Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Nacht über dem Bodensee

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
342 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am13.07.20222022
Lisa Engels ist glücklich, als sie die Stelle der Stadtarchivarin in Überlingen antritt. Doch kaum ist sie angekommen, verschwindet ein Bekannter nach einem Tauchunfall spurlos und eine Yacht wird auf dem Bodensee treibend entdeckt - die Besatzung ermordet. Zufällig stößt Lisa auf den mehrere hundert Jahre alten Bericht eines Reichenauer Mönchs über eine mörderische Sagengestalt. Die Umstände der aktuellen Morde passen verstörend genau zu der Erzählung. Und als sich die Nacht über den See senkt, kommt es zur nächsten tödlichen Begegnung.

Christian Schlindwein wurde 1973 in Konstanz geboren und ist in Überlingen aufgewachsen. Die bewegte Geschichte seiner Heimat hat ihn schon immer fasziniert. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet der Theologe im Fürstentum Liechtenstein.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR11,99
E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextLisa Engels ist glücklich, als sie die Stelle der Stadtarchivarin in Überlingen antritt. Doch kaum ist sie angekommen, verschwindet ein Bekannter nach einem Tauchunfall spurlos und eine Yacht wird auf dem Bodensee treibend entdeckt - die Besatzung ermordet. Zufällig stößt Lisa auf den mehrere hundert Jahre alten Bericht eines Reichenauer Mönchs über eine mörderische Sagengestalt. Die Umstände der aktuellen Morde passen verstörend genau zu der Erzählung. Und als sich die Nacht über den See senkt, kommt es zur nächsten tödlichen Begegnung.

Christian Schlindwein wurde 1973 in Konstanz geboren und ist in Überlingen aufgewachsen. Die bewegte Geschichte seiner Heimat hat ihn schon immer fasziniert. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet der Theologe im Fürstentum Liechtenstein.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839274248
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.07.2022
Auflage2022
Seiten342 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9224364
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Lisa lächelte. Ihr Blick schweifte über die weite grüne Landschaft mit den markanten Vulkanbergen. Dahinter, das wusste sie, lag der Bodensee. Jetzt war es also so weit. Nach Studium, Promotion und anschließender Ausbildung wartete ihre erste Arbeitsstelle auf sie. Endlich eigenes Geld. Doch es war nicht des eher bescheidenen Gehaltes wegen, dass sie sich auf die Stelle in der alten und doch so lebendigen Stadt am großen See beworben hatte. Die Gegend gefiel ihr. Hunderttausende von Menschen verbrachten hier jedes Jahr ihre Ferien, und sie würde dort wohnen. Die Mietpreise waren zwar furchteinflößend, aber nachdem ihr Vorgänger ihr in seinem Haus eine kleine Wohnung günstig zur Verfügung gestellt hatte, brauchte sie sich darüber keine Sorgen zu machen. Ein sympathischer älterer Herr, der sich darüber hinaus dafür eingesetzt hatte, dass sie den Job bekam. Ohne diese Form von Vertrauensvorschuss hätte sie wohl niemals diese Anstellung erhalten, so jung und unerfahren, wie sie war. Aber tatsächlich sollte sie nach einer einjährigen Übergangszeit, in der ihr Vorgänger sie einarbeitete, die Leitung des Städtischen Archivs übernehmen.

Aus den Augenwinkeln sah sie, dass ihr Begleiter ihr winkte.

Es ging also weiter.

Lisa stellte die Kaffeetasse und den Teller mit den Kuchenresten auf das Plastiktablett. Sie stand auf, nahm ihre Jacke von der Stuhllehne und zog sie an. Sie trug das Tablett von der Aussichtsterrasse zurück in die gläserne Halle der Autobahnraststätte hin zu einem Geschirr-Rückgabewagen und ging auf den Parkplatz hinaus. Die Sonne schien ihr warm ins Gesicht. Sie trat neben ihren Begleiter, einen Mann mit Kurzhaarfrisur und Nickelbrille. Kurz blieben sie vor einem Schaukasten stehen, in dem eine Reliefkarte der Bodenseeregion zu sehen war. Sie schätzte, dass sie noch eine halbe Stunde Fahrtzeit vor sich hatten. Den größten Teil des Weges von Westfalen in den Süden Baden-Württembergs hatte sie geschafft. Sie folgte dem Mann zu einem rostigen alten Peugeot mit »Atomkraft, nein danke!«-Aufkleber und setzte sich auf den Beifahrersitz. Als der Fahrer den Wagen anließ, legte sie den Sicherheitsgurt an. Langsam rollte das Fahrzeug vom Parkplatz und fädelte sich in den Verkehr auf der A81 Richtung Süden ein.

Die Mitfahrzentrale war eine gute Sache, doch manchmal lernte man ganz schön schräge Vögel kennen. Immerhin musste sie sich während dieser Fahrt keine ausführlichen Familiengeschichten anhören. Seit Lisa in Münster eingestiegen war, hatte der Mann am Lenkrad kaum fünf Worte mit ihr gewechselt, sondern einfach still und freundlich vor sich hin gelächelt. Von Köln bis Stuttgart war noch eine Studentin mitgefahren, die die meiste Zeit geschlafen hatte.

Die Strecke vor ihnen war jetzt ziemlich frei. Der Fahrer gab Gas. Nach einer Viertelstunde mündete die A81 in einen breiten Autobahnzubringer, eingefasst von dichten Wäldern und üppigen Wiesen. Als ein Hinweisschild die richtige Abfahrt anzeigte, setzte der Fahrer den Blinker, ging vom Gas und schwenkte rechts weg. Die Straße führte einen Hügel hinauf, der von einer mittelalterlichen Kirche bekrönt wurde. Oben angekommen, lenkte der Fahrer den Wagen an den Fahrbahnrand und stellte den Motor ab.

»Weil Sie hier neu sind«, sagte er.

Lisa sah aus dem Fenster und wusste, was er meinte. Der Ausblick war atemberaubend. Sie stieg aus dem Fahrzeug und atmete tief durch. Unten vor ihr lag Überlingen, dahinter breitete sich der Bodensee aus, auf dieser Seite umrahmt von sanften grünen Hügeln. Nur schemenhaft erkannte sie gegenüber im Hintergrund die majestätische Kette der Alpen. Auf der riesigen blauen Fläche leuchteten zahllose weiße Segel, und weiter hinten, im Osten, erkannte Lisa die Autofähren, die das ganze Jahr hindurch Tausende von Fahrzeugen von einer Seite des Sees zur anderen transportierten, eine schwimmende Hauptverkehrsader. Noch einmal ließ sie ihren Blick über das Panorama schweifen, dann stieg sie wieder ein.

»Danke«, sagte sie.

Der Fahrer nickte, startete den Wagen und bewegte ihn zurück auf die Straße. Er fuhr den Hügel hinab, hinein in die Stadt, die für Lisa ihre neue Heimat werden sollte. Sie passierten das Ortsschild. Überlingen. Am Ortseingang wurden sie von einem Transparent begrüßt, das in der Höhe quer über die Straße gespannt war:

WILLKOMMEN IM SÜDEN!

Alles war grün. Selbst die Kreisverkehrsinseln waren kleine Wälder oder blumenbestandene kleine Gärten. Der Fahrer checkte das Navigationssystem, bog ab und fuhr nun eine Straße hinunter, die Lisa aufgrund ihres Neigungswinkels an San Francisco erinnerte. Überlingen war auf Hügeln erbaut, die sich vom Seeufer hinauf ins Land erstreckten. Der Höhenunterschied zwischen dem Ufer und dem oberen Stadtrand betrug knapp 100 Meter. Hier musste es irgendwo sein. Das Haus mit der Nummer 71. Es lag unten, wo die Straße eine Kurve machte und wieder in die Horizontale mündete. An dem Haus vorbei führte die Straße in Kurven weiter hinunter bis zum Seeufer.

Gegenüber den Hecken, hinter denen das Haus lag, parkte der Fahrer das Auto.

»Tja, ich schätze, Sie sind da«, sagte er.

»Danke«, sagte Lisa wieder und stieg aus dem Wagen. Sie nahm ihren Rucksack aus dem Kofferraum und verabschiedete sich. Mit einem freundlichen Winken fuhr der Mann davon. Nach einem Blick auf ihre Armbanduhr beschloss Lisa, sich erst einmal die Umgebung anzusehen. Neben dem Grundstück ging es in einen Park, wie es schien. Ein Stück davor führte eine schmale steile Treppe hinunter zu einer anderen Straße. »Teufelstreppe«, las sie auf einem Schild.

»Wie einladend«, dachte sie und stieg die Stufen hinab. Unten angekommen sah sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen weiteren Park und dahinter den Bodensee. Sie wartete drei Autos ab, überquerte die Straße und sog die Luft ein. Sie roch nach Wasser. Glücklich ging sie am Ufer des Sees entlang bis zu einem kleinen Hafen, in dem mehrere Boote lagen. Eine Brücke führte über die Hafeneinfahrt. Mit zahlreichen anderen Spaziergängern schlenderte sie die Promenade entlang. Das sind Touristen, dachte sie vergnügt. Am liebsten hätte sie allen erklärt: »Ich wohne hier!«

Gegenüber, auf der anderen Seeseite, war Wald, der direkt in den See abzufallen schien. Das dichte Grün erinnerte Lisa an einen Urwald in den Tropen. Und dann sah sie vor sich die erste Eisdiele.

»Strandcafe«.

Sie beschloss, dass sich das gut anhörte, und kaufte einen großen Becher mit Waldbeere, Schoko und Vanille.

*

Zwei Stunden später war Lisa zurück am Haus Nummer 71. Sie suchte eine Klingel am Gartentor, fand aber keine. Sie probierte, das verwitterte Holztor zu öffnen, und fand es unverschlossen vor.

»Hallo?«, rief sie und trat in den Garten.

Hinter den hohen Hecken befand sich eine Wiese. Das Gras stand hoch, überall wucherte Unkraut, dazwischen blühten wilde Blumen. Lisa gefiel es auf Anhieb. Das Haus war ein Bungalow, einstöckig und schon lange nicht mehr gestrichen worden.

»Sebastian Grünwald«, stand auf dem Türschild, und hier entdeckte sie auch eine Klingel. Lisa betätigte sie. Wenig später hörte sie Schritte, und Grünwald öffnete ihr die Tür. Seit dem Vorstellungsgespräch zwei Monate zuvor hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Seine Augen blitzten genauso klug und freundlich, wie sie sie in Erinnerung hatte.

»Frau Dr. Engels, herzlich willkommen! Ich freue mich, dass Sie da sind.«

»Lisa, bitte. Hallo, Dr. Grünwald, ich freue mich auch.«

»Ich habe gerade Kaffee gekocht«, sagte er. »Möchten Sie einen?«

»Sehr gern, danke.«

Sie schlängelte sich hinter Grünwald durch einen Hausflur, der durch Reihen übervoller Bücherregale beinahe unpassierbar war, zur Küche. Auch dort standen Bücher auf Regalen. Auf einem Bord fielen ihr erstaunlich viele Gewürze auf.

»Wie nehmen Sie den Kaffee, Lisa?«, fragte Grünwald und goss ihr eine Tasse ein.

»So, wie er ist, einfach schwarz«, antwortete sie. »Danke.«

»Haben Sie nicht noch mehr Gepäck?«, wollte Grünwald wissen. »Für einen Umzug kommt mir das etwas wenig vor.«

»Mein ganzes restliches Zeug kommt übermorgen. Ein Freund, der zum Tauchen an den See fahren wollte, bringt mir alles mit seinem Auto und einem Anhänger.«

»Ein Freund?«, fragte Grünwald augenzwinkernd.

Lisa lachte. »Ein Freund, nicht mehr und nicht weniger.«

Auf einmal schien es dem Archivar unangebracht zu sein, seine Nachfolgerin so über ihr Privatleben zu befragen, denn er wechselte abrupt das Thema. »Essen Sie eigentlich gern Fisch?«, fragte er unvermittelt.

»Fisch ...? Das kommt darauf an. Wieso fragen Sie?«

»Fisch ist meine Spezialität. Wenn Sie Fisch mögen, lade ich Sie gerne am Wochenende, wenn Sie sich etwas eingerichtet haben, zu einem Willkommensessen ein.«

»Dann mag ich ihn bestimmt. Außerdem probiere ich gern neue Gerichte aus.«

»Wenn Sie jetzt am See wohnen, lohnt es sich auf jeden Fall, Fisch zu mögen. Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihre Wohnung. Hier sind schon mal Ihre Schlüssel.«

Lisas Wohnung lag auf der Rückseite des Hauses im Untergeschoss. Da das Gelände leicht abfiel, war die Wohnung ebenerdig und die Wohnung von Grünwald darüber gewissermaßen im ersten Stock. Die Räumlichkeiten waren gemütlich und für ihre Zwecke mehr als ausreichend. Grünwald gab ihr eine kurze Führung. Ein helles Wohnzimmer mit großen Fenstern und einer Glastür zum Garten hin, ein Schlafzimmer mit geräumigen Einbauschränken, ein modernes Bad und eine kleine...

mehr