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Von oben fällt man tiefer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am01.04.20221. Auflage
Verdammte Drecks-Mist-Wanderung, verdammte! Theophil Kornmeier ist ein komischer Typ - schräg, einsilbig und geplagt von einem unverarbeiteten Trauma: Als er selbst noch ein Kind war, ist sein Bruder bei einer Alpenüberquerung abgestürzt. Er beschließt, sich seiner Vergangenheit zu stellen: mit einer Alpenüberquerung. Weil er in puncto Wandern allerdings komplett unerfahren ist, schließt er sich einer Wandergruppe an: die schlechteste Idee seines Lebens. Denn nicht nur ein verbissener Hochleistungs-Opa, eine verführerische Alpen-Lolita und der wenig motivierte Wanderführer Josef bringen Kornmeier über seine Grenzen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, treibt ein skrupelloser Mörder in der Einsamkeit steiniger Pfade und heimeliger Berghütten sein Unwesen ...

Anne Bandel arbeitet seit zweiundzwanzig Jahren als Zahnärztin und singt seit zehn Jahren konzertant Jazz und Chanson. Doch ein Teil ihres Herzens schlägt für das Schreiben und natürlich für ihren eigenwilligen Protagonisten Theophil Kornmaier.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,95
HörbuchCD-ROM
EUR12,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextVerdammte Drecks-Mist-Wanderung, verdammte! Theophil Kornmeier ist ein komischer Typ - schräg, einsilbig und geplagt von einem unverarbeiteten Trauma: Als er selbst noch ein Kind war, ist sein Bruder bei einer Alpenüberquerung abgestürzt. Er beschließt, sich seiner Vergangenheit zu stellen: mit einer Alpenüberquerung. Weil er in puncto Wandern allerdings komplett unerfahren ist, schließt er sich einer Wandergruppe an: die schlechteste Idee seines Lebens. Denn nicht nur ein verbissener Hochleistungs-Opa, eine verführerische Alpen-Lolita und der wenig motivierte Wanderführer Josef bringen Kornmeier über seine Grenzen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, treibt ein skrupelloser Mörder in der Einsamkeit steiniger Pfade und heimeliger Berghütten sein Unwesen ...

Anne Bandel arbeitet seit zweiundzwanzig Jahren als Zahnärztin und singt seit zehn Jahren konzertant Jazz und Chanson. Doch ein Teil ihres Herzens schlägt für das Schreiben und natürlich für ihren eigenwilligen Protagonisten Theophil Kornmaier.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423440196
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.04.2022
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4271 Kbytes
Artikel-Nr.8199724
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


OBERSTDORF - KEMPTNER HÜTTE

3. Juli

Am nächsten Morgen war Kornmaier zwei Stunden vor den anderen aufgebrochen, weil er es ablehnte, mit dem Taxi nach Spielmannsau gekarrt zu werden. Zu Fuß über die Alpen. Da sollte man doch bitte wirklich auch alle Strecken zu Fuß gehen. Schon war er angeeckt, wollte nicht duzen, wollte keine Abkürzungen, war schon der mit der Macke und hatte so die anderen auf Distanz gebracht. Was ihm eigentlich ganz recht war.

Dass auch das Prinzip des Nur-zu-Fuß-wo-sind-wir-denn-Hier mal fallen würde, konnte er noch nicht ahnen. Wie überhaupt diese Wanderung bisher von einer Aneinanderreihung gekippter Erwartungen und Prinzipien begleitet wurde.

Das zumindest hatte er schon bemerkt, und er stellte sich darauf ein, dass das möglicherweise auch ein schönes Ergebnis sein würde, falls das mit dieser elenden Exposition nicht klappen sollte.

Im Wanderführer stand etwas von Sperrbachtobel, gilt als die wildeste Lawinenschlucht des Allgäus.

Da wo Matti ... aber er verbot sich weitere Gedanken dazu.

Auf morgenfrischen Waldwegen ging es sanft bergauf, die Trettach floss klar und ruhig neben ihm zu Tal, und in der Ferne war hin und wieder schon ein Berggipfel zu sehen, pittoresk mit Schnee verziert und vor tiefblauem Himmel hoch aufragend. Wie schön.

Nach zwei Stunden hatte er Spielmannsau und damit den Rest der Truppe erreicht.

Da standen sie schon alle und scharrten mit den Füßen. Man blickte ihm aufgeräumt entgegen, ganz Unternehmungslust und Frohsinn, und Kornmaier wollte schon an ein aus Fremdheit und Angst geborenes Gespenst glauben, das er da gestern Abend gesehen hatte.

Dieses bedrohliche Gespenst des Hasses.

Jetzt war da nur die hochgezogene Augenbraue vom Josef Oberhuber, als dieser die Ausrüstung Kornmaiers registrierte, und auch das war vielleicht nur eine Einbildung, wer weiß.

Josef versammelte seine Schäflein im Halbkreis um sich, blinzelte in die Sonne und wies auf die grünblaue Postkartenkulisse hinter sich.

»So. Jetzat. Jeder läuft hier sein Tempo, das ist kein Wettbewerb, hier wird jeder am Schluss ein Sieger sein.« Sein Seitenblick hatte Detti gestreift. »Pack´ ma´s.«

Kaum ausgesprochen schoss Detti als Erster los. Einige Meter hatte Bruni versucht mitzuhalten, dann war sie schon zurückgefallen.

»Jeder läuft hier sein Tempo, Bruni, haste doch gehört.« Detti hatte ihr das über die Schulter hinweg zugeraunt, und das war dann auch das letzte Mal, dass er sich nach Bruni umgedreht hatte.

Bruni wollte und konnte nicht gleich glauben, was da gerade passierte. Detti hatte gar nicht vor, mit ihr über die Alpen zu laufen. Er würde sein Ding machen, wie immer. Nichts mit fünfundzwanzigstem Hochzeitstag und sich näherkommen und gemeinsam etwas schaffen.

Stumm blieb sie stehen, nahm ihren Rucksack ab, fummelte an den Verschlüssen herum, scheinbar, um den Sitz zu verbessern. Die kleine Schar vor ihr, die sich im leichten Anstieg dem Fuß des Berges näherte, hatte nichts mitgekriegt. Bruni sah sie nur durch einen Tränenschleier und war ihrer Sonnenbrille dankbar. Musste ja keiner was merken. Was für ein mieses Schwein. Sie hievte ihren Rucksack hoch, zog die Gurte fest und ging los. Sie war allein auf der Welt, die Gruppe ein Strohhalm, an dem sie sich die nächsten Tage festklammern würde. Und den Detti, den würde sie leiden lassen, sie wusste nur noch nicht wie.

Kornmaier hatte sich etwas zurückfallen lassen. Vor ihm liefen in einer kleinen Traube Gerald, Gerlinde, Josef und Johanna. Schon hundertfünfzig Meter voraus: Detti.

Vor Kornmaier schlurfte Laura und hielt ihr Handy in die Luft: kein Empfang.

Wieder konnte er nur denken: Schnapsidee, und: Hätte er wenigstens einen getrunken, einen Schnaps, aber nein, die Sollenhauer hatte ihm das ohne jedweden Stimmungsaufheller angedreht, und er hatte zugestimmt.

Und jetzt war er mit diesen Loser-Stöcken unterwegs. Und um ihn herum lauter Irre, wie befürchtet. Tack, tack. Tack, tack klackerten die Neuerwerbungen. Ein Geräusch, das ihn nun begleiten würde. Schön war anders.

Vorn lauerte der erste Anstieg, Detti war schon hinter einer Kurve verschwunden. Der lief ja auch nicht rund, der Detti, das war Kornmaier sonnenklar. Aber wer lief schon rund, wenn man´s genau nahm.

Tack, tack, tack, tack.

Die anderen hatten angehalten und schienen auf Kornmaier und Bruni zu warten.

»Schaut´s noch amal, ob eure Schuhe gut geschnürt sind, grad am Anfang ist es recht steinig.«

Josef stieg voran, leichtfüßig, die anderen folgten, und jetzt war Kornmaier nur noch mit sich und dem Weg beschäftigt, und schon nach zehn Minuten war er beseelt, er konnte mithalten, den Loser-Stöcken sang er ein heimliches Hosianna, und er schämte sich für seine Überheblichkeit, der er in den letzten Jahren lustvoll gefrönt hatte, wenn die toten Eichhörnchen durch den Englischen Garten geschleift worden waren.

Vor ihm stieg man den steinigen Pfad palavernd bergan, er bekam nichts davon mit. Hinter ihm schnaufte Bruni mit diesem gewissen Unterton, der nach Kontakt suchte. »Puh« und »Uff« erklang es von hinten, auch davon bekam Kornmaier nichts mit. Er war beim Hosianna-Singen, davon wiederum konnte Bruni nichts wissen, und so wurde Kornmaier zum Stoffel mit Macke ernannt.

Wenn auch ein irgendwie attraktiver Stoffel, genau konnte Bruni gar nicht sagen, warum das so war.

Die breiten Schultern, das in sich Ruhende, eine Unabhängigkeit Konformitäten gegenüber, ach, sie hatte ja noch genug Zeit, es herauszufinden.

Bei einem Kapellchen versammelte man sich zur ersten Rast, Fotos wurden gemacht, die Trinkflaschen rausgezogen, und Johanna? Johanna holte zum ersten Schlag aus.

Nach der ersten Aufregung am Abend zuvor hatte man zur Normalität zurückgefunden, ja, Seitenblicke hatten sie immer wieder gestreift, aber das war ja nicht das, wonach sie strebte, Seitenblicke!

So stellte sie sich vorn hin, mitten ins Bergpanorama, dorthin, wo alle hinguckten, hob die Arme, verschränkte die Hände, streckte sich, schwang ihre Hüften ein wenig von links nach rechts und wieder zurück, hübsch langsam und mit perfektem Timing, dass das Ganze gerade eben noch so als gymnastische Übung durchgehen konnte. Dann drehte sie sich aufseufzend um und ließ die Arme sinken.

»Ganz schön schwer, der Rucksack.«

Lasziv, dachte Kornmaier, war irritiert und fühlte sich von sich selbst ertappt. Er würde doch nicht etwa, irgendein Interesse an der ... er doch nicht! Oder doch?

Und da war es wieder, das Gefühl von gestern Abend. Er hatte sich nicht geirrt. Er brauchte doch nur die anderen zu beobachten. Der Blick von Laura und wie sie sich schnaubend abwand und mit unnötiger Energie ihre Trinkflasche im Rucksack verstaute. Gerlinde und wie sie versuchte, Gerald wieder in ihre Welt zu ziehen.

Sie war ja nicht doof, die Gerlinde. Wie der Gerald plötzlich so präsent geworden war, schon gestern Abend. Und dann wieder beim Loslaufen heute früh. Und gerade eben, wie er da so unkonzentriert gewesen war, gar nicht bei der Sache, dabei hatte Gerlinde ihn gerade gefragt, ob er ein Käse- oder ein Wurstbrot haben wolle, und Gerald hatte gar nicht reagiert, sondern Johanna angestarrt und sich dann besonnen und so getan, als würde er nur die Landschaft betrachten. Trottel.

Aber was konnte sie schon tun?

Gerade hob Gerald den Rucksack auf Johannas Rücken, die dankbar zu ihm aufschaute und ein klein wenig zur Seite schwankte, gegen ihn schwankte, wie unter einer wirklichen Last, sich ein wenig gegen ihn lehnte, zwei Sekunden zu lang. Zwei Sekunden, in denen Gerald den sanften Druck Johannas spürte, ihre Brust an seinem Arm fühlte wie eine Aufforderung, aber das war sicher ein Irrtum.

Kornmaier beobachtete das still und merkte erst jetzt, dass Bruni neben ihm saß und irgendetwas gesagt hatte.

»Entschuldigung, Sie haben etwas gesagt?«

»Ach nur, dass es schon ganz schön warm geworden ist.« Und tatsächlich rann Bruni der Schweiß in Rinnsalen am Hals hinab, und auf ihrem Gesicht lag ein sonderbarer Glanz, der nicht nur der körperlichen Anstrengung geschuldet war.

»Ja, in der Tat, warm ist es geworden.« Kornmaier stand auf und überlegte, wie er es hinkriegen könnte, ganz am Ende der Gruppe zu laufen. Auf Smalltalk hatte er gar keine Lust. Er wollte in Ruhe Hosianna singen und sich über das üppige Grün entlang des steilen Pfades freuen, das hier so verschwenderisch den Berg überwucherte, und auf keinen Fall an Matti denken.

Josef Oberhuber hatte Johannas Auftritt verpasst, tauchte aus den Büschen auf, zwischen denen er mehr Zeit als notwendig verbracht hatte, um sich ein wenig von der Gruppe zu erholen. Jetzt schon, hatte er bei sich gedacht. Jetzt schon gehen die mir alle so was von auf den Sack ...

Also weiter, den Verein wieder in Tritt bringen.

Hinter Josef ging Laura, dann Gerlinde, Johanna, Gerald, Bruni und am Schluss Kornmaier.

Wie ein Aal hatte sich Johanna zwischen Gerlinde und Gerald geschoben, blieb hin und wieder stehen, vergrößerte den Abstand zu den vor ihr Laufenden. Und hinter ihnen, schon zurückgefallen: Bruni und Kornmaier.

Bruni, weil sie nicht schneller konnte, Kornmaier, weil er nicht schneller wollte.

Diese Frau in ihrem pinkfarbenen Funktionsshirt, eine Nummer zu klein, und ihren blauen Funktionsleggings, eine Nummer zu klein, nervte Kornmaier zunehmend. Nein, er wollte sich nicht unterhalten, er wollte nicht mit...

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