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Sensler Todesengel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
281 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am13.04.2022
Was wäre die Freiburger Kantonspolizei ohne ihr ehemaliges Mitglied Jean-François Murith, der als Bruder Marius im Freiburger St.-Martins-Kloster lebt? Immer wenn es schwierig wird, greift der beleibte, kettenrauchende Inspektor Schneuwly zum Telefon, um sich bei Marius Rat zu holen. Dieses Mal ist jedoch nicht nur Marius' Rat gefragt, denn es geht um einen geheimnisvollen Mord in einem nahegelegenen Zisterzienserkloster. In einer Vollmondnacht wird dort die Leiche eines Mönches an den felsigen Ufern der Ärgera gefunden.

Der 1975 in Baden geborene Jean-Claude Goldschmid hat Germanistik, Geschichte und Philosophie in Zürich studiert. In seiner Dissertation befasste er sich mit der Schweizer Benediktinerin und Lyrikerin Silja Walter. Heute lebt er in Liebistorf bei Freiburg und ist Journalist und Gymnasiallehrer. Während seiner Tätigkeit als Redaktor bei den »Freiburger Nachrichten« hat er sich intensiv mit der Politik und Kultur des Kantons Freiburg sowie des deutschsprachigen Sensebezirks auseinandergesetzt und diese Erfahrungen in seinem ersten Krimi »Sensler Todesengel« verarbeitet. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextWas wäre die Freiburger Kantonspolizei ohne ihr ehemaliges Mitglied Jean-François Murith, der als Bruder Marius im Freiburger St.-Martins-Kloster lebt? Immer wenn es schwierig wird, greift der beleibte, kettenrauchende Inspektor Schneuwly zum Telefon, um sich bei Marius Rat zu holen. Dieses Mal ist jedoch nicht nur Marius' Rat gefragt, denn es geht um einen geheimnisvollen Mord in einem nahegelegenen Zisterzienserkloster. In einer Vollmondnacht wird dort die Leiche eines Mönches an den felsigen Ufern der Ärgera gefunden.

Der 1975 in Baden geborene Jean-Claude Goldschmid hat Germanistik, Geschichte und Philosophie in Zürich studiert. In seiner Dissertation befasste er sich mit der Schweizer Benediktinerin und Lyrikerin Silja Walter. Heute lebt er in Liebistorf bei Freiburg und ist Journalist und Gymnasiallehrer. Während seiner Tätigkeit als Redaktor bei den »Freiburger Nachrichten« hat er sich intensiv mit der Politik und Kultur des Kantons Freiburg sowie des deutschsprachigen Sensebezirks auseinandergesetzt und diese Erfahrungen in seinem ersten Krimi »Sensler Todesengel« verarbeitet. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839271766
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.04.2022
Seiten281 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8446228
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Erstes Kapitel

Die grauen Steinhäuser in der Freiburger Unterstadt wirkten an diesem herbstlichen Morgen besonders ehrwürdig auf Bruder Marius, und die vielen weißen Vorhänge in den Fenstern schienen richtiggehend zu leuchten. Er fühlte sich geborgen in dieser Stadt, die er seit seiner Kindheit gut kannte, und er freute sich auf seinen Hausbesuch. Da störte es ihn auch nicht, als er kurz vor dem Pont de Saint-Jean fast in einen Hundehaufen trat. Er versicherte sich, dass sein brauner Habit und seine Schuhe sauber geblieben waren, und ging weiter.

Kurz darauf stand er vor dem Haus, in dem die alte Frau lebte, bei der er heute vorbeischauen wollte. Marius schätzte, dass das Gebäude aus dem 17. Jahrhundert stammte. Er läutete zweimal und lächelte, als er das altertümliche Klingeln hörte. Der Eingang öffnete sich mit einem Brummen. Marius betrat das Treppenhaus und stieg in den ersten Stock. Dort steuerte er eine Wohnungstür an, auf der ein kleines Schild mit dem in feiner Schreibschrift eingravierten Namen »Délphine Aeby« prangte.

Als Madame Aeby nach wenigen Augenblicken öffnete, sah Marius auf den ersten Blick, dass sie ausgesprochen guten Mutes war. Ihr rosarotes, geblümtes Kleid wirkte gepflegt, beinahe aristokratisch.

»Schönen guten Tag«, begrüßte er sie. »Dominus vobis­cum!«

»Et cum spiritu tuo«, erwiderte die Dame.

Ihre Stimme kam ihm brüchiger vor als sonst. »Ihr Latein ist magnifique wie immer«, sagte er mit einem Schmunzeln.

»Danke. Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.«

»Oh, Sie fordern mich gleich zu Beginn heraus. Der erste Teil heißt Hier bin ich ein Barbar . Wie ging es weiter? Das ging mir ein klein wenig zu schnell.«

» ⦠weil ich von keinem verstanden werde «, übersetzte Madame Aeby direkt.

»Nicht einmal von mir auf Anhieb. Respekt, Délphine! Haben Sie sich diesen Satz ausgedacht?«

»Nein. Sagen Sie bloß, Ihnen ist das Sprichwort unbekannt? Es stammt vom altrömischen Dichter Ovid.«

»Ist das nicht der mit den Liebesgedichten?«

»Genau. Nun kommen Sie endlich herein!«

Marius folgte seiner Gastgeberin durch den Flur, vorbei an drei geräumigen Zimmern und der großen Küche, die ihn an das Haus seiner Großmutter erinnerte. Der Duft von Sauerkraut und Speck lag in der Luft, Madame Aeby hatte am Vormittag wohl bereits ihr Mittagessen zubereitet, das sie nach seinem Besuch nur noch aufwärmen musste.

»Nehmen Sie Platz!«, sagte Madame Aeby und wies auf einen Stuhl. Sie setzte sich auf das Sofa, vor dem ein großer Perserteppich lag.

Marius zog den Stuhl zum Sofa und ließ sich darauf nieder. Er mochte die geräumige Altbauwohnung mit den großen Fenstern und dem direkten Blick auf die Saane. »Wie geht es Ihnen heute, Madame Aeby?«

»Ach, eigentlich nicht schlecht«, antwortete die weißhaarige Frau. »Aber ich vermisse meinen Albert. Es schmerzt immer noch, dass morgens niemand mehr neben mir im Bett erwacht.«

»Das kann ich gut verstehen.«

»Nach so vielen Ehejahren ist es schwierig, sich an das Alleinsein zu gewöhnen.«

Marius nickte. Délphine Aeby war seit ein paar Monaten Witwe. Seither besuchte er sie regelmäßig, um ihr etwas Gesellschaft zu leisten und ihr zuzuhören. Meistens erzählte sie von ihrem verstorbenen Mann Albert, der ihr sehr fehlte.

»Andererseits ist mein Albert so lange krank gewesen, dass es für mich trotz aller Liebe eine große Belastung war, ihn zu pflegen, auch wenn die Spitex mir zur Seite stand. Wie Sie wissen, ist meine Gesundheit auch nicht mehr die Beste. Nun, da Albert beim Herrgott ist, bleibt mir viel Zeit zum Lesen, Beten und Nachdenken. Hier auf dem Kanapee ist mein liebster Ort. Hier sitze ich oft stundenlang.«

»Sie haben so viele schöne Plätze in Ihrer gemütlichen Wohnung.«

»Das stimmt. Aber eigentlich ist sie viel zu groß für eine Person. Als Albert noch lebte, war es anders - erst recht, als meine Tochter noch hier wohnte. Da konnten wir den Platz gut gebrauchen. Aber für einen Umzug bin ich viel zu alt. Wo sollte ich auch hin?«

»Sie fühlen sich hier zu Hause, oder?«

»In der Tat! Ich kenne das Haus, das Quartier und meine Nachbarn. Es war immer schön hier.«

Marius verstand die alte Frau. Wenn er ein Leben lang an ein- und demselben Ort gelebt hätte, würde er für seine letzten Jahre auch nicht in ein Heim wollen. »Wie geht es übrigens Ihrer Tochter?«

»Ganz gut, ihren zwei Kindern auch.«

»Sie haben Enkel? Das wusste ich bisher nicht. Wie alt sind sie denn?«

»Patrick ist acht und Astrid ist sechs. Schauen Sie, dort über der Kommode hängt ein Bild von ihnen.«

Marius blickte auf das in einen goldenen Rahmen gefasste Foto, das wohl zwei bis drei Jahre alt war. »Oh, die sind wirklich sehr süß«, sagte er.

»Ja, sehr. Allerdings sehen wir uns viel zu selten«, bemerkte die Witwe.

»Ich erinnere mich, Sie haben mir einmal erzählt, dass Ihre Tochter ausgewandert ist.«

»Ja, nach Dänemark. Wenigstens telefonieren wir fast jeden Tag. Und in der Weihnachtszeit kommen alle für drei Wochen zu mir. So können die Kleinen Ski fahren. Das ist in Dänemark nicht möglich.«

»Warum lebt Ihre Tochter in Dänemark?«

»Der Jörgen, mein Schwiegersohn, wurde an die Universität Aarhus berufen. Er ist Ökonom und analysiert die Renditen von Aktienkursen und solche Dinge.«

»Davon verstehe ich herzlich wenig«, sagte Marius mit einem Schulterzucken.

»Mir geht es genauso«, erwiderte die Witwe und lachte.

»Sie könnten doch mal zu Ihrer Tochter nach Dänemark reisen und sie besuchen.«

»Na, Sie sind mir ein Spaßvogel! Wie soll das gehen mit meinem kranken Bein?«

»Unmöglich wäre es nicht. Senioren werden heutzutage an den Flughäfen sehr gut betreut, soviel ich weiß. Wann waren Sie zuletzt dort?«

»Zur Taufe der kleinen Astrid. Das ist schon sechs Jahre her. Albert war damals noch dabei. Waren Sie schon einmal in Dänemark?«

»Leider noch nie.«

»Ein wundervolles Land! Ganz anders als die Schweiz. Topfeben und kühl. Dazu das Meer! Die Menschen sind sehr herzlich und die Farben des Himmels wirklich beeindruckend. Aber zu Hause bin ich hier in Fribourg. Außerdem habe ich ja Sie! Sie sind für mich ein Teil der Familie geworden.«

»Danke, das ehrt mich sehr.«

»Ach herrje, Bruder Marius, ich habe ganz vergessen, Ihnen etwas zu trinken anzubieten! Wollen Sie einen Kaffee?«

Marius nickte und wusste, was jetzt folgen würde: Die alte Dame würde wie jedes Mal ihre kleine Kanne aus Porzellan mit dem altmodischen Blumenmuster und zwei Tassen holen. Er würde fragen, ob sie Hilfe benötige, sie würde verneinen.

Also wartete er kurz, bis die Witwe in der Küche den Kaffee aufgesetzt hatte, und betrachtete währenddessen ein Porträt an der Wand, das ihn an Picasso erinnerte. Er wusste, dass das Bild Albert zeigte, Madame Aebys verstorbenen Gatten. In den 1960er-Jahren hatte ein hoffnungsvoller Nachwuchskünstler es gemalt.

Daraufhin wanderte Marius Blick Richtung Fenster, wo auf dem Sims die Orchideen standen: weiß, violett und rosa. Ihre leuchtenden Blüten erinnerten ihn an bunte Schmetterlinge. Madame Aebys ganzer Stolz.

»Wie liebevoll Sie Ihre Blumen pflegen«, sagte er, als sie mit dem heißen Kaffee zurückkehrte.

Die Witwe lächelte und meinte: »Ach, wissen Sie, ohne meine Putzfrau könnte ich längst nicht mehr für Ordnung in meiner Wohnung sorgen. Aber an die Orchideen lasse ich niemanden heran!«

»Recht so! Ich selber habe keinen grünen Daumen.«

»So schwierig ist das gar nicht. Man darf sie einfach nicht zu häufig gießen. Viele Leute machen diesen Fehler, und dann sterben die Orchideen ab.«

»Sehen Sie, das habe ich zum Beispiel nicht gewusst.«

»Das macht doch nichts. Zucker habe ich leider nicht, auch keine Milch«, meinte sie bedauernd, als sie Marius und sich Kaffee einschenkte. »Das Einkaufen wird mir auch immer mehr zur Last.«

»Ich mag schwarzen Kaffee«, sagte Marius.

»Aber ich habe noch Schokoladenkekse.«

»Da lasse ich mich gerne verführen.« Marius zwinkerte der Witwe zu.

»Apropos, mon cher, mich würde sehr interessieren, wieso Sie als ehemaliger Kantonspolizist Franziskanermönch geworden sind. Falls Sie es mir erzählen wollen und ich Ihnen mit meiner Neugierde nicht zu nahe trete.«

»Ganz einfach, Délphine: Ich fühlte mich berufen. Berufen zur Liebe und Heiligkeit.«

»Diese frommen Worte nehme ich Ihnen - bei allem Respekt - nicht ganz ab!«

»Wieso?«

»Da muss noch etwas anderes dahinterstecken.« Nun war sie es, die Marius schelmisch zuzwinkerte.

»Scharfsinnig wie immer, Madame!«

»Exactement. Alors?«

»Ach, meine Liebe, das ist eine lange Geschichte. Wie soll ich Ihnen das erklären?«

»Einfach frisch von der Leber weg!«

»Gut, ich will es in aller Kürze versuchen. Als Polizist habe ich mich nie richtig wohlgefühlt in meiner Haut. Ich hatte zwar Erfolg, doch letztlich hatte ich immer mit den Abgründen der menschlichen Gesellschaft zu tun. Als meine Mutter vor fünf Jahren starb, wurde alles anders.«

»Sehen Sie, so etwas Ähnliches habe ich vermutet. Warum sind Sie überhaupt zur Polizei gegangen?«

»Na ja, wenn ich ehrlich sein soll, war das nicht meine Idee, sondern die meiner Mutter.« Marius nahm einen Keks und trank einen...

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