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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am01.03.20221. Auflage
Ist die Münchner Polizei zu langsam, ermittelt die Vikki eben selbst Als eines Morgens zu unchristlicher Zeit (vor 12!) ein Anruf vom Wolf kommt, dass der Toni aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, weiß die Vikki, dass sie sich au-gen-blick-lich in Sicherheit bringen muss. Schließlich hat ihr der Toni in den letzten 13 Jahren die schlimmsten Drohungen geschickt. Und wo wird man die Vikki, 41 Jahre, ums Eck vom Münchner Viktualienmarkt lebend und tatkräftige Künstlerin, niemals vermuten? Zu Hause in Übertreibling. Wieso allerdings der Toni denkt, dass die Vikki ihn seinerzeit für den Mord an seiner Frau bei der Polizei angeschwärzt hat, war ihr bislang ein Rätsel. Das sie genau jetzt lösen wird. Mit Wolf im Schlepptau geht es in die Provinz. Nicht ahnend, wie dicht ihr die Gefahr auf den Fersen ist.

Gloria Gray ist seit über 30 Jahren international als Performerin tätig. 2010 kehrte sie in ihre Heimat Zwiesel im Bayerischen Wald zurück und macht sich dort einen Namen als Unternehmerin, Kreisrätin und Botschafterin. Mit der Serie rund um Vikki Victoria legt sie ihr fulminantes Debüt vor. Co-Autor Robin Felder lebt und arbeitet in München als Komponist, Texter und Schriftsteller. Bislang sind von ihm vier Romane erschienen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextIst die Münchner Polizei zu langsam, ermittelt die Vikki eben selbst Als eines Morgens zu unchristlicher Zeit (vor 12!) ein Anruf vom Wolf kommt, dass der Toni aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, weiß die Vikki, dass sie sich au-gen-blick-lich in Sicherheit bringen muss. Schließlich hat ihr der Toni in den letzten 13 Jahren die schlimmsten Drohungen geschickt. Und wo wird man die Vikki, 41 Jahre, ums Eck vom Münchner Viktualienmarkt lebend und tatkräftige Künstlerin, niemals vermuten? Zu Hause in Übertreibling. Wieso allerdings der Toni denkt, dass die Vikki ihn seinerzeit für den Mord an seiner Frau bei der Polizei angeschwärzt hat, war ihr bislang ein Rätsel. Das sie genau jetzt lösen wird. Mit Wolf im Schlepptau geht es in die Provinz. Nicht ahnend, wie dicht ihr die Gefahr auf den Fersen ist.

Gloria Gray ist seit über 30 Jahren international als Performerin tätig. 2010 kehrte sie in ihre Heimat Zwiesel im Bayerischen Wald zurück und macht sich dort einen Namen als Unternehmerin, Kreisrätin und Botschafterin. Mit der Serie rund um Vikki Victoria legt sie ihr fulminantes Debüt vor. Co-Autor Robin Felder lebt und arbeitet in München als Komponist, Texter und Schriftsteller. Bislang sind von ihm vier Romane erschienen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423440080
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.03.2022
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
SpracheDeutsch
Dateigrösse1840 Kbytes
Artikel-Nr.8078675
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Natürlich hab ich sofort geahnt, dass es sich wohl um was Wichtiges handeln musste, als mein Handy in aller Herrgottsfrüh geläutet hat. Dabei ertönt immer der Refrain von »Back To Black«, mein eingestellter Klingelton. Amy Winehouse, die mit der Bienenkorbfrisur und dem Heroin. Ich steh also auf, schäl mich aus dem Bett, weil mein iPhone im Nebenraum liegt. Wäre mein Schlaf nicht so hauchdünn, hätt ich das Geklimper gar nicht gehört.

Schlurfend beweg ich mich ins Wohnzimmer, schau auf die Uhr, Wahnsinn, kurz nach halb zehn, wirklich unmenschlich, und mach mir jetzt ernsthaft Sorgen, was denn los sein könnte. Wenn ich schlafe, befindet sich das Telefon im Mondscheinmodus, was bedeutet, dass das Besetztzeichen ertönt, wenn jemand mich zu erreichen versucht. Abgesehen allerdings von den Menschen, die ich auf einer extra Liste gespeichert habe, weil sie mir wirklich wichtig sind - die kommen mit ihrem Anruf schon durch. Und jeder, der mir wirklich wichtig ist, weiß auch, dass vor zwölf mittags bei mir launemäßig nix zu machen ist. Biorhythmus, Nachteule, Hormonschwankungen ... Wer also trotz dieser Kenntnis derart dreist früh durchklingelt, muss was Dringendes auf dem Herzen haben. Man kann schon sagen, ich befinde mich in Habachtstellung, als ich nach meinem roségoldenen Smartphone greife.

»Morgen«, dröhne ich in den Hörer, ohne mich vorher geräuspert zu haben. Das hole ich unwillkürlich nach, weil ich meine stimmliche Belegtheit gerade wahrgenommen habe, und das ist natürlich scheiße für den Anrufenden. Also das Abhusten, nicht die Heiserkeit.

»Vikki, pass auf, Alarm!«, raunt es mir ohne weitere Einleitung entgegen. Die aufgebrachte Stimme gehört meinem Ex-und-immer-mal-wieder-Lover Wolf, dessen Name auch auf dem Display erschienen ist. Wolf Wolff. Ernsthaft. Er heißt so. Von den Eltern bereits bei der Namensgebung verarscht. Die Taufe als Watschn fürs Leben.

Eine kurze Pause entsteht, während der ich überlege, ob ich vielleicht antworten soll: »So, so, Alarm! Das will ich auch hoffen. Mindestens!«, um Wolf für sein Aufwecken zu tadeln. Aber so bin ich nur manchmal. Heute nicht. Meine Stimmungswechsel sind mir selbst ein Rätsel. Daher sage ich, irgendwie fast zärtlich: »Aha. Brauchst du Hilfe?« Von einem Extrem ins andere. Ob er Hilfe braucht, so ein Schmarrn.

»Vikki, hör zu, der Toni ist ausgebrochen. Gestern Nacht, aus Stadelheim. Ich hab´s gerade erfahren. Großfahndung.«

Oh.

Wie erstarrt blicke ich aus dem Fenster meiner Dachgeschosswohnung in der Utzschneiderstraße, einmal ums Eck vom Viktualienmarkt. Meine halb verdorrte Glückskastanie und ich daneben, wir stehen so da und verschmelzen zu einem Stillleben. Die sengende Hitze, die in meinem Zweizimmer-Refugium herrscht und die mich von Juni bis September nach einer Kellerwohnung sehnen lässt, bemerke ich gar nicht mehr. Das will schon was heißen.

Der Toni ist aus dem Gefängnis geflohen! Ja, dass so etwas überhaupt noch vorkommen kann, rein technisch. Ich hätte derartige Geschichten eher in den Achtzigern verortet. Ausbrüche. Da gab´s auch so viele Filme drüber, irgendwie alle mit Sylvester Stallone. Aber heutzutage?

»Äh«, stammle ich, um den Wolf nicht hängen zu lassen, aber auch, um meiner Ratlosigkeit Ausdruck zu verleihen. Und meinem Bedürfnis nach Vorschlägen, wie ich mich nun verhalten soll.

Ganz klar, ich bin in Gefahr. »Alarm« hat schon gestimmt.

Die Sache ist die: Den Toni, den kenn ich schon seit meiner Schulzeit, da hab ich noch aufm Dorf im Bayerischen Wald gelebt - noch im Körper eines Jungen. Und dieser Toni, der im Ganzen übrigens Toni Besenwiesler heißt - jetzt muss ich mich fast entschuldigen, Wolf Wolff, Toni Besenwiesler, diese ganzen Namen, einer blöder als der andere ... aber so is des bei mir. Um mich herum: lauter Namenskuriositäten. Giganten der Phonetik. Nur nebenbei: Mein Vermieter, zum Beispiel, heißt Dr. Markus Wondrazil. Bizarr, oder? Als ob´s mich verfolgen täte. Unwichtig. Jedenfalls hat mich der Toni aufm Schulhof damals ununterbrochen drangsaliert. Und das ist noch milde ausgedrückt. In gewisser Weise würde ich ihn von allen Quälgeistern, die mir während meiner ersten siebzehn, achtzehn, neunzehn Lebensjahre begegnet sind, und da gab es viele, als den schlimmsten bezeichnen.

War es in meinem kleinen streng konservativen Heimatort sowieso schon schwer für mich, nicht durchgehend eins vor den Latz geknallt zu bekommen, so wurde ein Spaziergang durch die Straßen, oder der tägliche Schulbesuch, endgültig zum Spießrutenlauf, nachdem der Toni mich erst mal ins Visier genommen hatte.

Kranke Schwuchtel hat er mich genannt, abartige Tunte, Zwitter und alles, was man sich in dem Zusammenhang vorstellen kann, wenn ein Mensch wie ich geschlechtsspezifisch etwas anders orientiert ist, als Vatermutter Natur das der überwiegenden Mehrheit zuordnet. Wenn Ausformung und Innerlichkeit nicht kongruent gehen, sag ich mal. Wenn er, der damalige Bub vom Land, also ich, halt nicht so ist, wie man´s kennt: die Erscheinung, der Habitus, kernig, markig. Sondern eben eher andersrum.

Bei verbalen Erniedrigungen ist es dann natürlich nicht geblieben, logisch, es wurde körperlich. Der Toni hat mich wirklich richtig aufm Kieker gehabt, sich in meine Zerstörung regelrecht verbissen. Zusammenschlagen, heftig, brutal, ja, ich mag gar nicht mehr drüber reden. Man kann sich´s vorstellen. Das war so um die Zeit rum, als Techno ganz groß war, und Grunge, auch »Always« von Erasure war ein Riesenhit, das hat mir besonders gefallen, mei, da war ich vierzehn und der Besenwiesler Toni sechzehn oder so was, zwei Klassen über mir halt, und das Ganze mit ihm und seinen Kumpels war die Hölle. Doch, doch, die anderen haben da schon auch mitgemacht, quasi gruppendynamisch.

Klar kann man jetzt meinen, ach, die Vikki, die ist eine ganz schöne Heulsuse. Aber da trafen eben Welten aufeinander. Und meine stellte dabei den deutlich fragileren Part dar, sag ich mal. Seinerzeit zumindest.

Ich will auch überhaupt nicht abschweifen, ich schildere das nur, damit man meine Verbindung zum Toni ein bisserl besser begreift.

Immer noch stehe ich neben meiner Zimmerpflanze im obersten Stockwerk des Mietshauses, in dem ich wohne, Augusthitze, Handy am Ohr, Wolf in der Leitung, und sinniere, was Tonis Ausbruch nun, rund ein Vierteljahrhundert nach meiner Teenagerzeit, für mich bedeutet.

Eine ganze Menge.

Meine Berührungspunkte mit ihm gehen freilich noch weiter, so ist es nicht. Der Grund für seine spätere Inhaftierung, und was das mit mir zu tun hat, fußt nämlich auf einer ganzen Verkettung von Begebenheiten.

Gute zehn Jahre später, ich war längst nach München gezogen und bereits eine Frau, hab ich in der WunderBar gearbeitet. Hinter der Theke, zuständig für Getränke und Gespräche, Abteilung Charme vom Dienst, und ein bisschen Aushängeschild und Image für den Laden, Paradiesvogel. Auch Mädchen für alles, inklusive Abrechnungen. Die WunderBar in der Müllerstraße ist eine Tanzbar, der selbst gewählten Bezeichnung nach, was immer das Mitte der Nullerjahre geheißen haben mag. Szeniges gemischtes Publikum, aber weil das ganz früher eher ein schwuler Laden war, tendierte die Mehrheit der Besucher klar in Richtung äußerst offener Menschenschlag, sagen wir es so. Künstlerisch, liberal, höchst solvent, insolvent, vom Leben Angespülte, durchaus auch wichtig-wichtig. Hier fand sich alles, hetero, homo, schick, leger, alt, jung, grundsätzlich breit gefächertes Nachtlebenvolk halt. So. Und eines Tages, wer marschiert rein, ich trau meinen Augen nicht: der Toni. Der Besenwieslertoni. Der Wichser. Eben eine volle Dekade später, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hab.

Wirklich wahr, mir hat´s vor Schreck und Schock, und vor lauter Hilfe-Hilfe-meine-verkorkste-Vergangenheit-tritt-schlagartig-wieder-ins-Bild, rein innerlich alles aufgerissen.

Ich will nicht sagen, ich hätte mich ziemlich bald wieder gefangen, mitnichten, aber so etwas Ansatzweises eben. Nämlich, als ich meine Reflexe wieder halbwegs unter Kontrolle hatte, hab ich ihn im Schummerlicht beobachtet, wie er in einer Mischung aus neuankömmlerischer Unsicherheit und aufgesetzter Souveränität durch das plüschige Ambiente des Clubs trottete. Der Sound der Anlage dröhnte aus den Boxen, unsere DJane Madame Marougé legte auf (geborene Schwöpf-Trichtlinger. Nee, nur Spaß!), sanfte Strobolichter glitten durch den schwitzigen, rauchgeschwängerten Raum, das war noch vor dem Rauchverbot, ich kann mir schon gar nicht mehr vorstellen, dass man drinnen mal alles vollgequalmt hat, es war zwei Uhr nachts, eine Menge Leute überall, rumstehend, tanzend, redend, flirtend, und der Toni mittendrin. Gorillagang, Raspelbirne, Bluthochdruckschädel, Deutschrapper-Hip-Hop-Outfit, da stimmte alles.

Mich hat er erst mal gar nicht wahrgenommen, obwohl ich hinter der Bar durchaus prominent positioniert und ein Augenfang war. Kein Wiedererkennen beim Umherschweifen seiner Blicke. Es hatte sich in der Zwischenzeit ja eine Menge getan, rein äußerlich. Bei mir. Bei ihm schon auch, aber anders. Zugenommen hatte er ein bisschen, auf diese gedunsene Muckibuden-Pumper-Art. Glücklicherweise aber war das Entscheidende an seiner feudalen Ausstrahlung unverändert geblieben: unterschwellig aggro, martialisch plump, letztlich strunzdumm.

Er cruiste pseudolässig weiter durch den gar nicht mal so großen Raum, aufmerksam, als würde er jemanden suchen. Ich indessen bekam eine Bestellung rein und musste ein frisches Pils zapfen, währenddessen ich dem Toni unausgesetzt weiter zusah und Zeuge wurde, wie er von jemandem...
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Gloria Gray ist seit über 30 Jahren international als Performerin tätig. 2010 kehrte sie in ihre Heimat Zwiesel im Bayerischen Wald zurück und macht sich dort einen Namen als Unternehmerin, Kreisrätin und Botschafterin. Mit der Serie rund um Vikki Victoria legt sie ihr fulminantes Debüt vor.Co-Autor Robin Felder lebt und arbeitet in München als Komponist, Texter und Schriftsteller. Bislang sind von ihm vier Romane erschienen.