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Die Kinderzeche

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
164 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am13.05.20221. Auflage
Das Festspiel "Die Kinderzeche" wurde vor 125 Jahren als Gesamtkunstwerk konzipiert. Eine Stadt spielt sich selbst. Quellentexte und Bildmaterial bieten eine facettenreiche, 550-jährige Geschichte des Immateriellen Kulturerbes. Die Glaubensspaltung der Bürgerschaft führte zu miteinander konkurrierenden katholischen und evangelischen Schulzechen. Die Evangelische Kinderzeche entwickelte sich zum historisierten Umzug und einem Bürger- und Volksfest. Die älteren Darstellungen der Kinderzeche ab 1897 enthalten nur wenige Seiten zum Werdegang und beinhalten tradierte Irrtümer. Nun liegt eine Gesamtdarstellung einschließlich des Festspiels bis heute vor.

Gerfrid Arnold war Stadtarchivar der Großen Kreisstadt Dinkelsbühl. Als Schriftleiter des Periodikums "Alt-Dinkelsbühl", der Beilage der Fränkischen Landeszeitung, verfasste er zahlreiche Beiträge zur Heimatgeschichte. Seit dem Erscheinen seines ersten Dinkelsbühl-Buches vor über 30 Jahren weisen ihn seine Bücher als Kenner der Lokalhistorie und Archivquellen aus. In der Reihe "Dinkelsbühl Geschichte light" fasst er seine Forschung zu den Themen Judenschaft, Stadtgeschichte, Hexenwahn und Kinderzeche zusammen.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDas Festspiel "Die Kinderzeche" wurde vor 125 Jahren als Gesamtkunstwerk konzipiert. Eine Stadt spielt sich selbst. Quellentexte und Bildmaterial bieten eine facettenreiche, 550-jährige Geschichte des Immateriellen Kulturerbes. Die Glaubensspaltung der Bürgerschaft führte zu miteinander konkurrierenden katholischen und evangelischen Schulzechen. Die Evangelische Kinderzeche entwickelte sich zum historisierten Umzug und einem Bürger- und Volksfest. Die älteren Darstellungen der Kinderzeche ab 1897 enthalten nur wenige Seiten zum Werdegang und beinhalten tradierte Irrtümer. Nun liegt eine Gesamtdarstellung einschließlich des Festspiels bis heute vor.

Gerfrid Arnold war Stadtarchivar der Großen Kreisstadt Dinkelsbühl. Als Schriftleiter des Periodikums "Alt-Dinkelsbühl", der Beilage der Fränkischen Landeszeitung, verfasste er zahlreiche Beiträge zur Heimatgeschichte. Seit dem Erscheinen seines ersten Dinkelsbühl-Buches vor über 30 Jahren weisen ihn seine Bücher als Kenner der Lokalhistorie und Archivquellen aus. In der Reihe "Dinkelsbühl Geschichte light" fasst er seine Forschung zu den Themen Judenschaft, Stadtgeschichte, Hexenwahn und Kinderzeche zusammen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756261925
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.05.2022
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4/-.
Seiten164 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9335276
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Es begann mit einer katholischen Lateinschulzeche Beginnt die katholische Lateinschulzeche schon 1552?
Seit Beginn der katholischen Stadtherrschaft 1552 gab es keine evangelische Lateinschule mehr. Den auswärts zur Schule gehenden evangelischen Bürgersöhnen musste die katholische Lateinschule schmackhaft gemacht werden. Möglicherweise führte der Rat deshalb zum Schuljahresende als Belohnung einen Zechausflug ein. Mit der beginnenden Dinkelsbühler Reformation vor 50 Jahren hatte der liturgische Zug der Latein- und Chorschüler geendet, stattdessen verwendete man den Stiftungsbetrag für einen Schulausflug. Dafür spricht, dass zu Beginn des nachweisbaren Zechausflugs als Bezahlgrund altem Herkommen gemäß angegeben ist.

Damit könnte der Zechausflug der katholischen Lateinschüler nach 1552 eingeführt worden sein. Allerdings sind weder Zechzahlungen in den Rechnungen der Stadtkammer noch in den katholischen Rechnungsbüchern der Kirchenpflege oder Stipendiatenpflege bis 1629 aufzufinden.
Die Lateinschulzeche wird 1610 erkennbar
Die Teilnahme am katholischen Schulfest der Alumnaten als Latein- und Chorschüler zieht sich als Leitfaden durch die Entwicklung: vom liturgischen Mitziehen vor dem Jahr 1475 bis ins beginnende 19. Jahrhundert. Sie erhielten nachweislich ab 1629 ein Zechgeld spendiert. Die letzte ausdrückliche Auszahlung der Stipendiatenpflege zur Kinderzeche gab es über zweihundert Jahre später, 1816.

Im Heiliggeistspital gab es die Stipendiatenpflege, die unter anderem alle Unkosten für die Alumnaten bezahlte. Bis zu sechs Chorschüler wohnten hier kostenlos in einer Art Internat und besuchten die Lateinschule von St. Georg. So finden sich in den Rechnungsbüchern Ausgaben für Werktags- und Schulkleidung oder Bettwäsche, von Flick- und Wäschereilohn bis zu Schulbüchern. Ihre Gegenleistung bestand aus den liturgischen Diensten als Chorschüler, außerdem sangen sie bettelnd zu Weihnachten vor den Bürgerhäusern.

In der Stadt lebten damals weniger als fünfzig katholische Bürgerfamilien, der Rat bekehrte die Evangelischen mit aller Schärfe: 1612 mussten alle lutherischen Insassen das Hospital verlassen, die Waisenkinder erhielten katholische Vormünder, und das Gerücht ging um, alle evangelischen Geistlichen würden auf dem Marktplatz hingerichtet. Jedenfalls verordnete der Rat jungen Bürgersöhnen den Besuch der kirchlich geführten Lateinschule, die einen Lateinischen Schulmeister (Magister) und zwei Kantoren für den Chorgesang hatte.

Merkwürdigerweise gibt es 1610 eine erste Zahlung in der Stipendiatenpflege ohne Grundangabe, ein völlig unübliches Verfahren: Item Herrn Michel Molzen wegen der Lateinischen Schüler zahlt 4 fl.

Molzen war Ratsherr, mit den Lateinschülern sind die Chorschüler gemeint, die vier Gulden waren wohl ein Zechgeld.


Zahlungsbelege Es folgten bis 1614 weitere vier Zahlungen für Chorschüler, für die kein Zweck angegeben ist. Sie bleiben dann in den nächsten zwei Jahren aus, die nachfolgenden Rechnungsjahre bis 1628 sind nicht erhalten, 1629 ist dann die Auszahlung ausdrücklich für den Zechausflug belegt.

(Quellenlage: Die Rechnungsbücher der Stipendiatenpflege Ausgab Geld für die Alumnis uff der Lateinischen Schul beginnen 1577 und befinden sich größtenteils im Stadtarchiv Dinkelsbühl, ein Teil lagert im Archiv des Bistums Augsburg. Der Bestand weist Lücken auf.)


Das Beweisjahr 1629

Möglicherweise gab es sie schon um 1610, ausdrücklich für die Schulzeche der Chorschüler-Alumnaten bezahlt die Stipendiatenpflege zum ersten Mal im Jahr 1629. In Dinkelsbühl trieb die Gegenreformation ihrem Höhepunkt zu. Offiziell war Dinkelsbühl zwar ein toleranter, bikonfessioneller Stadtstaat, aber das Edikt Kaiser Ferdinands II. erlaubte dem katholischen Rat in der Stadtmark wie im Territorium die Evangelischen zu unterdrücken. Das Edikt wurde im April 1629 öffentlich verlesen.


Einschneidende Folgen des Kaiseredikts Die evangelischen Geistlichen und Kirchendiener mussten ihren Dienst quittieren, einige eingekerkert, den Landuntertanen wurde befohlen, bei 50 Reichstalern Strafe bis Ostern katholisch zu werden. Als letztes Druckmittel wurde ihr Anwesen zwangsverkauft, sie mussten ihre Heimat verlassen.

Diese harten Maßnahmen zeigten allerdings wenig Erfolg. Zum Osterfest erschienen in der Kirche von Sinbronn einige alte Männer und Kinder, und die Kirche von Halsbach blieb an Pfingsten ganz leer.

Ein Pfarrbrief aus Halsbach an den Rat Ein Jahr später schreibt

Pfarrer Hill aus Halsbach: Man müsse gegen die Jugend vorgehen, sie dürfe das erste Abendmahl nicht in der evangelischen Kirche empfangen, sonst schlucken sie mit den lutherischen Brocken auch die lutherische Ketzerei hinein , wovon sie schwer wieder abzubringen seien, wie die Erfahrung lehre. Es sei dringend nötig, allen die Evangelische Kirche zu verleiden.


1629 Der Eintrag der katholischen Stipendiatenpflege Verständlich, dass man für alles Katholische Anreize schaffen musste. Man führte für die Lateinschule eine Schulprämie vor Ferienbeginn für die Vakanz ein. Anfang Juli 1629 tritt die katholische Schulzeche ins Licht der Geschichte, zunächst nur als Lateinschulzeche. Für die Chorschüler im Hospital bezahlte die Stipendiatenpflege jetzt nur noch 1 Gulden, während die übrigen Lateinschüler von der katholischen Kirchenpflege St. Georg 3 Gulden erhielten. Insgesamt wurden also 4 Gulden ausgezahlt. Damit wurden in der Regel jedem Alumnaten 10 Kreuzer spendiert, 60 Kreuzer waren 1 Gulden wert.

Eintrag der Stipendiatenpflegerechnung des Hospitals, 1629: Item denn 6. Schuelbuben in die Vacantz

zum ver Zechen geben _ _ _ 1 fl

(Hintere Stubenpflege, B 271, Stadtarchiv. Die Quelle befand sich nicht im Pfarrarchiv, sondern war ins Stadtarchiv gelangt und wurde dort erst 1992 entdeckt.)

1629 Der Eintrag der katholischen Kirchenpflege Den ordentlichen Neuanfang der katholischen Lateinschulzeche belegt eine zweite Zahlung: Das Rechnungsbuch der katholischen Kirchenpflege der Stadtpfarrkirche St. Georg enthält ebenfalls 1629 eine Schulzechzahlung.

Eintrag bei der katholischen Kirchenpflege St. Georg, 1629: Item M. und Cantoriby, alß sye die Jugent

außgefiert Zur Zech geben - 3 fl

(Katholisches Pfarrarchiv).


Zahlungen der katholischen Kirchenpflege
Die Lateinschüler erhalten von der katholischen Kirchenpflege 3 Gulden. Ab 1633, ein letztes Mal 1685, sind es dann immer 4 Gulden, die gemeinsam für den Lateinlehrer (Magister = M.), den Chorleitern (Kantoren) und den Knaben zur Schulzeche gereicht werden.

Einige Eintragungen haben eine genaue Datierung. Aus ihnen lässt sich eine Zahlung zwischen 4. und 10. Juli schließen. Somit fand der Zechausflug der katholischen Lateinschulzeche am Montag oder Dienstag nach dem 4. Juli, dem St. Ulrichstag, statt. Er blieb das Regeldatum der katholischen Zechfeier.

(Quellenlage: Die Rechnungsbücher der katholischen Kirchenpflege St. Georg beginnen 1564 und befinden sich im Archiv des Bistums Augsburg. Der Bestand weist Lücken auf. Einige Bände lagern im Stadtarchiv unter B 141.)

Bei den evangelischen Schweden gab es keine Zeche
1632-1634 Im Dinkelsbühler Schicksalsjahr 1632 besetzten die protestantischen Schweden die Stadt, was im Festspiel Die Kinderzeche die historische Szenerie abgibt: Die Kinderlore bittet mit einer Kinderschar den schwedischen Obristen Claus Dietrich von Sperreuth um Gnade und Verschonung der belagerten Stadt um der Kinder willen. In Wahrheit lief das Ereignis allerdings anders ab: Die Entstehung der Kinderzeche hat mit der damaligen schwedischen Eroberung absolut nichts zu tun.


Die Einnahme Dinkelsbühls 1632 König Gustav Adolf von Schweden drang erfolgreich nach Franken vor, sein Obrist Claus Dietrich von Sperreuth hatte den Auftrag die katholisch regierte Reichsstadt einzunehmen. Dieser war für seine Gräueltaten, Ausschweifungen und Habgier bekannt. Wo seine Reiter gehaust hatten, war nichts mehr. Er drohte den Dinkelsbühler Katholiken mit sehr ungnädiger Behandlung . Außerdem hatte der Rat die Rache der überwiegend evangelischen Bürgerschaft zu befürchten, denn unter diesen war ein solch Frohlocken . Einige verbrüderten sich vor den Stadttoren sogar schon mit den Schweden.

Da von der kaiserlich-katholischen Armee keine Hilfe zu erwarten war, musste man schließlich eine katholischevangelische Abordnung in Sperreuths Weißenburger Quartier schicken und um eine erschwing- und erträgliche Übergabe bitten. Am Nachmittag des 11. Mai 1632...

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