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Meistererzählungen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am10.03.20211. Auflage
Diese Anthologie enthält neben dem Klassiker Dr Jekyll und Mr. Hyde weniger bekannte, doch ebenso meisterliche Geschichten des großen Erzählers Stevenson.

Robert Louis Stevenson wurde 1850 als Sohn eines Leuchtturmingenieurs in Edinburgh geboren, gab eine juristische Karriere zugunsten der literarischen Aktivität auf, heiratete die zehn Jahre ältere Amerikanerin Fanny Osbourne, reiste - auf der Suche nach einem Kurort für sein Lungenleiden - rastlos um die Welt: durch ganz Europa, Amerika und in die Südsee, wo er 1894 starb.
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Produkt

KlappentextDiese Anthologie enthält neben dem Klassiker Dr Jekyll und Mr. Hyde weniger bekannte, doch ebenso meisterliche Geschichten des großen Erzählers Stevenson.

Robert Louis Stevenson wurde 1850 als Sohn eines Leuchtturmingenieurs in Edinburgh geboren, gab eine juristische Karriere zugunsten der literarischen Aktivität auf, heiratete die zehn Jahre ältere Amerikanerin Fanny Osbourne, reiste - auf der Suche nach einem Kurort für sein Lungenleiden - rastlos um die Welt: durch ganz Europa, Amerika und in die Südsee, wo er 1894 starb.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257610437
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum10.03.2021
Auflage1. Auflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1120 Kbytes
Artikel-Nr.5663030
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Reverend Murdoch Soulis war seit vielen Jahren Pastor der Gemeinde Balweary, eines im Tale des Dule gelegenen Heidedorfes. Ein strenger, freudlos blickender, alter Mann, der Schrecken seiner Hörer, hauste er während der letzten Jahre seines Lebens in dem kleinen, einsamen Pfarrhause am Fuße des Hanging Shaw, ohne Verwandte, Diener oder irgendwelche menschliche Gesellschaft. Trotz der eisernen Gesetztheit seiner Züge war sein Blick wild, unsicher und voller Furcht; und wenn er in privater Ermahnung die Zukunft des unbußfertigen Sünders schilderte, schien sein Auge die Stürme der Zeit zu durchdringen und die Schrecken der Ewigkeit zu schauen. Viele junge Leute, die sich mit seiner Hilfe auf das heilige Abendmahl vorbereiteten, wurden von seinen Reden zu panischer Furcht aufgerüttelt. Insbesondere hatte er eine Predigt über Petrus I, Vers 5 und 8, »Der Teufel ist ein brüllender Löwe«, in der er sich selbst übertraf, sowohl durch den grauenerregenden Gegenstand wie durch das Furchtbare seines Gebarens auf der Kanzel, und die er an jedem ersten Sonntag nach dem 17. August hielt. Die Kinder wurden dabei von Krämpfen befallen, die alten Leute dagegen sahen mehr als gewöhnlich orakelhaft drein und ließen den ganzen Tag über allerlei Andeutungen fallen von der Art, wie Hamlet sie zu mißachten liebte. Das Pfarrhaus selbst lag neben den Wassern des Dule zwischen einigen dichten Bäumen; es war auf der einen Seite überschattet von dem hängenden Shaw selbst und bot nach der anderen Seite einen Blick auf zahlreiche, kalte Heidehügel, die sich hoch gegen den Himmel abhoben, und die bereits zu einer sehr frühen Zeit von Mr. Soulis´ Amtsdauer während der Abenddämmerung von allen, die sich auf ihre Vorsicht etwas einbildeten, gemieden wurden. Ja, die Gevattern, die sich in dem Dorfgasthause versammelten, pflegten bei dem Gedanken, spät in der Nacht an jenem unheimlichen Ort vorbei zu müssen, den Kopf zu schütteln. Um ganz genau zu sein, es gab dort eine Stelle, die mit besonderer Scheu betrachtet wurde. Das Pfarrhaus lag zwischen der Landstraße und den Wassern des Dule, mit je einem Giebel nach jeder Seite, während die Rückwand nach dem fast eine halbe Meile entlegenen Kirchdorf Balweary blickte und die Vorderfront samt einem kahlen, von einer Dornenhecke eingefaßten Garten den Raum zwischen Fluß und Straße einnahm. Das Haus hatte zwei Stockwerke mit je zwei geräumigen Zimmern. Es grenzte nicht unmittelbar an den Garten, sondern an einen Hohlweg oder Gang, dessen eines Ende auf die Straße führte und dessen andere Mündung durch hohe Weiden und Ellern, die den Fluß umsäumten, begrenzt wurde. Dieser gemauerte Gang erfreute sich unter den jüngeren Gemeindemitgliedern von Balweary eines ganz besonders schlimmen Rufes. Der Pastor pflegte dort häufig nach Anbruch der Dunkelheit auf und ab zu wandeln und mitunter in der Inbrunst seiner stummen Gebete laut zu stöhnen; und wenn er von Hause fort und die Pfarrhaustür verschlossen war, wagten nur die Tollkühnsten der männlichen Schuljugend klopfenden Herzens an jenem verrufenen Ort Räuber und Gendarm zu spielen.

Die Atmosphäre des Grauens, die hier in der Tat einen Gottesmann von fleckenlosem Charakter und reinster Orthodoxie umgab, war ganz allgemein die Ursache von Staunen und Neugier unter den wenigen Fremden, die durch den Zufall oder durch Geschäfte in jene unbekannte, weltfremde Gegend geführt wurden. Aber sogar in der Gemeinde selbst gab es viele Leute, die nichts von den seltsamen Begebenheiten wußten, die das erste Amtsjahr Mr. Soulis´ auszeichneten, und unter den besser Unterrichteten gab es einige, die von Haus aus zurückhaltend waren, und andere, die vor jenem besonderen Gegenstand zurückschreckten. Nur hin und wieder erwärmte sich einer der älteren Männer über seinem dritten Glase Schnaps hinreichend, um Mut zu fassen und der Ursache des seltsamen Aussehens sowie des einsiedlerischen Lebens des Geistlichen nachzugehen.

Vor fünfzig Jahren, als Mr. Soulis zuerst nach Balweary kam, war er noch ein junger Mann - ein forscher Bursche, wie die Leute sagen - ganz voller Buchgelehrsamkeit und großartig im Auslegen der Heiligen Schrift, aber, wie man´s bei einem so jungen Menschen ja auch nicht anders erwarten kann, ohne richtige, praktische Erfahrung in der Religion. Die jungen Leute, die waren natürlich ganz weg von seinen Talenten und seinem vielen Reden; aber was so alte, vorsichtige, ernste Männer und Weiber waren, die sorgten sich so sehr um den jungen Mann, daß sie für ihn und die Gemeinde beteten; denn von ihm glaubten sie, daß er einer von jenen sei, die sich selbst betrügen, und von der Gemeinde, daß sie wahrscheinlich übel mit ihm dran wäre. Das war noch vor den Tagen der Lauen im Herrn - Gott strafe sie -; aber die schlimmen Dinge sind wie die guten - beide wachsen recht hübsch langsam, Stück für Stück, und es hat auch damals schon Leute gegeben, die da meinten, der Herrgott hätte die gelehrten Professoren ganz verlassen, und die Burschen, die bei ihnen das Studieren anfingen, wären besser und gescheiter in ihrem Torfmoor hocken geblieben, wie ihre Voreltern das in den Zeiten der Bedrängnis taten, mit ´ner Bibel unter ihrer Achsel und dem Geist des Gebets im Herzen. Eins war sicher: Mr. Soulis war viel zu lange auf der Universität geblieben. Er sann und trachtete nach vielen Dingen, außer denen, die wahrhaft not tun. Er hatte einen Haufen Bücher bei sich -, mehr, als man je zuvor im Pfarrhaus beieinander gesehen hatte - und eine saure Müh machte es dem Boten, sie hierherzutragen; alle waren sie nahe daran, irgendwo in dem Teufelsmoor zwischen hier und Kilmackerlie zu ersaufen. Es waren zwar Bücher der Gottesgelahrtheit, oder hießen doch so; aber die ernsten Leute sahen alle nicht ein, weswegen er so viele brauchte, wo sich doch das ganze liebe Gotteswort in der Falte eines Plaids herumtragen läßt. Da saß er nun den halben Tag und fast die halbe Nacht lang - was doch kaum anständig ist - und tat schreiben, nicht mehr und nicht weniger; und zuerst fürchteten wir alle, er würde seine Predigten herunterlesen; aber dann kam es heraus, daß er selber neue Bücher schrieb, und das schickt sich für jemanden in seinen Jahren und von seinem bißchen Erfahrung doch bestimmt nicht.

Nun mußte man ihm aber ein altes, ehrbares Weibsbild finden, um ihm das Pfarrhaus in Ordnung zu halten und sein bißchen Essen zu kochen; und man nannte ihm ein altes Frauenzimmer - Janet M´Clour war ihr Name - und ließ ihn dann seiner Wege gehen, so daß er tat, was er sich in den Kopf gesetzt hatte. Zwar waren auch viele da, die ihm von der Janet abrieten, denn sie war den besten Leuten in Balweary mehr als anrüchig. Lange vorher hatte sie von ´nem Dragonerkerl ´nen Balg bekommen; seit rund dreißig Jahren war sie nicht an den Tisch des Herrn getreten; und die Kinder hatten gesehen, wie sie bei Dunkelwerden ganz allein auf Keys Loan herumstrich, was für ´ne gottesfürchtige Frauensperson ein recht seltsamer Ort ist, und dabei hatte sie in einem fort vor sich her gemurmelt. Na, wie dem auch sei, der Gutsherr selbst war der erste, der dem Pastor von der Janet sprach; und damals machte man noch manchen Umweg, um der Herrschaft zu gefallen. Wenn die Leute ihm sagten, daß Janet sich dem Teufel verschrieben hätte, so war das in des Herrn Pastors Augen nur ein Stück Aberglauben, und wenn sie ihm dann mit der Bibel und der Hexe von Endor kamen, so trommelte er´s in ihre Schädel hinein, daß die Zeiten heute vorbei wären und daß der Teufel jetzt durch Gottes Gnade in Ketten läge.

Nun, als es sich so im Dorfe herumsprach, daß Janet M´Clour als Dienstbot aufs Pfarrhaus sollte, waren die Leute recht außer sich über alle beide, sie und ihn; und einige von den Gevatterinnen hatten nichts Besseres zu tun, als zu der Janet hinzulaufen und ihr alles vorzuwerfen, was sie von ihr wußten, von dem Soldatenbalg angefangen bis zu John Tamsons zwei Kühen. Die Janet war nicht gerade sehr fix mit der Zunge; auch ließen sie die Leute gewöhnlich ihre eigenen Wege gehen und sie die Leute nicht minder, mit kaum einem »Schönen guten Abend« oder »Guten Tag«; aber wenn sie sich´s in den Kopf setzte, dann hatte sie ´ne Zunge, um selbst den Müller taub zu machen. Diesmal war sie nun auch nicht faul; in ganz Balweary gab´s keine alte Klatschgeschichte, die sie an jenem Tage nicht irgend jemandem unter die Nase hielt, und man konnte ihr kein Ding vorwerfen, ohne als Entgelt gleich zwei zu hören zu bekommen, bis die Gevatterinnen die Janet zu guter Letzt packten, ihr die Kleider vom Leibe rissen und sie durch das ganze Dorf stießen bis an den Dule heran, um herauszubekommen, ob sie ´ne Hexe wäre; ob sie schwimmen oder untergehen würde. Das Frauenzimmer schrie, daß man es bis zum Hanging Shaw herauf hörte, und kämpfen tat sie wie ihrer Stücke zehn. Manch eine von den Gevatterinnen trägt noch ein Abzeichen ihrer Nägel bis ans Lebensende mit sich herum; und wer kommt da, grad als die Sache am hitzigsten ist, auf daß seine Sünden bestraft werden, des Weges? Der neue Herr Pastor!

Weiber , sagt er (und er hatte eine großartige Stimme), ich befehle euch im Namen des Herrn, gebt sie frei!

Janet rannte auf ihn los - sie war schon halb verrückt vor Angst - und klammerte sich an ihn und bat ihn um Christi willen, sie von den Klatschbasen zu retten; und die, für ihr Teil, erzählten ihm alles, was sie wußten, und vielleicht sogar noch ´n bißchen mehr.

Weib , sagt er zu Janet, ist das...
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Autor

Robert Louis Stevenson wurde 1850 als Sohn eines Leuchtturmingenieurs in Edinburgh geboren, gab eine juristische Karriere zugunsten der literarischen Aktivität auf, heiratete die zehn Jahre ältere Amerikanerin Fanny Osbourne, reiste - auf der Suche nach einem Kurort für sein Lungenleiden - rastlos um die Welt: durch ganz Europa, Amerika und in die Südsee, wo er 1894 starb.