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Das Grab im Schnee

Tödlicher Waldgasthof
tolino mediaerschienen am01.07.2020
Eingeschneit! Elisa versucht sich damit abzufinden, ihre Reise nach Freiburg nicht fortsetzen zu können. Dass sie im Waldgasthof festsitzt, ist nur ein Teil des Übels, denn das seltsame Betragen ihrer Mitgefangenen ist zuweilen besorgniserregend. Elisa versucht einen Ausweg zu finden und die Geheimnisse zu ergründen, die in der Luft liegen. Bald geht es für sie nicht länger darum, endlich weiterreisen zu können, sondern nur noch um das eigene Überleben.

Tanja Hanika ist Autorin von Horror- und Schauerromanen. Geboren wurde sie 1988 in Speyer, studierte in Trier Germanistik und zog anschließend in die schaurig-schöne Eifel, wo sie mit Mann, Sohn und Katze lebt. Seit sie mit acht Jahren eine »Dracula«-Ausgabe für Kinder in die Hände bekam, schreibt und liebt sie Gruselgeschichten.
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Produkt

KlappentextEingeschneit! Elisa versucht sich damit abzufinden, ihre Reise nach Freiburg nicht fortsetzen zu können. Dass sie im Waldgasthof festsitzt, ist nur ein Teil des Übels, denn das seltsame Betragen ihrer Mitgefangenen ist zuweilen besorgniserregend. Elisa versucht einen Ausweg zu finden und die Geheimnisse zu ergründen, die in der Luft liegen. Bald geht es für sie nicht länger darum, endlich weiterreisen zu können, sondern nur noch um das eigene Überleben.

Tanja Hanika ist Autorin von Horror- und Schauerromanen. Geboren wurde sie 1988 in Speyer, studierte in Trier Germanistik und zog anschließend in die schaurig-schöne Eifel, wo sie mit Mann, Sohn und Katze lebt. Seit sie mit acht Jahren eine »Dracula«-Ausgabe für Kinder in die Hände bekam, schreibt und liebt sie Gruselgeschichten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783752118766
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum01.07.2020
Seiten150 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse344
Artikel-Nr.5632528
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2. Kapitel

Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu. Die allgemeine Stimmung war stetig heiterer geworden, was nicht zuletzt an Wendelins Selbstgebranntem lag, den er gerne ausschenkte. Seine »Medizin gegen die Kälte« wirkte und die Nebenwirkung, dass sich ein Frohsinn in die Gemüter schlich, fand Elisa gar nicht übel. Sogar Theresias Angst hatte sich nach einer gewissen Dosierung von Wendelins »Medizin« gelegt. Sie war lockerer geworden, hatte aufgehört zur Haustür zu starren und sich über die Arme zu reiben. Elisa amüsierte sich köstlich über Theresias freche, geflüsterte Kommentare über Männer, über Josephs Parodien bekannter Persönlichkeiten und über die Berichte der beiden Engländer über ihre Abenteuer. Genau genommen konnte sie sich nicht erinnern, wann sie zuletzt so heiteren Gemüts gewesen war.

Als allmählich nicht einmal mehr andeutungsweise Tageslicht durch die Fensterritzen zu erspähen war, rückten sie alle näher zueinander und machten es sich vor dem Kamin gemütlich. In die weichen, wenn auch rissigen Polstermöbel konnte man tief einsinken und sich entspannen. Dass der abgewetzte Stoff wohl reichlich benutzt worden war, erschien Elisa aufgrund der Gemütlichkeit verständlich und nachsehbar. Das Kaminfeuer prasselte und die Holzverkleidung der Wände wirkte urig. Es war fast, als hätte man im Nest eines schwäbischen Vogels einen Unterschlupf gefunden. Wenn Elisa in die Runde blickte, dann glaubte sie, dass sie sich glücklich schätzen konnte, mit welchen Menschen sie hier gefangen war. Wenn sie an die Ziege Frau Mitterbrühl dachte, deren Gesellschaft sie zu Hause leider ab und an ertragen musste, konnte sie ein befreites Durchatmen kaum unterdrücken.

Inzwischen saß Conrad Oberender zu ihrer Rechten, der, wie von Wendelin vermutet, tatsächlich erst zum Mittagessen erschienen war, seither aber bei ihnen blieb. Auch er erwies sich letztlich als geselliger Herr. Stolz trug er seinen hellgrauen Bart, in den er gerne mal etwas hineinbrummte, sollte ihm eine Aussage seiner Mitmenschen nicht passen. So schlichte Kleidung er auch trug, so gutmütig blitzten seine Augen.

Auf Elisas linker Seite hatte Theresia Platz genommen, deren scharfe Zunge Elisa sehr genoss und die trotz Theresias junger Jahre genau in ihr Ziel traf. Schnell hatte sich eine sachte Freundschaft zwischen den beiden angebahnt und Elisa fiel umso mehr auf, wie ihr in Frankfurt die Verbundenheit mit einer richtigen Vertrauten fehlte. Die Männer priesen momentan ihre eigenen Jagderfolge an und jeder meinte, das größte Tier erlegt zu haben, als Theresia ihr zuflüsterte: »Männer! Wie simpel diese Wesen manchmal gestrickt sind. Genau dieses Gespräch hätte schon vor Hunderten von Jahren so stattfinden können - wenn man einmal die Waffen außer Acht lässt.«

»Das ist wahr!«, pflichtete Elisa ihr schmunzelnd bei. »Mein Gatte frönt ebenfalls gerne der Jagd, was ich ganz abscheulich finde. Wenn er dann verdreckt - und im schlimmsten Fall blutbeschmiert - nach Hause kommt, dann war der Hirsch so groß, dass wir uns angeblich ein ganzes Jahr daran werden satt essen können. Und sein Geweih ist stets zu groß, um es durch die Haustür zu bekommen.«

»Du bist verheiratet? Wieso bist du dann alleine unterwegs?«, fragte Theresia nach.

»Das ist eine lange Geschichte ... «, versuchte Elisa ihr auszuweichen. Ihr Privatleben war nichts, womit sie sich die Stimmung ruinieren wollte. Häufig begegnete sie Verständnislosigkeit, dass sie sich nicht in die ihr zustehende Rolle als Frau einfügte. Gerade eingeschlossen mit diesen Fremden, gedachte sie sich nicht vorzeitig zum Außenseiter zu machen. »Weißt du, Theresia, ich würde mir den Abend lieber nicht verderben, indem ich über meinen Gatten spräche.«

»Ich verstehe«, sagte Theresia und nickte verständnisvoll. Sie zwirbelte eine ihrer blonden Locken zwischen Daumen und Zeigefinger.

Du hast ja keine Ahnung, dachte Elisa, war aber froh, dass sie Theresia und ihre Neugierde hatte abwimmeln können. Sie rechnete es ihr hoch an, dass sie nicht weiter in sie drang, um ihr das Geheimnis zu entlocken. In Gedanken entschuldigte Elisa sich noch bei Justus, der kein so übles Monster war, wie sie gerade impliziert hatte. Sie nahm sich dennoch vor, sein Gesicht in nächster Zeit nicht mehr in Gedanken vor sich zu sehen.

Nachdem Elisa aus ihrer kurzen Träumerei, einer ihrer »Kapriolen«, aufgetaucht war, hörte sie Joseph sagen: » ... dann hat der Eber seinen Kopf zu mir gewandt und ich dachte nur: Du oder ich! Dem Biest habe ich eine Kugel zwischen die Augen gesetzt, dass das Hirn nur so spritzte - und es hat später fabelhaft gemundet, nicht wahr, Resi?«

Theresia tätschelte ihm das Knie und verdrehte träumerisch die Augen. »Fabelhaft, absolut köstlich!«

In der von Wildschweinbratenahnungen beladenen Stille ertönte ein quietschendes, gar kreischendes Knarzen. Es klang, als litte das gesamte Haus Qualen. Als sänge das Holz ein Lied des Kummers. Elisa war versucht den Kopf einzuziehen, ließ dies aber ob der Nutzlosigkeit dieser Geste bleiben. Das Geräusch schnitt sich schmerzhaft durch ihre Ohren. Alle Gespräche verstummten. Nicht nur Elisa war die Bedrohlichkeit aufgefallen. Man schaute sich im großen Speiseraum um. Aber keiner fand den Auslöser dieses schreihaften Klanges. Elisa biss die Zähne zusammen. Ihre Finger verkrampften, so fest klammerte sie sich im Polster des Sessels fest.

So schnell, wie es gekommen war, verschwand das Geräusch auch wieder. Zurück blieben eine Gänsehaut auf Elisas Armen und ein paar ratlose bis erschütterte Gesichter.

»Was um Himmels willen war denn das gerade?«, fragte Cyril.

Theresia war vollkommen bleich geworden. Selbst die Röte ihrer Lippen war ihr abhandengekommen. Elisa beobachtete, wie Theresia auf der Innenseite ihrer Wangen herumkaute. Als der Boden im Nachhall des Geräusches einmal kurz bebte, brach Theresias Furcht auch ihr heraus. »Lass uns gehen, bitte, lass uns gehen!«, schrie sie ihren Gatten an.

Joseph nahm ihre Hand, drückte sie und flüsterte laut wie eine Figur im Theater: »Ist schon gut. Wir können noch nicht weg. Alles ist gut.«

Wendelin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das Haus ächzt lediglich unter der Schneelast. Dunderwätter! Ist es ihm zu verdenken bei den Mengen, die es tragen muss?«

Conrad schüttelte den Kopf und brummte in seinen Bart: »Für dumm verkaufen lasse ich mich nicht. So klingt gewiss kein Holz.«

Elisa glaubte als Einzige seine Worte aufgeschnappt zu haben, aber Marias Ohren waren sie ebenfalls nicht entschlüpft. Sie sprang ihrem Mann zur Seite. »Der Wendelin hat recht. Im Winter knarzt und ächzt es manchmal, dass einem angst und bang wird. Aber bisher hat das Dach immer gehalten. Im Sommer reparieren wir es immer anständig für das nächste Jahr, nicht wahr, Wendelin?«

»Das trägt den Schnee noch viele Jahre. Des wär noo scheener, wenn es des nit packe dät!« Für Wendelin war damit die Sache beendet und er schenkte eine weitere Runde seines Selbstgebrannten aus. »Und wer errät denn nun die Geheimzutat?«, fragte er in die Runde.

Keiner wollte dem unheimlichen Vorkommnis länger als nötig seine Aufmerksamkeit schenken. Lediglich Theresia kam nicht mehr zur Ruhe und klammerte sich weiterhin an die Hand ihres Gatten. Joseph erduldete das, ohne darauf zu reagieren.

Es wurden munter Vorschläge in die Runde gerufen.

»Nelke?«

»Pfefferminze?«

»Anis?«

Conrad beteiligte sich ebenfalls nicht. Er lehnte sich zu Elisa und raunte: »Kind, du solltest heute Nacht deine Tür gut verschlossen halten. Auch wenn sich das, was du ausschließen möchtest, wahrscheinlich nicht von einer Tür aufhalten lässt.«

Elisa spürte, wie sich ihr die Kehle zusammenzog. Ihr wurde flau im Bauch und der Mund trocken, dass sie nicht mehr schlucken konnte. Was hätte denn, abgesehen vom alten Holz, solch ein Geräusch erzeugen können?, rätselte Elisa. Die Warnung Conrads ging ihr unter die Haut. »Conrad, was meinst du?«

Elisa sah den älteren Mann aufmerksam an, aber er hielt seine Augen geschlossen und war tief in seinen Lehnsessel gerutscht. Conrad versuchte offenbar auszusehen, als wäre er eingeschlummert, aber Elisa fiel darauf nicht herein. Für sie schien es, als läge er auf der Lauer.

»Lavendel?«

»Holunderbeeren?«

»Ihr kommt nicht drauf«, triumphierte Wendelin.

David lachte. »Machst du es jetzt wie das Rumpelstilzchen und verrätst es uns erst, wenn wir es ohnehin bereits erraten haben?«

Theresia zuckte durch Davids Lachen zusammen.

Elisa entschied, nicht in dieselbe Panik zu verfallen und vernünftig zu bleiben. »Woher kennt ihr Engländer denn unser Rumpelstilzchen?«, hakte Elisa nach und versuchte ihre Stimmung wieder aufzulockern. Von einem rational erklärbaren Geräusch und dem Gerede eines womöglich wirren, alten Schwätzers wollte sie sich den Abend nicht verderben lassen.

»Wir sind schon seit einer ganzen Weile in Deutschland. Und um wenigstens ein bisschen Bildung nach Hause tragen zu können, haben wir uns mit den Märchen beschäftigt. Wir sind in Frankfurt sogar Wilhelm Grimm begegnet. Wir konnten ihn nach seiner Rede beim Germanistentag in eine kleine Spelunke locken und uns sehr angenehm mit ihm unterhalten. Und trinkfest ist der Bursche auch. Der ist vielleicht ein Märchenerzähler!« Cyril nickte zu Davids Worten zustimmend und ein kurzes, wissendes Lächeln rann über seine Lippen.

»Ihr wart in Frankfurt? Dort wohne ich. Wie hat euch die Stadt gefallen?«...

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