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Karpfen, Kerzen, Kohleofen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
313 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am14.09.2022
Schluss mit besinnlicher Weihnachtszeit, kitschigen TV-Filmen und säuselnder Radiomusik. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier ... In 24 Kurzkrimis aus dem Ruhrpott wird gemordet, gemeuchelt, entführt und hereingelegt. Im gesamten Ruhrgebiet von Wesel bis Hamm, von Marl bis Hagen, in Duisburg, Dortmund, Essen und Bochum entpuppen sich Ruhrpottprinzessinnen und -prinzen als Mörder, Banditen und Verbrecher. Ein herrlicher Grusel unter dem Weihnachtsbaum.

Margit Kruse wurde 1957 in Gelsenkirchen geboren. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Revier-Krimis »Eisaugen«, »Zechenbrand«, »Hochzeitsglocken«, »Rosensalz« und »Bergmannserbe«. Sie ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Seit 2004 ist die Gelsenkirchenerin als freiberufliche Autorin tätig. Neben etlichen Beiträgen in Anthologien hat sie zahlreiche Bücher veröffentlicht. Labrador Enja ist stets dabei, wenn sich Margit Kruse auf Recherche-Tour begibt. Besonders der Hauptfriedhof ihres Heimatortes hat es der Autorin angetan. Margit Kruse ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller und war für den Literaturpreis Ruhr nominiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextSchluss mit besinnlicher Weihnachtszeit, kitschigen TV-Filmen und säuselnder Radiomusik. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier ... In 24 Kurzkrimis aus dem Ruhrpott wird gemordet, gemeuchelt, entführt und hereingelegt. Im gesamten Ruhrgebiet von Wesel bis Hamm, von Marl bis Hagen, in Duisburg, Dortmund, Essen und Bochum entpuppen sich Ruhrpottprinzessinnen und -prinzen als Mörder, Banditen und Verbrecher. Ein herrlicher Grusel unter dem Weihnachtsbaum.

Margit Kruse wurde 1957 in Gelsenkirchen geboren. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Revier-Krimis »Eisaugen«, »Zechenbrand«, »Hochzeitsglocken«, »Rosensalz« und »Bergmannserbe«. Sie ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Seit 2004 ist die Gelsenkirchenerin als freiberufliche Autorin tätig. Neben etlichen Beiträgen in Anthologien hat sie zahlreiche Bücher veröffentlicht. Labrador Enja ist stets dabei, wenn sich Margit Kruse auf Recherche-Tour begibt. Besonders der Hauptfriedhof ihres Heimatortes hat es der Autorin angetan. Margit Kruse ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller und war für den Literaturpreis Ruhr nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839273043
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum14.09.2022
Seiten313 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9224303
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1 »Vom Himmel hoch, da komm ich her«
Datteln

Nichts klappte in letzter Zeit. Alles ging schief. Was für einen Aufstand Thomas gemacht hatte, als sie ihr Köfferchen gepackt hatte, um zu diesem Wellnesswochenende hier ins Jammertal zu fahren. Er wollte mit, dieses Kleinkind in Männergestalt. Wieso durfte sie nicht mal alleine verreisen?

Wenn man überhaupt von verreisen sprechen konnte. Das Jammertal-Ressort war nur 24 Kilometer von Gelsenkirchen entfernt und in einer halben Stunde zu erreichen. Ein Stück grünes Ruhrgebiet mitten in der »Haard«, einer waldigen Sandsteinlandschaft im Naturpark Hohe Mark.

Sie atmete tief durch, schaute aus dem Fenster in die eiskalte Schneelandschaft. Mache das Beste daraus, schalte ab, sagte sie sich immer wieder, warf ihr Köfferchen aufs Bett und sah sich im Zimmer um. »Heidschnucke« hieß es, war klein, aber sehr komfortabel, sogar mit Balkon und Minitannenbäumchen. Sie setzte sich aufs Bett und überlegte, was sie zum Abendessen anziehen sollte. Ein klein wenig Wehmut verspürte sie. Wehmut und auch Sehnsucht nach Thomas. Er wird doch mal ein Wochenende ohne mich auskommen, sagte sie sich, erhob sich schwungvoll und brezelte sich im Bad ordentlich auf. Aber für wen? Sinnvoller wäre es, eine Runde im Schwimmbad zu drehen. Das würde allerdings ihre tolle Frisur ruinieren, für die sie am Morgen bei ihrem Lieblingsfriseur über 100 Euro bezahlt hatte. Auf wen sollte sie im Speisesaal denn treffen? Wollte sie überhaupt jemanden treffen? Wollte sie nicht ihre Ruhe haben? Den Winterspaziergang durch die waldreiche Landschaft des Jammertals verwarf sie hinsichtlich der Kälte. Das musste nicht sein. So schön war der Schnee auch wieder nicht.

Als sie auf dem Weg zum Speiseraum an einem kleinen Saal vorbeikam und einen Blick hineinwarf, glotzten sie zwei Riesenaugen aus einem runden Kopf an. Grunzendes Lachen, laute Stimmen, die aus den mit Krawatten umbundenen Hälsen von ungefähr 20 Anzugträgern kamen, und sich gegenseitig zu übertreffen versuchten. Großkotze, die hier wahrscheinlich ihre betriebliche Weihnachtsfeier abhielten. Diese Art von Männern liebte sie. Zuhause gehorsam und brav, aber wenn sich die Gelegenheit bot, beispielsweise auf der Weihnachtsfeier, ließen sie die Sau raus und mimten die großen Macker, schleppten sich für die Nacht vielleicht noch eine billige Tussi ab.

Die Riesenaugen hefteten noch immer an ihrem roten Kleid, besonders an ihrem Ausschnitt. Nun stand der zu den Augen gehörige Körper auf und schlenderte lässig grinsend zur aufstehenden Doppeltür. Den karierten Anzug hatte er bestimmt aus der Erbmasse seines Vaters, oder trug man jetzt wieder so etwas Schräges? Die schmierig blonde Wellenfrisur stammte ebenfalls aus einer anderen Epoche. Oh nein, keine billige Anmache, dachte sie und legte einen Schritt zu, um von der Bildfläche zu verschwinden.

In einer Nische des großen Gastraums setzte sie sich an einen kleinen Tisch mit Blick nach draußen in die herrliche Winterlandschaft. Ein riesiger beleuchteter Weihnachtsbaum und unzählige in den umliegenden Bäumen verteilte Lichterketten sollten Weihnachtstimmung verbreiten, ebenso die entzückende Tischdeko, bestehend aus viel Kristallglas und rot glänzendem Schnickschnack. Für morgen hatte sie einige Wellnessbehandlungen gebucht, unter anderem eine Ganzkörpermassage sowie einen Stirnölguss. Ob sie damit ihren Kopf frei bekommen würde? Dieses Wochenende kostete sie eine Stange Geld. Ihre Mutter Waltraud hatte etwas beigesteuert. Von Thomas hatte sie nichts annehmen wollen, auch nicht als vorzeitiges Weihnachtsgeschenk, das er ihr regelrecht aufzwingen wollte. Bis Weihnachten waren es noch 14 Tage. Da konnte viel passieren. Damit hätte er wieder wer weiß was verbunden und Ansprüche geltend gemacht. Sie lebten noch immer in getrennten Wohnungen, obwohl Thomas nach dem Tod seiner Mutter inzwischen ein ganzes Haus bewohnte, das Platz genug für sie beide böte. Doch sie wollte nicht, es war ihr zu endgültig, mit ihm zusammenzuziehen. Sie brauchte ihre Freiheit. Außerdem maulte er dauernd an ihrem Job als private Ermittlerin herum. Natürlich war ihr Beruf nicht so krisensicher wie seiner, als Erster Kriminalhauptkommissar des KK 11 in Buer. Nicht selten gab sie ihm allerdings den entscheidenden Tipp, wenn er mit seinen Ermittlungen nicht weiterkam.

Unmögliche Aufträge flatterten ihr in letzter Zeit ins Haus: Beschattungen unseriöser Geschäftspartner und untreuer Ehemänner. In der vergangenen Woche hatte sie viel Zeit in einem großen Bioladen verbracht, zwischen Regalen mit erschlafftem Obst und Gemüse, trockenen grauen Vollkornbroten und Flaschen mit kaltgepressten Ölen aus irgendwelchen obskuren Dingen. Sie sollte dem Filialleiter im ekelbefleckten Kittel Unterschlagung nachweisen. Er hatte nach Murmeltierfett gerochen - ihr Vater hatte sich früher immer den Nacken damit eingeschmiert. Allein der Gedanke an diesen Geruch verursachte bei ihr noch immer Magenschmerzen. Schnell verscheuchte sie das Bild dieses unattraktiven Kaufhauskerls, sonst bekäme sie keinen Bissen des Essens hinunter, das ihr gerade serviert wurde.

Während sie ihr Rinderfilet mit Waldpilzen und gestoßenem Pfeffer verzehrte, trat der Schlipsträger mit den Kulleraugen an ihren Tisch, verneigte sich und stellte sich vor. Was für eine Frechheit! Brüsk wies sie ihn ab. Sie wollte ihren Frieden haben, nichts als Frieden. Ihr Herz klopfte, als er endlich abzog, und sie gab sich wieder ihrem Essen, dem Wein und der live gespielten weihnachtlichen Pianomusik hin.

Später an der Bar - sie hatte nicht direkt nach dem Essen ihr Zimmer aufsuchen wollen - saß der Typ nur zwei Barhocker weiter. Ihm gegenüber einige seiner Kollegen, die ihn eindeutig mobbten. Sie warfen ihm blöde Sprüche an den runden Kopf, drohten ihm an, dass er bald seinen Posten los sei, da er faul und hinterhältig wäre. Die schlechtesten Zahlen schreibe er.

Ein gewisser Markus - dunkle Haare, schlankes Gesicht - und ein neunmalkluger Tom - blonde Stoppelfrisur -, beide voll wie die Haubitzen, wiederholten Zitate ihres Chefs, die dieser angeblich bei seiner Ansprache fallen lassen habe. Ihr dämliches Lachen wurde immer lauter, und Margareta verspürte fast Mitleid mit dem armen Mann, der sie nun entdeckte, sich freute wie ein Schneekönig und ungefragt zu ihr aufrückte. Mittlerweile rasteten die Kollegen, die ihm schräg gegenüber saßen, total aus, bewarfen ihn mit Erdnüssen und Salzstangen. Spott und Häme schütteten sie kiloweise auf sein Haupt.

Ihr Mitleid bereute Margareta jedoch schnell. Alexander Gehling war eine Quasselstrippe vor dem Herrn. Er laberte und laberte, ohne Punkt und Komma. Er erzählte ihr in wenigen Minuten sein komplettes bisheriges Leben, um sie anschließend heftig anzubaggern. Nicht nur verbal, er legte irgendwann auch Hand an, schob die wulstigen Griffel auf ihren Oberschenkel und glotze sie gierig aus weiß bewimperten Augen an.

»Hey, was soll das?« Margareta schlug ihm kräftig auf die sommersprossige Pranke.

»Na, hab dich nicht so. Ist doch Weihnachten.« Seine spröden Lippen mit den Erdnusskrümeln, aus denen er die Worte lallte, waren einfach nur abstoßend. Sie fragte sich, wieso er eine solche Niete bei der Aron-Versicherung war - dass dies sein Arbeitgeber war, hatte er ihr lang und breit erzählt. Als Schwätzer müsste es ein Leichtes für ihn sein, Versicherungen zu verkaufen. Lag es an seinem Aussehen? Seine Kollegen, besonders Markus und Tom, amüsierten sich noch immer köstlich über den tollen Alexander.

Der nette, gut aussehende Barkeeper, der mit seinen roten Haaren wie ein Ire wirkte, stellte ihr den Drink hin, den er ihr zuvor empfohlen hatte. Einen weihnachtlichen Earl-Grey-Gin mit neckischem Lavendelzweig am Glasrand. Mit warnendem Blick flüsterte er ihr zu: »Wenn der Herr Ärger macht, geben Sie mir Bescheid.«

»Mit dem werde ich schon allein fertig, danke!« Vorsichtig nippte sie an ihrem Glas. Schmeckte nach mehr, stellte sie fest.

Der tolle Alexander wurde zahm, ließ die Hände bei sich und begann, seinen Posten bei der Aron-Versicherung zu bejammern. Dass er nicht anfing zu weinen, war alles.

»Lass uns auf dein Zimmer gehen. Du gefällst mir. Wozu lange reden?« Seine großen Augen glupschten sie wieder gierig an.

»Das wüsste ich aber. Troll dich! Ich gehe jetzt auf mein Zimmer, allerdings allein.« Sie schenkte diesem Kerl noch einen abfälligen Blick und verschwand von der Bildfläche. Was manche Männer sich einbildeten â¦ Wahrscheinlich hielt er sich für unwiderstehlich, dieser Schmierlapp.

Wenig später bekam sie auf dem Gang mit, dass nur ein paar der Versicherungsmenschen im Hotel übernachteten. Die meisten fuhren heim trotz Schneegestöber, mit dem Taxi oder, die ganz Mutigen, die das Schicksal herauszufordern wollten, mit dem eigenen Pkw. Es interessierte Margareta reichlich wenig, ob Alexander im Hotel blieb oder nach Hause fuhr.

Eine Stunde später, Alexander Gehling war längst vergessen, klopfte es an Margaretas Zimmertür. Ein volltrunkener Versicherungsfuzzi jammerte und winselte um Einlass. Alle seien so böse zu ihm, sie möge ihn trösten. Kurzerhand rief Margareta an der Rezeption an. Keine fünf Minuten später entsorgte man den lästigen Kerl und entschuldigte sich bei ihr.

Am anderen Morgen, sie wollte sich gerade zum Frühstück nach unten begeben, schaute sie aus dem Fenster in den Hof und traute ihren Augen nicht. Mitten im Schnee lag mit verdrehten Armen und Beinen eine menschliche Gestalt in einem hellbeigen, karierten Anzug. Die hässlichen blonden Haare zu allen Seiten ausgerichtet. Das war doch Alexander Gehling, dieser nervige...

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