt war, die sich um Steuerrecht und Immobiliengeschäfte kümmerte. Sie machte es aus gehirnsportlichen Gründen, als Therapie zur Sammlung und Schärfung ihres Verstandes. »Ganglien durchputzen« nannte sie das. Auch zur Beruhigung tat sie es, es werde ihr dann so wohlig warm im Kopf und auch im Bauch, ähnlich dem Gefühl, wenn sich ein kräftiger Schluck Cognac ölig im Magen breitmacht. Während einem normalen Menschen das Abtippen eines wortreichen Gerichtsprozesses in Echtzeit aus geistiger Überreizung Übelkeit bereiten würde, fand sie dabei Frieden mit sich und fühlte sich geschützt unter einer Glocke vollkommenster Konzentration.

»Amy, geht s dir gut?«, rief Tom. Lauter diesmal.

Nichts von unten. Nur das Trommeln der Finger. Er setzte sich an den Rand der Badewanne, frottierte sich die Füße und kam ins Grübeln. Was, wenn sie nun doch keine Kopfhörer im Ohr hat, dann hätte sie mich doch hören müssen, hat aber nicht reagiert. Ist sie böse? Gibt s ein Geheimnis?

Sie schien ihm sehr verletzlich in letzter Zeit, hatte begonnen sich zurückzuziehen, in ihren Ballon, ohne ein Passwort zu hinterlassen. Seit drei Wochen etwa fiel ihm ihr merkwürdiges Verhalten auf, und ihr Schweigen wurde allmählich verräterisch. Es dauerte schon zu lange, um sich problemlos in ein friedliches Gespräch...
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Autor

Reinhold Bilgeri, Mag., geboren in Hohenems/Vorarlberg, ist Singer-Songwriter, Drehbuchautor, Filmemacher und Schriftsteller. Als Pop-/Rocksänger verkaufte er international über 3 Millionen Tonträger und veröffentlichte 2005 mit "Der Atem des Himmels" seinen ersten Roman, der zum Bestseller avancierte.

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