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Baselbieter Abgründe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
345 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.02.2022
Im kleinen Oberbaselbieter Dorf Hinterberg taucht ein Fremder mit undurchsichtigen Absichten auf. Als wenig später seine Leiche gefunden wird, beginnt Hofhund Vasco zu ermitteln. War es ein tragischer Unfall oder Mord? Wer hätte ein Interesse an seinem Tod, und wieso? Zusammen mit Frauchen Lotti und deren Nichte Mara steckt Vasco seine Nase dabei in Dinge, die andere lieber geheim gehalten hätten, und er erkennt: Einige Dorfbewohner haben Dreck am Stecken.

Barbara Saladin wurde an einem Freitag, den 13. geboren und lebt als freie Journalistin, Autorin und Texterin in einem kleinen Dorf im Oberbaselbiet. Sie schreibt Kriminalromane und Kurzgeschichten, Sach- und Kinderbücher, Reiseführer und Theaterstücke, Artikel und Reportagen. Sie textet, fotografiert, recherchiert, lektoriert, moderiert und organisiert. 2017 erhielt sie den Kantonalbankpreis Kultur. www.barbarasaladin.ch
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextIm kleinen Oberbaselbieter Dorf Hinterberg taucht ein Fremder mit undurchsichtigen Absichten auf. Als wenig später seine Leiche gefunden wird, beginnt Hofhund Vasco zu ermitteln. War es ein tragischer Unfall oder Mord? Wer hätte ein Interesse an seinem Tod, und wieso? Zusammen mit Frauchen Lotti und deren Nichte Mara steckt Vasco seine Nase dabei in Dinge, die andere lieber geheim gehalten hätten, und er erkennt: Einige Dorfbewohner haben Dreck am Stecken.

Barbara Saladin wurde an einem Freitag, den 13. geboren und lebt als freie Journalistin, Autorin und Texterin in einem kleinen Dorf im Oberbaselbiet. Sie schreibt Kriminalromane und Kurzgeschichten, Sach- und Kinderbücher, Reiseführer und Theaterstücke, Artikel und Reportagen. Sie textet, fotografiert, recherchiert, lektoriert, moderiert und organisiert. 2017 erhielt sie den Kantonalbankpreis Kultur. www.barbarasaladin.ch
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839270509
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum09.02.2022
Seiten345 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8446167
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


KAPITEL 1

Hinterberg hat 365 Einwohner. Einen für jeden Tag im Jahr, sagt Lotti.

Sie selbst ist eine von ihnen. Die wievielte genau weiß ich nicht - wahrscheinlich ist sie ziemlich weit vorne, da sie schon älter ist und schon sehr, sehr lange hier lebt. Aber ich hab s nicht so mit Zahlen. Hingegen weiß ich genau, wie Lotti riecht, was sie gerne macht, und dass ich nun auf sie warte. Die Spätsommersonne scheint mir aufs Fell und wärmt mich bis ins Innerste. Ich bin voll und ganz damit beschäftigt, diese Wohltat zu genießen.

Doch dann kommen zwei Wespen angeflogen und haben nichts Besseres zu tun, als ausgerechnet um meinen Kopf zu schwirren. Das stört die Idylle schon beträchtlich, denn Wespen traue ich nicht über den Weg. Sie sind gefräßig, unberechenbar und verstehen keinen Spaß. Und als sich noch eine Fliege dazu gesellt und sich punktgenau auf meine Schnauze setzt, ist definitiv fertig mit Ruhe. Das Vieh kitzelt. Zuerst rümpfe ich die Nase, und als das nichts hilft, schnäuze ich ausgiebig, sodass mein ausgesprühtes Nasenwasser für den Bruchteil einer Sekunde einen Regenbogen vor mein Gesicht zaubert. Auch das nützt nichts gegen das aufsässige Insekt. Also hebe ich den Kopf, der tiefenentspannt auf meinen Vorderpfoten geruht hat, stehe auf und schüttle mein schwarzes, von weißen Spritzern und Flecken durchsetztes Fell.

Das ist zu viel für die Fliege. Empört summt sie weg, gefolgt von den beiden Wespen, die sich offenbar an einem anderen Ort auf dem Hofplatz mehr Erfolg bei der Nahrungssuche versprechen.

Mein innerer Frieden ist ebenfalls dahin. Die Störung hat mich aus meinen trägen Gedanken gerissen - die ja eigentlich, genau genommen, gar nicht so richtige Gedanken waren. Mehr so Fetzen von Wunschträumen, in denen Würste und Knochen eine relativ große Rolle spielten. Und mit der Ruhe ist s sowieso vorbei, denn in diesem Moment höre ich, wie Lottis Töffli sich nähert. Ein unverwechselbarer Ton - eine Mischung aus Knattern, Prusten und Stottern - kündigt ihre Ankunft immer schon an, lange bevor sie in mein Gesichtsfeld kommt: Dort, wo die Kantonsstraße vom Tal her aus dem Wald tritt und sich in einer geschwungenen Linkskurve Richtung Hinterberg die Abzweigung zu unserem Hof befindet, muss sie nochmals so richtig Gas geben, um die letzte Steigung zu schaffen. Spätestens wenn sie dort anlangt, höre ich sie. Immer. Weiter drüben sind die äußersten Häuser von Hinterberg hinter der Geländekuppe jenseits der Felder noch knapp auszumachen, während unser Sträßchen in mehreren Biegungen zwischen Weiden und Hecken hindurch die letzten paar Hundert Meter zum Rüttigrund führt.

Freudig springe ich auf und laufe Lotti entgegen. Schließlich soll sie wissen, dass ich mich über ihre Rückkehr freue! Schon kommt sie auf den Hofplatz getuckert. Nach der Anstrengung der letzten Steigung, wie es sie bei uns in den Jurahügeln halt so gibt, beschleunigt der strapazierte Töfflimotor nochmals erleichtert, bevor Lotti ihn ausschaltet. Es ist ein in die Jahre gekommenes Fahrzeug, sicher mindestens viermal so alt wie ich selber, und es sieht auch ziemlich alt aus - nicht windschnittig, mit satten Farben und hochtourig jaulend wie die Gefährte der Jungs aus dem Dorf, sondern mit unmodernen Rundungen, abgeblätterter Farbe und staubig. Immer wieder weben Spinnen ihre Netze zwischen Lenkstange und Tank, und dann kommt Lotti, fährt mit dem Töffli umher, und die Krabbeltiere können von Neuem mit der Arbeit anfangen.

Ich hopse wild vor meiner Meisterin auf und ab (an ihr hochspringen darf ich ja nicht, obwohl ich das so gern tun würde!) und signalisiere ihr so, dass sie mich jetzt lange genug allein auf dem Hof gelassen hat. Sie krault mir den Kopf. Doch genau in diesem Moment nähert sich ein anderes Vehikel über unser Sträßchen. Mit tieferen Motorengeräuschen und deutlich schneller. Ein Auto.

An sich ist das nichts Außergewöhnliches, denn die Menschen sind natürlich immer und überall in ihrem Auto unterwegs. Ich habe mich schon gefragt, ob sie das Auto so oft brauchen, weil sie im Gegensatz zu uns ja nur zwei statt vier Beine haben, und ob sie darum schwächlich sind und Angst vor Gleichgewichtsproblemen haben. Wahrscheinlich hat die Evolution sie dazu bestimmt, weniger zu laufen und mehr einfach nur das Gas- und Bremspedal zu bedienen. Wie auch immer. Weil der Mensch so gern Auto fährt, ist eine solche Erscheinung selbst bei uns auf dem Hof nichts Außergewöhnliches, wo das Sträßchen zu Ende ist und wo dahinter nur ein holpriger Feldweg ins Nirgendwo weiterführt. Dennoch bekommt dieses Auto sofort meine ganze Aufmerksamkeit. Weil es nämlich recht auffällig aussieht, für Hinterberg und den Rütti­grund wenigstens. Es glänzt intensiv, weshalb ich es sofort als neu erkenne. Oder naja, zumindest frisch gewaschen. Einem Landwirt gehört es ganz bestimmt nicht, sondern jemandem, der normalerweise nicht auf Sträßchen mit Schlag- und Schlammlöchern rumfährt. Der Wagen sieht schnell und elegant aus und ist so tief gelegt, dass ich mich nicht wundern würde, wenn die spitzen Kanten des durch die Unwetter der Jahrzehnte aufgerissenen Asphalts in der Mitte unseres Sträßchens die Ölwanne aufschlitzen würden. Boah, was würde das für eine Sauerei geben, und wie würde Lotti deswegen schimpfen und fluchen! Sofort müsste Ruedi ein paar Eimer Sägemehl aus seiner Werkstatt holen und sie verstreuen, um das Öl zu binden!

Glücklicherweise bleibt das befürchtete hässliche Kratzgeräusch aus und die Unterseite des Autos intakt. Nicht, dass ich mir grundsätzlich irgendwas aus Autos machen würde, denn schließlich bin ich ein Hund, aber dieses Fahrzeug ist nicht alltäglich. Und Außergewöhnliches ist immer spannend, denn das verspricht Aufregung, schon allein, weil das Fahrzeug so gar nicht in meine Umgebung passt.

Da Lotti eben erst angehalten hat und unter ihrem alten Mofahelm nicht gehört hat, dass hinter ihr jemand auf den Hof gefahren ist, bemerkt sie das Auto erst, als ich in gestrecktem Galopp an ihr vorbeirase und den vierrädrigen Eindringling so entschieden anbelle, dass er seine Fahrt sehr abrupt stoppt.

*

»Vasco, Fuß!«

Verärgert zog Lotti Niederberger den Helm vom Kopf und versuchte, ihre grauen halblangen Locken, die ihr nun wirr vom Kopf standen, mit der freien linken Hand zu bändigen. Das war mindestens so aussichtslos wie das Ansinnen, Vasco zurückzurufen, der einem schwarz-weißen Haarblitz gleich an ihr vorbei in Richtung des Autos gerast war, das - sie hatte es gar nicht bemerkt - auf dem Hofplatz angehalten hatte.

Der Hund brauchte noch eine zweite und dritte Einladung, bis er Lotti doch noch erhörte und zu ihr gelaufen kam. Er sah sie kurz erwartungsvoll an, um sich gleich wieder an das Auto zu erinnern und es anzubellen, als sie nicht sofort reagierte.

Lotti betrachtete das Fahrzeug. Es war ein schnittiges Modell, das hier auf dem Sträßchen ziemlich fehl am Platz wirkte, zumal die Pfützen des vergangenen Regens das satte Pazifikblau in Bodennähe mit reichlich Dreckspritzern übertüncht hatten. Lotti erkannte die Marke des Autos nicht - das tat sie sowieso nur bei jenen, wo der Markenname im Signet dabeistand. Auch den Mann kannte sie nicht, der hinter dem Steuer saß und sich offensichtlich nicht sicher war, ob er es angesichts des wild umherspringenden, kläffenden Hundes wagen sollte auszusteigen.

»Fuß!«

Lottis Schneid in der Stimme überzeugte Vasco doch noch, auf allfällig geplante Attacken zu verzichten. Der Mischling zog die Ohren ein, kam und setzte sich brav an ihre Seite. Vasco reichte seiner Meisterin, die eher von kleiner Statur war, bis Mitte Oberschenkel. Sie fixierte ihn mit scharfem Blick, zischte »Bleib!« und ging die paar Schritte zum Auto.

»Suchen Sie etwas?«, fragte sie, nachdem sie dem Fahrer mit einer Fingerbewegung angezeigt hatte, er solle das Fenster öffnen.

»Ja. Darf ich aussteigen?«

»Natürlich. Wieso sollten Sie nicht dürfen?«

»Hat Ihr Hund nichts dagegen?«

Das schiefe Lächeln des Autofahrers misslang. Dass er für bellende Alarmanlagen nicht viel übrighatte, war offensichtlich.

Auch unbefestigten Hofplätzen, auf denen sich der Mergel mit Erdklumpen, Stroh und Schafsmist vermischt, stand er kritisch gegenüber. Das sah Lotti dem skeptischen Blick des Mannes an, auch wenn er sich bemühte, selbstbewusst zu wirken. »Wenn Sie sich vor Vasco fürchten, sperr ich ihn in den Schuppen. Moment.«

Es war ihr, als sähe sie Erleichterung in den eben noch angespannten Gesichtszügen ihres Gegenübers. Seine glattrasierten Wangen schienen sich sichtlich zu entkrampfen, aber er bewahrte Haltung, indem er bewusst locker - und für ihr Dafürhalten ein wenig zu laut - sagte: »Ach, das wäre nicht nötig. Aber wenn Sie meinen, dass meine physische Integrität nur durch das Wegsperren Ihres hochmotivierten Wächters mit Sicherheit gewahrt werden kann, bin ich Ihnen zu Dank verpflichtet.«

Lotti ignorierte seine gestelzte Ausdrucksart, packte den Hund am Halsband und führte ihn weg.

Derweil stieg der Unbekannte aus seinem Fahrzeug. Er achtete darauf, dass seine italienischen Lederschuhe weder mit einem Erdklumpen noch einer Pfütze oder der Hinterlassenschaft eines Schafs auf Tuchfühlung gerieten, zog sich sein marineblaues Jackett zurecht und blickte sich um. Als er sicher war, dass die Mopedfahrerin mit ihrem Hund beschäftigt war und ihn nicht beachtete, holte er kurz einen Taschenspiegel aus der Jacketttasche und überprüfte sein Aussehen. Das volle graumelierte Haar sah tadellos aus, und auch der Hemdkragen saß. Er ließ den...

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