Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Handbuch Transformation

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
383 Seiten
Deutsch
Neukirchener Verlagsgesellschafterschienen am08.03.20211. Auflage
Immer häufiger begegnet es uns - das Thema Transformation: Die Bundesregierung hat eine große Studie zu Transformation und Umwelt beauftragt, Christen diskutieren in Vorträgen über die Transformation von Kirche. Aber was heißt das eigentlich? Und was hat es mit unserer Glaubenspraxis zu tun? 'Transformation' hat sich zu einem Schlüsselbegriff im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs entwickelt. Er steht für die großen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse, die unsere Welt grundlegend verändern - wie Globalisierung, Polarisierung oder Digitalisierung. Er beschreibt aber auch das Ziel von Veränderung, wie z. B. bei der aktuellen Entwicklung einer klimagerechten Gesellschaft. Ein hochaktuelles Thema also, dass sich mit den massiven Umbrüche beschäftigt, die in vielen Bereichen von Gesellschaft und Kirche auf uns zukommen. Hier setzt die neue IST-Reihe an: Sie beleuchtet das Thema aus verschiedenen Perspektiven - mit wissenschaftlicher und theologischer Tiefe, aber zugleich auch mit Blick auf die Glaubenspraxis: Was kann man aus diesen Diskursen für eine Kirche in Transformation lernen? Wie können Veränderungsprozesse aktiv mitgestaltet werden? Dieses Handbuch bietet einen umfangreicher Überblick zum aktuellen Stand der Transformationstheorien und wichtiges Hintergrundwissen für alle, die sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen. Es beleuchtet den Begriff Transformation aus theologischer und humanwissenschaftlicher Perspektive und bündelt langjährige Erfahrungen aus Forschung, Theorie und Praxis in einem Buch. Band 1 der Reihe 'Interdisziplinäre Studien zur Transformation' (IST)

Prof. Dr. Tobias Faix, geb. 1969, ist Professor für Praktische Theologie an der CVJM-Hochschule Kassel. Gemeinsam mit Tobias Künkler leitet er das Forschungsinstitut empirica für Jugend, Kultur & Religion und den Masterstudiengang 'Transformationsstudien: Öffentliche Theologie und Soziale Arbeit'.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR30,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR25,99

Produkt

KlappentextImmer häufiger begegnet es uns - das Thema Transformation: Die Bundesregierung hat eine große Studie zu Transformation und Umwelt beauftragt, Christen diskutieren in Vorträgen über die Transformation von Kirche. Aber was heißt das eigentlich? Und was hat es mit unserer Glaubenspraxis zu tun? 'Transformation' hat sich zu einem Schlüsselbegriff im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs entwickelt. Er steht für die großen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse, die unsere Welt grundlegend verändern - wie Globalisierung, Polarisierung oder Digitalisierung. Er beschreibt aber auch das Ziel von Veränderung, wie z. B. bei der aktuellen Entwicklung einer klimagerechten Gesellschaft. Ein hochaktuelles Thema also, dass sich mit den massiven Umbrüche beschäftigt, die in vielen Bereichen von Gesellschaft und Kirche auf uns zukommen. Hier setzt die neue IST-Reihe an: Sie beleuchtet das Thema aus verschiedenen Perspektiven - mit wissenschaftlicher und theologischer Tiefe, aber zugleich auch mit Blick auf die Glaubenspraxis: Was kann man aus diesen Diskursen für eine Kirche in Transformation lernen? Wie können Veränderungsprozesse aktiv mitgestaltet werden? Dieses Handbuch bietet einen umfangreicher Überblick zum aktuellen Stand der Transformationstheorien und wichtiges Hintergrundwissen für alle, die sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen. Es beleuchtet den Begriff Transformation aus theologischer und humanwissenschaftlicher Perspektive und bündelt langjährige Erfahrungen aus Forschung, Theorie und Praxis in einem Buch. Band 1 der Reihe 'Interdisziplinäre Studien zur Transformation' (IST)

Prof. Dr. Tobias Faix, geb. 1969, ist Professor für Praktische Theologie an der CVJM-Hochschule Kassel. Gemeinsam mit Tobias Künkler leitet er das Forschungsinstitut empirica für Jugend, Kultur & Religion und den Masterstudiengang 'Transformationsstudien: Öffentliche Theologie und Soziale Arbeit'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783761567746
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum08.03.2021
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten383 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2686 Kbytes
Artikel-Nr.7864640
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Teil 1

Transformation als Ziel. Interdisziplinäre Perspektiven

Einführung

Tobias Künkler und Tobias Faix

Eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale von Tieren und Menschen ist die massive Anpassungsfähigkeit von Menschen und ihre grundlegende Offenheit für Lernprozesse und ganz unterschiedliche kulturelle Umwelten. So kommt es, dass Menschen in Bottrop, der Savanne und am Südpol leben, Pinguine aber nur am Südpol. Letztere sind angewiesen auf eine spezifische Umwelt; Menschen können sich an unterschiedliche Umwelten anpassen, indem sie ihre eigene Kultur erschaffen. Die erste Große Transformation in diesem Prozess war die neolithische Revolution vor rund 10.000 Jahren in der Jungsteinzeit. Menschen begannen, mittels Ackerbau und Viehzucht sesshaft zu werden. Erst die historisch noch recht junge Industrialisierung kann als zweite Große Transformation betrachtet werden. »Befeuert durch die Erschließung und Nutzung über Jahrmillionen in der Erdkruste aufgebauter fossiler Energieträger, entfaltete die Menschheit ab Beginn des 19. Jahrhunderts eine nie dagewesene Produktivität. Sie ermöglichte eine gewaltige Explosion der Weltbevölkerung und einen Wohlstand für mehrere Milliarden Menschen auf dem Planeten Erde, der in vorangegangenen Menschheitsepochen nur kleinen Eliten überhaupt möglich war.«1

Der Preis für diese Erfolgsgeschichte ist die Überschreitung oder drohende Überschreitung planetarer Grenzen. Aus diesem Grund verkündete 2016 eine internationale Gruppe von Wissenschaftler:innen, dass wir im Erdzeitalter des Anthropozän leben. Seit Beginn der zweiten Großen Transformation sind die Eingriffe der Menschheit in biologische, geologische und atmosphärische Prozesse so massiv, dass deren Folgen den gesamten Globus für den Zeitraum eines ganzen Erdzeitalters (100.000-300.000 Jahre) prägen werden.

Mit dem Zeitalter der Menschen ist eine Weltrisikogesellschaft entstanden. Menschen beherrschen und kontrollieren die Natur einerseits immer stärker, andererseits verlieren sie immer mehr die Kontrolle, da fortlaufend nichtintendierte Nebenfolgen mit gravierenden Konsequenzen produziert werden. In einem Artikel der Wochenzeitung »Die Zeit« stand 2018, also lange vor der Covid-19-Pandemie, folgende Aussage: »Noch in den Siebzigerjahren galt: Verheerende Infektionskrankheiten würden bald besiegt sein. [â¦] Doch der Optimismus verpuffte. Heute, 40 Jahre später, ist nichts mehr von ihm geblieben. Im Gegenteil: Forscherinnen und Forscher warnen vor einem Zeitalter der Epidemien, vor großen Seuchen, an deren Folgen Tausende Menschen sterben könnten.«2 Woher kamen diese Warnungen? Zum einen lagen Daten vor, die zeigten, dass Infektionskrankheiten an Häufigkeit und Dynamik ihrer globalen Verbreitung zunahmen. Nur die Spitze dieses Eisberges ist, dass die WHO 2009, 2014 und 2016 wegen Schweinegrippe, Ebola und Zika den internationalen Gesundheitsnotstand ausrief. Zum anderen ergeben sich aus den Daten immer mehr Hinweise, dass das Zeitalter der Menschen auch das Zeitalter der Epidemien werden könnte. Deutlich wird das beispielsweise an den Ergebnissen einer aktuellen Studie, die zeigt, dass seit 1990 60 bis 70 Prozent aller neuartigen Krankheiten bei Menschen durch eine Übertragung durch Wildtiere erfolgte. Im gleichen Zeitraum vernichteten Menschen Regenwald in der Größe von ungefähr siebenmal der Fläche von Großbritannien.3 Die Covid-19-Pandemie ist natürlich nicht unmittelbar und direkt vom Menschen gemacht, jedoch ist sie auch nicht bloßes Schicksal. Wie es der obige schon zitierte Artikel auf den Punkt bringt: »Weil die Massentierhaltung zunimmt, der Planet sich aufheizt, Menschen in Städte drängen und rasch um die Welt reisen können - alles charakteristisch für das Menschenzeitalter -, haben es gefährliche Krankheitserreger heute so leicht wie nie, für eine Katastrophe zu sorgen.« Bei all dem ist zu bedenken, dass die Covid-19-Pandemie mit einem anderen Erreger noch viel dramatischer hätte ausfallen können. Während die Sterblichkeitsrate, die sogenannte Letalität, bei Covid-19 nach bisherigen Berechnungen unter 1 Prozent liegt, lag die Letalität des MERS-Virus, das 2012 in Saudi-Arabien und 2015 in Südkorea ausbrach und das glücklicherweise frühzeitig eingedämmt werden konnte, bei 30 Prozent. Bis heute gibt es trotz intensiver Forschungen keinen wirksamen Impfstoff gegen MERS.

Dies alles sind erste, noch relativ harmlose, Folgen der Weltrisikogesellschaft, die die planetaren Grenzen nicht einhält. Der berühmte Bericht »Grenzen des Wachstums«, den der Club of Rome 1972 veröffentlichte, vermittelte erstmals ein Bewusstsein, dass die Erde und ihre natürlichen Rohstoffe begrenzt sind und auch Wachstum daher begrenzt sein muss.4 Mittlerweile ist deutlich geworden, dass nicht die Knappheit der Rohstoffe das zentrale Problem ist. Wissenschaftler:innen gehen von neun planetaren Grenzen aus, von denen wir drei bereits überschritten haben (der Verlust an Biodiversität, die globalen Nitrateinträge in Ökosysteme und am bekanntesten das Klimasystem durch den Treibhauseffekt). Betrachten wir nur die bekannteste planetare Grenze des Klimasystems. Aus dieser Perspektive heraus hat die Menschheit mehr Rohstoffe zur Verfügung, als gut für sie ist. Man schätzt, dass in allen vorhandenen fossilen Rohstoffreserven, also Öl, Kohle und Gas, noch ca. 10.000 Gigatonnen gebundener Kohlenstoff enthalten sind. Um die durch die Überschreitung der Grenze schon in Gang gesetzte globale Erwärmung nicht um mehr als 2 Grad zu überschreiten, dürfen nur noch 800 Gigatonnen des gebundenen Kohlenstoffs als CO2 in die Atmosphäre gelangen. Dort existiert aktuell 1/3 mehr Kohlenstoff als in den letzten 800.000 Jahren zuvor, erst in den letzten drei Jahrzehnten ist mehr als die Hälfte davon hinzugekommen. Das ist ungefähr der Zeitraum, seit der die Menschheit dieses Problem erkannt hat.

Bei der Frage nach den Folgen des Klimawandels liegt der Fokus oft nur auf dem Anstieg des Meeresspiegels. Unterschätzt werden exponentielle Dynamiken, wechselseitige Aufschaukelungsprozesse (auch Teufelskreise genannt) und langfristige Folgen. Ob sich die Erde um 2, 3 oder 4 Grad erwärmen wird, klingt zunächst vielleicht nicht nach gravierenden Unterschieden, hat nach den wissenschaftlichen Prognosen aber massiv unterschiedliche Auswirkungen. Nehmen wir nur das Beispiel der Hitze. Seit 1980 hat die Anzahl der gefährlichen Hitzewellen global um das 50-Fache zugenommen, Tendenz steigend. Die fünf wärmsten Sommer seit dem 15. Jahrhundert in Europa wurden alle nach dem Jahr 2002 gemessen. Kommt es zum gegenwärtigen Best-Case-Szenario einer 2-Grad-Erwärmung, werden »nur« die Großstädte um den Äquator unbewohnbar, »nur« 400 Millionen Menschen leiden unter Wassermangel, und in unseren nördlichen Breitegraden würden die Sommermonate »nur« Tausende von Menschen das Leben kosten, ähnlich wie in gegenwärtigen Extremsommern. Bei einer 3-Grad-Erwärmung wäre der Kipppunkt für das komplette Schmelzen der Pole erreicht. Mehr als 100 Städte auf der ganzen Welt würden unter Wasser stehen, Südeuropa würde dauerhaft verdorren, die durchschnittliche Trockenzeit in Nordafrika würde fünf Jahre andauern und in den USA würde sechsmal so viel Fläche durch Waldbrände zerstört. Bei einer 4-Grad-Erwärmung, auf die wir bis Ende des Jahrhunderts mit dem aktuellen Trend zusteuern, würden große Teile der Erde (z. B. ganz Asien südlich von Sibirien) durch Hitze, Verwüstungen und Überschwemmungen quasi unbewohnbar gemacht. Selbstverständlich beruht all das auf wissenschaftlichen Prognosen, die immer auch einen Fehlerspielraum haben. Seit Beginn der Klimafolgenforschung hat sich jedoch gezeigt, dass die Folgen meist eher unterschätzt wurden und die Folgen heute schon spürbarer sind als in den Szenarien gedacht. Wesentlich sind dafür wohl die exponentiellen Dynamiken und Aufschaukelungsprozesse verantwortlich. Nur ein Beispiel: Je stärker das Eis an den Polen schmilzt, desto weniger Sonnenlicht kann reflektiert und absorbiert werden, desto schneller erwärmt sich die Erde, desto weniger können die Meere CO2 aus der Luft aufnehmen, desto schneller erwärmt sich die Erde, desto schneller taut der Permafrostboden in der Arktis auf, der allein ca. 18.000 Tonnen Kohlenstoff bindet. Dies ist mehr als doppelt so viel, wie sich momentan in der gesamten Erdatmosphäre befindet.

Neben der Hitze sind aber auch Hunger, Ertrinken, Flächenbrände, Süßwassermangel, sterbende Meere, verpestete Luft, Seuchen, zusammenbrechende Wirtschaftssysteme, Klimaflüchtlinge und Klimakonflikte weitere Auswirkungen des Klimawandels. Mit anderen Worten: »Die desaströsen Auswirkungen, die wir heute überall um uns herum erleben, sind immer noch besser als das Best-Case-Szenario.«5 Genau deswegen leben wir in einem Kairos, der eine dritte Große Transformation nötig macht. »Und wenn unser Planet innerhalb der Lebensspanne einer Generation bis an den Rand einer Klimakatastrophe gebracht wurde, bedeutet das, dass die Verantwortung dafür, das abzuwenden, ebenfalls einer einzigen Generation zufällt. Wir wissen auch, wem - uns.«6 Genau aus diesem Grund ist Transformation unvermeidlich, sie wird entweder aktiv gestaltet hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft, oder wir werden durch Desaster und Katastrophen zur Transformation gezwungen.

Mit der Großen Transformation ist die zentrale Zielperspektive von Transformation, wie sie gegenwärtig gesellschaftlich debattiert wird, umschrieben. Wie...

mehr

Autor

Prof. Dr. Tobias Faix, geb. 1969, ist Professor für Praktische Theologie an der CVJM-Hochschule Kassel. Gemeinsam mit Tobias Künkler leitet er das Forschungsinstitut empirica für Jugend, Kultur & Religion und den Masterstudiengang "Transformationsstudien: Öffentliche Theologie und Soziale Arbeit".