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Friesentorte für Fortgeschrittene

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am01.04.2022
Ein Urlaub auf Föhr mit überraschender Wendung, ein Fotoalbum voller Erinnerungen und Herzklopfen am Strand
Obwohl Mo nichts mehr liebt als ihren Job, lässt sie sich von ihrer Mutter zu einem Kurzurlaub auf Föhr überreden. Doch kaum sind sie auf der Fähre, verschwindet ihre Mutter. Anstelle ihres Laptops und Handys findet Mo nur das alte Familienalbum voller Kindheitserinnerungen an Föhr, verbunden mit einer Aufgabe: Sie soll die Orte und Menschen auf den Fotos aufsuchen. Zwar lässt sich Mo zunächst nur widerwillig darauf ein, aber schon bald erinnert sie sich daran, dass das wahre Glück nach salziger Luft und Friesentorte schmeckt. Oder liegt es an dem attraktiven Architekten Janne, dass sie sich zwischen Reetdachhäusern und Wattenmeer immer wohler fühlt?

Tina Wolf stand fünfzehn Jahre für verschiedene TV-Sender vor und hinter der Kamera. Parallel dazu fing sie an, erfolgreich Bücher zu schreiben. Tina Wolf lebt mit ihrem Mann, Sohn und Hund in Hamburg. Ihre Freizeit verbringt sie aber am liebsten an der Nordsee.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin Urlaub auf Föhr mit überraschender Wendung, ein Fotoalbum voller Erinnerungen und Herzklopfen am Strand
Obwohl Mo nichts mehr liebt als ihren Job, lässt sie sich von ihrer Mutter zu einem Kurzurlaub auf Föhr überreden. Doch kaum sind sie auf der Fähre, verschwindet ihre Mutter. Anstelle ihres Laptops und Handys findet Mo nur das alte Familienalbum voller Kindheitserinnerungen an Föhr, verbunden mit einer Aufgabe: Sie soll die Orte und Menschen auf den Fotos aufsuchen. Zwar lässt sich Mo zunächst nur widerwillig darauf ein, aber schon bald erinnert sie sich daran, dass das wahre Glück nach salziger Luft und Friesentorte schmeckt. Oder liegt es an dem attraktiven Architekten Janne, dass sie sich zwischen Reetdachhäusern und Wattenmeer immer wohler fühlt?

Tina Wolf stand fünfzehn Jahre für verschiedene TV-Sender vor und hinter der Kamera. Parallel dazu fing sie an, erfolgreich Bücher zu schreiben. Tina Wolf lebt mit ihrem Mann, Sohn und Hund in Hamburg. Ihre Freizeit verbringt sie aber am liebsten an der Nordsee.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641284862
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.04.2022
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2343 Kbytes
Artikel-Nr.8380898
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1.

Die Möwe hatte ihr Attentat mit einem hysterisch lauten Schreien angekündigt, als wäre sie hier das Opfer. Dabei handelte es sich, so viel stand fest, bei ihr nachweislich um den Täter. Oder die Täterin.

Mo hatte das Schreien über sich ignoriert. Vielleicht auch besser so. Hätte sie in diesem Moment ihren Kopf in den Nacken gelegt, ihre Sonnenbrille abgenommen und in den hellblauen, wolkenfreien Himmel am Fähranleger im Hafen von Dagebüll geschaut, hätte das Unheil sie direkt ins Gesicht getroffen. Irgendwo zwischen ihre blassen Sommersprossen, die so ganz und gar nicht zu ihren braunen Haaren passen wollten und die noch nicht mitbekommen hatten, dass Sommer war. Was nicht an dem Wetter in Berlin lag, sondern an ihrer Work-Work-Balance. An ihrer Selbstständigkeit, die sie liebte und die sich ausschließlich in Meetingräumen abspielte. Mo war Coachin mit Leib und Seele. Und auch, wenn sie mit ihren knapp 1,68 Meter nicht unbedingt eine große Frau war, so war sie es doch, die Vorständen und Firmenchefinnen sagte, wo es langging.

»Alles Gute kommt von oben, Moira!«, meinte ihre Mutter, die vor ihr auf einer Bank saß, und lachte so laut auf, dass Liebling, Hildes Hund, vor Schreck von ihrem Schoß sprang und sich sicherheitshalber lieber zu ihren Füßen legte. Moira - so nannten sie nur ihre Hippie-Mutter und hin und wieder der Paketbote. Sonst niemand. Alle anderen sagten einfach Mo. Und tatsächlich wusste auch kaum jemand, dass es hinter dem O noch weiterging.

Hilde strich sich eine der gelockten, hennaroten Strähnen aus dem Gesicht und wühlte in ihrer gehäkelten Umhängetasche. Vermutlich suchte sie nach einem Taschentuch, dachte Mo, während sie ihren Kopf so weit, wie es ging, zur linken Seite drehte und auf den grün-grauen, nassen Klecks hinter ihrer Schulter schielte, der sich langsam, sehr langsam, auf den Weg machte, den Rest des Rückens zu erkunden.

Hilde hatte gefunden, was sie suchte. Ihren Tabak. Sie öffnete die Dose, griff nach dem Zigarettenpapier, schlug die Beine in der gebatikten Leggings, über der sie heute eine selbst gehäkelte grüne Weste trug, übereinander, zog eines der dünnen Blättchen raus und begann sich - weiter lachend, wenn auch nicht mehr ganz so laut - in aller Seelenruhe eine Zigarette zu drehen. Über den - wenn man es denn überhaupt so nennen konnte - Modegeschmack ihrer Mutter konnte man sich streiten. Über andere Dinge noch mehr.

»Hallo? Kannst du mir bitte mal helfen?!«, protestierte Mo, die damit die Blicke der umstehenden Urlauberinnen und Urlauber, die auch auf die Fähre warteten, auf sich zog. Sie deutete, als bedürfe es einer weiteren Erklärung, auf die Stelle auf ihrer weißen, kurzärmligen Bluse, die bis vor wenigen Sekunden noch nach Reinigung gerochen hatte. Und nach Chanel. Sie hatte wirklich nicht viel mit Hilde gemeinsam. Mos Haare waren glatt und Hildes gelockt, außerdem war ihre Mutter sehr viel runder und weiblicher gebaut und steckte zudem in unmöglichen Klamotten.

Am liebsten hätte Mo die Bluse ausgezogen, in eine Plastiktüte gestopft, in den Koffer gepackt und sich hier an Ort und Stelle umgezogen. Sie bildete sich ein zu spüren, wie der Möwenschiss ihren Rücken runterlief. Im Nacktschneckentempo. Apropos Tempo. Die Zeit reichte leider nicht, um jetzt noch schnell ein frisch gebügeltes T-Shirt aus ihrem schwarzen Rollkoffer zu ziehen, auf die öffentliche Toilette hier am Anleger zu laufen und sich umzuziehen. Eigentlich hatte sie sich direkt nach dem letzten Coaching für die Vorstände ihres aktuellen Kunden umziehen wollen, denn der Tag war lang und die Berliner Sommerluft an diesem Junitag besonders stickig gewesen. Aber dafür war keine Zeit geblieben. Jetzt stand sie hier in der Abendsonne zwischen lauter gut gelaunten und aufgeregten, kleinen und großen Sandalenträgern wie ein Paradiesvogel in ihrem Business-Look und hatte das Gefühl, völlig fehl am Platze zu sein. Vermutlich machte sie den Eindruck, als hätte sie auf der Insel einen wichtigen Termin. War ja im Grunde auch so. Ein Termin, der sich über eine Woche hinzog und von dem sie schon eine vage Ahnung hatte, wie er ablaufen würde. Mit ihrer Mutter an ihrer Seite, die vermutlich jeden Morgen um kurz nach sieben Uhr an ihre Hotelzimmertür klopfen und sie fragen würde, wann sie zum Frühstück käme, denn die Wattwanderung würde doch gleich starten. Oder der Krabbenpulkurs. Oder was auch immer.

Das größere Problem war in diesem Moment allerdings: Warum waren ihre feuchten Hygienetücher ausgerechnet jetzt alle? So ein Mist! Sonst hatte sie doch immer mehr als genug griffbereit in ihrer Tasche.

Mo schob ihre Sonnenbrille hoch, um besser sehen zu können, und warf noch einmal einen verzweifelten Blick in ihre Tasche. Aber da war nichts. Zumindest nicht das, was sie jetzt dringend brauchte.

Die Fähre hatte inzwischen angelegt und entließ über die lange Gangway alle, die bereits erholt waren oder auch nicht und trotzdem zurückfahren mussten in den Alltag: junge Pärchen mit kleinen Kindern, vollgepackt mit Dingen, die vermuten ließen, dass sie ein Überlebenstraining auf der Insel absolviert hatten. Ältere Damen, die sich offenbar vor ihrem Urlaub an der Nordsee abgesprochen und gemeinsam beschlossen hatten, dass sie alle hellrosa T-Shirts zu einer passenden Haartönung tragen wollten. Ein ziemlich attraktiver, braun gebrannter Mann Mitte dreißig mit Hund an der Leine und leider einer Frau an der Hand drängelte sich an Mo genauso vorbei wie unzählige Väter und Mütter, die aussahen, als bräuchten sie - nach der gemeinsamen Zeit - erst mal Urlaub.

»Erde an Hilde! Kannst du mir bitte mal ein Taschentuch geben?«, forderte Mo ihre Mutter erneut auf, woraufhin sich gefühlt wieder die gesamte Warteschlange zu ihr umdrehte. Nur nicht Hilde. Die steckte sich die selbst gedrehte Zigarette zwischen ihre roten Lippen, zündete sie an, zog daran und produzierte einen Rauch, als wäre sie eine stinkende Dampflok. Normalerweise kümmern Mütter sich um ihre Kinder, ärgerte Mo sich. Okay, sie war vierunddreißig Jahre alt, ja. Aber konnte man nicht trotzdem etwas tun? Kopfschüttelnd, da Hilde den Ernst der Lage offensichtlich mal wieder nicht erkannte, sah sie zu Liebling runter, der entspannt vor den Füßen ihrer Mutter lag. Nicht, dass sie von ihm irgendetwas erwartet hätte, aber irgendwen musste man in so einer Situation schließlich ansehen.

Hildes Hund, der einen so starken Unterbiss hatte, dass man ihm die Leckerlis problemlos in das Maul stecken konnte, ohne dass er den Kiefer auch nur einen Zentimeter öffnete, blickte vorwurfsvoll zurück. Mo hatte keine Ahnung, warum. Sie war schließlich diejenige, die angekackt worden war. Nicht er. Überhaupt hatte er sowieso keinen Grund, so zu gucken. Eigentlich sollte er zutiefst dankbar und zufrieden aussehen und samt seiner kleinen, schiefen Stummelzähnchen glücklich grinsen, selbst in den tiefsten Tiefschlafphasen. Hilde hatte ihm schließlich das Leben gerettet, wie sie ständig betonte, sobald sich ihr die Gelegenheit bot.

Man hatte ihn irgendwo in Südeuropa im Straßengraben gefunden. Voller Läuse und fast verhungert. Das war vor drei Jahren gewesen. Danach hatte die Promenadenmischung, die vermutlich mehr als dreihundert Hunderassen vereinte, bei einer Pflegefamilie gelebt und auf ein neues Zuhause gewartet. In diesen drei Jahren, da war sich Mo sehr sicher, hatte er ein gutes Leben. Trotzdem betonte Hilde immer, was für ein schweres Schicksal er gehabt hatte, bis er endlich von ihr gerettet worden war.

In Wahrheit war sein einziges schweres Schicksal sein Aussehen. Mo liebte Hunde, aber dieser hier war ... anders. Sein Foto war das am wenigsten angeklickte auf der Seite des Tierschutzvereins gewesen. Er war schwer zu vermitteln gewesen. Nicht nur wegen des Unterbisses. Das Problem: Er sah auch nach dem Einweichen in Hundeshampoo, dem guten Essen, der Wurmkur und Entlausung noch so aus wie davor. Da half auch jede Tierliebe nichts. So ein Gesicht konnte nur eine Mutter lieben. Davon abgesehen, hatte er Mundgeruch und schnarchte, sobald er einschlief. Im wachen Zustand war er auch nicht besser zu ertragen. Er pupste. Und er war bockig.

Er liebte sein neues Zuhause. Und zwar so sehr, dass er es nur gegen seinen Willen verließ. Drei Mal am Tag musste Hilde ihn vom Sofa zerren und wie einen Wischmopp durch die Wohnung und das Treppenhaus bis nach unten vor die Haustür schieben. Sowieso war er ein eher untypischer Hund, der weder spielte noch sonst etwas freiwillig tat.

»Ich habe keins«, erklärte ihre Mutter nun trocken, zog noch einmal an der Zigarette, paffte den ganzen Qualm in der nächsten Sekunde wieder aus, warf den Zigarettenstummel auf den Boden und trat mit ihrem schwarzen Flip-Flop darauf, woraufhin sie von einer jungen Urlauberin mit drei kleinen Kindern einen vorwurfsvollen Blick erntete.

»Das trocknet gleich ganz schnell, und dann kannst du es einfach abkratzen«, schlug sie vor.

»Du hast ja grünen Nagellack!«, stellte Mo in dem Moment völlig entsetzt fest, während einer der letzten Ex-Urlauber sich samt pinkem XXL-Rollkoffer an ihr vorbeischob.

»Durch und durch grün. Weißt du doch«, witzelte Hilde und spielte damit auf ihre Einstellung zu Essen, Politik und überhaupt allem an - vielleicht außer ihrer Angewohnheit, Zigarettenkippen einfach so auf die Straße zu werfen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wären sie die Strecke von Berlin hierher mit ihrem alten Tandem oder besser noch mit dem Lastenfahrrad gefahren. Und nicht mit Mos neuem Mini, der jetzt auf dem Parkplatz hinterm Deich stand und noch kein E-Wagen war. Auch kein Hybrid.

Die...

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