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Mein Wunsch ist dein Tod

Drei Romane
Bärenklau Exklusiverschienen am01.07.2022
Eines Tages zu sterben, liegt in der Natur des Menschen, niemand kann sich dem entziehen, so ist das Leben. Es endet stets mit dem Tod. Doch was ist mit dem viel zu frühen Tod der Opfer aus Gewaltverbrechen, der Opfer aus Kriegen? Ihren Tod sollte man, wenn man ihn schon nicht verhindern konnte, wenigstens aufklären und die Schuldigen, die Verantwortlichen einer gerechten Strafe zuführen. Einige glauben, mit Selbstjustiz ein Verbrechen sühnen zu können, geradezu das Recht dafür auf ihrer Seite sehen. Aber ist das wirklich so? Begeht derjenige nicht ebenfalls ein Verbrechen, gar einen Mord? In den in dieser Anthologie enthaltenen Romanen stellen sich die Autoren genau diese Frage und jeder beantwortet sie auf seine, ganz eigene Art: durch klassische Ermittlungen, durch Selbstjustiz und sogar mit einem geplanten Attentat ... In dieser Anthologie sind folgende Romane enthalten: Die Toten Männer von Ohlsdorf - von Hans-Jürgen Raben; Schreie aus seinem Mund - von Rainer Popp; Fast ein Attentat - von Rolf Stolz

Hans-Jürgen Raben ist ein deutscher Autor auf den Gebieten Krimi, Horror, Science-Fiction und Western. Rainer Popp ist ein deutscher Schriftsteller, Journalist und TV-Manager. Rolf Stolz ist ein deutscher Publizist, Schriftsteller und Fotograf.
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Produkt

KlappentextEines Tages zu sterben, liegt in der Natur des Menschen, niemand kann sich dem entziehen, so ist das Leben. Es endet stets mit dem Tod. Doch was ist mit dem viel zu frühen Tod der Opfer aus Gewaltverbrechen, der Opfer aus Kriegen? Ihren Tod sollte man, wenn man ihn schon nicht verhindern konnte, wenigstens aufklären und die Schuldigen, die Verantwortlichen einer gerechten Strafe zuführen. Einige glauben, mit Selbstjustiz ein Verbrechen sühnen zu können, geradezu das Recht dafür auf ihrer Seite sehen. Aber ist das wirklich so? Begeht derjenige nicht ebenfalls ein Verbrechen, gar einen Mord? In den in dieser Anthologie enthaltenen Romanen stellen sich die Autoren genau diese Frage und jeder beantwortet sie auf seine, ganz eigene Art: durch klassische Ermittlungen, durch Selbstjustiz und sogar mit einem geplanten Attentat ... In dieser Anthologie sind folgende Romane enthalten: Die Toten Männer von Ohlsdorf - von Hans-Jürgen Raben; Schreie aus seinem Mund - von Rainer Popp; Fast ein Attentat - von Rolf Stolz

Hans-Jürgen Raben ist ein deutscher Autor auf den Gebieten Krimi, Horror, Science-Fiction und Western. Rainer Popp ist ein deutscher Schriftsteller, Journalist und TV-Manager. Rolf Stolz ist ein deutscher Publizist, Schriftsteller und Fotograf.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783754661406
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum01.07.2022
Seiten470 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse632
Artikel-Nr.9526423
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog

 

Hamburg-Barmbek, Ende April 1947

 

 

War sie das?

Der kleine Junge war aufgesprungen und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können.

Nein, das war eine viel ältere Frau, und sie schlurfte langsam dahin, nicht wie seine Schwester, die es immer eilig hatte. Außerdem zog diese Frau einen kleinen Wagen hinter sich her, wie ihn viele Leute zum Transport von Kohlen oder Kartoffeln benutzten. Sein Onkel hatte auch so einen.

Er setzte sich wieder auf das Trümmerstück vor seiner Schule, einer notdürftig instandgesetzten Baracke in Hamburg-Barmbek. Dort gab es keine Heizung, und die Kinder waren deswegen eingepackt wie pralle Würste. In den vergangenen Wintermonaten war es jedoch so kalt gewesen, dass selbst dicke Kleidung kaum ausreichte, sich warmzuhalten.

Er erinnerte sich, dass einer der Jungen aus seiner Klasse eines Tages nicht in die Schule gekommen war, und er hatte gehört, wie die Lehrer darüber tuschelten, dass der Schüler erfroren sei. Er konnte sich nicht richtig vorstellen, wie das geschehen konnte, obwohl er inzwischen sehr gut wusste, was richtige Kälte war.

Er war nun gerade sieben Jahre alt geworden und ging in die erste Klasse. Sein Name war Friedrich, obwohl ihn alle nur Fritz nannten. Nur seine Mutter nannte ihn Friedrich. Er hätte gern gewusst, wie sein Vater ihn nannte, aber der war nicht da. Wenn mal die Rede auf ihn kam, verstummten plötzlich alle in der Familie. Als er einmal nach seinem Vater fragte, war seine Mutter in Tränen ausgebrochen. Seitdem vermied er das Thema.

Nach der Schule wartete er jeden Tag auf seine Schwester. Er sah sie immer schon von Weitem, und meistens trug sie in der Hand ein Netz, in dem sich oft schöne Sachen befanden. Fleisch in Dosen zum Beispiel. Man musste sie mit einem merkwürdigen Metallwerkzeug öffnen. Seine Mutter kochte dazu Kartoffeln, und es schmeckte köstlich. Normalerweise gab es zu den Kartoffeln Kohl, oder es gab nur eine dünne Suppe.

Vielleicht brachte seine Schwester heute sogar eine dieser wunderbaren Tafeln mit. Er hatte schon gelernt, das Wort auf der knisternden Verpackung zu buchstabieren: C-a-d-b-u-r-y. Bei dem Gedanken daran spürte er schon den Geschmack auf der Zunge.

Sie hatte schon zweimal eine solche Tafel mitgebracht. Sie wurde in der Familie sorgfältig verteilt, wobei kein Krümel verloren ging. Seine Mutter brach die Stücke ab, und jeder erhielt eines davon: Ihr Bruder, der nur noch ein Bein hatte, und dessen Frau, die selten etwas sagte und oft heimlich weinte. Friedrich hatte das größte Stück bekommen, während seine Mutter und seine Schwester sich den Rest teilten. Es war so ein himmlisches Gefühl gewesen, als die dunkle Masse langsam in seinem Mund schmolz.

Vielleicht war heute wieder so ein Tag.

Seine Schwester arbeitete bei den Engländern, hatte seine Mutter ihm erklärt. Friedrich hatte so keine rechte Vorstellung davon, wer diese Engländer waren und woher sie kamen. Jedenfalls mussten sie reich sein, wenn es bei ihnen solche wertvollen Dinge gab. Er hatte sie schon einmal gesehen, als zwei von ihnen in einem offenen Auto vorbeifuhren, anhielten und ihm ein Bonbon gaben. Er hatte nicht verstanden, was sie zu ihm sagten. Jedenfalls sollte man höflich zu ihnen sein, hatte ihm der Onkel geraten.

Verbittert hatte der Onkel hinzugefügt, dass es früher anders gewesen wäre. Da hätte man diese Engländer ins Meer getrieben, sodass sie auf ihre Insel zurückkehrten. Friedrich hatte sich gefragt, wie sie dahin kamen, ob sie wohl schwimmen mussten. Da alle zu wissen schienen, wovon der Onkel sprach, hatte er nicht gewagt, sich genauer zu erkundigen, um nicht als Dummkopf dazustehen.

Seine Schwester war die Einzige, die eine richtige Arbeit hatte. Seine Mutter kümmerte sich um die Wohnung in der Nissenhütte - so nannte man die Behausung aus Wellblech, die neben anderen gleichartigen Hütten inmitten eines Trümmergrundstücks stand. Es gab außerdem eine kleine umgegrabene Fläche, auf der seine Mutter Gemüse und Kartoffeln anbaute.

Sobald die letzte Glut der Kohlestückchen in dem kleinen Ofen erloschen war, wurde es furchtbar kalt in ihrer Blechbehausung. Nachts, wenn alles ruhig war, hörte er, wie die Nässe von den Wänden tropfte.

Ihr Bruder, sein Onkel Kurt, konnte wegen seines fehlenden Beines nicht arbeiten. Er machte Einkaufskörbe aus allen möglichen Materialien. Seine Frau verdiente sich ein paar Mark, indem sie wie viele andere Frauen in den Trümmern Ziegelsteine klopfte, die man anschließend wiederverwenden konnte.

Sie hatten ebenfalls einen Sohn, Karl, der erst fünf Jahre alte war und noch nicht zur Schule ging. Er war jetzt auf dem Land untergebracht, hatte man ihm erklärt, bei entfernten Verwandten, wo er genügend zu essen bekam und wo die Luft besser war.

Auf dem Land! Friedrich hatte keine Vorstellung, was er darunter zu verstehen hatte. Offensichtlich war es aber besser als die Stadt, in der er lebte. Vielleicht gab es auf dem Land keine Schule, sodass nur kleinere Kinder dort leben konnten. Andererseits ging er gern in die Schule. Sie hätte ihm gefehlt, wenn er auch auf dem Lande sein müsste.

Und seine Mutter wäre auch nicht dort. Das wäre ziemlich schlimm für ihn, denn er liebte seine Mutter sehr. Ja, seinen Onkel und dessen Frau liebte er auch, aber doch nicht so sehr wie seine Mutter oder seine Schwester.

Sie würden ihn vor dieser Welt schützen, die einmal ganz anders ausgesehen hatte, wie er aus seinen Büchern wusste, und er fragte sich oft, warum man sie so kaputtgemacht hatte.

Vielleicht war es dort auf dem Land auch nicht so kalt. Schaudernd erinnerte er sich wieder an die furchtbare Kälte der letzten Monate. Sie hatten alle gefroren und so viele Kleidungsstücke übereinander gezogen, wie sie nur konnten. Immer wieder hatte er gesehen, wie Menschen auf Karren weggebracht wurden. Nun, er konnte sie nicht direkt sehen, da sie unter Decken lagen, aber sie waren da.

»Erfroren - wie dein Mitschüler«, hatte seine Mutter traurig gesagt. Es sei der kälteste Winter seit langem gewesen. 

Immerhin hatten sie hier in der Stadt ausreichend zu essen. Friedrich wusste, dass es nicht allen so ging. Einige seiner Klassenkameraden bekamen kein Brot mit in die Schule. Er gab seinem besten Freund immer ein Stück ab. Seiner Mutter sagte er davon allerdings nichts, sonst hätte sie mit ihm vielleicht geschimpft.

Wo blieb sie denn heute?

Er liebte seine Schwester - fast so wie seine Mutter. Er fühlte sich geborgen, wenn seine Schwester ihm vor dem Einschlafen noch eine Geschichte aus dem zerfledderten Märchenbuch vorlas. Dabei bewunderte er manchmal das Medaillon, das sie an einer dünnen Goldkette um den Hals trug. Darauf war eine merkwürdige Figur zu sehen. Das sei der heilige Christophorus, hatte sie ihm erklärt. Er sei der Schutzpatron der Reisenden, der Seeleute oder der Soldaten. Er würde auch auf ihn achten, wenn er in Gefahr geriet.

Es hatte ihn schwer beeindruckt, dass so eine winzige Figur auf dem goldenen Anhänger ihn beschützen könnte.

Friedrich zog seine Jacke, die seine Mutter aus einer Uniform genäht hatte, enger um sich. Es war noch immer kalt in diesen ersten Apriltagen, und der Frühling ließ sich Zeit. Übereinstimmend hatten alle gemeint, dass sie so einen harten Winter noch nie erlebt hätten. Friedrich hatte aufmerksam zugehört, doch er konnte sich nicht einmal an den Winter davor erinnern.

Es würde bestimmt alles bald besser werden, sagte seine Mutter immer wieder. Friedrich wusste nicht so genau, was sie damit meinte.

Da war sie endlich!

Friedrich sprang wieder auf und sah die Straße hinunter. Rechts und links davon lagen die Trümmer in den Ruinen der zerstörten Häuser. Er erinnerte sich dunkel daran, wie sie früher alle in die Keller liefen, wenn die Sirenen heulten. Seine Mutter hielt ihn eng an sich gedrückt, wenn das Rauschen der Bomben einsetzte. Dann kamen die Explosionen, und keiner der Menschen in dem Keller sprach ein Wort.

Nur ein gelegentliches Stöhnen war zu hören, wenn eine der Bomben sehr laut krachte und der Keller erbebte.

»Eine Luftmine«, hatte irgendwer aus dem Dunkel gesagt, und Friedrich fragte sich, wie so etwas wohl aussah. Seine Mutter presste ihn in solchen Augenblicken noch enger an sich, sodass sein Zittern aufhörte. Wenn es dann still wurde und das Heulen der Entwarnungssirene zu hören war, standen alle auf und strebten zum Ausgang, nicht wissend, was sie dort draußen erwartete, oder ob sie überhaupt hinauskamen.

Verschüttet! Das Wort schien eine schreckliche Bedeutung zu haben. 

Manchmal dachte Friedrich daran, warum sein Vater nicht hier war, und warum keiner gern über ihn sprach. Es war eines der vielen Rätsel, mit denen er sich herumschlug.

All seine trübsinnigen Gedanken waren verschwunden, als er es plötzlich sah. Ja, sie hatte ihr Netz in der Hand. Und es war gefüllt. Er konnte es deutlich sehen.

Friedrich buchstabierte wieder dieses wunderbare Wort: C-a-d-b-u-r-y â¦

Seine Schwester kam näher. Sie hatte ihn auch entdeckt und winkte ihm mit der freien Hand zu. Sie war schon ziemlich alt - fast neunzehn. Er wusste nicht, was sie für diese Engländer machte, aber es war bestimmt wichtig.

Seine Mutter hatte ihm einmal erklärt, dass sie auf einer Maschine schrieb. Es wäre schön, wenn er so etwas auch hätte. Das Schreiben mit der Hand war doch oft mühsam. Er ärgerte sich oft selbst, wenn die Buchstaben nicht so ordentlich auf einer Linie waren. Das würde mit einer Maschine sicher besser gehen.

Dann sah er das Auto. Der große Wagen rollte langsam die...
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