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Pig Business

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
344 Seiten
Deutsch
oekom verlagerschienen am15.03.2022
Schweine und Menschen eint eine lange Geschichte - schon auf dem ersten Bild, das ein Mensch von einem Tier zeichnete, ist ein Schwein zu sehen. 90 Prozent unserer DNA teilen wir mit diesen intelligenten Wesen, die in vielen Weltgegenden immer noch als Haustiere gehalten werden. Weil man die Tiere bei uns jedoch kaum noch zu Gesicht bekommt, sind sie für viele zum seelenlosen Massenprodukt geworden. Der Agrarökonom Rudolf Buntzel unterzieht unsere Beziehung zum Schwein einer gründlichen Neubetrachtung. Indem er es uns mit all seinen Besonderheiten vorstellt, liefert Buntzel nicht nur eine spannende Kultur- und Wirtschaftsgeschichte dieses intelligenten wie sympathischen Tieres, er wirft auch einen kritischen Blick auf seine Verdinglichung und stellt würdevollere Formen der Haltung und Koexistenz vor.

Rudolf Buntzel ist promovierter Ökonom und hat 35 Jahre im Entwicklungsdienst der Evangelischen Kirche gearbeitet. Seine Schwerpunkte lagen auf Themen wie Agrarhandel, Armutsbekämpfung und Agrarökologie im globalen Süden. Seit seinem Ruhestand unterrichtet er an verschiedenen Universitäten in Afrika und betreibt dort Feldforschung mit Studierenden.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR25,00
E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR19,99
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR19,99

Produkt

KlappentextSchweine und Menschen eint eine lange Geschichte - schon auf dem ersten Bild, das ein Mensch von einem Tier zeichnete, ist ein Schwein zu sehen. 90 Prozent unserer DNA teilen wir mit diesen intelligenten Wesen, die in vielen Weltgegenden immer noch als Haustiere gehalten werden. Weil man die Tiere bei uns jedoch kaum noch zu Gesicht bekommt, sind sie für viele zum seelenlosen Massenprodukt geworden. Der Agrarökonom Rudolf Buntzel unterzieht unsere Beziehung zum Schwein einer gründlichen Neubetrachtung. Indem er es uns mit all seinen Besonderheiten vorstellt, liefert Buntzel nicht nur eine spannende Kultur- und Wirtschaftsgeschichte dieses intelligenten wie sympathischen Tieres, er wirft auch einen kritischen Blick auf seine Verdinglichung und stellt würdevollere Formen der Haltung und Koexistenz vor.

Rudolf Buntzel ist promovierter Ökonom und hat 35 Jahre im Entwicklungsdienst der Evangelischen Kirche gearbeitet. Seine Schwerpunkte lagen auf Themen wie Agrarhandel, Armutsbekämpfung und Agrarökologie im globalen Süden. Seit seinem Ruhestand unterrichtet er an verschiedenen Universitäten in Afrika und betreibt dort Feldforschung mit Studierenden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783962388928
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum15.03.2022
Seiten344 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8923301
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Vorwort
Mit dem Schwein nachhaltig wirtschaften?
Es wird Zeit für Exnovation!

Das Pig Business läuft auf vollen Touren. Während ich an diesem Vorwort schreibe, lese ich auf Spiegel online, dass in Deutschland die meisten Nutztiere weiterhin unter umstrittenen Bedingungen gehalten werden. Bei Schweinen habe »sich sogar eine Haltungsform weiter durchgesetzt, die von Tierschützern besonders kritisch gesehen wird«1. In der Tat, die tierschützerisch seit Jahrzehnten bekämpften Vollspaltenböden haben zugenommen. 96 Prozent der Haltungsplätze für Schweine sind vom Betonboden mit Spalten geprägt, durch die Kot und Urin entsorgt werden. Gelenkprobleme, Atemprobleme bei Schwein und Halter*in und Infektionen werden billigend in Kauf genommen. Die Haltung auf Teilspaltenböden, wo Tiere auch Fress- und Liegezonen mit Stroh nutzen können, ging dagegen seit 2010 von 25 auf 17 Prozent zurück. Das heißt, die Schweinehaltung wird nach wie vor weiter industrialisiert - es wird rationalisiert und auf mehr Effizienz und Produktivität geachtet. Trotz allem - auch das ist Fakt - sind die Margen, also die Differenzen zwischen Verkaufs- und Einkaufspreisen, bei den Mastbetrieben (pro Kilogramm Schlachtgewicht) nicht größer geworden; die Risiken, zum Beispiel aufgrund von Schwankungen der Weltmarktpreise und der Afrikanischen Schweinepest mit ihren Folgen für den Export, sind für die Betriebe jedoch gewachsen.

Ich frage mich, was hat die Initiative Tierwohl bewirkt, die seit 2015 als Förderprogramm der Marktpartner für mehr Tierwohl in der Breite arbeitet und mittlerweile als Deutschlands größte Plattform für mehr Tiergesundheit, Tierschutz und vor allem für verbesserte Haltungsbedingungen in besonderer Verantwortung steht?

Als Mitglied im Beirat des Deutschen Tierschutzbundes stellt sich mir ebenso die Frage, was wir mit dem Tierschutz-Labelprogramm erreicht haben, das ebenfalls seit 2015 Produkte tierischen Ursprungs kennzeichnet, die für Tiere einen wirklichen Mehrwert an Tierschutz gewährleisten sollen. Ja, es gibt mit den Praxispartnern aus der Schweinehaltung entwickelte Richtlinien für eine tiergerechtere Mastschweinehaltung, aber die an der Theke unter diesem Label verfügbare »Ware Schwein« ist gering.

Was haben andere Tierschutzorganisationen, wie Vier Pfoten oder PROVIEH, die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, PETA Deutschland und all die anderen gemeinnützigen, zivilgesellschaftlichen Organisationen wirklich durchgesetzt, die genauso wie der Naturschutzbund Deutschland, der WWF und auch die beiden großen christlichen Kirchen für die landwirtschaftlich genutzten Tiere politisch streiten?

Und ich frage mich auch selbst, was wir seitens der Schweisfurth Stiftung, deren Gründungsvorstand ich bin, über drei Jahrzehnte im Ringen für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Schweine erreicht haben. Die Stiftung hat etwa durch Publikationen von Artgemäßer Schweinehaltung über Lebensmittelqualität im Metzgerhandwerk bis hin zu ihrem Auszeichnungsprogramm »Tierschutz auf dem Teller« für das im vorliegenden Buch ebenfalls behandelte Thema der systemischen Alternativen (das »alternative Schwein«) konstruktive Angebote gemacht und ihre Umsetzung fördernd begleitet. Aber, die Ehrlichkeit gebietet dieses Eingeständnis: Pig Business ist dominant Big Business geblieben.
Den Wandel fördern - aus Liebe zum Schwein, zur natürlichen Mitwelt und zu den nächsten Generationen

Schweinewirtschaft ist ein nicht nachhaltiges Geschäft. Es verletzt die Würde der Tiere, schädigt die natürliche Mitwelt und lässt sich nur mit hohen externalisierten Kosten durchziehen, also zum Nachteil der nächsten Generationen. Das im vorliegenden Buch beschriebene Agrobusiness rund um das globalisierte Schwein kann allerdings nicht leicht transformiert werden. Dazu ist es unter den gegebenen Marktbedingungen zu erfolgreich - man könnte meinen: zu groß, um zu scheitern.

Ich bin dennoch nicht mutlos. Im Gegenteil, zusammen mit dem Hauptautor dieses Buches sehe ich eine Vielzahl von Möglichkeiten, von Europa ausgehend, eine nachhaltige Transformation der Schweinewirtschaft anzustoßen. Von einem Projekt, an dem ich ebenfalls als fachlicher Berater beteiligt war, möchte ich deshalb hier berichten, weil es mir Hoffnung macht. Es ist ermutigend, da es die Strukturfragen stellt, die auch in diesem Werk behandelt werden, und weil es aktuelle politische Vorschläge macht, die das Geschäft mit dem Schwein verändern werden. Im Rahmen des Projekts TRAFO 3.0, das den gesellschaftlichen Wandel breit untersucht, entstand unter der Leitung von Dr. Dietlinde Quack vom Öko-Institut die bahnbrechende Studie zur Gestaltung des Strukturwandels in der Schweinefleischproduktion - zur Zukunft der Schweinezucht und Schweinehaltung in Deutschland (2019), die vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gefördert wurde.

In dieser Studie wird gezeigt, wie die öffentliche Hand durch die Unterstützung von gesellschaftlichen Leitbildern und Nachhaltigkeitszielen, die den Nutztierschutz einschließen, zu einem Wandel der Ernährungsgewohnheiten in Richtung einer verstärkt vegetabilen Nahrung beitragen kann, in der Produkte tierischen Ursprungs - ganz wie im Sinne der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vorgesehen - weniger stark konsumiert werden.

Politisch aber noch interessanter spricht die Studie technische, soziale und institutionelle Innovationen und Experimente an, deren Förderung zu einer größeren Unabhängigkeit vom internationalen Fleischimperium und zu mehr Nachhaltigkeit führen würde:

⦠Zu den technischen Innovationen gehören alle Maßnahmen, die die Haltungsbedingungen von Schweinen verbessern. Das betrifft die bekannten Tierwohlmerkmale, aber ebenso den Umweltschutz. Zu nennen ist hierbei der Stallbau mit verschiedenen Funktionsbereichen (z. B. getrennter Schlaf- und Futterplatz), der Einsatz von Sensorik und digitalen Werkzeugen für Tierwohlindikation, die Familienhaltung, die Strohhaltung und anderes mehr.

⦠Zuchttechnisch geht es um die Etablierung von langjährigen Zuchtprogrammen mit Zuchtzielen wie Tiergesundheit, Robustheit und Mütterlichkeit, bei angemessener Leistung.

⦠Agrartechnische und fütterungsphysiologische Innovationen betreffen unter anderem eiweißhaltige Futtermittel. Neben den bekannten Hülsenfrüchten müssen vermehrt alternative Futtermittel (Insekten, Tiermehl) genutzt werden.

⦠Zu den sozialen Innovationen gehören regionale Akteurskooperationen von der Erzeugung über die Schlachtung bis hin zur Verarbeitung, um regionale Wertschöpfungsketten möglich zu machen. Zum Beispiel Kooperationen von Schweinehaltern, Verarbeitern, Metzgereien, Kommunen, Verbänden, Landwirtschaftskammern, Kantinenbetreibern oder anderen Partnern aus der Außer-Haus-Verpflegung.

⦠Eine wesentliche wirtschaftliche Innovation besteht aus der Etablierung einer vertikalen Wertschöpfungskette. Erzeugung, Schlachtung, Verarbeitung und Vertrieb in einer Hand kann sowohl von Erzeugern ausgehen (wie bei der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, die in diesem Buch ebenfalls beschrieben wird); oder aber sie wird vom Lebensmittelhandel betrieben, wie bei EDEKA mit dem Programm Hofglück. Diese Innovationen haben zugleich institutionellen Charakter.

⦠Zu den sozio-technischen und wirtschaftlichen Innovationen zählen zudem digitale Plattformen zur Direktvermarktung von besonders tierwohlgerechtem Fleisch oder Wurstwaren. Zu nennen sind hier das Crowdbutchering ( Grutto ) oder die Bündelung von Erzeugern verschiedener Produktgruppen (Marktschwärmer).
Nicht nachhaltige Strukturen beenden

Allerdings brauchen diese Keime der Hoffnung, die schon heute in Nischen umgesetzt werden, einen deutlichen politischen Willen, nicht nachhaltige Strukturen zu beenden. Es ist eindeutig: Die heute überwiegend praktizierte Haltungsform in unstrukturierten Buchten und auf Vollspaltenböden ist aus Tierschutzgründen und, allein was die Masse an Tieren angeht, auch aus Umweltgründen nicht zukunftsfähig. Es muss also um Exnovation gehen, um eine Verabschiedung von dieser Haltungsform. Dies ist wirtschaftlich wie politisch ein dickes Brett, nicht leicht zu bohren. Mit einem politisch festgeschriebenen klaren Zeitplan und einem rechtlichen Rahmen, der die Planungssicherheit garantiert, kann der Ausstieg aus der gesellschaftlich insgesamt schon heute nicht mehr akzeptablen Haltungsform für Mastschweine jedoch gewagt werden. Dass dies gelingen kann, zeigt das Beispiel des Ausstiegs aus der Käfighaltung bei Legehennen. Deutschland kann sich in einem vieljährigen Wandlungsprozess auch beim Schwein weg von Standardprodukten hin zu einer qualitativ höherwertigen und höher preisigen Erzeugung umstellen. Mit einer nachhaltigeren Produktion, die mehr Tierwohl einschließt, können auch international neue Märkte und Zielgruppen angesprochen werden.

Die Studie des Öko-Instituts endet mit acht klassischen Politikansätzen. Werden diese parallel zum alles entscheidenden Hebel des langfristigen Verbots der Vollspaltenböden und unstrukturierten Buchten in der Mastschweinehaltung umgesetzt, kann eine Transformation im Sinne der Nachhaltigkeit erreicht werden:

⦠Verschärfung des Tier- und Umweltschutzrechts mit verlässlichen rechtlichen und zeitlichen Vorgaben sowie der Sicherstellung von Vollzug und Kontrolle.

⦠Entwicklung und Umsetzung von Finanzierungskonzepten für die Anhebung der Tierwohl- und Umweltstandards.

⦠Einführung eines...

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