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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
123 Seiten
Deutsch
UTB GmbHerschienen am24.04.20131. Auflage
Was ist der Sturm und Drang? Wie ist er entstanden? Wie unterscheidet er sich von Aufklärung und Empfindsamkeit? Welche Wirkungen hat er auf spätere Epochen? Geniekult, Naturbegriff, Subjekt versus Familie, Staat und Gesellschaft - das sind zentrale Begriffe der Literaturepoche »Sturm und Drang«. Eines der am häufigsten gewählten Prüfungsthemen wird in diesem Band klar, kompakt und verständlich dargestellt. Der Band gibt einen Überblick über die relevanten Autoren, Werke, Themen und ästhetischen Programme. Dabei geht er auf Lyrik, Drama und Prosa ein.

Dr. Christoph Jürgensen lehrt an der Universität Wuppertal Allgemeine Literaturwissenschaft und Neuere deutsche Literaturgeschichte.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR17,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
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Produkt

KlappentextWas ist der Sturm und Drang? Wie ist er entstanden? Wie unterscheidet er sich von Aufklärung und Empfindsamkeit? Welche Wirkungen hat er auf spätere Epochen? Geniekult, Naturbegriff, Subjekt versus Familie, Staat und Gesellschaft - das sind zentrale Begriffe der Literaturepoche »Sturm und Drang«. Eines der am häufigsten gewählten Prüfungsthemen wird in diesem Band klar, kompakt und verständlich dargestellt. Der Band gibt einen Überblick über die relevanten Autoren, Werke, Themen und ästhetischen Programme. Dabei geht er auf Lyrik, Drama und Prosa ein.

Dr. Christoph Jürgensen lehrt an der Universität Wuppertal Allgemeine Literaturwissenschaft und Neuere deutsche Literaturgeschichte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783846333983
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum24.04.2013
Auflage1. Auflage
Seiten123 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8184550
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Einleitung 7Sturm und Drang im Profil1 Begriffsgeschichte, Gruppenbildungen und Literaturpolitik 112 "Lernt: Die Natur schreib in das Herz sein Gesetz ihm":Ästhetik und Poetik 233 Die Lyrik des jungen Goethe 374 "Stürzt, Paläste! Stürze, Tyrann!": Lyrik als Medium der Kritik 515 Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers (1774) 616 Der große Mann als Modernisierungsverlierer:Goethes Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand (1773) 727 Lenz oder die Geburt des Milieudramas aus dem Geiste des Sturm und Drang 838 Der Bruderkonflikt im Drama des Sturm und Drang 949 Summe, Nachhall, Überbietung - Schillers Die Räuber(1781) 106ServiceteilLiteratur 117mehr
Leseprobe



2

Lernt: Die Natur schreib in das Herz sein Gesetz ihm : Ästhetik und Poetik



Trotz des intensiven Austauschs über Fragen der Literaturproduktion und -rezeption haben die Stürmer und Dränger keine einheitliche Programmatik formuliert und überhaupt fast vollständig auf die schriftliche Fixierung ästhetischer und poetologischer Konzepte verzichtet. Dass es dementsprechend keine Theorie(n) des Sturm und Drang, keine zusammenhängende Ästhetik dieser Bewegung gibt, erklärt sich aus ihrer grundsätzlichen Opposition gegen die Unterdrückung der künstlerischen Freiheit durch die Herrschaft der poetologischen Regeln, sprich: gegen die normative Poetik der Aufklärung. Auf die Formelhaftigkeit von Werken wie Gottscheds Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen (1730, 4. Auflage 1751), die praktische Anleitungen zur Verfertigung von Dichtung und objektive, vorgeblich überzeitlich gültige Maßstäbe, zu ihrer Beurteilung aufstellten, reagieren die Autoren des Sturm und Drang mit einer radikalen Aufwertung der Subjektivität bzw. Individualität des Dichters. Nicht nach vorgegebenen Regeln soll Literatur also produziert werden, sondern aufgrund des jeweils angeborenen und weiterentwickelten schöpferischen Talents. In diesem Sinne ruft Klopstock in seiner Ode Ästhetiker aus: Lernt: Die Natur schreib in das Herz sein Gesetz ihm. (Klopstock, S. 133) Und in der Programmschrift Die Gelehrtenrepublik (1774) erläutert er dazu: Frag du den Geist, der in dir ist, und die Dinge, die du um dich siehst und hörst, und die Beschaffenheit des, wovon du vorhast zu dichten; und was die dir antworten, dem folge. (Ebd., S. 904)



Der Sturm und Drang hat folglich mindestens so viele - freilich implizite - Dichtungskonzepte wie Dichter hervorgebracht. Diese Subjektzentriertheit bedeutete dennoch keine absolute Regellosigkeit, sondern etablierte neue Regeln, ein neues ästhetisches Grundgesetz : Literatur sollte nun natürlich und wahrscheinlich sein, und in ihrem Mittelpunkt sollten große, wahre Charaktere und ihre Leidenschaften stehen. Ausgehandelt|23â âº24| wurden diese neuen Regeln in der Auseinandersetzung um einige zentrale Begriffe bzw. Konzepte. Die Diskussion kreist gleichsam um wenige diskursive Kerne. Vorrangig geht es dabei um Genieästhetik und Volkspoesie. Diese beiden Kerne sollen im Folgenden jeweils knapp in ihre literarhistorischen Zusammenhänge eingebettet und anschließend anhand exemplarischer Texte erläutert werden.


Der Dichter als second Maker : Die Genieästhetik

Die Diskussion um den Geniegedanken setzt nicht erst mit dem Sturm und Drang ein, sondern war schon seit den 1750er Jahren zum zentralen Reflexionsgegenstand nicht nur der deutschen, sondern überhaupt der europäischen Literaturen aufgerückt. Geführt wurde diese Debatte entlang der Leitdifferenz, anhand derer im 17. Jahrhundert in Frankreich die so genannte Querelle des anciens et des modernes ausgetragen wurde: Kurz gesagt, stritten dort Alte und Moderne um das Verhältnis von ingenium und studium, um die Frage also, ob sich das Genie eher durch Talent und Begabung oder durch Gelehrsamkeit bzw. die Anwendung erlernter Regeln auszeichne.

Die deutsche Frühaufklärung und namentlich Gottsched hatte sich zwischen diesen Alternativen noch eindeutig für das studium entschieden. Poesie sei lehr- wie erlernbar, dekretiert Gottsched in seiner Critischen Dichtkunst, und ihr Hauptzweck sei moralische Belehrung. So berühmt wie berüchtigt ist sein Rezept zur Zubereitung von Literatur: Zu allererst wähle man sich einen lehrreichen moralischen Satz, der in dem ganzen Gedichte zum Grunde liegen soll, nach Beschaffenheit der Absichten, die man sich zu erlangen, vorgenommen. (S. 215) Das schöpferische Genie, die Phantasie hat in diesem vernunftbasierten Dichtungsverständnis offensichtlich keinen Platz. Gottscheds Position sah sich begreiflicherweise bald scharfen Angriffen ausgesetzt, vor allem durch die Schweizer Bodmer und Breitinger, die für eine Aufwertung der Neuheit und des Wunderbaren gegenüber der phantasiebereinigten Anwendung tradierter Regeln eintraten - was zu einem heftigen, gleichermaßen poetologischen wie literaturpolitischen Kampf zwischen diesen und bald vielen weiteren Kombattanten führte, der in Literaturgeschichten als Zürcher Literaturstreit geführt wird. Noch weiter in den Hintergrund verschoben wurde das Prinzip des studiums dann bei Christian Fürchtegott Gellert (1715 - 1769), der mittels seiner Literatur weniger auf den Verstand, als vielmehr auf das Herz seiner Leser, auf ihre Sinnlichkeit einwirken will. Gellert verfocht außerdem das Originalitätspostulat und |24â âº25| verstand sich als erster Originalautor der Deutschen, ja als erstes Originalgenie. Dennoch hielt selbst er noch an einigen Grundannahmen aufklärerischer Poetik fest, etwa am unterhaltend-lehrhaften Charakter der Dichtung und der Geltung poetischer Regeln der Alten Aristoteles, Horaz oder Quintillian.

Der entscheidende Einfluss für die Autoren des Sturm und Drang zur Radikalisierung dieser Tendenz hin zur Autonomie der Literatur und einem Selbstverständnis als quasi gottgleicher Schöpfer von originaler Kunst kam dann allerdings nicht aus Deutschland, sondern aus England. Dort war schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine lebhafte Auseinandersetzung um den Genie-Begriff in Gang gekommen. Shaftesbury etwa hatte den Dichter als zweiten Schöpfer charakterisiert: Such a Poet is indeed a second Maker: a just Prometheus, under Jove. (Soliloquy or Advice to an Author, 1711). In diesem Sinne spielte auch Edward Young in seinem Buch Conjectures on original composition von 1759, das bereits 1760 in deutscher Übersetzung vorlag, die schöpferische Kraft gegen eine vernunftdominierte Regelpoetik aus: Schönheiten, die man noch nie in Regeln vorgeschrieben, und etwas Vortrefliches, von dem man noch kein Exempel hatte, (und dies ist die Characteristik des Genies) diese liegen weit außer den Gränzzeichen der Herrschaft der Gelehrsamkeit und ihrer Gesetze. (Young, S. 29) Gerhard Sauder hat darauf hingewiesen, dass sich keine direkten Belege für die Rezeption von Youngs Schrift durch die Autoren des Sturm und Drang finden lassen. Seine Gedanken wurden aber offenkundig vermittelt rezipiert und in je unterschiedlicher Akzentuierung als argumentatives Gerüst der Geniekonzeption verwendet.

In der Nachfolge Youngs erheben die Autoren des Sturm und Drang den Dichter also in den Rang eines zweiten Gottes , ernennen ihn zur beispielhaften Verwirklichung der allein aus sich schaffenden Subjektivität. Paradoxerweise verzichten sie dennoch nicht auf Vorbilder: Als exemplarisches neuzeitliches Genie gilt ihnen Shakespeare. Vorstellen wollen wir zwei literaturgeschichtlich besonders wirkungsmächtige literarische Positionierungen im Zeichen Shakespeares, und zwar zum einen Herders schlicht Shakespeare betitelten Aufsatz aus dem bereits erwähnten Band Von deutscher Art und Kunst. Einige fliegende Blätter (1773) und zum anderen Goethes im Jahr 1771 aus Anlass der Shakespeare-Feiern verfassten Text Zum Schäkespears Tag.

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Das vorbildliche Genie I: Herders Shakespeare-Aufsatz (1773)

Herders Aufsatz über Shakespeare kommt von allen literaturtheoretischen Texten des Sturm und Drang einer Programmschrift am nächsten, da er die zentralen Gedanken und Begriffe der zeitgenössischen Diskussion behandelt und im Sinne der Straßburger Gespräche ausbuchstabiert. In diesem Aufsatz, rühmte ihm Goethe in Dichtung und Wahrheit dementsprechend nach, sei erfahrbar, was damals in dieser lebendigen Gesellschaft gedacht, gesprochen und verhandelt worden (HA, Bd. 9, S. 494). Unmittelbar angeregt wurde er durch Heinrich Wilhelm von Gerstenbergs (1737 - 1823) Versuch über Shakespears Werke und Genie in dessen Briefen über Merkwürdigkeiten der Literatur (14. - 18. Brief; 1766 - 1770 in vier Bänden erschienen). Gerstenberg hatte zwar das Genie Shakespeares betont und den Hauptzweck seiner Dramen in der Zeichnung der Sitten, der sorgfältigen und treuen Nachahmung wahrer und erdichteter Charaktere, dem kühnen und leicht hingeworfenen Bilde des [...] animalischen Lebens in den lebendigen Bildern der sittlichen Natur erkannt. An der Geltung der aristotelischen Regeln, an den drei Einheiten Zeit, Raum und Handlung sowie der Kanonizität der französischen Tragödie hatte er dabei aber festgehalten. Damit blieb er letztlich Positionen der Aufklärung verpflichtet, vergleichbar Lessing, der in seinen Briefen, die neueste Literatur betreffend (1759) von Shakespeares Genie gesagt hatte, das es alles bloß der Natur zu danken zu haben scheinet (S. 72), dieses Genie aber innerhalb des traditionellen Gegensatzes von Natur und Kunst, von ingenium und studium verortet. Herder nun überwindet diesen Gegensatz bzw. leistet eine weiterführende Synthese der Ansätze Lessings und Gerstenbergs.

Im Wesentlichen unternimmt Herder zweierlei: Zum einen formuliert er seine Einsicht in die Geschichtlichkeit jeder Kunst, und zum anderen bestimmt er über das Vorbild Shakespeare den Geniebegriff neu. Zunächst also zum ersten Kern der Argumentation, dem Hinweis auf die Historizität von Kunstwerken. Herder...


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