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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.03.20222024
Die Ostfriesischen Inseln! Sind sie nicht ein Urlaubsidyll hoch sieben? Aber Vorsicht! Unter den Friesen gibt es mehr als einen fiesen. Für jeden, der hier mörderische Absichten hegt, bietet die herrliche Landschaft vielfältige Möglichkeiten. Allein das Watt mit seinen unendlichen Weiten, dem unberechenbaren Seenebel und den bedrohlichen Gezeiten! Und im Sand von Düne und Strand sind die Spuren jedes Verbrechens schnell verwischt ...

Peter Gerdes, geboren 1955 in Emden, lebt in Leer (Ostfriesland). Er studierte Germanistik und Anglistik, arbeitete als Journalist und Lehrer. Seit 1995 schreibt er Krimis und betätigt sich als Herausgeber. 1999 übernahm er die Leitung des Festivals 'Ostfriesische Krimitage' und wurde 2018 CRIMINALE-Beauftragter des SYNDIKATS. Die Krimis 'Der Etappenmörder', 'Fürchte die Dunkelheit' und 'Der siebte Schlüssel' wurden jeweils für den Literaturpreis 'Das neue Buch' nominiert. Mehr Infos unter: www.mordwesten.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
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Produkt

KlappentextDie Ostfriesischen Inseln! Sind sie nicht ein Urlaubsidyll hoch sieben? Aber Vorsicht! Unter den Friesen gibt es mehr als einen fiesen. Für jeden, der hier mörderische Absichten hegt, bietet die herrliche Landschaft vielfältige Möglichkeiten. Allein das Watt mit seinen unendlichen Weiten, dem unberechenbaren Seenebel und den bedrohlichen Gezeiten! Und im Sand von Düne und Strand sind die Spuren jedes Verbrechens schnell verwischt ...

Peter Gerdes, geboren 1955 in Emden, lebt in Leer (Ostfriesland). Er studierte Germanistik und Anglistik, arbeitete als Journalist und Lehrer. Seit 1995 schreibt er Krimis und betätigt sich als Herausgeber. 1999 übernahm er die Leitung des Festivals 'Ostfriesische Krimitage' und wurde 2018 CRIMINALE-Beauftragter des SYNDIKATS. Die Krimis 'Der Etappenmörder', 'Fürchte die Dunkelheit' und 'Der siebte Schlüssel' wurden jeweils für den Literaturpreis 'Das neue Buch' nominiert. Mehr Infos unter: www.mordwesten.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839270820
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum09.03.2022
Auflage2024
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8446182
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Borkumer Bodensatz
Peter Gerdes

Es quietschte zwischen seinen Zähnen. Er schaute in seinen Kaffeebecher und verzog angewidert den Mund. Bodensatz! Da hatte jemand beim Füllen des Filters geschlampt. Grund genug, dem Schuldigen eine deftige Abreibung zu verpassen, fand Iko Freese. Blöd nur, dass er momentan allein lebte.

Er schlurfte in die Küche, spülte den Becher aus und füllte Kaffee nach. Dann widmete er sich dem Immobilienteil der Samstagszeitung. Mit geübtem Blick scannte er die schmalen Spalten. Immer auf der Suche nach Bodensatz. Rein geschäftlich hatte er nichts gegen Bodensatz. Im Gegenteil, er lebte sehr gut davon.

Ah, da war eine seiner eigenen Anzeigen. »Renditeobjekt im nördlichen Emsland, nahe Großwerft, gute Verkehrsanbindung.« Dazu die Höhe der Mieteinnahmen. Iko Freese grinste. Ja, das waren Zahlen! Dagegen wirkte der happige Kaufpreis wie ein Schnäppchen. Dabei war dieses Objekt nichts als ein größeres Einfamilienhaus, eingeklemmt zwischen Bahnlinie und Bundesstraße und ziemlich heruntergekommen. Aber wenn man jeden einzelnen Raum doppelt und dreifach an Leiharbeiter vermietete, die als halblegale Lohnsklaven auf der nahen Werft schufteten und Schiffsmonster zusammenschweißten, kam einiges an Miete zusammen. Man durfte nur keine Skrupel haben, auch für Kellerräume Wucherpreise zu verlangen! Es gab Leute, die hatten keine Wahl, die mussten alles nehmen. Bodensatz der Gesellschaft! Iko Freese pulte zwischen seinen Zähnen nach Kaffeekrümeln.

Was natürlich nicht in der Anzeige stand: Die Großwerft hatte große Probleme, weil sie aufs falsche Pferd gesetzt hatte. Vielmehr auf den falschen Schiffstyp. Riesenpötte im Binnenland zu bauen hatte lange für Aufmerksamkeit gesorgt und Touristen angelockt; die Ems, dieser viel zu kleine Fluss, der die Werft mit der Nordsee verband, war viele Jahre lang gnadenlos vertieft worden, ganz egal, wie stark die Strömung dabei zunahm und was für Schlickmassen dadurch in sämtliche Häfen und ins Wattenmeer gespült wurden. Wo früher Menschen über Sandboden gelaufen und baden gegangen waren, erstreckte sich eine zähe Schicht aus klebrigem Sediment. Bodensatz. Iko Freese war das egal, er ging sowieso nicht gerne baden.

Aber der Markt für Riesenpötte war inzwischen zusammengebrochen, die Werft warf ihre Arbeiter auf die Straße, und die gammeligen Häuser, die man jahrelang für horrende Summen hatte vermieten können, waren plötzlich nicht mehr profitabel. Etliche Miethaie trennten sich von solchen Gebäuden. Dass die im Verkauf nicht viel einbrachten, störte sie nicht, hatten sich diese Häuser doch durch Wuchermieten längst amortisiert. Iko Freese kaufte billig ein - und verkaufte teuer. Natürlich an auswärtige Interessenten. Potenzielle Käufer aus der Region wussten, was Sache war, und ließen die Finger davon. Unbedarften Kunden jedoch konnte man mit Hilfe ehemaliger Einnahmen enorme Renditen vorgaukeln. Und ihnen den Schrott zu überzogenen Preisen andrehen. Ja, dachte Iko Freese, auch bei Kunden gab es einen Bodensatz. Zu seinem Glück.

Neulich hatte er einer Kundin gleich zwei dieser Schrottimmobilien angedreht. Als er daran dachte, prustete er einen Schluck Kaffee zurück in den Becher. Was für ein Opfer! Hatte ihm freimütig erzählt, dass ihre Eltern vor einiger Zeit gestorben seien und sie ihr Erbteil ausgezahlt bekommen habe, das sie gewinnbringend anlegen wolle. »So als Absicherung, auf der Bank bekommt man ja heute keine Zinsen mehr.« Sparbuch oder Mietshäuser, das war alles, was die kannte, hatte Iko Freese geschlussfolgert. Mitte 50 und schon so weltfremd. Fette Beute! Für die war der unterste Bodensatz gerade gut genug. Zwei Bruchbuden in Papenburg, eine davon eine bessere Brandruine, flüchtig übertüncht, die andere auf schwer belastetem Erdreich, geschätzte Entsorgungskosten deutlich über dem Kaufpreis. Die hohe Maklerkunst bestand darin, diese Informationen nicht zu verschweigen, sondern zu relativieren. Wie so oft hatte die Nähe zur Werft gezogen. Lage war eben alles!

Eifrig hatte die Frau nach dem Köder geschnappt. Ihre Danksagungen nach Vertragsabschluss waren ihm beinahe peinlich gewesen. Beinahe. Nach ihrem ersten verzweifelten Anruf hatte er schnell ihre Telefonnummer blockiert. Wie hieß dieses Opfer noch? Iko Freese rieb sich die Stirn. Er war doch sonst so gut mit Namen! Ach ja, Anke Breuer, Hebamme. Dort stand er ja. In der Zeitung, gleich links oben auf der Seite, die er gerade aufgeschlagen hatte. Was für ein Zufall, wie konnte das sein?

Ach so. Todesanzeigen. Sie war also inzwischen gestorben. Von ihr brauchte er wohl keine weiteren Anrufe zu befürchten.

Die Sonne kitzelte ihn hinterm Ohr, was ihn daran erinnerte, dass er noch zu arbeiten hatte. »Im Juli der Doofmann sein Häuschen verkauft!« Natürlich war nicht jeder Verkäufer doof und auch nicht jeder Käufer. Die Klugen aber mied Iko Freese. Er suchte nicht ganz oben und ebenso wenig in der Mitte, sondern unten. Ganz unten. Im Bodensatz.

Er blätterte den Anzeigenteil ein weiteres Mal durch, durchforschte ihn nach Neuem wie nach Ladenhütern. Beides konnte interessant für ihn sein. Da, Geschäftshaus in der Leeraner Altstadt, wie wäre es damit? Ach nein, die Adresse kannte er, tolles Objekt, prominent an einer T-Kreuzung gelegen, viel zu attraktiv, das war nichts für ihn. Eher schon das hier: Vier-Parteien-Mietshaus in Leer-Heisfelde, sichere Mieteinnahmen. Na klar, vom Amt! Aber darauf fuhren auch andere Interessenten ab, außerdem war der Preis noch zu hoch. Mit etwas Geduld würde der sinken bis runter in den Bodensatz. Das wäre der Moment, in dem er zuschnappen musste, nicht zu früh und nicht zu spät, das war der Trick.

Unvermittelt überlief es ihn heiß. Was war das denn? »Borkum - Nordseeinsel mit Hochseeklima! Appartementhaus mit vier Ferienwohnungen, Balkone und Terrassen, Grillplatz â¦« Dann die Preisvorstellung. Iko Freese schnappte nach Luft. Fehlte da eine Null? Der Preis war unfassbar günstig! Was war mit diesem Haus? Schimmel, Holzwurm, abgesacktes Fundament? Bestimmt war eine umfassende Sanierung nötig. Doch selbst wenn, war dieses Objekt dennoch ein Schnäppchen! Augenblicklich musste er dort anrufen. Falls er durchkam, denn bestimmt versuchten in diesem Moment Hunderte Interessierte, den Anschluss zu erreichen. Wenn nicht mehr. Wo stand die Telefonnummer?

Da stand keine. Nur eine E-Mail-Adresse: »Schreiben Sie uns, wir rufen zurück.« Iko Freese lachte höhnisch auf. Darauf konnte er lange warten! Bei diesem Preis wurde der Anbieter sicher komplett zugespamt, dieser â¦ Wie war der Name? Bodenstab, na so was! Auf Borkum hießen doch eigentlich alle Akkermann.

Noch vor dem Duschen schrieb Iko Freese eine kurze Mail, in der er sein Interesse bekundete. Ohne Enthusiasmus und nur aus Prinzip, denn mit einem Rückruf rechnete er nicht. Daher war er ziemlich überrascht, als sein Handy klingelte, ehe er das Bad erreicht hatte. »Herr Freese? Danke für Ihre Mail. Bodenstab hier. Sie interessieren sich für das Haus?«

»Ja, äh â¦ moin. Durchaus«, stotterte Iko Freese. »Es ist also noch verfügbar?« Am liebsten hätte er sich auf die Zunge gebissen. Nie die eigene Position schwächen! So trieb man bloß den Preis hoch, und das war das Letzte, was er wollte.

»Noch ja.« Dieser Bodenstab klang freundlich, aber bestimmt. »Es liegen eine ganze Reihe konkreter Angebote vor. Können Sie sich bestimmt vorstellen. Mir ist an einem schnellen Verkauf gelegen. Der Kaufpreis ist nicht verhandelbar. Besichtigung nur heute. Wie sieht es aus?«

»Selbstverständlich. Gerne.« Im Flurspiegel musterte Iko Freese seinen Bademantel und seine verstrubbelten Haare. »Ich müsste natürlich erst einmal schauen, wann die nächste Fähre â¦«

»Werfen Sie einen Blick in Ihre Mailbox«, unterbrach ihn Bodenstab. »Den Fahrplan der AG Ems habe ich Ihnen gerade geschickt. Wenn Sie den Katamaran nehmen, können Sie mittags hier sein. Wie wäre es um 12 Uhr vor dem Hotel Vier Jahreszeiten?«

Iko Freese konnte sein Glück kaum fassen. So hinfällig konnte dieses Borkumer Haus gar nicht sein, dass er sich daran nicht dumm und dämlich verdienen würde! Was der Herr Bodenstab offenkundig bereits war, sonst würde er solch ein Goldstück nicht verschleudern. Aber bitte schön, wenn einer unbedingt in sein Unglück rennen wollte - er würde ihn nicht daran hindern! Iko Freese sagte zu. Nachdem er den zugemailten Fahrplan kurz überflogen hatte, beeilte er sich, endlich unter die Dusche zu kommen.

Die Fahrt mit der Katamaranfähre erinnerte ihn an einen Pauschalflug nach Mallorca. Die »Nordlicht« war proppenvoll, die Gepäckablagen waren überfüllt, das Platzangebot in den Sitzreihen war begrenzt. Ein Samstag in der Hauptsaison, dachte Iko Freese, was konnte man anderes erwarten? Wenigstens musste man sich nicht anschnallen.

Die Fahrtzeit betrug nur eine gute Stunde; mit einer herkömmlichen Fähre wie der »Ostfriesland« hätte es mehr als doppelt so lange gedauert. Dafür hätte man sich an Oberdeck in der Sonne aufhalten und den Ausblick und die frische Luft genießen können, statt nur durchs Seitenfenster auf das schlickgraue Emswasser zu gucken, das der Katamaran mit seinen weit über 5.000 Pferdestärken zum Schäumen brachte. 70 Kilometer pro Stunde waren für ein Wasserfahrzeug sehr beachtlich. Iko Freese war das trotzdem zu langsam. Er konnte es kaum erwarten, seinen Deal unter Dach und Fach zu bringen. Aber als er nach dem Anlegen ungeduldig aufsprang, steckte er in einer Schlange fest, die kaum von der Stelle kam, weil sich das Kofferabteil direkt vor dem Ausgang befand und von den Urlaubern anscheinend...

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Autor

Peter Gerdes, geboren 1955 in Emden, lebt in Leer (Ostfriesland). Er studierte Germanistik und Anglistik, arbeitete als Journalist und Lehrer. Seit 1995 schreibt er Krimis und betätigt sich als Herausgeber. 1999 übernahm er die Leitung des Festivals ¿Ostfriesische Krimitage¿ und wurde 2018 CRIMINALE-Beauftragter des SYNDIKATS. Die Krimis ¿Der Etappenmörder¿, ¿Fürchte die Dunkelheit¿ und ¿Der siebte Schlüssel¿ wurden jeweils für den Literaturpreis ¿Das neue Buch¿ nominiert. Mehr Infos unter: www.mordwesten.de