Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Mein aufrührerisches Herz

von
Roy, ArundhatiGrube, AnetteÜbersetzungWilm, JanÜbersetzungBezzenberger, Marie-LuiseÜbersetzungDierlamm, HelmutÜbersetzungFienbork, MatthiasÜbersetzungStröle, WolframÜbersetzungWillems, ElviraÜbersetzung
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
624 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am26.10.20221. Auflage
»Mein aufrührerisches Herz« zeigt die dunkle Kehrseite Indiens und ist ein Plädoyer für Freiheit und Gerechtigkeit.  Ihr Mut wird bewundert, ihre Unbeirrtheit gefürchtet: Seit ihrem Bestseller »Der Gott der kleine Dinge« tritt Arundhati Roy für ein gerechteres Indien ein, für Freiheit, die nicht nur für die Wenigen gilt. Sie scheut kein Risiko. Sie kämpft nicht nur mit der Feder, sondern auch auf der Straße: gegen die von Modi angezettelten Pogrome, gegen die Besetzung Kaschmirs, gegen Abholzung und den Bau von Staudämmen, die ganze Landschaften zerstören. »Mein aufrührerisches Herz« zeichnet nicht nur diese Reisen einer engagierten Schriftstellerin und couragierten Bürgerin nach, sondern schließt den Bogen zwischen ihren beiden bewunderten Romanen »Der Gott der kleinen Dinge« und »Das Ministerium des äußersten Glücks«: Ihr Engagement ist ihr Leben.

Arundhati Roy wurde 1959 geboren, wuchs in Kerala auf und lebt in Neu-Delhi. Den internationalen Durchbruch schaffte sie mit ihrem Debütroman »Der Gott der kleinen Dinge«, für den sie 1997 den Booker Prize erhielt. Aus der Weltliteratur der Gegenwart ist er nicht mehr wegzudenken. In den vergangenen Jahren widmete sie sich außer ihrem politischen und humanitären Engagement vor allem ihrem zweiten Roman »Das Ministerium des äußersten Glücks« (2017). Dieser Roman wurde mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch 2017 ausgezeichnet. Zuletzt erschienen die Essaybände »Azadi heißt Freiheit« (2021) und »Mein aufrührerisches Herz« (2022).
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR32,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR24,99

Produkt

Klappentext»Mein aufrührerisches Herz« zeigt die dunkle Kehrseite Indiens und ist ein Plädoyer für Freiheit und Gerechtigkeit.  Ihr Mut wird bewundert, ihre Unbeirrtheit gefürchtet: Seit ihrem Bestseller »Der Gott der kleine Dinge« tritt Arundhati Roy für ein gerechteres Indien ein, für Freiheit, die nicht nur für die Wenigen gilt. Sie scheut kein Risiko. Sie kämpft nicht nur mit der Feder, sondern auch auf der Straße: gegen die von Modi angezettelten Pogrome, gegen die Besetzung Kaschmirs, gegen Abholzung und den Bau von Staudämmen, die ganze Landschaften zerstören. »Mein aufrührerisches Herz« zeichnet nicht nur diese Reisen einer engagierten Schriftstellerin und couragierten Bürgerin nach, sondern schließt den Bogen zwischen ihren beiden bewunderten Romanen »Der Gott der kleinen Dinge« und »Das Ministerium des äußersten Glücks«: Ihr Engagement ist ihr Leben.

Arundhati Roy wurde 1959 geboren, wuchs in Kerala auf und lebt in Neu-Delhi. Den internationalen Durchbruch schaffte sie mit ihrem Debütroman »Der Gott der kleinen Dinge«, für den sie 1997 den Booker Prize erhielt. Aus der Weltliteratur der Gegenwart ist er nicht mehr wegzudenken. In den vergangenen Jahren widmete sie sich außer ihrem politischen und humanitären Engagement vor allem ihrem zweiten Roman »Das Ministerium des äußersten Glücks« (2017). Dieser Roman wurde mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch 2017 ausgezeichnet. Zuletzt erschienen die Essaybände »Azadi heißt Freiheit« (2021) und »Mein aufrührerisches Herz« (2022).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104912578
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum26.10.2022
Auflage1. Auflage
Seiten624 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3504 Kbytes
Artikel-Nr.8578254
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Das Ende des Vorstellbaren

»Die Wüste bebte«, teilte die indische Regierung uns (ihrem Volk) mit.

»Der ganze Berg wurde weiß«, reagierte die Regierung von Pakistan.

»Am Nachmittag hatte sich der Wind über Pokhran gelegt. Um 15.45 wurden mittels einer Schaltuhr drei Sprengkörper gezündet. Die rund 200 bis 300 Meter tief in der Erde erzeugte Hitze entsprach einer Million Grad Celsius - das ist so heiß wie die Temperaturen auf der Sonne. Augenblicklich verdampfte Gestein mit einem Gewicht um tausend Tonnen, ein kleiner unterirdischer Berg ... die Druckwellen der Explosion drückten einen Erdhügel von der Größe eines Fußballfelds einige Meter nach oben. Ein Wissenschaftler sagte bei diesem Anblick: Jetzt glaube ich die Geschichte, in der Krishna einen Berg hochhebt. «[1]

 

Mai 1998. Es wird in die Geschichtsbücher eingehen, vorausgesetzt natürlich, wir haben noch Geschichtsbücher, in die es eingehen kann. Und vorausgesetzt, wir haben noch eine Zukunft. Über Atomwaffen gibt es nichts Neues oder Originelles mehr zu sagen. Es kann für eine Schriftstellerin nichts Demütigenderes geben, als noch einmal ein Anliegen vorzutragen, das schon seit Jahren von anderen Menschen in anderen Teilen der Welt vorgetragen wird, und zwar mit Leidenschaft, Eloquenz und fundiertem Wissen.

Ich bin bereit, mich in den Staub zu werfen. Mich zutiefst zu demütigen, denn Schweigen wäre unter diesen Umständen unentschuldbar. Wer also bereit ist: Schlüpfen wir in unsere Rollen, ziehen wir die ausrangierten Kostüme an und sprechen wir unsere abgenützten Zeilen in diesem traurigen abgenützten Stück. Vergessen wir aber nicht, dass der Einsatz, um den es geht, gewaltig ist. Scham und Erschöpfung könnten unser Ende bedeuten. Das Ende unserer Kinder und Kindeskinder, von allem, das uns lieb ist. Wir müssen in uns die Kraft finden, zu denken. Zu kämpfen.

Wieder einmal hinken wir der Zeit erbärmlich hinterher - nicht nur wissenschaftlich und technisch (hört nicht auf die leeren Behauptungen), sondern, wichtiger noch, mit unserer Fähigkeit zu begreifen, was Kernwaffen in Wirklichkeit sind. Unser Verständnis der Schreckenskammer ist hoffnungslos veraltet. Da diskutieren wir, die Bürger Indiens und Pakistans, über politische Detailfragen, über Außenpolitik und tun vor den Augen der Welt so, als hätten unsere Staaten lediglich eine neue, größere Bombe gebaut, eine Art großer Handgranate, mit der sie den Feind (einander) vernichten und uns vor Schaden bewahren werden. Wie verzweifelt wir uns das einreden. Was für mustergültige, gehorsame, brave und einfältige Untertanen wir doch sind. Die restliche Menschheit (ja, ja, ich weiß, ich weiß, wirklich, aber lassen wir die einmal außer Acht, die haben ihr Stimmrecht längst verwirkt), also der Rest der restlichen Menschheit mag uns das vorwerfen, aber vielleicht - je nachdem, wer ihm die Meinung vorgibt - weiß er ja gar nicht, was für ein müdes, mutloses und gebrochenes Volk wir sind. Vielleicht begreift er nicht, wie dringend wir ein Wunder brauchen. Wie sehr wir uns nach dem Wunderbaren sehnen.

Wenn der Atomkrieg doch nur eine andere Art von Krieg wäre. Wenn es doch nur um übliche Dinge ginge - Staaten und Territorien, Götter und Geschichte. Wenn nur die von uns, die vor ihm Angst haben, verächtliche moralische Feiglinge wären, die nicht für die Verteidigung unseres Glaubens sterben wollen. Wenn der Atomkrieg nur einer von den Kriegen wäre, in denen Länder gegen Länder und Menschen gegen Menschen kämpfen. Aber das ist er nicht. Wenn es einen Atomkrieg gibt, heißt unser Gegner nicht China oder Amerika oder Pakistan. Unser Gegner ist dann der ganze Planet. Die Elemente selbst - der Himmel, die Luft, die Erde, der Wind und das Wasser - werden sich gegen uns wenden, und ihr Zorn wird furchtbar sein.

Unsere Städte und Wälder, unsere Äcker und Dörfer werden tagelang brennen. Flüsse werden zu Gift werden, die Luft zu Feuer, und der Wind wird die Flammen ausbreiten. Wenn alles verbrannt ist, was verbrennen kann, und das Feuer erlischt, wird Rauch aufsteigen und die Sonne verdunkeln. Finsternis wird die Erde einhüllen. Es wird nicht mehr Tag sein, nur noch endlose Nacht. Die Temperatur wird tief unter den Gefrierpunkt fallen, und der nukleare Winter wird anbrechen. Wasser wird zu giftigem Eis erstarren. Radioaktiver Niederschlag wird durch die Erde sickern und das Grundwasser verseuchen. Die meisten lebenden Organismen, Tiere und Pflanzen, Fische und Vögel, werden sterben. Nur Ratten und Kakerlaken werden sich weitervermehren und mit den übrig gebliebenen Menschen um die wenige Nahrung kämpfen, die es noch gibt.

Was tun dann wir, die wir überlebt haben? Verbrannt und blind, ohne Haare und krank, auf den Armen die vom Krebs zerfressenen Leichen unserer Kinder, wohin gehen wir? Was essen wir? Was trinken wir? Was atmen wir?

Der Leiter der Abteilung für Gesundheit, Umwelt und Sicherheit am Atomforschungszentrum Bhabha in Mumbai hat sich das überlegt. Er hat in einem Interview erklärt, Indien könne einen Atomkrieg überleben.[2] Für den Fall eines Atomkrieges rät er zu denselben Sicherheitsmaßnahmen, wie sie Wissenschaftler bei Unfällen in Atomkraftwerken empfehlen.

Er schlägt vor, Jodtabletten einzunehmen. Des Weiteren, drinnen zu bleiben, nur Wasser aus Flaschen und Essen aus Konserven zu sich zu nehmen und keine Milch zu trinken. Säuglinge sollten Milchpulver erhalten. »Menschen in der Gefahrenzone sollten sich unverzüglich ins Erdgeschoss, wenn möglich in den Keller begeben.«

Was soll man mit solchen Ausmaßen des Wahnsinns anfangen? Was tut man, wenn man in einer Irrenanstalt eingesperrt ist und die Ärzte alle gefährliche Irre sind?

Hört nicht auf sie, wird es heißen, sie ist doch nur eine naive Schriftstellerin und übertreibt wie alle Weltuntergangspropheten. Das wird nie geschehen. Es wird keinen Krieg geben. Atomwaffen dienen dem Frieden, nicht dem Krieg. »Abschreckung« lautet das Schlagwort derer, die sich gerne als Falken bezeichnen. (Schöne Vögel. Kalt, elegant, räuberisch. Schade, dass es sie nach dem Krieg nicht mehr geben wird. Wir müssen uns an das Wort »Aussterben« gewöhnen.) Das mit der Abschreckung ist eine alte Theorie, die jetzt wieder belebt und mit etwas Lokalkolorit ausgestattet wurde. Sie nimmt für sich in Anspruch, die Eskalation des Kalten Krieges zum Dritten Weltkrieg verhindert zu haben. Über den Dritten Weltkrieg lässt sich aber nur so viel sagen, dass er, wenn er kommt, nach dem Zweiten Weltkrieg ausgefochten wird. In anderen Worten, der Zeitpunkt steht noch nicht fest. In anderen Worten, er kann noch kommen. Und vielleicht hat der Doppelsinn des Wortes - Dritte-Welt-Krieg - ja eine prophetische Bedeutung. Der Kalte Krieg ist vorbei, stimmt, aber lassen wir uns nicht von der zehnjährigen Ruhepause der nuklearen Drohgebärden hinters Licht führen. Sie ist nur ein grausamer Witz, eine vorübergehende Besserung. Keine Heilung, kein Beweis für irgendeine Theorie. Was sind zehn Jahre in der Weltgeschichte? Jetzt ist sie wieder da, die Krankheit, verbreiteter und resistenter gegen jede Behandlung denn je. Nein, die Theorie der Abschreckung hat einige fundamentale Mängel. Ihr erster Mangel ist, dass sie ein umfassendes, tiefes Verständnis der Psyche des Gegners voraussetzt. Sie geht davon aus, dass, was einen selbst abschreckt (die Angst vor der Vernichtung), auch die anderen abschreckt. Aber wenn sich jemand dadurch nicht abschrecken lässt? Ist die Psyche des Bombenattentäters, der sein eigenes Leben opfert - die »Wir-nehmen-euch-mit«-Mentalität - wirklich etwas so Abwegiges?

Überhaupt, wer steht auf der einen und wer auf der anderen Seite? Beide Seiten sind nur Regierungen. Regierungen verändern sich. Sie tragen Masken unter Masken. Sie häuten sich und erfinden sich die ganze Zeit neu. Die zum Beispiel, die wir gerade haben, hat nicht einmal genügend Sitze, um eine ganze Amtsperiode zu überstehen. Sie verlangt, dass wir ihren Pirouetten und Kabinettstückchen mit der Atombombe vertrauen, während sie verzweifelt versucht, Tritt zu fassen und eine einfache Mehrheit im Parlament zu halten.

Der zweite Mangel ist, dass die Abschreckung auf Angst basiert. Voraussetzung der Angst ist aber Wissen. Wissen um das wahre Ausmaß der Zerstörung, die ein Atomkrieg anrichtet. Man denkt bei Atombomben nicht auf wundersame Weise automatisch an Frieden. Im Gegenteil, den Atomkrieg abgewendet oder auch nur verschoben hat der unermüdliche Widerstand von Menschen, die den Mut hatten, die Bombe anzuprangern - mit Märschen, Demonstrationen, Filmen, öffentlicher Empörung. Abschreckung wird und kann nicht funktionieren angesichts von Ignoranz und Analphabetentum, die wie zwei dichte, undurchdringliche Schleier über unseren beiden Ländern liegen. (Der Vishwa Hindu Parishad [VHP] - der Welthindurat - etwa will radioaktiven Staub aus der Wüste Pohkran als prasad über ganz Indien verteilen. Ein Krebs-Yantra?) Die Theorie der Abschreckung ist in einer Welt, in der gegen atomare Strahlung vorbeugend Jodtabletten verschrieben werden, nur ein gefährlicher Witz.

Indien und Pakistan haben jetzt Atombomben, und zwar, wie sie meinen, vollkommen zu Recht. Andere werden bald folgen. Israel, Iran, Irak, Saudi-Arabien, Norwegen, Nepal (ich zähle die Länder auf, wie sie mir einfallen), Dänemark, Deutschland, Bhutan, Mexiko, Libanon, Sri Lanka, Myanmar, Bosnien, Singapur, Nordkorea, Schweden, Südkorea, Vietnam, Kuba, Afghanistan,...
mehr

Autor

Roy, ArundhatiGrube, AnetteÜbersetzungWilm, JanÜbersetzungBezzenberger, Marie-LuiseÜbersetzungDierlamm, HelmutÜbersetzungFienbork, MatthiasÜbersetzungStröle, WolframÜbersetzungWillems, ElviraÜbersetzung
Arundhati Roy wurde 1959 geboren, wuchs in Kerala auf und lebt in Neu-Delhi. Den internationalen Durchbruch schaffte sie mit ihrem Debütroman »Der Gott der kleinen Dinge«, für den sie 1997 den Booker Prize erhielt. Aus der Weltliteratur der Gegenwart ist er nicht mehr wegzudenken. In den vergangenen Jahren widmete sie sich außer ihrem politischen und humanitären Engagement vor allem ihrem zweiten Roman »Das Ministerium des äußersten Glücks« (2017). Dieser Roman wurde mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch 2017 ausgezeichnet.Anette Grube, geboren 1954, lebt in Berlin. Sie ist die Übersetzerin von Arundhati Roy, Vikram Seth, Chimamanda Ngozi Adichie, Mordecai Richler, Kate Atkinson, Monica Ali, Manil Suri, Richard Yates u.a.Jan Wilm ist Schriftsteller und Übersetzer. 2016 erschien von ihm »The Slow Philosophy of J.M. Coetzee«, 2019 der Roman »Winterjahrbuch«, 2022 »Ror.Wolf.Lesen.« Er übersetzte unter anderem Arundhati Roy, Andrew O'Hagan, Pankaj Mishra und Maggie Nelson.