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Gommer Herbst

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
496 Seiten
Deutsch
Kampa Verlagerschienen am23.09.20211. Auflage
Im herbstlichen Goms im Wallis ist das Jagdfieber ausgebrochen. Aber schon am ersten Tag der Hochjagd wird der Wildhüter erschossen - von einem Mann, der sich anschließend selbst richtet. Dass es sich bei dem Opfer um einen erklärten Gegner und bei dem Schützen um einen engagierten Befürworter in der Debatte pro und kontra Wolf handelt, macht die Ermittler stutzig. War es wirklich ein Unfall? Zur selben Zeit sorgt sich La Grande Dame von Ernen, Madame Charlotte de Steinhaus, um ihren Neffen. Der Advokat - auch er ein Jäger - hat anonyme Morddrohungen erhalten. Vielleicht, weil er einmal einen verteidigte, der versehentlich einen Wolf erschoss? Madame de Steinhaus wendet sich an den ehemaligen Polizisten Kauz Walpen, der seit seiner Pensionierung die meiste Zeit in seinem umgebauten Speicher in Münster lebt. Kauz soll den Neffen der resoluten Dame davon abbringen, auf die Jagd zu gehen. Oder zumindest herausfinden, von wem die Drohbriefe stammen. Dass sich Kauz mit seinem treuen Hund Max obendrein in die Untersuchung des vermeintlichen Jagdunfalls einmischt, ist dem Oberstaatsanwalt ein Dorn im Auge. Denn die Ermittlungen führen weit zurück in die Gommer Geschichte und fördern eine schreckliche Wahrheit zutage.

KASPAR WOLFENSBERGER lebt und arbeitet in Zürich und in seiner zweiten Heimat, dem Goms, das er also bestens kennt. Wolfensberger ist verheiratet, Vater zweier erwachsener Kinder, Großvater, leidenschaftlicher Weltenbummler, Wüsten­fahrer und Wildniscamper, musikalischen, kulinarischen, önologischen und sonstigen Genüssen sehr zugetan und von Berufs wegen Psychiater und Psychotherapeut.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR32,00
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextIm herbstlichen Goms im Wallis ist das Jagdfieber ausgebrochen. Aber schon am ersten Tag der Hochjagd wird der Wildhüter erschossen - von einem Mann, der sich anschließend selbst richtet. Dass es sich bei dem Opfer um einen erklärten Gegner und bei dem Schützen um einen engagierten Befürworter in der Debatte pro und kontra Wolf handelt, macht die Ermittler stutzig. War es wirklich ein Unfall? Zur selben Zeit sorgt sich La Grande Dame von Ernen, Madame Charlotte de Steinhaus, um ihren Neffen. Der Advokat - auch er ein Jäger - hat anonyme Morddrohungen erhalten. Vielleicht, weil er einmal einen verteidigte, der versehentlich einen Wolf erschoss? Madame de Steinhaus wendet sich an den ehemaligen Polizisten Kauz Walpen, der seit seiner Pensionierung die meiste Zeit in seinem umgebauten Speicher in Münster lebt. Kauz soll den Neffen der resoluten Dame davon abbringen, auf die Jagd zu gehen. Oder zumindest herausfinden, von wem die Drohbriefe stammen. Dass sich Kauz mit seinem treuen Hund Max obendrein in die Untersuchung des vermeintlichen Jagdunfalls einmischt, ist dem Oberstaatsanwalt ein Dorn im Auge. Denn die Ermittlungen führen weit zurück in die Gommer Geschichte und fördern eine schreckliche Wahrheit zutage.

KASPAR WOLFENSBERGER lebt und arbeitet in Zürich und in seiner zweiten Heimat, dem Goms, das er also bestens kennt. Wolfensberger ist verheiratet, Vater zweier erwachsener Kinder, Großvater, leidenschaftlicher Weltenbummler, Wüsten­fahrer und Wildniscamper, musikalischen, kulinarischen, önologischen und sonstigen Genüssen sehr zugetan und von Berufs wegen Psychiater und Psychotherapeut.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783311702689
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum23.09.2021
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.3
Seiten496 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1500 Kbytes
Artikel-Nr.8037541
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


HOCHJAGD



Montag, 17. September


»Écoutez, Monsieur«, die Stimme duldete keinen Widerspruch, »c est urgent. Es ist dringend, verstehen Sie?«

»Ja, sicher«, antwortete Kauz. »Aber â¦«

»Es geht um Leben und Tod«, beharrte die Frau.

»Dann sollten Sie die Polizei rufen.«

»Non, Monsieur. Glauben Sie mir, die Polizei wird gar nichts tun. Ich bitte Sie! Kommen Sie heute Nachmittag vorbei. Zum Tee, wenn s recht ist. Ich erzähle Ihnen dann alles en détail.«

»Nun gut. Aber muss es heute sein?«

»Unbedingt. Die Jagd hat ja schon begonnen.«

Daran hatte Kauz nicht gedacht.

»Gut, dann komme ich heute Nachmittag nach Ernen. Aber nehmen Sie das noch nicht als Zusage. Ich entscheide mich erst, wenn ich die Fakten kenne.«

»Merci, Monsieur. Finden Sie das Haus?«

»Ich kenne Ihr Haus, Madame. Und ich nehme meinen Hund mit, wenn Sie erlauben.«

Einen Augenblick herrschte Stille in der Leitung.

»Bien sûr, Monsieur«, sagte die Stimme knapp. Damit war das Gespräch beendet.

Kauz rieb sich die Augen.

Da hatte ihn doch tatsächlich die Grande Dame des Goms, die weit über die Region hinaus respektierte Madame Charlotte de Steinhaus, née de Courten, angerufen, um ihn am Nachmittag in ihre Sommerresidenz nach Ernen zum Tee zu bitten. Und ihm in einer dringlichen Angelegenheit einen Auftrag zu erteilen.

Vor einem Vierteljahr hätte er noch rundweg abgelehnt. Jetzt war das anders. Er hatte sich noch nicht ganz an das Dasein eines Frühpensionärs gewöhnt. Zwar hatte er die Nase von den Querelen im Korps gestrichen voll gehabt und deshalb den Dienst bei der Zürcher Kantonspolizei Mitte des Jahres quittiert und war mit Max für den Sommer nach Münster in seinen Speicher gezogen, doch manchmal fühlte er sich ohne seine Arbeit irgendwie leer.

Er saß am Tisch in der Küche, die gleichzeitig der Wohnraum im Unterbau seines kleinen Speichers war. Max, sein Collie-Bastard, mit seinen mittlerweile sieben Jahren auch kein Jungspund mehr, hockte sich vor ihn hin, legte die Schnauze auf sein Knie und schaute treuherzig zu ihm auf. Kauz streichelte seinen Kopf, dann kraulte er ihm die Brust, dort wo der weiße Fleck auf seinem schwarzen Fell war.

Da er zwei Jahre vor dem ordentlichen Pensionsalter aufgehört hatte, war ihm die Rente natürlich gekürzt worden, aber er kam damit über die Runden. Dennoch, wenn er um Hilfe gebeten wurde, hörte er sich die Sache an und sagte das eine oder andere Mal zu. Die Höhe des Honorars ließ er die Auftraggeber selbst bestimmen. Mal erhielt er einen großzügigen Batzen, mal eine Einladung ins Dorftheater, dann wieder einen Laib Käse oder eine Flasche Eigenbrand. Im Frühsommer hatte er einen Vandalen ausfindig gemacht, der im Suff mit einem entwendeten Traktor im Obergoms Felder, Gärten und den Spielplatz am Rotten verwüstet hatte. Einen spektakulären Erfolg hatte er verzeichnen können, als er dank seinem Hund einer Bande von Viehdieben auf die Spur kam, die eine Herde von Schwarznasenschafen vom Erner Galen entführt und nach Italien geschmuggelt hatten. Damit hatte er einiges Aufsehen erregt.

Kauz hatte im Goms somit einen gewissen Bekanntheitsgrad. Er war zwar - und blieb wohl für immer - der Üsserschwiizer mit dem Gommer Familiennamen und den Gommer Wurzeln. Der nicht mehr ganz fremd Fözzäl, der in Münster an der Langen Gasse einen alten Speicher besaß. Der Mann mit den hängenden Augenlidern, der mit dem verschlafenen Eulenblick. Dr Chüzz eben. Der mit dem pfiffigen Hund namens Max. Der Kriminalpolizist, der - damals außer Dienst - im Sommer vor sechs Jahren und im darauffolgenden Winter dazu beigetragen hatte, gleich mehrere brutale Mordfälle aufzuklären, die das Goms in Angst und Schrecken versetzt hatten. Und der danach, weil man ihn unbedingt wollte, ein Gastspiel bei der Walliser Kantonspolizei gegeben hatte.

Kauz räumte das Frühstücksgeschirr weg und machte am Schüttstein den Abwasch. Dann setzte er sich in seinen Holzklappstuhl mit Canvasbezug, der ihm als platzsparender Fauteuil diente. Vor zwei Jahren hatte er den kleinen, uralten Speicher aus dem Nachlass der Familie Imfang erwerben können, denn die Mutter seines ermordeten Freundes Wendel hatte ihm testamentarisch das Vorkaufsrecht eingeräumt. Anstelle der improvisierten Schlauchdusche in der Toilettenecke hatte er eine kleine Duschkabine, ein Lavabo mit Mischbatterie und einen Boiler einbauen lassen, sodass er nicht mehr am Schüttstein Toilette machen musste. Er hatte eine winzige Waschmaschine installiert und die Kücheneinrichtung etwas aufgepeppt. Ansonsten war der Speicher noch so, wie er ihn vor Jahren jeweils von Wendel gemietet hatte. Die Schlafkammer im Oberbau hatte er sowieso gelassen, wie sie war: zwei Bettstätten aus rohem Holz mit Rosshaarmatratzen und altmodischen hohen, rot-weiß karierten Federbetten.

In seinem Sessel sitzend, dachte er über das Gespräch mit Madame de Steinhaus nach. Er war der alten Dame noch nie begegnet. Aber sie war ihm ein Begriff, weil ihr Name mehrfach im Zusammenhang mit den Musikwochen von Ernen gefallen war. Sie war wohl eine Mäzenin des Festivals. Die Familie de Steinhaus war eine von drei oder vier Patrizierfamilien, die im Goms über lange Zeit das Sagen gehabt hatten. Die Gelehrten stritten sich, woher der Familienname kam: Die einen leiteten den Namen von dem Ort Steinhaus ab: die aus Steinhaus also. Andere meinten, die wohlhabende Familie habe schon früh - anders als die meisten im Goms - in gemauerten Häusern gewohnt. Die aus dem Steinhaus wäre dann die Bedeutung des Namens. Im Mittelalter waren die Steinhaus Weggefährten von Kardinal Schiner gewesen. Einzelne von ihnen hatten sich freilich auch gegen ihn gestellt. Je nachdem, waren sie dann Zendenmeier von Ernen oder von Münster geworden. Irgendwann wurde einem Vorfahren von einem Herrscher der Adelstitel verliehen. Fortan durften dessen Nachfahren ihrem Familiennamen ein von oder ein de voranstellen. In mehr als einem Dorf des Goms gab es ein prächtiges Patrizierhaus, das der Familie de Steinhaus gehörte oder gehört hatte. Jenes in Ernen hatte Kauz auf seinen Dorfwanderungen schon oft bewundert. Jetzt war er neugierig, wie es innen aussah. Nach allem, was er wusste, verbrachte Madame de Steinhaus - Madame Charlotte nannte man sie im Dorf - die Sommermonate, wenn ihr die Hitze im unteren Wallis unerträglich wurde, im kühleren Goms. Sonst residierte sie, wie andere Walliser Patrizierfamilien auch, in Sitten.

Madame de Steinhaus hatte angedeutet, ihr Neffe Philippe, Advokat und Notar in Visp mit Wohnsitz in Brig, habe Morddrohungen erhalten. Er lache bloß darüber, aber das könne sie nicht. Über die Einzelheiten dieser Drohungen wolle sie ihn, Kauz, beim Tee ins Bild setzen.

Nach der Mittagszeit machte Kauz ein Nickerchen. Frisch und munter trat er danach aus dem Speicher und machte seine alte BMW startklar. Er öffnete den Deckel des geflochtenen Korbs, der auf den Gepäckträger montiert war. Das praktische Teil hatte vor Jahren der kleine Damian, aus dem inzwischen ein junger Mann geworden war, aus einem alten Wäschekorb für Max gebastelt. Max, der begeisterte Beifahrer, sprang sofort hinein. Er ließ es ohne Weiteres zu, dass Kauz den Korbdeckel mit der sorgfältig herausgeschnittenen Öffnung über ihm schloss. Jetzt saß er in seinem Transportkorb auf einer zusammengefalteten Armeewolldecke und streckte den Kopf aus der Öffnung, ungeduldig darauf wartend, dass es losgehe.

Kauz setzte den Vintage-Motorradhelm auf, den er im Brockenhaus erstanden hatte, und kickte seinen Oldtimer an. Gemütlich tuckerte er Richtung Fiesch. Bei Fürgangen machte er den gewohnten Halt. Er stellte das Motorrad auf dem Parkplatz ab, hieß Max aus dem Korb springen und ließ ihn ein bisschen herumtollen. Dann nahm er ihn an die Leine. Max wusste schon, was auf ihn zukam, und begann zu bocken. Kauz redete ihm aufmunternd zu.

»Jetzt tu nicht so, Max. Das schaffst du! Irgendwann schaffst du das«, beruhigte er den Hund und ließ eine Packung Hundebiskuits knistern. Das half. Max sah zu ihm hoch und äugte nach der rechten Hand seines Herrchens, die in der Jackentasche steckte.

Vor der Hängebrücke angekommen, kramte Kauz ein Biskuit hervor und hielt es Max vors Maul. Der schnappte sich den Leckerbissen. Das wiederholte Kauz vier, fünf Mal - bis Max bemerkte, dass er schon auf der Brücke stand. Jetzt sträubte er sich weiterzugehen, stemmte die Füße gegen den Bretterboden, begann leise zu winseln und hockte sich zitternd hin. Er vermied ängstlich den Blick nach unten, wo tief unter ihnen der Rotten rauschte. Herr und Hund machten auf der Brücke kehrt.

Kauz war selber nicht ganz schwindelfrei, auch ihn hatte es das erste Mal Überwindung gekostet, über die fast dreihundert Meter lange schwankende Brücke zu gehen. Aber er hatte es sich in den Kopf gesetzt, Max das Überqueren von Hängebrücken beizubringen. Denn auf einer Wanderung im Alteschgebiet hatte er im Sommer umkehren müssen, als er unvermittelt vor einer solchen Brücke stand, die über eine tiefe Schlucht führte. Er hatte Max nicht dazu bewegen können, den schwankenden Steg mit dem metallenen Gitterboden auch nur zu betreten. Es gab mehrere Hängebrücken in der Region, die man passieren musste, wenn man ans Ziel einer Wanderroute gelangen wollte. Die zwischen Fürgangen und Mühlebach war zwar die längste, aber wegen des spaltenfreien...

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KASPAR WOLFENSBERGER lebt und arbeitet in Zürich und in seiner zweiten Heimat, dem Goms, das er also bestens kennt. Wolfensberger ist verheiratet, Vater zweier erwachsener Kinder, Großvater, leidenschaftlicher Weltenbummler, Wüsten­fahrer und Wildniscamper, musikalischen, kulinarischen, önologischen und sonstigen Genüssen sehr zugetan und von Berufs wegen Psychiater und Psychotherapeut.