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Das Licht in dir ist Dunkelheit

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
448 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am18.03.2021
Eine meisterhaft erzählte Geschichte von göttlicher Rache und teuflischem Zorn. Ein abgeschiedenes Bergdorf in den Alpen. Die beschauliche Welt gerät aus den Fugen, als in der Kirche ein Toter gefunden wird, grausam zugerichtet und drapiert wie Jesus am Kreuz. Kommissar Andreas Auer von der Kriminalpolizei Lausanne ahnt, dass dies erst der Auftakt zu einer blutigen Serie ist. Und er soll recht behalten. In der Enge der Dorfgemeinschaft geschieht ein weiterer verstörender Mord. Es beginnt ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit - und gegen einen kaltblütigen Täter, der sich als Instrument Gottes betrachtet.

Marc Voltenauer, geboren 1973 in Genf, studierte zunächst Theologie und arbeitete dann im Bankwesen und in der Pharmaindustrie. Seine Romane gewannen in der Schweiz renommierte Literaturpreise. Er lebt mit seinem Partner in dem kleinen Dorf Gryon in den Waadtländer Alpen, das ihm als Inspiration für seine Romane dient. www.marcvoltenauer.com
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextEine meisterhaft erzählte Geschichte von göttlicher Rache und teuflischem Zorn. Ein abgeschiedenes Bergdorf in den Alpen. Die beschauliche Welt gerät aus den Fugen, als in der Kirche ein Toter gefunden wird, grausam zugerichtet und drapiert wie Jesus am Kreuz. Kommissar Andreas Auer von der Kriminalpolizei Lausanne ahnt, dass dies erst der Auftakt zu einer blutigen Serie ist. Und er soll recht behalten. In der Enge der Dorfgemeinschaft geschieht ein weiterer verstörender Mord. Es beginnt ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit - und gegen einen kaltblütigen Täter, der sich als Instrument Gottes betrachtet.

Marc Voltenauer, geboren 1973 in Genf, studierte zunächst Theologie und arbeitete dann im Bankwesen und in der Pharmaindustrie. Seine Romane gewannen in der Schweiz renommierte Literaturpreise. Er lebt mit seinem Partner in dem kleinen Dorf Gryon in den Waadtländer Alpen, das ihm als Inspiration für seine Romane dient. www.marcvoltenauer.com
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960417477
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum18.03.2021
Reihen-Nr.1
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3650 Kbytes
Artikel-Nr.5673538
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Sonntag, 9. September

Andreas Auer war mit dem ersten Licht des Tages aufgestanden. Wie jeden Morgen bereitete er sich an der Küchentheke einen Milchkaffee zu. Zwei Löffel lösliches Kaffeepulver, zwei Drittel heißes Wasser und ein Drittel Milch in seiner mit einem Elch verzierten Lieblingstasse. Durch das Fenster betrachtete er den Miroir d´Argentine, und er fühlte sich gut.

Vor sechs Monaten hatten Mikaël und er sich in Gryon niedergelassen. Ein Traum war Wirklichkeit geworden. Sie hatten sich sofort in dieses alte Chalet verliebt, das zwar ein wenig renovierungsbedürftig war, aber viel Charme besaß und völlig abgeschieden auf einer Lichtung stand. Ein kleines Paradies. Nach Jahren, die sie in einer Wohnung in Lausanne verbracht hatten, waren sie des Stadtlebens überdrüssig. Dieser Ort war es, an dem sie leben wollten.

Als Erstes hatten sie das Holzschild mit der Aufschrift »Chalet Edelweiß« über der Eingangstür abgehängt. Auch wenn das Gebäude den Namen seit seiner Erbauung mit Stolz getragen hatte und Mikaël die in den Schweizer Alpen immer seltener zu findende Wildblume sehr mochte, hatte er befunden, dass der Name zu sehr nach einer Touristenfalle klänge. Egal ob in Los Angeles, im Val-d´Isère, in Genf, in Lissabon oder sogar in New Glarus, einem gottverlassenen Kaff in Wisconsin - bei einem »Chalet Edelweiß« handelte es sich in aller Regel um ein typisch schweizerisches Restaurant mit übertrieben folkloristischer Ausstattung. Oder hinter dem Namen verbarg sich eines dieser großen, unästhetischen Gebäude für Jugendfreizeiten. Und ihr neues Zuhause sollte weder mit dem einen noch dem anderen in Verbindung gebracht werden. Da sie jedoch die Identität ihres Chalets nicht hatten verfälschen wollen, hatten sie es in »L´Étoile d´argent« umgetauft, den französischen Namen der mythischen Pflanze.

Im kommenden Jahr würde Andreas seinen vierzigsten Geburtstag feiern. Sein braunes Haar war schon vor Jahren ergraut, und Mikaël nahm ihn deswegen häufig auf den Arm. Andreas erinnerte sich an einen Wortwechsel des Vorabends: »Das macht doch meinen Charme aus, oder?« - »Wenn dich das beruhigt ...« - »Schau dir Sean Connery an, je älter er wird, desto sexyer wirkt er!«

Brauchte er eine Beruhigung? Andreas hatte das Gefühl, dass er mit zunehmendem Alter immer mehr mit sich im Reinen war. Als hätte er einen Zustand der Reife erreicht, in dem er von seinen Errungenschaften und seiner Erfahrung profitieren konnte. Nur eine Sache plagte ihn. Vor seinem inneren Auge tauchte die Lebenskurve auf. Kindheit, Reife und Verfall. Der Gedanke, demnächst den Höhepunkt überschritten und damit den Anfang vom Ende erreicht zu haben, ließ ihn nicht los. Sein Verstand sagte ihm, dass noch viele schöne Jahre vor ihm lägen, aber auf einer emotionalen Ebene war er sich dessen nicht so sicher. Bis vor Kurzem war ihm nie in den Sinn gekommen, dass ihm einmal etwas zustoßen könnte. Er hatte sich unverwundbar gefühlt. Doch dann war ein Kollege bei der Polizei mit zweiundvierzig Jahren plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Einer seiner Jugendfreunde hatte erfahren, dass er Krebs im Endstadium hatte. Langsam hatte es Andreas gedämmert, dass er nicht unsterblich war. Für sein überdurchschnittlich großes Ego war dies ein harter Schlag gewesen, den er noch nicht verdaut hatte.

Andreas war derart in Gedanken versunken, dass er nicht gehört hatte, wie Mikaël und ihr imposanter Bernhardiner die Küche betreten hatten. Sie hatten Minus letztes Jahr aus dem Tierheim geholt, nachdem er dreijährig seine endgültige Größe und ein Gewicht von fünfundsechzig Kilo erreicht hatte und daraufhin ausgesetzt worden war. Hatte man ihn davongejagt, weil er mehr als ein Kilo Fleisch pro Tag fraß? Mikaël und Andreas waren der charmanten Tollpatschigkeit und dem Schlafzimmerblick des großen Hundes jedenfalls sofort erlegen.

»Woran denkst du?«

»An das Glück, dich zu haben ... na ja, euch zu haben«, fügte Andreas hinzu, weil Minus kurz und so passend gebellt hatte.

»Begleitest du uns auf einen Spaziergang?«

»Du weißt, dass ich mitten in einer wichtigen Ermittlung stecke. Und dass uns der Staatsanwalt im Nacken sitzt.«

Mikaël nahm keinerlei Anstoß an seinem leicht schroffen und unwirschen Tonfall. Seit ein paar Wochen war Andreas nervöser als gewöhnlich. Seine Arbeit hatte schon immer einen wichtigen Platz eingenommen und beschäftigte ihn manchmal bis zur Besessenheit.

»Wann, meinst du, bist du zurück? Ich könnte dir für heute Abend etwas Leckeres kochen«, sagte Mikaël. »Wir könnten einen Film gucken. Was hältst du davon, wenn wir uns mal wieder Breakfast at Tiffany´s anschauen? Du weißt, der Film mit Audrey Hepburn.«

»Willst du nicht lieber einen alten Krimi gucken?«

Andreas umarmte Mikaël und beugte sich dann hinunter, um sich von Minus zu verabschieden, indem er ihm eine Hand auf den Nacken legte. Der Hund fuhr ihm mit der Zunge durchs Gesicht, als sei er eine Windschutzscheibe, die gerade mit einem Reinigungsprodukt behandelt wurde, nur dass das Fenstertuch in diesem Fall eine große, raue Zunge voller Sabber war.

Wir hätten einen Malteser oder einen Chihuahua nehmen sollen, dachte Andreas zärtlich.

Mikaël Achard hatte vor wenigen Wochen seine Festanstellung als Journalist bei der Tageszeitung »24 Heures« gekündigt, um mit fünfunddreißig Jahren seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Als Freiberufler konnte er jetzt in aller Ruhe von zu Hause aus arbeiten, sich um den Hund kümmern, um den Garten und zu Andreas´ großer Freude auch um die Küche. Immer wieder überraschte er seinen Freund mit neuen Gerichten, deren Geheimnis er allein kannte.

Sie waren gerade von ihrem morgendlichen Spaziergang zurückgekehrt, und Mikaël trocknete die Pfoten des Hundes, der es sich mal wieder nicht hatte nehmen lassen, in die Fluten des nahe gelegenen Wildbachs Avançon zu springen. Lässig schlenderte Minus zu seinem Lieblingsplatz - ein grauweißes Schafsfell, das sie letzten Sommer aus Gotland mitgebracht hatten und das nun vor dem Kamin lag - und ließ sich dort flach auf dem Bauch nieder, den Kopf zwischen den Vorderpfoten, die er mit Ohren und Lefzen bedeckte. Man hätte meinen können, die Schwerkraft habe ihn am Boden festgenagelt oder dass all die Sorgen dieser Welt auf seinen Schultern ruhten. Minus seufzte und schloss die Augen.

Mikaël stieg die knarzende Holztreppe zu seinem Arbeitsplatz hinauf, den er sich auf der oberen Etage eingerichtet hatte. Er schaltete seinen Computer ein.

Den Mittelpunkt des Zimmers bildeten zwei alte sich gegenüberstehende Schreibtische, die er auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Ein Teil der weiß verputzten Wand wurde von einem vollbestückten Bücherregal verdeckt. Daneben hingen einige in Öl gemalte Landschaften, die sie bei einem Ferienaufenthalt in Bordeaux in einer Ausstellung entdeckt hatten. Sie hatten sich von den Emotionen, die diese Gemälde ausstrahlten, sofort angesprochen gefühlt und am Ende sogar mehr Bilder als Wein gekauft. Das größte Gemälde zeigte einen Strand, der durch die im Vordergrund stehenden Pinien nur zum Teil sichtbar war, auf dem zweiten Bild waren Weinberge und ein Bauernhaus auf einem Hügel zu sehen und auf dem dritten eine hübsche Kirche, umgeben von einer Steinmauer und Bäumen. Das letzte Gemälde war ein Stillleben: ein Obstkorb, ein Tonkrug und einige Äpfel und Trauben auf einem Holztisch. Die mit Spachteln aufgetragenen Farben sorgten für Bewegung und vermittelten den Eindruck eines Reliefs. Durch die unterschiedlich dicken Schichten lebhafter und frischer Farben wohnte den Bildern ein subtiles Lichtspiel inne.

Mikaël liebte die antiquierte, authentische Atmosphäre des Arbeitszimmers, die von dem alten Holzparkett, seinen Möbeln und seinen Bildern herrührte, allerdings durch seine Macs, die durchaus eines Jüngers von Steve Jobs würdig waren, einen modernen Anstrich bekam. Und dann dieser unglaubliche Blick ins Grüne, den er durch die Glastür, die zum Balkon führte, genießen konnte.

Mikaël hatte an der Universität von Neuenburg seinen Master in Journalismus gemacht und sich anschließend auf die Ressorts Wirtschaft und Politik spezialisiert. Als fest angestellter Redakteur war er jedoch das Gefühl nicht losgeworden, die Quellen zu bestimmten Themen nicht frei wählen zu dürfen. Nur selten hatte man ihm wirklich Spielraum bei seiner Herangehensweise an ein Thema gelassen. Seine Vorgesetzten hatten ihm vorgeworfen, zu kritisch und zu vorlaut zu sein, doch sein Gewissen hatte sich nicht von den Erwartungen einer konformistischen Gesellschaft beschränken lassen. Er brauchte mehr Freiheit, um an die öffentliche Meinung appellieren zu können und sie bei Grundsatzfragen, die ihm am Herzen lagen, aufhorchen zu lassen.

Gerade war er von einer Reise nach Angola zurückgekehrt, wo er eine Reportage über eine brandneue, von Chinesen errichtete Stadt in der Nähe der Hauptstadt Luanda geschrieben hatte. Siebenhundertfünfzig Hochhäuser auf fünftausend Hektar Land. Wohnmöglichkeiten für mehr als fünfhunderttausend Menschen. Als er durch diese Betonwüste gelaufen war, deren Gebäude sich nur durch die Nummern über dem Eingang unterschieden, hatte er sich über die dort herrschende Stille gewundert. Kaum Autos und noch weniger Menschen. Ein apokalyptisches Gefühl. Hatte er eine Fata Morgana gesehen? Waren die Menschen geflohen? Nein. Eine Geisterstadt, die schon tot war, bevor sie überhaupt erblühen konnte. In einem Jahr waren lediglich zweihundertzwanzig Apartments verkauft worden, und...
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Autor

Marc Voltenauer, geboren 1973 in Genf, studierte zunächst Theologie und arbeitete dann im Bankwesen und in der Pharmaindustrie. Seine Romane gewannen in der Schweiz renommierte Literaturpreise. Er lebt mit seinem Partner in dem kleinen Dorf Gryon in den Waadtländer Alpen, das ihm als Inspiration für seine Romane dient.
marcvoltenauer.com