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Friesisches Käsekartell

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
279 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.02.2022
In den Kühlregalen der ostfriesischen Supermärkte findet man keinen Käse mehr, der Käsemeister einer regionalen Großkäserei wird vermisst und ein geheimnisvolles Brüderpaar verkündet den Aufbau einer Käsefabrik mit Spezialitätenrestaurants. Okko Wildeboer, kleiner Dealer mit großen Träumen, liebt Käse und freut sich über deren Jobangebot. Aber bald wird klar: Die Sache stinkt. Hauptkommissar Roman Sturm und seine Kollegin Lükka Tammling ermitteln.

Heike Gerdes, geboren 1964, lebt in Ostfriesland. Nach einem Redaktionsvolontariat und jahrelangem Redakteursdasein bei verschiedenen Tageszeitungen in Niedersachsen arbeitete sie als freie Mitarbeiterin bei Zeitungen, Zeitschriften und einem Internetmagazin. Im Januar 2000 gründete Heike Gerdes den Leda-Verlag und seit November 2011 ist sie Inhaberin der Krimibuchhandlung 'Tatort Taraxacum' in Leer, mit der sie schon zweimal den Deutschen Buchhandlungspreis gewonnen hat. Zudem ist die Autorin Mitglied im Syndikat. In 'Friesisches Käsekartell' geht es um das böse Spiel mit Träumen, Wahrheiten und Identitäten. Und natürlich um Käse.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextIn den Kühlregalen der ostfriesischen Supermärkte findet man keinen Käse mehr, der Käsemeister einer regionalen Großkäserei wird vermisst und ein geheimnisvolles Brüderpaar verkündet den Aufbau einer Käsefabrik mit Spezialitätenrestaurants. Okko Wildeboer, kleiner Dealer mit großen Träumen, liebt Käse und freut sich über deren Jobangebot. Aber bald wird klar: Die Sache stinkt. Hauptkommissar Roman Sturm und seine Kollegin Lükka Tammling ermitteln.

Heike Gerdes, geboren 1964, lebt in Ostfriesland. Nach einem Redaktionsvolontariat und jahrelangem Redakteursdasein bei verschiedenen Tageszeitungen in Niedersachsen arbeitete sie als freie Mitarbeiterin bei Zeitungen, Zeitschriften und einem Internetmagazin. Im Januar 2000 gründete Heike Gerdes den Leda-Verlag und seit November 2011 ist sie Inhaberin der Krimibuchhandlung 'Tatort Taraxacum' in Leer, mit der sie schon zweimal den Deutschen Buchhandlungspreis gewonnen hat. Zudem ist die Autorin Mitglied im Syndikat. In 'Friesisches Käsekartell' geht es um das böse Spiel mit Träumen, Wahrheiten und Identitäten. Und natürlich um Käse.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839270905
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum09.02.2022
Reihen-Nr.3
Seiten279 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8446185
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1

Don Mascarpone sah heute käsig aus. Sein Teint war schon an normalen Tagen eher blass, aber heute hatten seine fleischigen Wangen einen Farbton, der ­Coniglio an den erfrorenen Frosch erinnerte, den er als Kind nach einem ungewöhnlich harten Winter aus dem Teich gefischt und mit allen Ehren unter dem Apfelbaum bestattet hatte. Don Mascarpones breiter Mund mit der vorgestülpten regenwurmglatten Unterlippe und den nach unten gezogenen Mundwinkeln verstärkte diesen Eindruck.

Coniglio duckte sich in seinen Stuhl, als wollte er mit der ledernen Rückenlehne verschmelzen, und zog den Kopf zwischen die Schultern. Zum Glück hatte die Sitzordnung ihm einen Platz weit links an der Seite des großen Tisches aus rauen Teakholzplanken zugewiesen. Wenn der Don blass wurde, wollte man nicht im Blickfeld seiner emsbraunen Augen sein. Andere Menschen wurden rot vor Wut, Don Mascarpone erbleichte. Das kam häufig vor, denn er war äußerst reizbar. So blass wie heute aber hatte Coniglio ihn noch nie gesehen.

Am Caprese, der vor jedem Teilnehmer der Konferenz stand, lag es bestimmt nicht, den hatte Susina nach ihrem Spezialrezept wie stets liebevoll zubereitet. Die Basilikumblätter glänzten straff und in hellem Grün wie frisch gepflückt. Die Tomatenscheiben waren saftig und dufteten so würzig, wie es die festen, blassen Früchte aus dem holländischen Gewächshaus nie fertiggebracht hätten. Selbst gezogen vermutlich. Und wie gut der cremige Mozzarella am Tisch von Don Mascarpone schmeckte, wusste Coniglio. Er hatte diesen Salat schon so oft gegessen, dass sich beim bloßen Anblick die unvergleichlichen Aromen in seinem Mund entfalteten. Den tatsächlichen Genuss verkniff sich Coniglio heute und sah, dass auch die anderen Teller noch unberührt auf dem Tisch standen. Don Mascarpones Blässe war allen auf den Magen geschlagen. Dass der Don seinen eigenen Caprese-Teller achtlos beiseitegeschoben hatte, tat ein Übriges.

Vitello glotzte kuhäugig vor sich hin, Prezzemolo sah aus, als hätte es ihm gewaltig die Petersilie verhagelt, und Salsiccio drehte die zierliche Gabel in seinen Wurstfingern, als wüsste er nicht, wozu dieses Werkzeug diente. Das konnte durchaus stimmen, dachte Coniglio. Mit seinen buschigen Brauen unter der niedrigen breiten Stirn wirkte er, als wäre er gerade aus einer Höhle gekrochen und versuchte jetzt blinzelnd, sich in der Neuzeit zu orientieren. Das Gerät, das statt eines Tellers vor Don Mascarpone stand, musste ihm demnach wie das Werk böser Geister erscheinen. Der Klapprechner des Paten war technisch zwar nicht der letzte Schrei, aber er passte mit seinem silbergrauen Plastikgehäuse weder zu dem robusten Esstisch, der durchaus in einem mittelalterlichen Kloster hätte stehen können, noch zu dem Höhlenmenschen Salsiccio, der dem Don gegenübersaß.

Auf einem großen Bildschirm an der Wand war eine Präsentation mit Zahlenkolonnen, Tabellen und Säulendiagrammen zu sehen.

»Erklär mir das jetzt, Prezzemolo«, forderte Don Mascarpone mit so frostiger Stimme, dass Coniglio überzeugt war, in seinem Wasserglas müssten sich Eiskristalle bilden. Er schauderte. »Ein Rückgang von dreißig Prozent bei den Erlösen. Obwohl wir viel Geld, wirklich sehr viel Geld, in die Ausstattung unserer Fabrik investiert und den Rohstoffeinkauf deutlich gesteigert haben.« Er pickte mit dem Zeigefinger auf den Bildschirm des Laptops, der Fingernagel klang wie ein Krähenschnabel. »Wo ist mein Geld, Prezzemolo?«

»Wir haben den Ausstoß erhöht«, verteidigte sich der Produktionsleiter. »Wie ich es versprochen habe.« Er richtete sich auf und sah sich herausfordernd um. »Das Lager ist voll mit hochwertiger Ware. Übervoll sogar. Wenn der Vertrieb schlecht funktioniert, ist das nicht mein Problem.«

Ups, dachte Coniglio, wenn er sich da mal nicht gewaltig täuscht. Obwohl er selbst nicht in der Schusslinie war, duckte er sich tiefer in seinen Stuhl.

Don Mascarpones Stimme war auf einmal warm und freundlich. Fast liebevoll sah er Prezzemolo an. »Das ist nicht dein Problem. Du hast vollkommen recht«, sagte er sanft.

Auf Coniglios Unterarmen richteten sich die rötlichen Haare auf.

Der Don lehnte sich vor, den Ellenbogen auf die Tischplatte gestützt, das Doppelkinn auf der Brust, und fuhr fort: »Du hast mit meinem Geld deine Fabrik auf den neuesten Stand gebracht.« Er klappte den dicken Daumen aus und fixierte Prezzemolo. »Woher ich das Geld dafür habe, das ist nicht dein Problem.«

Jetzt klappte der Zeigefinger aus.

Prezzemolo rutschte auf seinem Stuhl hin und her und wirkte etwas vergilbt. Offenbar merkt er doch was, dachte Coniglio.

»Du hast mit meinen Rohstoffen gearbeitet. Wovon ich die bezahle, das ist nicht dein Problem.« Jetzt zielte der Zeigefinger direkt auf das angstgrüne Gesicht von Prezzemolo, Mascarpone visierte ihn über den hochgereckten Daumen an.

Coniglio hörte ein leises Wimmern aus Prezzemolos Richtung, das aber von dem dröhnenden Gebrüll des Paten erstickt wurde. »Es ist dir vollkommen egal, woher das Geld kommt, und du sagst mir das direkt ins Gesicht. Und das! Das! Ist! Dein! Problem!«

Es klirrte, als Salsiccio die Gabel aus der Hand fiel. Der Schreck hatte seine Neandertaler-Motorik offenbar aus dem Gleichgewicht gebracht.

Alle außer Pecorino saßen wie erstarrt um den Tisch. Der drahtige Blonde mit der scharfgeschnittenen Nase hatte sich sprungbereit auf der vorderen Stuhlkante aufgerichtet. Seine Augen leuchteten wie Eisbonbons. Die Oberlippe war wie eine Raubtierlefze gekräuselt und entblößte seine großen gelben Schneidezähne. Das drohte, hässlich zu werden.

Don Mascarpone fixierte den bedauernswerten Prezzemolo, der unter dem sengenden Blick sichtlich dahinwelkte. Schließlich verzog sich sein Froschmaul zu einem abfälligen Grinsen.

Pecorino entspannte sich. Ob er enttäuscht war, wusste Coniglio nicht, denn der durchtrainierte Blonde zeigte niemals Gefühlsregungen. Coniglio bezweifelte, dass der Mann so etwas wie Gefühle überhaupt besaß. Vermutlich verrichtete er einfach seine Arbeit, Emotionen wären dabei nur hinderlich.

»Also. Der Vertrieb«, sagte Don Mascarpone im Plauderton. Er lehnte sich zurück, stützte die Ellenbogen auf die Armlehnen, die seinen Stuhl am Kopfende des schweren Tisches von allen anderen im Raum unterschieden, und legte die Fingerspitzen zusammen. »Du meinst also, wir haben ein Vertriebsproblem, Prezzemolo.«

Der Angesprochene suchte offensichtlich nach Worten, sein Mund klappte stumm auf und zu, vermutlich weil er keine fand, die ihm ungefährlich erschienen.

Don Mascarpone schüttelte nachsichtig den Kopf mit dem grauen Haarkranz und wandte sich an Vitello. »Dein Kollege aus der Produktion meint, wir hätten ein Problem mit dem Vertrieb. Wie siehst du das, Vitello?«

Vitellos große braune Kuhaugen schimmerten feucht, als er zugab: »Es gab ein paar â¦ wie soll ich sagen â¦ Rückschläge in den letzten Wochen.« Er sah sich hilfesuchend um, sein Blick unter den langen dunklen Wimpern verweilte auf dem leeren Stuhl an seiner Seite. Dort saß sonst Capretto, der alte Bock mit dem Ziegenbärtchen und dem meckernden Lachen.

Die Namen der versammelten Firmenmitglieder lasen sich wie die Speisekarte einer italienischen Trattoria. Und vermutlich hatte der Don sie auch genau dort ausgewählt, denn Coniglio und seine Kollegen waren so italienisch wie der Betreiber seiner Stammpizzeria in der Innenstadt von Leer. Einzig Don Mascarpones schrumpelige Haushälterin Susina hatte italienische Vorfahren, die in den Sechzigern in Deutschland bei VW angeheuert hatten. Ansonsten war die Firma international besetzt. Vermutlich gingen dem Paten die teilweise fremdartigen Namen schwer über die Zunge und er hatte deswegen jedem einen neuen zugeteilt, den er sich besser merken und geschmeidiger aussprechen konnte.

Treffsicher war Don Mascarpone bei der Namenswahl, das musste Coniglio zugeben. Außer bei seinem eigenen Spitznamen, für den gab es wirklich keinen Grund. Aber der Tiger, als den er selbst sich sah, stand nun mal auf keiner Speisekarte und mit Italien hatte er auch nichts zu tun. Vermutlich war dem Don bei der Auswahl die Fantasie vorübergehend abhandengekommen, weshalb er sich für ein Karnickel entschieden hatte. Die echten Namen der anderen Mitarbeiter kannte Coniglio nicht. Mitunter war er froh, wenn er sich an den erinnerte, der in seinem eigenen Ausweis eingetragen war, jedenfalls wenn er sich länger an seinem zweiten Arbeitsplatz in den Niederlanden aufhielt.

Der abwesende Capretto leitete gemeinsam mit Vitello den Vertrieb. Die beiden stellten die Touren zusammen, teilten die Waren zu und die Chauffeure ein. Doch die Zeiten waren schwer, die Fahrer knapp. Und so musste Capretto in letzter Zeit selbst häufig ans Steuer eines Lieferwagens. Coniglio hatte den Verdacht, dass der Alte zu lange im Hintergrund am Schreibtisch gearbeitet hatte und nicht mehr wusste, wie man bei einer Tour unter dem Radar blieb. Vielleicht hatte der Kollege auch einfach Pech gehabt oder er war verpfiffen worden. Jedenfalls hatte ihn seine letzte Fahrt schnurstracks nach Oldenburg geführt, wo er sich in der Untersuchungshaft den knochigen Hintern platt saß.

»Rückschläge. Ja, das waren es wohl«, bestätigte Don Mascarpone, die Lippen nachdenklich vorgestülpt. »Wenn fast zwei Zentner feinster Qualitätsware verloren gehen und eine Führungskraft langfristig ausfällt, nennt man das wohl einen Rückschlag. Dazu noch der Kollateralschaden mit dem Edamer â¦« Er schüttelte traurig den Kopf. »Mehr als bedauerlich. Jetzt muss die Logistik unnötig viel neuen Käse als Verpackungsmaterial besorgen, ehe wir wieder exportieren...

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