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Night of Lies

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Moon Noteserschienen am02.09.2022
Als die 17-jährige Leah von ihrer Mutter auf das Eliteinternat Elm Castle in den Wäldern North Carolinas verbannt wird, merkt sie schnell, dass dort etwas nicht stimmt. Ihre Mitbewohnerin Carter bedroht sie, und im Wald stößt sie auf einen blutverschmierten und scheinbar verwirrten Jungen. Außer Reese, die sich ihrer annimmt, und dem charmanten Jasper scheinen auf Elm Castle alle ziemlich durcheinander zu sein, seit vor zwei Jahren ein Mädchen spurlos verschwand. Leah beginnt zu ermitteln und entdeckt ein Geheimnis nach dem anderen ...

Hanna Bergmann ist gelernte Medienkauffrau und fand durch Freunde zurück zum Schreiben. Wenn sie gerade kein Buch vor der Nase hat, verdrückt sie ein Schokocroissant oder jagt nach einem Geo-Cache.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAls die 17-jährige Leah von ihrer Mutter auf das Eliteinternat Elm Castle in den Wäldern North Carolinas verbannt wird, merkt sie schnell, dass dort etwas nicht stimmt. Ihre Mitbewohnerin Carter bedroht sie, und im Wald stößt sie auf einen blutverschmierten und scheinbar verwirrten Jungen. Außer Reese, die sich ihrer annimmt, und dem charmanten Jasper scheinen auf Elm Castle alle ziemlich durcheinander zu sein, seit vor zwei Jahren ein Mädchen spurlos verschwand. Leah beginnt zu ermitteln und entdeckt ein Geheimnis nach dem anderen ...

Hanna Bergmann ist gelernte Medienkauffrau und fand durch Freunde zurück zum Schreiben. Wenn sie gerade kein Buch vor der Nase hat, verdrückt sie ein Schokocroissant oder jagt nach einem Geo-Cache.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783969810149
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum02.09.2022
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1503 Kbytes
Artikel-Nr.8996395
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Glaubte man der Broschüre, die mir Mom während der Autofahrt in die Hand gedrückt hatte, so war dieses Schloss der reinste Albtraum. Ein Steingebilde, so aufgebläht und gigantisch, wie es sich nur ein einsamer Milliardär ausdenken konnte. Und so unübersehbar, dass man bei seinem Anblick den Kopf in den Nacken legen musste und atemlos nach Luft rang. Besonders wenn man fortan in diesem Monstrum leben sollte. So wie ich.

Elm Castle wirkte auf den ersten Blick wie das Life Goal einer jeden Hobbyprinzessin: steile Zinnen, die in den Himmel ragten, niedliche Erker, aus denen man das bekrönte Köpfchen hinausstrecken konnte, und drum herum ein verwunschener Märchenwald. Die Wahrheit jedoch war, dass dieses nicht einmal hundert Jahre alte Schloss der Knechtung unerwünschter Jugendlicher diente. Vielleicht herrschte in seinem Inneren deswegen diese Friedhofsstimmung.

Das einzige Geräusch, das die Stille durchbrach, waren unsere Schritte. Drei Paar schlurfender Straßenschuhe und ein Paar messerscharfer High Heels auf kaltem Stein. Die Frau, die mit klackernden Absätzen vor Mom und mir herlief, hatte sich uns als Denise vorgestellt. Nun gab sie dem Schüler, dem sie mein Gepäck aufgedrängt hatte, mit einem Nicken zu verstehen, dass er es auf mein neues Zimmer bringen sollte, und er dampfte keuchend ab. Sie dagegen drosselte trotz des engen Rocks, der ihr die Gedärme abschnüren musste, nicht einmal das Tempo und textete uns, während wir uns durch die Gänge des Schlosses schoben, pausenlos mit irgendwelchen superwichtigen Informationen zu.

»Elm Castle ist natürlich kein richtiges Schloss«, sagte sie gerade. »Wie alle Schlösser in Nordamerika. Der Architekt hat sich zwar an einer mittelalterlichen Burg orientiert, aber das ist so, als würde man ein weißes Blatt ankokeln und als alte Schatzkarte verkaufen: Auf den ersten Blick fällt man darauf rein, aber beim zweiten erkennt man die billige Kopie.«

So einstudiert, wie das klang, musste es Denise schon einige Male zum Besten gegeben haben. Vermutlich, um den langen Weg zum Büro der Direktorin zu überbrücken.

»Ich mag´s trotzdem«, seufzte Denise und warf mir über die Schulter ein Zwinkern zu, ohne darauf zu achten, dass Mom und ich kaum hinter ihr herkamen. »Übrigens, Annabelle, am besten gleich vorweg: Die Schüler kommen normalerweise zu mir, wenn sie ein Problem haben oder jemanden zum Reden brauchen. Vielleicht weil ich dem Aussehen nach eine von euch sein könnte.« Sie lachte schrill auf. »Spaß beiseite. Das ist natürlich mein Job hier. Aufzupassen, dass es euch gut geht und ihr keine Dummheiten macht. Also, sollte dich mal der Schuh drücken, dann komm einfach vorbei. Ein bisschen reden kann oft Wunder wirken.«

Ich warf Mom einen wütenden Blick zu. Hatte sie den Internatfuzzis etwa erzählt, weshalb sie mich für den Rest des Schuljahres hierher verbannt hatte, oder war das nur eine hohle Phrase von Denise gewesen?

Mom wich meinem Blick aus, indem sie übermäßiges Interesse an Denise´ Ausführungen heuchelte.

»Die meisten Schüler kommen erst in den nächsten Tagen aus den Sommerferien zurück«, fuhr Denise mit einem Blick über ihre Schulter fort. »Ein paar wenige haben den Sommer zwar hier im Internat verbracht, aber die kommen kaum von ihren Spielekonsolen weg. Fürs Erste solltest du also deine Ruhe haben, Annabelle.«

Wenn sie meinen Namen noch ein einziges Mal wiederholte, würde ich ausrasten. »Was ist dein Job noch gleich?«, fragte ich mit zuckersüßer Stimme. »Nanny?«

Denise´ Schritte verlangsamten sich kaum merklich. »Ich bin Pädagogin«, sagte sie. Sie versuchte, freundlich zu klingen, aber ich hörte ihr genau an, dass ich sie in ihrer Ehre verletzt hatte.

»Wolltest du ursprünglich Lehrerin werden?«

Nun wurde Denise´ Nacken steif wie ein Brett. Ich hatte wohl einen wunden Punkt getroffen. Mom bemerkte es ebenfalls.

»Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr sich Annabelle gefreut hat hierherzukommen«, sagte sie und warf mir ein kleines, giftiges Lächeln zu. »Am liebsten wäre sie schon ein paar Tage früher angereist.«

»Jaaa«, erwiderte ich und lächelte nicht minder giftig zurück. »Mein Therapeut hat mir dringend geraten, meinem schlechten häuslichen Umfeld zu entfliehen.« Bevor Mom mich zerfleischen konnte, wechselte ich das Thema.

»Wo sind eigentlich die Ulmen? Man sollte meinen, hier müsste es davon nur so wimmeln, wenn das Schloss schon Elm Castle heißt. Wäre Pine Castle nicht deutlich passender gewesen?« Ich dachte an die endlosen Reihen aus Kiefern, die wir mit dem Auto durchquert hatten, ehe wir über den Wipfeln die ersten Zinnen hatten ausmachen können. Der Westen North Carolinas war nicht nur für die Blue Ridge Mountains bekannt, sondern auch für seine ausgedehnten grünen oder herbstlich orange-roten Wälder. Ulmen hatten hier sicher nichts zu suchen.

Denise machte ein Gesicht, als hätte ich sie persönlich angegriffen. Vermutlich hatte sie noch immer an der Pädagoginnensache zu knabbern. »Die Lieblingsbäume des Schloss-Erbauers waren Ulmen«, sagte sie und räusperte sich. »Besser gesagt: die seiner Mutter. Deswegen hat er einige um das Schloss herum anpflanzen lassen, aber alle außer einer sind eingegangen. Die letzte steht am See auf dem Schlossgelände. Wenn du mal daran vorbeikommst, wird sie dir sicher gleich auffallen.«

Ehe ich noch weitere Fragen stellen konnte, die Mom beschämten, kamen wir vor einer dicken Tür aus Eichenholz zum Stehen. Daneben prangte ein Namensschild mit geschwungenen Lettern: Dr. Phillis Bitterfield - Schuldirektorin. Denise klopfte gegen das dunkle Holz. Als nach ein paar Sekunden eine gedämpfte Antwort erklang, steckte Denise ihren Kopf durch die Tür.

»Direktorin Bitterfield, Annabelle Leanne Stirling und ihre Mutter sind eingetroffen.«

Ich verzog das Gesicht, eine unwillkürliche Reaktion auf meinen Namen. Annabelle Leanne Stirling. Darunter stellte man sich eine zarte Blondine mit Puppengesicht vor, die sich die Zehennägel rosa lackierte und den ganzen Tag mit ihren Freundinnen shoppen ging. Das Problem an der Sache war, dass ich die Hälfte dieses Klischees leider erfüllte, nämlich was das Äußere anging. Mit meiner zierlichen Figur, den blonden Löckchen und meinen veilchenblauen Augen hätte ich ohne Probleme den Rauschgoldengel beim Krippenspiel mimen können. Und ich hasste es. Doch so was wie Haarefärben und Piercings kam leider nicht infrage - Mom hatte mir schon früh angedroht, mich sonst zu meiner Tante auf ihre Farm in Colorado zu schicken. Um wenigstens über eine Sache Kontrolle ausüben zu können, hatte ich meinen Freunden eingeschärft, mich bei der Kurzform meines Zweitnamens zu nennen: Leah. Einfach nur Leah. Auf meinen Geburtsnamen reagierte ich nur bei offiziellen Angelegenheiten wie dieser hier.

»Treten Sie ein, Ms Stirling«, drang es nun hinter der Eichenholztür hervor.

Mom zupfte an meiner Bluse herum, als hätte sie Angst, ich könnte einen schlechten Eindruck hinterlassen. »Ich bleib besser draußen«, sagte sie. »Ab jetzt musst du deine Sachen allein regeln.«

Ich warf ihr nur einen bösen Blick zu, drehte mich auf dem Absatz um und folgte Denise in Ms Bitterfields Büro. Die Person, die hinter dem massiven Schreibtisch voller akkurat aufgestapelter Bücher und säuberlich zurechtgelegter Papiere auf mich wartete, sah mir mit starrem Blick entgegen. Sie hatte etwas von einer jahrtausendealten Reliquie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Keuschheit Marias stand. Ms Bitterfield war ... grau. Anders ließ sie sich nicht beschreiben. Ihre Haare waren grau, ihre Augen waren grau, ihr Jackett war grau, und bestimmt trug sie auch graue Unterwäsche. Alles an ihr wirkte spitz und kantig, ihre Nase, ihre Wangenknochen, der Dutt auf ihrem Kopf. Alles saß perfekt an seinem Platz.

Alles außer mir. Mir war nämlich gerade ein altes Hustenbonbon aus den übergroßen Taschen des Blazers gerutscht, den Mom mir aufgezwungen hatte. Ich kroch am Boden umher, um es wieder aufzusammeln.

»Annabelle«, murmelte Denise, die sich neben meinem Stuhl aufgestellt hatte, »setz dich hin.«

Trotz meiner Faszination für den makellos sauberen Holzboden kam ich ihrer Aufforderung nach. Als ich aufsah, hatte Ms Bitterfield ihre Lippen zu einem schmalen Lächeln zusammengepresst. Es sollte vermutlich herzlich aussehen, wirkte aber, als unterdrücke sie einen gewaltigen Furz. Ich nahm ihre ausgestreckte Hand, ihr Griff war überraschend stark.

»Guten Tag, Ms Stirling«, sagte sie und klang dabei wie die Nachrichtensprecherin von Fox News. »Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Anreise.«

Unwillkürlich sackte meine Laune noch weiter in den Keller. Die ganze Fahrt über vom Osten in den Westen North Carolinas hatten Mom und ich uns gestritten. Mom hatte mich darauf hingewiesen, dass ich nach den letzten Wochen froh sein konnte, dass sie mich nicht in ein radikales Erziehungscamp schickte, und ich hatte erwidert, dass sie und ihr Internat mich am Arsch lecken konnten. Es war in Schreien und Heulen ausgeartet, aber Mom kannte keine Gnade und hatte kein einziges Mal an einer Raststätte gehalten, auch dann nicht, als ich damit drohte, ihr ins Auto zu pinkeln - vielleicht aus Angst, dass ich es irgendwie schaffte abzuhauen. Dabei gab es keinen Ort mehr, an den ich mich flüchten konnte. Nur wenn ich die Augen schloss und ein, zwei Sekunden herumspann, gab es einen Ausweg. Dann riss ich von zu Hause aus und begann ein neues Leben, zusammen mit meinem Vater. Vielleicht lebte er auf einer Ranch in Texas mit Pferden und einem Country Club. Vielleicht ging er auf Tour...
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