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Wütendes Feuer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Hoffmann und Campe Verlagerschienen am03.05.2022
Von der Autorin des Wuhan Diary: Ein großer, aufrüttelnder Roman über die Unfreiheit von Frauen im modernen China  Nicht lang ist es her, da schien Yingzhi die Welt offen zu stehen: Aufgewachsen im ländlichen China hatte sie es geschafft, als Sängerin in einer kleinen Band bekannt zu werden. Ihr Traum von einem freien und selbstbestimmten Leben war zum Greifen nah, bis eine Affäre alles zum Einsturz bringt. Yingzhi wird schwanger und ist gezwungen, den Vater des Kindes zu heiraten und in sein Elternhaus einzuziehen - so will es die Tradition. Als die Schulden ihres spielsüchtigen Mannes zu hoch werden und Yingzhi Geld verdienen soll, öffnet sich ein kleines Fenster, das ihr einen kurzen Blick auf die Freiheit schenkt. Doch dann gerät ihr eine kleine Unbedachtheit zum Verhängnis und gipfelt in einer Katastrophe für sie und ihre ganze Familie. 

Fang Fang ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen Chinas. Sie wurde 1955 geboren und lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr in Wuhan. Ihr 2020 auf Deutsch erschienenes Wuhan Diary stand wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Zuletzt erschien von ihr bei Hoffmann und Campe der vielfach gefeierte Roman Glänzende Aussicht (2024).
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextVon der Autorin des Wuhan Diary: Ein großer, aufrüttelnder Roman über die Unfreiheit von Frauen im modernen China  Nicht lang ist es her, da schien Yingzhi die Welt offen zu stehen: Aufgewachsen im ländlichen China hatte sie es geschafft, als Sängerin in einer kleinen Band bekannt zu werden. Ihr Traum von einem freien und selbstbestimmten Leben war zum Greifen nah, bis eine Affäre alles zum Einsturz bringt. Yingzhi wird schwanger und ist gezwungen, den Vater des Kindes zu heiraten und in sein Elternhaus einzuziehen - so will es die Tradition. Als die Schulden ihres spielsüchtigen Mannes zu hoch werden und Yingzhi Geld verdienen soll, öffnet sich ein kleines Fenster, das ihr einen kurzen Blick auf die Freiheit schenkt. Doch dann gerät ihr eine kleine Unbedachtheit zum Verhängnis und gipfelt in einer Katastrophe für sie und ihre ganze Familie. 

Fang Fang ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen Chinas. Sie wurde 1955 geboren und lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr in Wuhan. Ihr 2020 auf Deutsch erschienenes Wuhan Diary stand wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Zuletzt erschien von ihr bei Hoffmann und Campe der vielfach gefeierte Roman Glänzende Aussicht (2024).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783455014228
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum03.05.2022
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8200714
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
CoverVerlagslogoTitelseite1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. KapitelNachwort des ÜbersetzersFußnotenBiographienImpressummehr
Leseprobe

2. Kapitel

Angefangen hatte es im Herbst.

Für ein Mädchen vom Dorf wie Yingzhi rannen die Tage in allen vier Jahreszeiten gleichförmig und ereignislos dahin. Sie hatte dieses Jahr die Obere Mittelschule2 abgeschlossen, an der Aufnahmeprüfung zur Universität hatte sie nicht teilgenommen. Die Universität hatte keine besondere Anziehungskraft für Yingzhi. Wozu sich mit einem mühevollen Studium plagen? Wie zum Beispiel Chunhui, Mitschülerin aus ihrem Dorf, die sich durch übermäßiges Lesen die Augen verdorben hatte und kaum noch die Straße vor sich erkennen konnte. Oder ihr Mitschüler Yonggen, der sich geradezu wie ein Idiot anstellte. Yingzhi hatte ihnen oft genug aus Schwierigkeiten geholfen. Chunhui etwa klammerte sich an sie, wenn sie nachts unterwegs waren. Yonggen hatte sie immer wieder um Hilfe gebeten, wenn ihm die Fahrradkette abgesprungen war. Yingzhi empfand Genugtuung darüber, dass sie nicht geworden war wie die beiden. Sie spürte daher keinerlei Bedauern darüber, an der Aufnahmeprüfung für die Universität nicht teilgenommen zu haben. Als sie aus dem Schultor trat, stand ihr Entschluss fest. Nie wieder wollte sie eine Schule betreten. Sie hatte einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen.

Yingzhis Heimatdorf hieß Fenghuangyuan, Phönixdamm. Es lag nur ein paar Kilometer von der Kreisstadt entfernt. Die Bewohner des Dorfes standen im Ruf, Schlauköpfe zu sein. Aber Fenghuangyuan war durch die Schlauheit seiner Bewohner keineswegs wohlhabend geworden. Yingzhis Familie gehörte zur gehobenen Mittelschicht des Dorfes. Ihr Vater arbeitete zwar auf dem Feld, doch ihre Mutter hatte am Dorfeingang einen kleinen Laden aufgemacht, wo sie Dinge des alltäglichen Bedarfs verkaufte, und war daher geistig etwas beweglicher als diejenigen, die lediglich Feldarbeit leisteten. Abgesehen von San Huos Familie, der reichsten im Dorf, gab es womöglich keine bessergestellte Familie in Fenghuangyuan als die von Yingzhi.

Dass sich die gesamte Cleverness von Fenghuangyuan auf die Person San Huo konzentrierte, war ein beliebter Spruch im Dorf. Yingzhi kannte ihn seit ihrer Kindheit. San Huo hatte es bis auf die Kreismittelschule geschafft. San Huo war während der Kulturrevolution3 Anführer der Rotgardisten gewesen, die jungen Leute waren ihm blind gefolgt, sogar bis nach Hankou4. Als Mann mit Einfällen und großer Entschlusskraft verdiente er in den folgenden Jahren eine Stange Geld. Er kehrte in sein Heimatdorf zurück und war im Winter, wenn die Feldarbeit ruhte, die meistbesprochene Person unter den Dörflern. San Huos Vater war ein anerkannter Sänger gewesen. Fand im Umkreis von mehreren Kilometern eine Hochzeit oder eine Beerdigung statt, wurde er als Sänger hinzugebeten. Bei Hochzeiten sang er Opernarien, bei Beerdigungen Trauergesänge. Selbst während der schlimmsten Zeiten war es seiner Familie nie schlecht ergangen. Nach dem Tod des Vaters war San Huo die einzige Stütze der Familie, er gab daher sein unstetes Leben auf und übernahm das väterliche Gewerbe. Er hatte weder die Stimme noch das Talent seines Vaters, aber das spielte keine Rolle. Er stellte auf eigene Faust eine Musiktruppe zusammen, die sich San-Huo-Band nannte. Bestand irgendwo Bedarf für musikalische Begleitung, rief man die San-Huo-Band. Er fuhr auf seinem Fahrrad kreuz und quer durch die Dörfer, und wo immer der Ruf nach Musik laut wurde, stellte er im Handumdrehen Sänger, Suona-Bläser, Huqin-Streicher5, Trommler und Zupfer zusammen. Er selbst sang nicht, auch blies, trommelte, strich oder zupfte er nicht, er kassierte lediglich seine Provision. Er verfügte über ein geöltes Mundwerk und scheute keine Mühe. So kam es, dass sein Ruf sogar den seines Vaters übertraf. Als Erster im Dorf baute er ein Haus aus Backsteinen6, weiß verputzt mit roten Dachziegeln. In den Zimmern hingen elektrische Lampen von den Decken. Wenn sie nachts leuchteten, strahlten sie den Leuten ins Gesicht und waren Gegenstand heftigen Neids unter den Dorfbewohnern. San Huos Fähigkeit bestand darin, unabhängig vom Auf und Ab und den Wechselfällen der Zeiten Geld zu machen. Die beiden älteren Brüder Yingzhis hatten den Ehrgeiz gehabt, es ihm gleichzutun. Der eine ging nach Kanton7, der andere in den Nordosten, beide rackerten bis zum Umfallen, aber sie kamen mit leeren Händen zurück, so wie sie fortgegangen waren. Einer der beiden brachte noch eine Geschlechtskrankheit mit nach Hause. San Huo brach bei ihrem Anblick in schallendes Gelächter aus. Sein Lachen klang wie das Wüten eines Sturms, der mit explosionsartigen Geräuschen über die Köpfe fegt. Man dachte unwillkürlich, das Lachen müsste ihm den Magen zerfetzen. Den bedauernswerten Brüdern Yingzhis blieb keine Wahl, als unter San Huos Gelächter an ihren angestammten Platz zurückzukehren - den Mahjong-Tisch. »Entweder betreibt ihr das eine oder das andere«, sagte San Huo zu ihnen. »Es ist vorbestimmt. Glaubt ihr ernsthaft, ihr könnt daran etwas ändern?«

Mit seinen bald achtundvierzig Jahren hatte San Huo ebenso viele Falten im Gesicht wie Yingzhis Vater, der mehr als zehn Jahre älter war als er. Auf sein Gesicht deutend erklärte San Huo: »Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass ein Mensch umso klüger ist, je mehr Furchen und Windungen er im Hirn hat. Bei mir ist das Hirn so voll davon, dass sich alles von innen her ins Gesicht herausgedrückt hat.« Mit derart stinkendem Eigenlob sparte San Huo nicht. Seit ihrem dritten Lebensjahr konnte Yingzhi ihn nicht leiden, und daran hatte sich seither nichts geändert.

Davon hatte San Huo jedoch keine Ahnung, als er am Tag nach Yingzhis Schulabschluss auf der Suche nach ihr mit breitem Lächeln am Hoftor erschien.

Yingzhi saß im Hof und spielte unbeschwert mit ihrem Neffen Shaoya Karten. »Hallo, Yingzhi, wieder daheim?«, sagte San Huo. Yingzhi reagierte, ohne den Kopf zu heben, mit einem undefinierbaren Grunzen und fuhr dann ihren Neffen lautstark an: »Gemogelt wird nicht!«

»Yingzhi«, sagte San Huo, »die Kartenklopferei ist doch witzlos. Damit verdienst du keinen Fen.«

Yingzhi warf ihm einen schrägen Blick zu: »Ich brauch kein Geld zu verdienen. Meine Eltern verdienen genug für uns alle.«

San Huo lachte kurz: »Und wer verdient für dich, wenn du alt bist?«

Yingzhi antwortete nicht, aber sie gestand sich ein, dass er recht hatte. Shaoya sagte: »Was geht dich das an? Die Tante hat eben Lust aufs Kartenspielen.«

»Aber wenn es eine Gelegenheit gäbe, Geld zu verdienen? Frag deine Tante, ob sie dann immer noch lieber Karten spielt.«

Yingzhis Herz setzte für einen Schlag aus. Ob man es zugab oder nicht, jeder würde gern Geld verdienen! Aber sie konnte San Huo nun mal nicht ausstehen.

Ohne San Huo zu antworten, sagte sie zu Shaoya: »Spiel aus und lass das dumme Geschwätz.«

»Keine Lust, Geld zu verdienen?«, fragte San Huo.

»Wie sollte eine wie ich an Geld kommen? - Joker!«

»Und wenn das Geld zu dir kommt?«

Yingzhi lachte laut auf: »Na, dann würde ich zugreifen.«

Erfreut gab San Huo ein dröhnendes Lachen von sich. Das Geräusch klang in Yingzhis Ohren wie das Kreischen einer Säge und tat ihr im Kopf weh. »Verzieh dich, wenn du unbedingt lachen musst. Ich krieg Kopfweh davon.«

»Schon gut, schon gut. Was ich dir jetzt sage, wird deinen Kopfschmerz vertreiben.«

Er begann ihr zu erklären, dass heutzutage in den Dörfern niemand mehr bei Hochzeiten oder Beerdigungen Opernarien und Trauergesänge hören wollte. Die Zeiten hätten sich geändert, die alten Musikdarbietungen seien passé. Jetzt wollten die Leute populäre Musik hören, vor allem die Schlager aus Hongkong und Taiwan, dieses Gesäusel und Geschluchze ohne Sinn und Verstand, aber die Leute wollten das nun mal hören. Deshalb müsse sich die San-Huo-Band völlig umstellen. Er habe für teures Geld eine Karaoke-Anlage gekauft, dazu Lautsprecher, und ein paar junge Leute zum Singen engagiert. Damit sei er im letzten Monat ins Dorf Liujiawa gefahren, und siehe da, kaum habe er die Bühne aufgebaut und die Lautsprecher aufgedreht, seien die Leute in Massen herbeigeströmt. Auch die folgenden Auftritte hätten die Leute begeistert. Sie hätten in einem fort Lieder bestellt, die Band sei kaum nachgekommen. Jetzt kämen die Leute sogar von jenseits des Stromes extra herübergerudert, um die Band abzuholen. In einem Monat würden die Ergebnisse der Universitätsaufnahmeprüfungen verkündet. Die Familien, deren Sprösslinge bestanden haben, würden unbedingt Bankette veranstalten. Die ersten Bestellungen seien schon eingegangen. Heute liege der Preis für einen Auftritt bei fünfhundert Kuai8, wenn alles gut liefe, würde er auf sechshundert steigen. Hinzu käme das Geld für bestellte Lieder, da wäre jeder einmal an der Reihe. Für jeden Auftritt bedeute das einen Verdienst von ein paar zig Kuai pro Nase.

»Im Moment habe ich drei Jungs, einer bedient die Musikanlage, die beiden anderen singen, damit kommen wir hin. Aber ich hab nur ein Mädel. Fehlt es an Mädels, verdirbt das die Stimmung. Ich weiß, dass du gut singen kannst, ich hab dich vergangenes Jahr einmal Neunundneunzig Rosen singen hören, das war richtig gut. Machst du mit?«

Yingzhi jubelte innerlich. Singen gehörte seit jeher zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Wie ein Schlagerstar zu singen und dabei noch Geld zu verdienen, das wäre das Größte. Aber nach außen hin zeigte sie sich unbeeindruckt: »Du machst dich über mich lustig!«

»Warum sollte ich? Heute Nachmittag gibt es einen Auftritt, einmal auf die Bühne, und dann das Geld auf die...
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Fang Fang ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen Chinas. Sie wurde 1955 geboren und lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr in Wuhan. Ihr 2020 auf Deutsch erschienenes Wuhan Diary stand wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Zuletzt erschien von ihr bei Hoffmann und Campe der vielfach gefeierte Roman Glänzende Aussicht (2024).