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Die Kunst des Ausruhens

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
324 Seiten
Deutsch
DuMont Buchverlag GmbHerschienen am12.04.20211. Auflage
Beschäftigt, ja sogar gestresst zu sein, ist heute zu einer Art Auszeichnung geworden. Nach dem Motto: Wer viel zu tun hat, ist auch gefragt. Gleichzeitig fühlen wir uns aber auch erschöpft. So erschöpft, dass immer mehr Menschen an Burnout erkranken und ein hoher Prozentsatz der Arbeitsunfälle auf das Konto von Übermüdung und Erschöpfung geht. Deshalb sollten wir dringend damit beginnen, Ruhe als eine Methode der Selbstfürsorge ernst zu nehmen. Doch viele wissen gar nicht mehr, wie Ausruhen geht. Es gelingt ihnen nicht mehr, selbst wenn sie eigentlich genug Zeit dazu hätten. Claudia Hammond hilft uns in diesem Buch, herauszufinden, wie wir echte Erholung finden können, und stellt die zehn wichtigsten Aktivitäten vor, die die Menschen am erholsamsten finden. Dabei stützt sich >Die Kunst des AusruhensDie Kunst des Ausruhens<.mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextBeschäftigt, ja sogar gestresst zu sein, ist heute zu einer Art Auszeichnung geworden. Nach dem Motto: Wer viel zu tun hat, ist auch gefragt. Gleichzeitig fühlen wir uns aber auch erschöpft. So erschöpft, dass immer mehr Menschen an Burnout erkranken und ein hoher Prozentsatz der Arbeitsunfälle auf das Konto von Übermüdung und Erschöpfung geht. Deshalb sollten wir dringend damit beginnen, Ruhe als eine Methode der Selbstfürsorge ernst zu nehmen. Doch viele wissen gar nicht mehr, wie Ausruhen geht. Es gelingt ihnen nicht mehr, selbst wenn sie eigentlich genug Zeit dazu hätten. Claudia Hammond hilft uns in diesem Buch, herauszufinden, wie wir echte Erholung finden können, und stellt die zehn wichtigsten Aktivitäten vor, die die Menschen am erholsamsten finden. Dabei stützt sich >Die Kunst des AusruhensDie Kunst des Ausruhens<.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783832170868
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum12.04.2021
Auflage1. Auflage
Seiten324 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5694785
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


10

Achtsamkeit

Was isst ein Achtsamkeitstrainer am liebsten? Antwort: Rosinen! Das ist kein Scherz, wie Sie vielleicht schon selbst beobachtet haben. Wenn Sie einen Achtsamkeitskurs besuchen, taucht wahrscheinlich irgendwann eine Tüte mit Rosinen auf, und man reicht Ihnen eine einzelne Rosine. Mir wurden mehrfach Rosinen gereicht, als ich für Radiosendungen Experten in Sachen Achtsamkeit interviewte. Ich gebe zu, dass ich mich bei dem Gedanken ertappte: »Schon wieder! Noch eine Rosine, die ich nicht einfach essen darf.« Und trotzdem funktioniert das Experiment mit der kleinen getrockneten Traube jedes Mal. Trotz meiner Skepsis der These gegenüber, durch Achtsamkeit sei alles zu lösen, kann ich nicht bestreiten, dass das Rosinen-Experiment faszinierend ist.

Und so läuft es gewöhnlich ab: Zuerst halten Sie die Rosine zwischen Daumen und Zeigefinger und untersuchen sie gründlich, betrachten die Falten auf ihrer Haut, den Schatten in den Rillen und die Art und Weise, wie die Oberfläche glänzt, wenn Licht darauf fällt. Drehen Sie sie so lange, bis Sie die verschiedenen Farbnuancen wahrgenommen haben. Legen Sie die Rosine auf Ihre Handfläche. Spüren Sie ihr Gewicht? Halten Sie sie an Ihr Ohr. Lauschen Sie wie an einer Muschel. Hören Sie etwas, wenn Sie sie zusammendrücken? Nein, Sie hören keine Wellen gegen das Ufer schlagen. Wie fühlt sie sich zwischen Ihren Fingerspitzen an? Wahrscheinlich ist sie inzwischen ein bisschen warm und glitschig geworden. Können Sie die Erhebungen und Rillen spüren? Legen Sie sie auf die andere Hand. Fühlt sie sich gleich an oder anders? Falls ja, wie genau?

Sie werden inzwischen gemerkt haben, dass diese gründliche Untersuchung der Rosine einen Ihrer Sinne nach dem anderen in Anspruch nimmt. Halten Sie sich die Rosine an die Nase. Riecht sie? Achtsamkeitstrainer können diese Untersuchung gute fünf Minuten hinziehen, bis Ihnen endlich gestattet wird, sich die Rosine in den Mund zu schieben. (Vorausgesetzt, Sie wollen das noch immer tun.) Doch selbst dann dürfen Sie sie nicht einfach essen. Sie müssen sich die Rosine zunächst auf die Zunge legen und spüren, wie sie sich anfühlt. Im Idealfall tun Sie das 30 Sekunden lang. Dann, und erst dann, dürfen Sie anfangen, die Rosine - natürlich langsam - zu zerkauen und dabei auf alles zu achten, was in Ihrem Mund geschieht: auf den süßen Geschmack, wie Ihr Speichel fließt, das Gefühl des Kauens und schließlich des Schluckens.1

Dann dürfen Sie aufhören. Glückwunsch. Sie haben gerade eine Rosine auf achtsame Weise gegessen. Sie können diese Technik auf alles anwenden. Achtsam Zug fahren, den Hund achtsam Gassi führen, achtsam das Geschirr spülen (es ist nicht nötig, so weit zu gehen und das Spülwasser zu kosten) - und währenddessen alle Ihre Sinne einsetzen und, das ist entscheidend, dabei auf Ihre Atmung achten. Wenn andere Gedanken in Ihrem Kopf auftauchen, die Sie ablenken, beobachten Sie diese Gedanken, ohne sie zu bewerten, und akzeptieren Sie sie, anstatt zu versuchen, sie zu unterdrücken.

Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die jeden Tag ihre Achtsamkeitsübungen machen, oder zu denjenigen, die vorhaben, es einmal auszuprobieren. Oder Sie sind jemand, der dies für neuartigen Hokuspokus hält und den Gedanken, eine Rosine in Zeitlupe zu essen, schauderhaft findet. Wie bereits gesagt, stehe ich der Achtsamkeit als Allheilmittel skeptisch gegenüber. Ich halte es für aufschlussreich, dass die Achtsamkeit, obwohl sie sich inzwischen zu einem Millionengeschäft entwickelt hat, beim Ruhe-Test nur auf dem zehnten Platz landete. Es ist klar, dass sie, wie wir feststellen werden, nicht für jedermann geeignet ist, und sie ist definitiv nicht das Allheilmittel, als das sie manchmal angepriesen wird. Doch selbst wenn Sie nicht vorhaben, sich regelmäßig damit zu beschäftigen, kann die Achtsamkeit jedem von uns verdeutlichen, wie man sich ausruhen sollte.

Natürlich besteht das schlagkräftige Argument, dass Achtsamkeit nichts Neues ist, sie sei einfach eine modernisierte Variante von verschiedenen 2500 Jahre alten buddhistischen Meditationspraktiken ohne die ethischen, spirituellen und auf Mitgefühl basierenden Elemente. Das Ganze neu verpackt und auf das Individuum zugeschnitten und nicht auf dessen Mitmenschen. Und es stimmt auch, dass das Wort »Achtsamkeit« Sammelbegriff ist für eine Unmenge von Praktiken. Auch einzelne Meditationsströmungen, wie zum Beispiel der Tantra-Buddhismus, kennen eine Vielzahl unterschiedlicher Meditationstechniken, die jeder Achtsamkeitsübende und -therapeut übernehmen kann. Wenn Sie dann noch die vielen anderen traditionellen Meditationspraktiken hinzunehmen und die Therapieprogramme, die zur Verbesserung der geistigen Gesundheit entwickelt wurden, die Achtsamkeits-Apps, Bücher und Kurse in der Sporthalle bei Ihnen vor Ort oder am Arbeitsplatz, erstaunt es nicht, dass sich alle in Sachen Achtsamkeit einig sind, nämlich dass es sich nicht um ein feststehendes Konzept handelt.

Wenn jemand sagt, er praktiziere Achtsamkeit, dann hat er vielleicht viele Tausend Stunden damit verbracht, eine uralte Form der Meditation zu üben, zu der das mitfühlende Denken über sich selbst oder andere Menschen gehören kann. Vielleicht benutzt er zu Hause regelmäßig eine App, oder er versucht, mehr im Hier und Jetzt zu leben und auf seine Sinneswahrnehmungen zu achten. Und selbst diese Liste der verschiedenen Arten der Achtsamkeit ist nur ein ganz kleiner Teil aller in der Kunst oder Wissenschaft, Philosophie oder Religion bekannten Formen und Vorgaben der Achtsamkeit.

Ich interessiere mich weniger für die Debatten über die verschiedenen Formen und Definitionen der Achtsamkeit als für die fundierte, verlässliche Forschung darüber, wann sie wirksam ist und wann nicht. Deshalb werde ich sie in diesem Buch ganz einfach definieren. Auch wenn man das vielleicht kindisch finden kann. In The Ladybird Book of Mindfulness, das mir jemand einmal zu Weihnachten geschenkt hat, wird sie beschrieben als die »Fähigkeit, zu glauben, man tue etwas, während man nichts tut«. Das gefällt mir. Eine ernstere Definition und eine, die heutzutage am häufigsten genutzt wird, stammt von einem Mann, der für viele ein Wegbereiter auf diesem Gebiet ist, Jon Kabat-Zinn. Auf ihn geht das in der westlichen Welt wiederaufgelebte Interesse an der Achtsamkeit zurück, beginnend 1979 mit der Entwicklung des »Mindfulness-Based Stress Reduction Programm«. Er sagt, Achtsamkeit ist »die Bewusstheit, die sich durch gerichtete, nicht wertende Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Augenblick einstellt«.

Aber wie genau hilft uns das beim Ausruhen?

Der Weg zur absoluten Stille

Wie wir wissen, neigt unser Geist, wenn man ihn lässt, dazu abzuschweifen. Wir genießen es, unsere Gedanken schweifen zu lassen, aber das kann manchmal auch lästig sein: Wir sind selbstkritisch, grübeln über die Vergangenheit nach oder machen uns Sorgen um die Zukunft. In diesen Momenten ist die Achtsamkeit am nützlichsten: Sie hilft uns, in der Gegenwart zu bleiben. Je mehr die Menschen Achtsamkeit üben, desto leichter gelingt es ihnen, in diesen Zustand zurückzukehren, selbst in besonders schwierigen Zeiten, wenn sie aufgeregt sind oder sich gestresst fühlen.

Der Philosoph und Psychologe William James sagte im 19. Jahrhundert: »Wenn Menschen ihre innere Einstellung ändern, können sie auch die äußeren Umstände ihres Lebens ändern.« Manche Menschen vergleichen das Achtsamkeitstraining mit der Kräftigung eines Muskels, und das bedeutet natürlich Arbeit. Es stimmt, dass die ersten Achtsamkeitsübungen alles andere als erholsam sein können. Als ich damals als Studentin an einem Meditationswochenende in einem buddhistischen Zentrum teilnahm, verbrachte ich während dieser zwei Tage viel Zeit damit, darüber nachzudenken, wie schlecht ich beim Meditieren war, wie sehr mir die Knie wehtaten und dass alle anderen das Meditieren scheinbar viel besser beherrschten. Als das Wochenende vorüber war, war ich keineswegs ekstatisch, sondern total gestresst. Vermutlich habe nicht nur ich diese Erfahrung gemacht.

Aber die Befürworter der Achtsamkeit empfehlen uns dringend, an ihr festzuhalten. Wenn man das tut, werde sie einem am Ende Ruhe bescheren. Es ist das Gleiche wie mit vielen Betätigungen, die irgendwann erholsam sind. Als ich begann, mich ernsthaft mit der Gartenarbeit zu beschäftigen, erforderte dies Konzentration, Planung, Entscheidungen und natürlich jede Menge körperlicher Anstrengung, und das alles klingt eher nach Arbeit als nach Erholung. Dennoch empfinde ich jetzt alle Teile dieses Prozesses augenblicklich als erholsam, selbst die anstrengenden, die in einem Garten natürlich jedes Jahr wieder anstehen. Kaum betrete ich mein winziges Gewächshaus, in dem sich gerade einmal eine Person aufhalten kann, schon fühle ich mich besser. Und kaum grabe ich in meinen Hochbeeten herum oder bepflanze meinen kleinen Vorgarten, schon bin ich entspannt und glücklich.

Jon Kabat-Zinn macht keinen Hehl daraus, dass das Praktizieren von Achtsamkeit harte Arbeit ist. Der von ihm entwickelte einflussreiche Kurs, besteht aus einer zweistündigen Sitzung wöchentlich über zwei Monate hinweg. Gegen Ende des Kurses findet ein ganztägiger Workshop statt. Aber der schwierigste Teil sind die Hausaufgaben. »Sie verpflichten sich vertraglich, an sechs Tagen pro Woche täglich 45 Minuten freizuschaufeln, um das Nichtstun zu üben. Okay. Uns ist es egal, wie Sie sich die 45 Minuten frei machen, aber sie sind Voraussetzung. Und es muss Ihnen nicht gefallen. Sie müssen es einfach tun.«2 Wenn...
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Autor

CLAUDIA HAMMOND arbeitet als Rundfunksprecherin bei der BBC und als Dozentin für Psychologie an der Boston University in London. Sie ist Autorin populärwissenschaftlicher Bücher, für die sie den British Psychological Society Book Award erhalten hat. Bei DuMont erschien 2021 >Die Kunst des Ausruhens