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Die Dorfschullehrerin

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
444 Seiten
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am26.11.20211. Aufl. 2021
Eine junge Frau und die Herausforderung ihres Lebens
1961: Als die Berliner Lehrerin Helene ihre neue Stelle in Hessen an der deutsch-deutschen Grenze antritt, begegnet man ihr im ländlichen, erzkatholischen Ort zunächst mit Ablehnung. Der althergebrachte drakonische Erziehungsstil, die Gleichgültigkeit der Kollegen - für die engagierte Helene ist es ein Kampf gegen Windmühlen. In Tobias, dem Landarzt, findet sie schließlich einen Verbündeten. Schon bald bedeutet er ihr mehr, als ihr lieb ist. Denn Helene hat ein Geheimnis - sie ließ sich nicht ohne Grund genau an diesen Ort versetzen ...



Geboren und aufgewachsen am Rande des Kohlenpotts, hat Eva Völler sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem verdiente sie zunächst als Juristin ihre Brötchen, bevor sie ihr Hobby zum Beruf machte. Nach dem Erfolg der RUHRPOTT-SAGA wendet sie sich nun einem Gebiet Deutschlands zu, das seit vielen Jahren ihre Heimat ist und für dessen bewegte jüngste Geschichte ihr Herz schlägt.
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Produkt

KlappentextEine junge Frau und die Herausforderung ihres Lebens
1961: Als die Berliner Lehrerin Helene ihre neue Stelle in Hessen an der deutsch-deutschen Grenze antritt, begegnet man ihr im ländlichen, erzkatholischen Ort zunächst mit Ablehnung. Der althergebrachte drakonische Erziehungsstil, die Gleichgültigkeit der Kollegen - für die engagierte Helene ist es ein Kampf gegen Windmühlen. In Tobias, dem Landarzt, findet sie schließlich einen Verbündeten. Schon bald bedeutet er ihr mehr, als ihr lieb ist. Denn Helene hat ein Geheimnis - sie ließ sich nicht ohne Grund genau an diesen Ort versetzen ...



Geboren und aufgewachsen am Rande des Kohlenpotts, hat Eva Völler sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem verdiente sie zunächst als Juristin ihre Brötchen, bevor sie ihr Hobby zum Beruf machte. Nach dem Erfolg der RUHRPOTT-SAGA wendet sie sich nun einem Gebiet Deutschlands zu, das seit vielen Jahren ihre Heimat ist und für dessen bewegte jüngste Geschichte ihr Herz schlägt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751709835
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum26.11.2021
Auflage1. Aufl. 2021
Reihen-Nr.1
Seiten444 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1373 Kbytes
Artikel-Nr.5708802
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


KAPITEL 1
Februar 1961

Ein beißend kalter Windstoß trieb Helene eine Ladung Schnee ins Gesicht. Sie zog sich die Mütze fester über die Ohren und sprach sich innerlich Mut zu. Weit konnte es nicht mehr sein. Zweieinhalb Kilometer, höchstens drei, hatte die Frau gemeint, die sie bis zur letzten Abzweigung mitgenommen hatte. Als Helene vor gut zwanzig Minuten aus dem Wagen ausgestiegen und losmarschiert war, hatte allerdings noch freie Sicht geherrscht, und auch die Straße war, obschon bereits ziemlich verschneit, noch passierbar gewesen. Doch mittlerweile hatte der Wind orkanartige Züge angenommen, und die Luft schien nur noch aus peitschendem Schneefall zu bestehen. Die Fahrbahn, auf der sie ging, war unter der weißen Decke kaum noch auszumachen. Einmal geriet sie versehentlich in den Straßengraben und versank fast bis zur Hüfte in einer Schneewehe. Unter Mühen und zahlreichen Flüchen kämpfte sie sich wieder frei und stapfte gegen den Wind gestemmt weiter.

Frühmorgens, bei ihrem Aufbruch in Frankfurt, hatte nichts auf einen derart massiven Wintereinbruch hingedeutet, es hatte dieselbe regenfeuchte, ungemütliche Witterung geherrscht wie die ganze letzte Woche über. Allerdings war es erst Anfang Februar, da war der Winter noch lange nicht vorbei, und in diesen Höhenlagen musste man natürlich auch vermehrt mit Schneefall rechnen.

Bis Hünfeld war sie noch gut mit dem Zug durchgekommen, doch von dort fuhren bei ihrer Ankunft wegen der einsetzenden Schneefälle bereits keine Busse mehr zu den Dörfern der Umgebung. Helene hatte sich schon auf eine längere Wartezeit eingerichtet, notfalls sogar eine Übernachtung, aber dann war ihr am Bahnhof eine Frau über den Weg gelaufen, die ebenfalls in die Rhön wollte und ihr anbot, sie ein paar Kilometer mitzunehmen.

Wenigstens trug sie einen gefütterten Mantel und warme Stiefel, dazu Wollmütze und Fäustlinge, und der Rucksack war auch nicht besonders schwer. Außerdem war es ja nur noch ein kurzes Stück, kaum mehr als ein Spaziergang. Angeblich. Inzwischen konnte sie durch den dicht fallenden Schnee fast nichts mehr sehen. Immer wieder kam sie vom Weg ab und landete im Graben. War das überhaupt noch die richtige Straße, oder hatte sie sich verlaufen, auf irgendeinen Feldweg, der ins Nirgendwo führte? Dann würde sie womöglich noch stundenlang hier herumwandern, weit entfernt von jeder menschlichen Behausung.

Trotz ihrer warmen Kleidung begann sie zu frieren. Die Temperatur musste stark unter den Gefrierpunkt gefallen sein, ihre Nasenspitze fühlte sich taub an, und auch ihre Hände in den Fäustlingen spürte sie kaum noch. Gerade als sie überlegte, ob es vielleicht besser sei, einfach hinter dem nächstbesten Baum Schutz zu suchen und auf ein Nachlassen dieses Wintersturms zu warten, tauchten vor ihr aus dem Zwielicht des Schneetreibens zwei Lichtkegel auf. Ein Wagen kam ihr entgegen, und Helene entwich ein erleichterter Seufzer - sie befand sich noch auf der regulären Straße! Und die Gegend war auch nicht so menschenleer und einsam, wie es vorhin noch den Anschein gehabt hatte, denn die sich nähernden Autoscheinwerfer erhellten ein Gehöft ganz in der Nähe. Beim Haus schien die Straße allerdings zu enden, jedenfalls soweit es durch das Schneegestöber zu erkennen war - die gesamte Umgebung bestand aus einer durchgehenden Schneedecke.

Der Wagen hielt neben ihr an, die Scheibe wurde herabgekurbelt. Ein Mann sprach sie durch das offene Fenster an. »Isabella?«

Sie wandte sich zu ihm um, damit er sehen konnte, dass er sie verwechselt hatte. »Ist das hier die Straße nach Kirchdorf?« Sie musste beinahe schreien, um den heulenden Wind und das Brummen des Motors zu übertönen.

»Nein, da sind Sie wohl vom Weg abgekommen«, sagte der Mann, womit sich Helenes eben noch gehegte Befürchtungen zu ihrem Schrecken bestätigten. Er wies auf das Bauernhaus. »Ich hab da vorn zu tun, aber wenn ich fertig bin, fahre ich zurück nach Kirchdorf und kann Sie mitnehmen. Zu Fuß kommen Sie bei dem Wetter nicht weiter. Steigen Sie ein.«

Das ließ Helene sich nicht zweimal sagen. Obwohl das Gehöft schon in Sichtweite war, nahm sie ihren Rucksack ab und warf ihn auf die Rückbank, ehe sie auf der Beifahrerseite einstieg.

»Danke«, sagte sie aus tiefstem Herzen. Sie zog ihre von Schnee und Eis schon ganz steifen Fäustlinge aus und blies sich in die kalten Hände. »Ich dachte schon, ich müsste hier draußen in der Einöde erfrieren!«

»Das hätte leicht passieren können«, gab der Mann zurück. »Ist jedenfalls hier in der Gegend schon vorgekommen.« Es klang nicht so, als würde er scherzen, und Helene musterte ihn verstohlen von der Seite. Sein sandfarbenes Haar war zu einem Bürstenschnitt gestutzt, fast so militärisch kurz wie bei den GIs, denen man in Hessen an jeder Ecke begegnete. Er war um die vierzig und sah mit seinen kantigen, wettergegerbten Gesichtszügen attraktiv, aber auch erkennbar besorgt aus. Nach einer Unterhaltung stand ihm offenbar nicht der Sinn, was ihr nur recht war.

Als er nach kurzer Fahrt vor dem Gehöft anhielt und ausstieg, blieb Helene im Auto sitzen, in der Annahme, dass sie hier auf ihn warten sollte, bis er in dem Haus fertig war, womit auch immer. Doch er streckte den Kopf durch die geöffnete Wagentür und sah sie ungeduldig an. »Nun kommen Sie schon, worauf warten Sie?« Dann holte er eine große abgewetzte Ledertasche aus dem Kofferraum und rannte damit auf den Hauseingang zu. Irritiert stieg Helene ebenfalls aus und folgte ihm zögernd. Jemand im Haus riss die Tür auf, und Helene hörte einen erleichtert klingenden Ausruf.

»Herr Doktor! Endlich!«

Eine alte Frau ließ sie ein, und Helene betrat hinter dem Fremden, bei dem es sich offensichtlich um den für diese Gegend zuständigen Landarzt handelte, das Haus. Bullige Wärme drang aus der Küche neben dem Flur, und wie schon vorhin im Wagen war Helene zutiefst dankbar, nicht länger der eisigen Kälte ausgesetzt zu sein. Bei allem, was ihr im Laufe des vergangenen Jahres widerfahren war, hatte die Kälte zu den Dingen gehört, die am schwersten zu ertragen waren.

Aus dem Obergeschoss des Hauses drang der lang gezogene Schmerzensschrei einer Frau. Helene zuckte erschrocken zusammen.

»Jetzt douerts höchstens zwä Minutte, doss Keind is fast do! Die Isabella kömmt wohl net mee durch bei dämm Schnee: De Eugen is mitem Bulldog los un wollt se hol, äbber dos wird nüscht mee. Muss es ebe ohne se geh«,1 erklärte die Alte aufgeregt im breiten Platt der hiesigen Rhön. Sie warf Helene einen fragenden Blick zu. »Oder senn Sie die Vertretung?«

»Nein, ich bin nur zufällig hier und fahre später mit dem Herrn Doktor weiter nach Kirchdorf«, sagte Helene höflich. »Ich bin die neue Lehrerin, mein Name ist Werner. Helene Werner.«

»Mir senn die Wiegands.« Die alte Frau zeigte durch die offene Küchentür auf einen großen, blankgescheuerten Holztisch. »Do is Mellich un Brot und Griebeschmaalz un off em Härd is noch Sopp. Ich honn genunk gekocht. Naahme Se sich, bann Se Honger honn.«

Der Arzt war bereits die hölzerne Stiege hinaufgeeilt, und die Alte folgte ihm, wobei sie um einiges länger brauchte als er, zumal sie beim Aufstieg eine Reihe von Kindern zur Seite scheuchen musste. Wie die Orgelpfeifen hockten sie auf den Stufen und starrten Helene neugierig an, zwei Jungen und drei Mädchen unterschiedlichen Alters - das jüngste Kind war vielleicht drei, das älteste höchstens zehn Jahre alt.

Das kleinste Mädchen weinte, augenscheinlich hatte es Angst. Es saß auf der untersten Stufe und schniefte erbärmlich. Spontan ging Helene vor der Kleinen in die Hocke.

»Wie heißt du denn?«

»Gabi.« Die Antwort kam von der nächstgrößeren Schwester, die eine Stufe höher saß.

»Ah. Und du?«

»Renate.«

Helene fasste die Geschwisterschar ins Auge.

»Wisst ihr eigentlich, wieso ich hier bei euch zu Hause bin?«, wandte sie sich erneut an Gabi, die immer noch weinte.

Stumm schüttelte die Kleine den Kopf.

»Na, ich hab mich im Schneesturm verlaufen, und da fand mich der Herr Doktor und hat mich gerettet.«

Gabi hörte auf zu weinen, und um sie weiter abzulenken, fragte Helene: »Wünschst du dir eine kleine Schwester oder lieber einen Bruder?«

Der älteste Junge mischte sich ein. »Mir müsse naahm, bos mer krieche!«

Helene unterdrückte ein Grinsen. »Gehst du in Kirchdorf zur Schule? Wie ist dein Name?«

»Ich bin Ernst und geh in die vierte Klasse.« Nun um eine hochdeutsche Ausdrucksweise bemüht, wies er auf zwei seiner Schwestern. »Renate geht in die erste und Rita in die zweite.«

»So ein Zufall. Dann krieg ich euch ja vielleicht alle drei im Unterricht! Da würde ich mich aber freuen!« Sie musste die Stimme erheben, um einen weiteren Schmerzensschrei von oben zu übertönen. Es klang schaurig, sie schluckte beklommen.

Immerhin, einen Teil ihrer künftigen Schulkinder kannte sie nun bereits, und sie prägte sich gleich die Namen ein. Ernst, Renate und Rita Wiegand.

Hauptsächlich die unteren Klassen, hatte der für den Landkreis zuständige Schulrat gesagt, dem sie sich in der vergangenen Woche vorgestellt hatte. Vielleicht auch noch zeitweise die Klassen fünf bis acht, aber höchstens mal vertretungshalber, wie er in beinahe entschuldigendem Ton hinzugefügt hatte. Helene hatte mit keinem Wort protestiert, im Gegenteil. Sie wolle sich, das hatte sie umgehend bekräftigt, allen Herausforderungen stellen. Bloß nichts äußern, das gegen sie sprach. Nur keine Zweifel aufkommen lassen, schon gar nicht an...

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Geboren und aufgewachsen am Rande des Kohlenpotts, hat Eva Völler sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem verdiente sie zunächst als Juristin ihre Brötchen, bevor sie ihr Hobby zum Beruf machte. Nach dem Erfolg der RUHRPOTT-SAGA wendet sie sich nun einem Gebiet Deutschlands zu, das seit vielen Jahren ihre Heimat ist und für dessen bewegte jüngste Geschichte ihr Herz schlägt.
Die Dorfschullehrerin

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