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Krabbenbrötchen für Kenner

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am15.03.2023
An seinem 60. Geburtstag stellt Nikes Vater ihr die Schachtel mit all den Gutscheinen vor die Nase, die sie ihm im Laufe der Jahre geschenkt hat. Plötzlich möchte er sie alle auf einmal einlösen und lädt sie zu einem gemeinsamen Urlaub nach Föhr ein. Nike ist überrascht. Schließlich gab es in seinem Leben bisher immer nur Platz für ihn selbst. Aber schon bald genießt sie die salzige Luft, die leckeren Krabbenbrötchen und die Spaziergänge am Strand. Bei einer Radtour lernt sie den attraktiven Handwerker Basti kennen, der sie vollkommen unerwartet ins Gefühlschaos stürzt. Eine Fernbeziehung kommt für Nike nicht infrage. Doch dann erfährt sie endlich, warum ihr Vater diese besondere Reise organisiert hat, und sie muss sich fragen, ob es nicht Zeit für einen Neuanfang ist.

Tina Wolf stand fünfzehn Jahre für verschiedene TV-Sender vor und hinter der Kamera. Parallel dazu fing sie an, erfolgreich Bücher zu schreiben. Tina Wolf lebt mit ihrem Mann, Sohn und Hund in Hamburg. Ihre Freizeit verbringt sie aber am liebsten an der Nordsee.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextAn seinem 60. Geburtstag stellt Nikes Vater ihr die Schachtel mit all den Gutscheinen vor die Nase, die sie ihm im Laufe der Jahre geschenkt hat. Plötzlich möchte er sie alle auf einmal einlösen und lädt sie zu einem gemeinsamen Urlaub nach Föhr ein. Nike ist überrascht. Schließlich gab es in seinem Leben bisher immer nur Platz für ihn selbst. Aber schon bald genießt sie die salzige Luft, die leckeren Krabbenbrötchen und die Spaziergänge am Strand. Bei einer Radtour lernt sie den attraktiven Handwerker Basti kennen, der sie vollkommen unerwartet ins Gefühlschaos stürzt. Eine Fernbeziehung kommt für Nike nicht infrage. Doch dann erfährt sie endlich, warum ihr Vater diese besondere Reise organisiert hat, und sie muss sich fragen, ob es nicht Zeit für einen Neuanfang ist.

Tina Wolf stand fünfzehn Jahre für verschiedene TV-Sender vor und hinter der Kamera. Parallel dazu fing sie an, erfolgreich Bücher zu schreiben. Tina Wolf lebt mit ihrem Mann, Sohn und Hund in Hamburg. Ihre Freizeit verbringt sie aber am liebsten an der Nordsee.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641301590
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.03.2023
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1960 Kbytes
Artikel-Nr.10228450
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1.

Willi sah aus wie ein Zeitreisender, der sich verlaufen hatte. Nike konnte sich in dem Moment, in dem sie ihren Vater zwischen all den anderen Urlaubern am gut gefüllten Fähranleger in Dagebüll entdeckte, ein Grinsen nicht verkneifen.

Vielleicht genoss er es ja auch, überlegte sie, dass ihn hier offenbar niemand kannte. In seiner Heimat Kiel war er bekannt wie ein bunter Hund. Willi, der eigentlich Willem Sturm hieß, war Maler, Künstler, Dozent und beliebter Gast auf allen möglichen Veranstaltungen. Er war bekannt für seine eigenwillige Art und vielleicht gerade deshalb so beliebt. Willi machte, was er wollte. Er passte sich nie an.

So wie jetzt. Er wirkte völlig fehl am Platze zwischen all den Nordseeurlaubern, die sich farbenfroh für jede Wetterlage gerüstet hatten.

Nike ließ sich noch einen Moment Zeit, bevor sie ihn auf sich aufmerksam machen würde.

Sie hatte ihren Wagen auf dem großen Inselparkplatz direkt am Hafen von Dagebüll geparkt und war den Weg zum Fähranleger am Deich entlanggegangen, anstatt den Bus-Shuttle zu nehmen wie die meisten Urlauber. Nach all den Stunden im Auto, auf dem Weg von Hamburg hierher, hatte sie das Bedürfnis gehabt, sich zu bewegen. Die Luft war frisch und klar. Sie hatte sich mit ihrem schwarzen Rollkoffer und der Umhängetasche zwischen all den kleinen und großen Menschen hindurchgekämpft, die alle auf die Fähre warteten, bis sie ihren Vater schließlich entdeckt hatte.

Kein Mensch war wie Willi. Weder hier noch sonst irgendwo auf der Welt. Davon war Nike überzeugt. Seine grauen, gelockten und kinnlangen Haare waren unter dem Strohhut kaum zu sehen. Eine braune Horn-Sonnenbrille verdeckte sein Gesicht an diesem wunderbar sonnigen Tag, der zwar durch die frische Nordseeluft etwas kühler wirkte, ansonsten aber für Mitte Mai überdurchschnittlich warm war. Ihr Vater trug eines seiner hellen Leinenjacketts, das wie alle seine Jacketts maximal locker saß und maximal zerknittert war. Darunter hatte er wie immer einen Kaschmirpullover an. Heute einen dunkelblauen mit V-Ausschnitt. Vermutlich trug er eine passende Leinenhose. Genau sehen konnte sie es zwischen all den kleinen und großen Menschen hier nicht. Neben ihm erkannte sie seinen großen, alten Lederkoffer mit Holzleisten, der aussah, als hätten ihn Bedienstete abgestellt, die gerade auf dem Weg waren, um die restlichen Koffer zu holen.

Willi wirkte etwas verloren zwischen all den bunten Windjacken und Plastikkoffern, den Rädern, Rucksäcken und kleinen Kindern, die Fußball spielten, während ihre Mütter versuchten, sie davon abzuhalten, da die Fähre sich näherte. Er passte hier einfach überhaupt nicht her. Genauso wenig wie diese spontane Reise zu ihnen beiden passte.

Nike erinnerte sich an den Moment, als sie Willi an seinem sechzigsten Geburtstag in Kiel besucht und er sie mit der Idee überrascht hatte, zusammen zu verreisen. Sie war dreißig Jahre alt - und dies war ihre erste gemeinsame Reise. Da konnte man schon mal überrascht sein. Zumal sie auch sonst durch die frühe Trennung ihrer Eltern kurz nach ihrer Geburt und den Umzug von Kiel nach Hamburg wenig Kontakt hatten.

Willi war ihr Vater. Es fühlte sich nur nicht immer so an. Er war jemand, den man besuchte, das war für Nike ganz normal. Kinder besuchten den Elternteil, der nicht da wohnte, wo sie wohnten, alle paar Wochen mal. Nicht, weil sie immer Lust hatten, sondern weil man es ihnen sagte. Nikes Beziehung zu Willi spiegelte genau das wider. Sie waren bisher immer eine Art Zweckgemeinschaft ohne Zweck gewesen. Weil die emotionale Verbindung fehlte. Weil Nike nicht geplant gewesen war. Weil nichts von alldem wirklich gewollt gewesen war und bereits endete, bevor es überhaupt angefangen hatte. Willi war ein Freigeist. Er war alles Mögliche, aber keiner, der immer schon unbedingt ein Kind hatte haben wollen. Was nicht hieß, dass er sie nicht liebte. Er war damals so alt gewesen wie sie jetzt, und ja, Nike war ihm wichtig, das wusste sie. Aber es war eben anders. Er war nicht der Vater, der sich kümmerte, der sich sorgte, der Interesse zeigte, der sich Gedanken machte. So wie die anderen, die an diesem Fähranleger um ihn rumstanden und jetzt anfingen, die Tickets in ihren Bauchtaschen und Rucksäcken zu suchen, während der eine oder andere Hund versuchte, einem Ball hinterherzujagen, bis ihm wieder einfiel, dass er ja angeleint war. Väter, die sich darum bemühten, ihr Rudel zusammenzuhalten, Mütter, die Brotboxen öffneten, um die selbst geschmierten Sandwiches zu verteilen, und Kinder, die Fangen spielten. Eingespielte Teams. Jeder hatte seine Rolle und Nike fragte sich in diesem Moment, welche ihr zukam. Sie ließ ihren Blick weiterwandern zu den entspannten Dauerurlaubern Ü70, die sich sicher auch auf die Insel freuten, für die das hier aber kein außergewöhnlicher Montagvormittag war, kein Beginn eines vielleicht lange herbeigesehnten Urlaubes, sondern ein weiterer freier Tag. Sie schienen das ganze Treiben belustigt zu beobachten, erinnerten sich vermutlich daran, wie es früher bei ihnen gewesen war, während die Sonne ihnen ins bereits gut gebräunte Gesicht schien und der Wind ihre kurzen, grauen Haare durchwühlte. Und mittendrin, in diesem Trubel, dieser Menschenmenge, in der mit jedem Meter, den sich die Fähre dem Anleger näherte, die Hektik zunahm, stand Willi. Ein Fels in der Brandung. Ein Leuchtturm, den offensichtlich keiner wahrnahm. Bis auf Nike. Alle anderen waren mit sich selbst und ihrem Gepäck, den Kindern und Hunden beschäftigt. Es fehlte eigentlich nur, dass Willi einen schwarzen Regenschirm hochhielt, sich alle zu ihm umdrehten und er etwas über die Geschichte der Nordfriesischen Inseln und ihre Bewohnerinnen und Bewohner erzählte.

Stattdessen riss er nun seinen Arm hoch, als er Nike entdeckte, und rief aus voller Kehle: »Hiiiier!« Er dachte wohl, sie hätte ihn noch nicht entdeckt.

Nike nickte ihm zu, obwohl er das vermutlich gar nicht erkennen konnte, schließlich trennten sie noch mindestens zwanzig kleine und große Allwetterkombinationen. In diesem Moment wurde Nike wieder ihr nicht vorhandenes Talent im Kofferpacken vor Augen gehalten. Sie konnte jetzt schon wetten, dass alles, was sie dabeihatte, nicht zum Einsatz kommen würde und sie das, was sie bräuchte, hundertprozentig nicht eingepackt hatte. Sie trug, wie fast immer, eine Jeans-Latzhose, ein geringeltes T-Shirt und ihre dunkelblaue Wollmütze über dem blonden Pixie-Kurzhaarschnitt. Manch einer dachte vermutlich, sie würde jeden Tag das Gleiche tragen. Dabei hatte sie sowohl eine große Auswahl an Latzhosen als auch an geringelten T-Shirts. Es war und blieb einfach ihre Lieblingskombi. Bequem, lässig und unkompliziert.

Natürlich trug sie auch andere Sachen. Das Wetter war ja auch nicht jeden Tag für dieses Outfit gemacht. Und genau da fingen dann immer ihre Probleme an, wenn eine Reise anstand. Was sollte sie einpacken?

Während sie all die anderen hochprofessionell ausgestatteten Nordseekenner betrachtete, wurde ihr klar, dass sich ihre Bauchschmerzen, die sich immer sofort einstellten, sobald sie vor ihrem geöffneten Koffer und ihrem Schrank stand, vermutlich wieder einmal nicht gelohnt hatten. Entweder war es wärmer als gedacht, kälter oder nasser.

»Moin, moin, mein Mädel!«, begrüßte Willi sie überschwänglich betont norddeutsch, als sie bei ihm angelangt war, ihren Koffer abgestellt und ihn in den Arm genommen hatte. Nike fragte sich, ob er Korn statt Kaffee zum Frühstück gehabt hatte oder einfach nur lustig sein wollte. So begrüßte er sie sonst nie. Ob die Menschen um sie herum jetzt dachten, sie wäre seine Freundin?

»Hallo, Papa!«, rief Nike deshalb schnell etwas zu laut zurück, damit hier bloß kein falsches Bild entstand. »Na, wie war die Anreise, Papa?!«, hakte sie noch einmal laut nach und strich ihm zur Begrüßung sanft über die Schulter, gefolgt von einem leichten Klopfen, wie man es bei gebrechlichen, älteren Menschen tat. Dabei war Willi alles andere als alt und gebrechlich. Er war ein attraktiver, jung gebliebener Sechzigjähriger, der junge Frauen anzog wie ein Magnet.

»Sag mal, meinst du nicht, du erkältest dich? Hast du noch eine wärmere Jacke eingepackt?«, fragte sie betont besorgt.

»Jaja. Das wird schon.«

»Und hast du gut hergefunden?«, schob sie hinterher und stellte ihre Tasche ab.

Willi sah sie mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen fragend an. Zu Recht. Er war schließlich mit der Bahn gekommen, und die hatte keine zehn Meter von ihnen entfernt gehalten. Direkt neben dem Fähranleger befand sich die Bahnhaltestelle. Man musste nur einmal die Straße überqueren.

»Ja, danke der Nachfrage. Ich bin ja schon groß.«

Nike lachte. »Ach, stimmt. Fast vergessen!«

»Und du?«

»Ich? Ich bin auch schon groß.«

Willi grinste. »Ja, stimmt. Und das ging viel zu schnell. Ich meinte: Bist du gut durchgekommen?«

»Ach so. Ja, danke. Alles easy.«

»Schön.«

Sie sah sich um, er sah aufs Meer.

Da war sie wieder. Die Stille zwischen ihnen, die an manchen Tagen ganze Messehallen füllen konnte - oder auch ganze Fähranleger.

Nike gab sich einen Ruck. »Wie kommen wir denn gleich zu dem Ferienhaus?«, fragte sie. »Mit dem Bus?«

Willis Reservierung für einen Mietwagen war hinfällig geworden, da Nike an dem Tag, an dem ihr Urlaub eigentlich hätte starten sollen, nicht hatte fahren können. Ihrem Chef war leider doch noch etwas eingefallen und noch etwas und noch etwas, bevor sie endlich loskam. Dementsprechend waren sie jetzt zu Fuß auf der Insel unterwegs oder zumindest ohne Auto. Was aber nichts machte, wie ihr Vater...

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