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Weder Hütten noch Paläste

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
264 Seiten
Deutsch
Nomen Verlagerschienen am27.10.2021Neuausgabe
'Kaum eine Branche hat die Irrtümer heutiger Ökonomie so sehr verinnerlicht wie das Bauwesen. Kaum eine trägt deshalb so viel zur Zerstörung von Natur, Landschaft und Klima bei.' Das Bauen ist maßgeblich an jenem Prozess beteiligt, der alle Material- und Energievorräte, alle Landschaften dieser Erde immer rücksichtloser verbraucht und sie so mit dramatischer Geschwindigkeit in die ewige Unverfügbarkeit überführt: in die totale, nie wieder rückgängig zu machende Entropie. Das war nicht immer so. Günther Moewes zeigt, dass erst ein bestimmtes Verständnis von Industrialisierung die Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft möglich gemacht hat, die für diesen stetigen Zuwachs an Entropie verantwortlich ist. Er erklärt, warum die Architektur nicht die Gesetze der Ökonomie ignorieren kann und die Ökonomie nicht die Gesetze der Physik. Und er führt schließlich vor Augen, was geschieht, wenn solche Zusammenhänge durch die jeweils herrschenden Architekturmoden fortlaufend vernachlässigt werden. So ist ein engagiertes Plädoyer gegen die unablässige Vernichtung unserer Lebensgrundlagen entstanden - und zugleich für eine Vermeidungsgesellschaft, in der eine ökologische Architektur überhaupt erst Sinn macht. Das 1995 erstmals aufgelegte Buch wurde schnell zu einem Kultbuch für Architektur und Ökologie. Aufgrund der auch heute noch herausragenden Bedeutung des seit langem vergriffenen Buches wurde bei der jetzigen Neuausgabe die Originalfassung nicht überarbeitet, damit deutlich wird, wie wenig von den Erkenntnissen bis heute tatsächlich umgesetzt wurde. Angesichts der von Günther Moewes schon damals überzeugend formulierten Kritik am energiefressenden Neubau kann man kaum glauben, dass in den letzten Jahren verstärkt die Parole 'Bauen! Bauen! Bauen!' ausgegeben wurde.

GÜNTHER MOEWES, geboren 1935, war ursprünglich Architekt und entwickelte variable Bausysteme. Bekannt wurde er erstmalig durch seine Funktionalismuskritik 'Die große Vereinseitigung' auf dem Werkbundtag 1968. 1973 erhielt er eine Professur für Industrialisierung des Bauens an der FH Dortmund, deren Gründungsausschuss-Vorsitzender er auch war. Er veröffentlichte zahlreiche wachstums- und verteilungskritische Bücher. Seit 2014 schreibt er regelmäßig Wirtschaftskolumnen und Gastbeiträge für die Frankfurter Rundschau. Zuletzt erschien im Nomen Verlag sein Buch 'Arbeit ruiniert die Welt - Warum wir eine andere Wirtschaft brauchen' (2020).
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

Klappentext'Kaum eine Branche hat die Irrtümer heutiger Ökonomie so sehr verinnerlicht wie das Bauwesen. Kaum eine trägt deshalb so viel zur Zerstörung von Natur, Landschaft und Klima bei.' Das Bauen ist maßgeblich an jenem Prozess beteiligt, der alle Material- und Energievorräte, alle Landschaften dieser Erde immer rücksichtloser verbraucht und sie so mit dramatischer Geschwindigkeit in die ewige Unverfügbarkeit überführt: in die totale, nie wieder rückgängig zu machende Entropie. Das war nicht immer so. Günther Moewes zeigt, dass erst ein bestimmtes Verständnis von Industrialisierung die Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft möglich gemacht hat, die für diesen stetigen Zuwachs an Entropie verantwortlich ist. Er erklärt, warum die Architektur nicht die Gesetze der Ökonomie ignorieren kann und die Ökonomie nicht die Gesetze der Physik. Und er führt schließlich vor Augen, was geschieht, wenn solche Zusammenhänge durch die jeweils herrschenden Architekturmoden fortlaufend vernachlässigt werden. So ist ein engagiertes Plädoyer gegen die unablässige Vernichtung unserer Lebensgrundlagen entstanden - und zugleich für eine Vermeidungsgesellschaft, in der eine ökologische Architektur überhaupt erst Sinn macht. Das 1995 erstmals aufgelegte Buch wurde schnell zu einem Kultbuch für Architektur und Ökologie. Aufgrund der auch heute noch herausragenden Bedeutung des seit langem vergriffenen Buches wurde bei der jetzigen Neuausgabe die Originalfassung nicht überarbeitet, damit deutlich wird, wie wenig von den Erkenntnissen bis heute tatsächlich umgesetzt wurde. Angesichts der von Günther Moewes schon damals überzeugend formulierten Kritik am energiefressenden Neubau kann man kaum glauben, dass in den letzten Jahren verstärkt die Parole 'Bauen! Bauen! Bauen!' ausgegeben wurde.

GÜNTHER MOEWES, geboren 1935, war ursprünglich Architekt und entwickelte variable Bausysteme. Bekannt wurde er erstmalig durch seine Funktionalismuskritik 'Die große Vereinseitigung' auf dem Werkbundtag 1968. 1973 erhielt er eine Professur für Industrialisierung des Bauens an der FH Dortmund, deren Gründungsausschuss-Vorsitzender er auch war. Er veröffentlichte zahlreiche wachstums- und verteilungskritische Bücher. Seit 2014 schreibt er regelmäßig Wirtschaftskolumnen und Gastbeiträge für die Frankfurter Rundschau. Zuletzt erschien im Nomen Verlag sein Buch 'Arbeit ruiniert die Welt - Warum wir eine andere Wirtschaft brauchen' (2020).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783939816799
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum27.10.2021
AuflageNeuausgabe
Seiten264 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse14380 Kbytes
Artikel-Nr.8238743
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Vorwort

Neue Einleitung von 2021

Das Jahrhundert der Vermischung

Was ist Entropie?

Bauen und Energie

Bauen und Wachstum

Baustoff und Entropie

Beschäftigungsstaat oder Vermeidungsgesellschaft?

Die Auflösung der letzten Landschaften

Entropie korrumpiert die Wahrnehmung

Bauen und Innovation

Ausblick

Anmerkungen

Literatur

Zugrundeliegende Veröffentlichungen

Bildnachweis
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Leseprobe

Was ist Entropie?
Die physikalischen Grundlagen eines Schlüsselbegriffes

Jeder Verbrauch, jeder Umsatz von Materie und Energie erhöht unumkehrbar die Entropie auf unserem Planeten - es sei denn, er bedient sich der systemexternen Sonnenenergie. Die von der Industrialisierung ausgelösten, gewaltigen Material- und Energieströme bringen uns mit dramatischer Geschwindigkeit dem absoluten Ende näher: der totalen, nie wieder rückgängig zu machenden Entropie.

Unser Planet ist ein geschlossenes System aus Materie, deren Gesamtmenge fast konstant bleibt.1 Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik können in »geschlossenen Systemen« alle Vorgänge immer nur in einer Richtung ablaufen: von Zuständen höherer Ordnung zu Zuständen niedrigerer Ordnung. Den Grad dieser stets zunehmenden Vermischung und Zerstreuung in geschlossenen Systemen nennt man Entropie. Beispiele dafür sind: Wärme wandert immer nur vom wärmeren Körper zum kälteren, niemals umgekehrt. Ein Stück Zucker löst sich immer in Wasser auf. Niemals baut es sich von selbst aus einer Zuckerlösung wieder auf. Wird ein Glas je zur Hälfte mit schwarzen und weißen Kugeln gefüllt, so geraten die Kugeln beim Schütteln immer weiter durcheinander. Niemals kann ich durch Schütteln erreichen, dass die schwarzen Kugeln alle wieder unten und die weißen alle wieder oben liegen.2

In diesem Sinn kann auch der Mensch Bodenschätze immer nur verbrauchen, in die Umwelt zerstreuen, in Müll verwandeln. Niemals wird er von sich aus Bodenschätze neu aufbauen können. Der Mensch kann zwar Recycling betreiben. Recycling kann jedoch den Verbrauch der Bodenschätze nur bremsen, nicht einmal stoppen, geschweige denn umkehren. Allein in den USA werden jährlich 6000 t Cadmium verbraucht. Davon werden 300 t durch Recycling zurückgewonnen. Die restlichen 5700 t werden ein für alle Mal in die Umwelt zerstreut.3 Sie können niemals wieder zurückgewonnen werden. Bei anderen Stoffen ist die Recyclingrate höher. Bei Eisen im Automobilbau beträgt sie weltweit 90 %. Allerdings wird der Schrotthandel zunehmend durch den wachsenden Kunststoffanteil bedroht. Die Recyclingrate lässt sich fast überall erheblich steigern, voraussichtlich auf 50 bis 70 %. 100 % lassen sich niemals erreichen, bei keinem einzigen Stoff.

Auch Recycling stoppt also nicht die Entropievermehrung, sondern verlangsamt sie nur. Selbst bei intensivstem Recycling würden alle Stoffe im Laufe der Zeit in die Umwelt zerstreut. Bei genauerem Hinsehen ist Recycling gar keine wirkliche Anti-Entropie oder Syntropie, sondern nur die Umwandlung von Materie-Entropie in Energie-Entropie. Denn die meisten Recyclingvorgänge verbrauchen je nach Konzentration der Stoffe erheblich Energie. Ist die Entropie, die Zerstreutheit der Stoffe schließlich zu groß, »lohnt« eine Rückgewinnung oder Reinigung nicht mehr, weil die dazu notwendige Energie-Entropie schädlicher wäre als die verhinderte Materie-Entropie.

Auch die vorhandene Energie strebt in geschlossenen Systemen stets auf den Zustand maximaler Entropie zu. Transformationen von Energie sind grundsätzlich nicht umkehrbar, obwohl die Energie insgesamt immer erhalten bleibt. Entropie ist also der Grad von Vermischung und Unverfügbarkeit, in die alle Energie (aber letztlich auch alle Materie) in geschlossenen Systemen nach und nach unumkehrbar (irreversibel) und unwiderruflich überführt wird: Die Energie der Welt bleibt immer konstant, die Entropie der Welt strebt dagegen immer einem Maximum zu.

Entropie ist somit physikalisch ein Zustand, kein Vorgang: Sie ist das Maß für den Anteil zerstreuter, nie wieder nutzbarer Energie. Alle geschlossenen Systeme streben auf einen Endzustand zu, in dem zwar alle Energie noch vorhanden ist, aber nie mehr genutzt werden kann, in dem die Entropie also 100 % beträgt. Offene Systeme können dagegen ihre Entropie herabsetzen, jedoch nur, indem sie sie an die Umgebung abgeben, die Entropie also an anderer Stelle erhöhen.

In geschlossenen Systemen entsteht eine Zielenergie oder Zielmaterie also immer nur durch gleichzeitige Vermehrung der Entropie an anderer Stelle. Das gilt nicht nur für das Recycling, sondern auch für die primäre Produktion. Die Kraft einer Dampfmaschine z. B. kann nur durch eine ungleich höhere Produktion von sinnloser Abfallwärme erzeugt werden. Die Produktion eines einzigen Pkw erzeugt 25 t Abfälle. In der Chemie beträgt der Anfall unerwünschter Nebenprodukte heute das Fünffache des Zielprodukts.

Die einzige nennenswerte Größe, die in das ansonsten weitgehend geschlossene System unserer Erde eindringt, ist die Sonneneinstrahlung. Andere Größen wie Meteoriten, Satelliten, Radiowellen usw. können aufgrund ihres verschwindend geringen Größenanteils in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden. Die einzige Institution, die auf dieser Erde bisher die Entropie in großem Stil verringert hat, ist die Natur, die Evolution. Zwar kann sie auch den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nicht aufheben, aber sie hat die einzige systemexterne Energie, die dem Globus zur Verfügung steht, raffiniert und konsequent ausgenutzt: Sie hat mit Hilfe der Sonnenenergie im Laufe von Jahrmilliarden aus einem toten Gestirn die Potentiale dieser Erde aufgebaut: die Bodenschätze, Ressourcen, Rohstoffe, gewaltige Reserven von gebundener Energie in Form von Sauerstoff, Nahrung, Wind- und Wasserkraft. Sie hat ein gewaltiges genetisches Potential geschaffen in Form einer Vielfalt von immer höher entwickelten, immer wunderbareren Arten. Nur die physikalisch-biologische Evolution hat wirklich Syntropie geschaffen, hat Materie und Energie aus dem Chaos in den Zustand der Konzentration und Verfügbarkeit geführt, ohne dafür an anderer Stelle Potentiale zu verbrauchen, Entropie zu erzeugen (es sei denn, auf der Sonne).

Im Urzustand war die Erde ein glühender Ball, vor allem aus Metallgasen wie Eisen und Nickel sowie aus Silizium. Sie bestand einerseits aus einem ungeheuren Energiepotential, andererseits materiell aus einer maximalen Vermischung von überall Gleichem. Es herrschte ein Minimum an Energie-Entropie, aber zugleich ein Maximum an Material-Entropie. Im Zuge der Abkühlung entstanden erste Differenzierungen, erste Vielfalt: Gesteine, Bodenschätze bildeten sich, erste Bakterien. Die Material-Entropie nahm zwar auf Kosten der Energie-Entropie ab. Insgesamt nahm aber die Entropie in der Bilanz zu, vor allem durch die gewaltige Energie-Abstrahlung. Von irgendeinem Zeitpunkt an ließ die Energie-Abstrahlung nach. Die Sonneneinstrahlung überwog. Die Erde war materiell ein (fast) geschlossenes System geworden, dessen Entropie nur noch zunehmen konnte.

Nur die externe Sonnenenergie konnte noch Entropie abbauen. Von jetzt an bestand die Entwicklung aus einem Wechselspiel zwischen unumkehrbarer Entropievermehrung einerseits und Evolution mit Hilfe der Sonnenenergie andererseits.

Die Sonnenenergie hat also aufgrund der physikalischen Gesetze eine Schlüsselstellung auf unserer Erde: Wir leben so oder so von Sonnenenergie. Wenn wir die fossilen Energievorräte, die gespeicherte Sonnenenergie aus dem Vorratskeller der Erde weiter plündern, erhöhen wir die Entropie, vernichten wir mehr Potentiale, als wir aufbauen. Der Mensch kann Entropie nur aufhalten, wenn er sich der unmittelbaren Sonnenenergie bedient, sei es direkt durch Gewinnung von Solarenergie, sei es indirekt durch Landwirtschaft, Wind- und Wasserkraft. Im Bereich der Bodenschätze kann er Entropie niemals aufhalten.

Der Soziologe Bernd Guggenberger kommt deshalb zu sehr pessimistischen Schlüssen: »Jede Ordnungsleistung durch den Menschen wird mit einem überproportionalen Anwachsen von Unordnung bezahlt, ⦠verschlingt einen zusätzlichen Teil des gestaltbaren Vorrats. ⦠Zum entropischen Katastrophenwachstum gehört, dass nicht nur wächst, was wachsen soll. Die Zweitnatur aus ungewollten ⦠Handlungsfolgen ⦠dementiert ⦠die Planungskonzepte der Moderne.«4

Auch Georgescu-Roegen beurteilt die weitere Entwicklung pessimistisch: »Wenn wir über Details hinwegsehen, können wir sagen, dass jedes neugeborene Baby ein menschliches Leben weniger in der Zukunft bedeutet. Aber auch jeder Cadillac, der irgendwann einmal produziert wird, bedeutet weniger Leben in Zukunft«.5

Ist also das Entropiegesetz das »Grundgesetz vom Niedergang«,6 eine Art Katastrophentheorie?

Die Physik bietet an sich zu einer derart pessimistischen Sicht nur teilweise Anlass. Man muss unterscheiden zwischen dem Bereich der festen, anorganischen Stoffe und dem Bereich der Energien und organischen Stoffe. Im Bereich der anorganischen Stoffe, der Bodenschätze, kann der Mensch Entropie niemals aufhalten. Hier ist Anti-Entropie keine großartige Frage von Ökosystemen, sondern eine schlichte, sehr lineare Frage des Sparens, des Verzichts und der Rückgewinnungstechnik. Anders im Bereich der Energie und der organischen Stoffe: Hier könnte der Mensch von der Physik her mit Hilfe von Sonnenenergienutzung...
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Autor

GÜNTHER MOEWES,
geboren 1935, war ursprünglich Architekt und entwickelte variable Bausysteme. Bekannt wurde er erstmalig durch seine Funktionalismuskritik "Die große Vereinseitigung" auf dem Werkbundtag 1968. 1973 erhielt er eine Professur für Industrialisierung des Bauens an der FH Dortmund, deren Gründungsausschuss-Vorsitzender er auch war. Er veröffentlichte zahlreiche wachstums- und verteilungskritische Bücher. Seit 2014 schreibt er regelmäßig Wirtschaftskolumnen und Gastbeiträge für die Frankfurter Rundschau. Zuletzt erschien im Nomen Verlag sein Buch "Arbeit ruiniert die Welt - Warum wir eine andere Wirtschaft brauchen" (2020).
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Moewes, Günther

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