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Waidmannsleid

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
409 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.02.2022
Auf einem beliebten Aussichtspunkt im Tösstal wird ein junger Mann erschossen. Der jüngere Sohn von Kantonspolizist Arnold »Noldi« Oberholzer findet den Toten und stellt fest, dass er ihn kennt. Noldi muss sich auf die Suche nach einer Wahrheit machen, die ihm nicht gefällt. Dabei trifft er eine Schlange, macht leidvolle Bekanntschaft mit dem Turm eines Schachspiels, spürt windigen Alibis nach und landet bei den Kühen im Stall, bis ein Sonntagszopf schließlich die Lösung bietet ...

Roswitha Kuhn studierte Germanistik und Slawistik in Graz sowie in Zagreb. Neben ihrer Tätigkeit als Bibliothekarin in Graz, Wien und am Tibet-Institut Rikon ist sie schriftstellerisch tätig. Gemeinsam mit ihrem Mann lebte sie bis zu seinem Tod 2016 in Rikon und Zürich. Jacques Kuhn absolvierte ein Ingenieurstudium in Zürich sowie den USA, führte mit seinem Bruder Henri bis zu dessen Tod und danach 15 Jahre allein das Familienunternehmen Kuhn Rikon AG. 1968 gründeten die Brüder auf Wunsch des XIV. Dalai Lama das Tibet-Institut in Rikon, das einzige tibetisch-buddhistische Kloster im Westen. Nach einer späten Heirat wagten sich KuhnKuhn in die Gefilde der Kriminalliteratur.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextAuf einem beliebten Aussichtspunkt im Tösstal wird ein junger Mann erschossen. Der jüngere Sohn von Kantonspolizist Arnold »Noldi« Oberholzer findet den Toten und stellt fest, dass er ihn kennt. Noldi muss sich auf die Suche nach einer Wahrheit machen, die ihm nicht gefällt. Dabei trifft er eine Schlange, macht leidvolle Bekanntschaft mit dem Turm eines Schachspiels, spürt windigen Alibis nach und landet bei den Kühen im Stall, bis ein Sonntagszopf schließlich die Lösung bietet ...

Roswitha Kuhn studierte Germanistik und Slawistik in Graz sowie in Zagreb. Neben ihrer Tätigkeit als Bibliothekarin in Graz, Wien und am Tibet-Institut Rikon ist sie schriftstellerisch tätig. Gemeinsam mit ihrem Mann lebte sie bis zu seinem Tod 2016 in Rikon und Zürich. Jacques Kuhn absolvierte ein Ingenieurstudium in Zürich sowie den USA, führte mit seinem Bruder Henri bis zu dessen Tod und danach 15 Jahre allein das Familienunternehmen Kuhn Rikon AG. 1968 gründeten die Brüder auf Wunsch des XIV. Dalai Lama das Tibet-Institut in Rikon, das einzige tibetisch-buddhistische Kloster im Westen. Nach einer späten Heirat wagten sich KuhnKuhn in die Gefilde der Kriminalliteratur.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839271865
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum09.02.2022
Reihen-Nr.5
Seiten409 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8446233
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1.
Muttertag fällt aus

Der Wissen ist ein Aussichtspunkt oberhalb von Lan­genhard, das zur Gemeinde Zell gehört. Hier wird am 1. August die offizielle Feier mit Ansprachen, Festwirtschaft und Feuerwerk abgehalten. Man sieht vom Waldrand aus weit über das Tal, die Hochebenen, Hügel und an klaren Tagen bis in die Alpen. Kein Wunder also, dass der Picknick-Platz auch unter dem Jahr äußerst beliebt ist. Deshalb marschieren Pauli Oberholzer und sein kleiner Neffe Mark zeitig die schmale Straße hinauf, um als Vorhut der Familie die Grillstelle zu sichern. Es ist das erste wirklich warme Wochenende im Frühsommer und dazu noch Muttertag. Da Paulis Mutter Meret von diesem Fest nicht viel hält, hat ihr Mann, Polizist Arnold Oberholzer, der Einfachheit halber alle weiblichen Familienmitglieder zu einer Grillparty eingesammelt, was mit den dazugehörigen Männern, so vorhanden, eine beachtliche Anzahl an Gästen ergibt. Nicht fehlen darf selbstverständlich Bayj, der Hund von Paulis Onkel, Jagdaufseher Hans Hablützel. Er ist der beste Freund des Jungen aus Kindertagen. Inzwischen sind beide älter geworden, Pauli 19, Bayj 11. Sie rasen den Anstieg nicht mehr hinauf, wie sie es früher gemacht haben, sondern Pauli nimmt die kurzen Beine seines achtjährigen Neffen zum Anlass für ein gemäßigteres Tempo. Er führt Bayj an der Leine und an seiner anderen Seite hält sich Mark, der kein besonderer Hundefreund ist. Obwohl er viel Zeit bei den Großeltern in Rikon verbringt, entwickelt er sich mehr und mehr zu einem echten Stadtkind, neugierig, aber mit Bedacht, wenn die Natur um ihn überhandnimmt. Die Büsche auf der einen Seite der schmalen asphaltierten Straße haben schon Blätter angesetzt, während die Buchen oben am Waldrand in einen silbrigen Schimmer getaucht sind. Das ist der Moment, unmittelbar bevor die Knospen aufbrechen, und er dauert nur kurz. Nachher sind die Bäume grün, unendlich zart zuerst, bis sie mit der Zeit ein dichtes Blätterdach bilden, unter dem es auch im Hochsommer kühl und dämmrig bleibt. Pauli, der schon als Kind immer auf diesen Augenblick gelauert hat, schaut auch jetzt verzückt in die Kronen der Bäume, bis der Hund neben ihm unruhig wird.

»Bayj, was ist?«, fragt er.

Doch der steht stocksteif und hebt die Nase.

»Bayj«, sagt Pauli noch einmal.

Der Hund gibt kurz Laut, dann zieht er heftig weiter das letzte Wegstück hinauf.

Pauli folgt ihm, denkt, er hat sicher die Spur von einem Wild aufgenommen. Sein Onkel erwähnte unlängst, dass in Langenhard Wildschweine gesichtet wurden. Hoffentlich begegnet ihnen kein solches Vieh, überlegt er und sagt sich gleich darauf, sie würden keinen Menschen angreifen. Außer es handelte sich um eine Bache mit ihren Frischlingen. Sicherheitshalber nimmt er Marks Hand und Bayj an die kurze Leine. Am oberen Ende des Weges angekommen, verhofft der Hund wieder und gibt Laut. Irritiert schaut Pauli sich um, doch alles ist ruhig. Man kann das Gelände nun überblicken. Rechts am Waldrand befindet sich der Grill. Auf dem eigentlichen Festplatz ist der Boden kahl und die Erde niedergetreten. Links sieht man den Gedenkstein, den die Sparkasse Zell zur Erinnerung an 750 Jahre Eidgenossenschaft und 1250 Jahre Gemeinde Zell gestiftet hat. Es handelt sich um einen riesigen Granitbrocken, der extra aus einem Steinbruch in der Leventina herbeigekarrt wurde. An der Vorderseite ist eine Tafel angebracht. Als Pauli das letzte Mal am 1. August hier war, wuchs noch dichtes Gestrüpp um den Stein, und er wurde, wie man unschwer riechen konnte, von so manchem als Pissoir benützt. Inzwischen sind die Sträucher zurückgeschnitten. Jetzt erst sieht man, wie gewaltig der Brocken in Wahrheit ist. Sein Vater hat Pauli mit kaum unterdrücktem Grinsen erzählt, dass, als man das Monster an seinem Bestimmungsort aufstellen wollte, es sich aus den Greiferklauen des Krans löste und den Tieflader zertrümmerte, auf dem es transportiert worden war.

Mark zieht Pauli an der Hand. Er will wissen, aus welchem Gestein der Koloss besteht, doch sein Onkel kommt nicht dazu, ihm zu antworten, denn Bayj hält mit aller Kraft genau auf den Stein zu. Pauli kann gerade noch denken, ob der Hund hier noch die Pisse riecht. Dann sieht er schon, was ihn hierherzieht. Da sitzt einer auf dem Boden, mit dem Rücken an den Stein gelehnt.

Bayj steht jetzt stocksteif, und Pauli kneift die Augen zusammen. Mark fragt mit seiner hellen Kinderstimme: »Was macht der Mann da?«

Sein Onkel antwortet nicht, beugt sich vor und berührt den Schlafenden sachte an der Schulter. »Hallo«, sagt er.

Als keine Reaktion kommt, fasst er fester zu und rüttelt ihn. Darauf neigt sich der Angesprochene langsam zur Seite.

Entsetzt reißt Pauli Mark und den Hund zurück, weg vom Stein, von der leblosen Gestalt, hält erst inne, als sie alle drei am Waldrand stehen. Dort drückt er Mark die Hundeleine in die Hand, sagt eilig: »Mark, du musst jetzt auf Bayj aufpassen. Nur kurz. Bin gleich wieder da.«

Doch der verschreckte Junge sträubt sich, lässt die Leine fallen und beginnt, laut zu jammern. Pauli zieht ihn an sich, hält seinen Kopf fest, während er mit rauer Stimme murmelt: »Alles in Ordnung, Kumpel. Alles gut.«

Dann bindet er Bayj eilig an den nächsten Baum, rast zum Gedenkstein zurück. Unterwegs denkt er beinahe in Panik, ob er den Mann jetzt beatmen müsse. Er hält zwei Finger an den Hals der reglosen Gestalt, die nun auf dem Boden liegt. Die Haut fühlt sich nicht kalt, aber zu kühl für einen lebenden Menschen an.

Als Pauli mit elf eine Leiche in ihrem Blut gefunden hat, überstand er das Ereignis ohne seelische Schäden. Inzwischen hat ihn die kindliche Furchtlosigkeit verlassen. Er ist erwachsen geworden. Hektisch reißt er sein Handy aus dem Sack, um den Vater anzurufen.

Noldi Oberholzer ist nicht erbaut über die Störung, als das Telefon in seinem Hosensack brummt. Er hat alle Hände voll zu tun, denn er versucht inmitten einer lachenden und schwatzenden Gästeschar, alles, was sie für die Grillparty benötigen, transportfertig zu machen. Es handelt sich um eine ganze Menge Material, denn sie sind, Pauli, Mark und Bayj mit eingerechnet, 21 Leute. Noldi zählt sie an den Fingern ab. Da sind er und Meret, Anne, Paulis Verlobte, Verena und Richard mit den Zwillingen, Hans und Betti Hablützel, Annes Eltern, Philipp und Karin Lindegger, Karins Schwester mit ihrem Mann. Außerdem sind noch Arthur Zemp sowie dessen Frau Philippa mit von der Partie. Er ist Noldis Chef in Winterthur, der Nachfolger von Hans Beer, seinem Militärkollegen, der sich frühzeitig pensionieren ließ, um mit seiner Freundin auf dem Motorrad durch die Weltgeschichte zu fräsen. Noldi konnte Zemp anfangs nicht leiden, denn er hielt ihn für einen typischen Bürohengst, einen Verwalter, der nicht über den Schreibtischrand hinaussieht. Zudem versetzte er ihn von Turbenthal nach Winterthur, was Noldi zutiefst verstörte. Doch als er für die Abteilung Leib und Leben in Zürich ermitteln durfte oder musste, sich dabei fast um Kopf und Kragen brachte, erwies sich der Vorgesetzte als echter Kollege. Seither sind sie einander nähergekommen, was auch Zemps Teilnahme an dem Grillfest beweist. Dann ist auch Noldis ehemalige Kollegin von der Polizeistation Tösstal mit ihren beiden Sprösslingen gekommen, dem vierjährigen Mädchen und dem zweijährigen Jungen. Franca ist eine rassige junge Frau mit kurzen blonden Haaren, sportlich durchtrainiert und ein guter Kumpel. Aber die Falten um ihren Mund haben sich in der letzten Zeit vertieft. Mit dem zweiten Kind begann ihre Ehe zu kriseln, wie auch bei Noldi, weil die frisch gebackenen Väter mit der Belastung nicht zurechtkamen. Er denkt nur ungern daran, wie läppisch er sich damals benommen hat, als seine Frau, völlig erschöpft von dem kränkelnden Säugling und ihrer zweijährigen Tochter, nichts von ihm wissen wollte. Er und Meret haben ihre Schwierigkeiten in den Griff gekriegt, was bei Franca nicht der Fall zu sein scheint, denn sie ist ohne ihren Mann gekommen.

Noldi überschlägt im Geist, wie viele Flaschen Bier sie brauchen werden, dann den Wein für die Damen, die Muttertagstorten, von denen es gleich mehrere gibt, diverse Kuchen und andere süße Leckerbissen. Nicht zu reden von Würsten, Fleischspießen, Lammkoteletts und Gemüse für den Grill, Senf und Essiggurken. Berge von Brot und Bürli, diverse Salate. Dazu kommen noch Mineralwasser, Fruchtsaft für die Kinder, Cola, Fanta und Sprite. Nicht zu vergessen Servietten, Plastikteller, -becher und -besteck, Müllsäcke und WC-Papier. Das alles platzsparend zu verstauen, ist eine mittlere Generalstabsübung.

Deshalb grunzt Noldi nur ins Telefon, als er sieht, dass sein Sohn ihn anruft: »Was ist?«

»Aus dem Fest wird nichts.«

»Sag bloß, der Grillplatz ist nicht mehr frei.«

Am anderen Ende herrscht Stille, und Noldi fragt nun doch irritiert: »Junge, was ist los?«

Darauf Pauli atemlos: »Du musst sofort kommen.«

»Was denn, jetzt rede schon?«

»Da sitzt einer beim Stein.«

»Na und?«, fragt Noldi verwundert.

Pauli ringt um Fassung, bis er schließlich herausbringt: »Er ist tot.«

Im ersten Schrecken äussert Noldi darauf etwas zwar Wahres, aber sehr Dummes: »Du weißt schon, dass ich nicht mehr im Tösstal stationiert bin.« Dann erst dämmert ihm, was sein Sohn gesagt hat. Da erwidert Pauli schon: »Du musst trotzdem kommen. Wir kennen ihn.«

Noldi wird flau in der Magengegend. »Wer ist es?«, fragt er.

»Yannick Nievergelt.«

Yannick Nievergelt, 19, war der einzige Sohn einer Waadtländerin mit einem Tösstaler. Er entwickelte sich in...

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