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Schatzsuche mit Elwetritsch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am12.10.20222022
In Grumberg an der Weinstraße geht es hoch her: Das alljährliche Keschdefeschd steht an, dabei wetteifert das Dorf beim Kastaniensammeln mit der Nachbargemeinde Rhodt unter Rietburg. Ein Waldpächter will den Grumbergern das Sammeln verbieten, am nächsten Tag ist der Mann tot. Mordmotiv Kastanienneid? Als kurz darauf ein Schatzsucher verunglückt und in seinem Rucksack keltische Goldmünzen gefunden werden, ahnen Kommissar Bleibier und die Elwetritsch, dass der Fall komplizierter ist.

Helge Weichmann, Jahrgang 1972, ist gebürtiger Pfälzer und lebt seit mehr als 25 Jahren in der Diaspora in Rheinhessen. Während seines Studiums jobbte der promovierte Kulturgeograph als Musiker und Kameramann, bevor er sich als Filmemacher selbstständig machte. Heute betreibt er eine Medienagentur, arbeitet als Moderator und hat sich mit Mainzer Krimis einen Namen gemacht. Die Pfalz trägt er jedoch immer im Herzen, deshalb sind die 'Elwetritsche'-Bücher seine ganz persönliche Wertschätzung der wunderschönen Region zwischen Neustadt und der französischen Grenze. Neben Kultur und gutem Essen kommt darin auch die berühmte Schlitzohrigkeit der Pfälzer nicht zu kurz. Ajoh!
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextIn Grumberg an der Weinstraße geht es hoch her: Das alljährliche Keschdefeschd steht an, dabei wetteifert das Dorf beim Kastaniensammeln mit der Nachbargemeinde Rhodt unter Rietburg. Ein Waldpächter will den Grumbergern das Sammeln verbieten, am nächsten Tag ist der Mann tot. Mordmotiv Kastanienneid? Als kurz darauf ein Schatzsucher verunglückt und in seinem Rucksack keltische Goldmünzen gefunden werden, ahnen Kommissar Bleibier und die Elwetritsch, dass der Fall komplizierter ist.

Helge Weichmann, Jahrgang 1972, ist gebürtiger Pfälzer und lebt seit mehr als 25 Jahren in der Diaspora in Rheinhessen. Während seines Studiums jobbte der promovierte Kulturgeograph als Musiker und Kameramann, bevor er sich als Filmemacher selbstständig machte. Heute betreibt er eine Medienagentur, arbeitet als Moderator und hat sich mit Mainzer Krimis einen Namen gemacht. Die Pfalz trägt er jedoch immer im Herzen, deshalb sind die 'Elwetritsche'-Bücher seine ganz persönliche Wertschätzung der wunderschönen Region zwischen Neustadt und der französischen Grenze. Neben Kultur und gutem Essen kommt darin auch die berühmte Schlitzohrigkeit der Pfälzer nicht zu kurz. Ajoh!
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839273364
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum12.10.2022
Auflage2022
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9574009
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Samstag

Den heutigen Tag nutzte der Kommissar, um im Garten Ordnung zu schaffen. Beim Kampf gegen Herbstlaub und wuchernde Büsche musste er mit wehmütigem Lächeln an die gemeinsame Zeit mit Thea denken. Sie war die Gartengestalterin gewesen, konnte jedes Grün benennen und wusste über Schattenpflanzen, halb trockene Standorte und Flachwurzler Bescheid. Seit sie ausgezogen war, hatte der einst gepflegte Garten Urwaldcharakter angenommen. Bleibier schnitt alles nach Gutdünken zurück, was ihm vor die Gartenschere kam, er goss die Pflanzen eher willkürlich und hatte keine Ahnung, warum der eine Busch die Blätter rollte und der andere vor Gesundheit strotzte. Thea würde ihn auf den Mond schießen, wenn sie das Grundstück heute sehen könnte. Das wäre für Bleibier absolut in Ordnung, er würde zu Fuß zur Erde zurücklaufen, um danach wieder mit Thea gemeinsam den Rechen schwingen zu dürfen.

Am späten Nachmittag machte er sich auf den Weg zum Dorfplatz. Zeitig, doch Manne würde ihm nie verzeihen, wenn er zu spät zum Vereinstreff käme. Immerhin, so argumentierte sein Kollege, hätten sie als Polizisten Vorbildcharakter für die übrigen Bürger. Die Südpfälzer Oktobersonne hatte sich in einen goldenen Ball verwandelt, der Grumberg mit Licht, Luft und Wärme ummantelte. Die alte Eiche an der Kreuzung besaß Blätter aus reinem Feuer, die Fachwerkhäuser entlang der Hauptstraße glühten, als wären sie einzig für diesen Augenblick gebaut worden. Bleibier nickte ihnen zu, dankbar für den großartigen Auftritt. So, genau so fühlte sich Heimat an!

»Ou, de Maazl. Unn, aach unnerwegs zum Treffe?« Ein Grumberger Ehepaar, die Bernhards, gesellte sich zu ihm.

»Ajasicha«, gab er zurück. Auf dem Weg kamen immer mehr Leute zusammen, der heutige Termin brachte den halben Ort in Bewegung.

Auf dem Dorfplatz herrschte Andrang, die Stimmen schwirrten hin und her in einer Lautstärke, die anderswo als Ruhestörung gegolten hätte, in der Pfalz aber normal war. In der Mitte des Platzes schleppten Männer wuchtige Holzbalken heran, daneben scharten sich die Leute um eine altertümliche Traubenpresse. Etwas abseits parkte ein Auto des Offenen Kanals Neustadt, eine Reporterin redete vor laufender Kamera. Neben ihr trat ein großer, dünner Mann in offensichtlicher Nervosität von einem Fuß auf den anderen. Bleibier reckte den Kopf. Oha, der Herr Bürgermeister schaffte den Sprung ins Fernsehen, zumindest in den lokalen Kanal! In seinem Hirn blitzte der Gedanke auf, sich im Hintergrund zu platzieren, in die Kamera zu winken und später gemeinsam mit der Elwetritsch diese Szene im Fernsehen zu schauen. In derselben Sekunde ahnte er allerdings den Blick voraus, mit dem sie an seinem Verstand zweifeln würde, also verkniff er sich die Aktion. Stattdessen trat er näher heran, um zu hören, was gesprochen wurde.

»â¦ ist die Kastanie als Pfälzer Kulturgut zu dieser Jahreszeit in aller Munde - wörtlich genommen.« Die Reporterin, eine dralle Blondine mit zu viel Schminke, wartete eine Sekunde, um den Wortwitz sacken zu lassen. »Die Liebe zum stacheligen Gewächs geht in den zwei Dörfern Rhodt unter Rietburg und Grumberg allerdings noch ein Stück weiter. Seit Generationen wird dort nämlich gemeinsam das Keschdefeschd gefeiert, das die beiden Orte abwechselnd ausrichten. Dieses Jahr ist Grumberg an der Reihe, und neben mir steht der hiesige Ortsbürgermeister Ludwig Fuchs.« Sie drehte sich zu ihm um. »Herr Fuchs, neben dem gemeinsamen Feiern gibt es einen außergewöhnlichen Wettbewerb, bei dem eine riesengroße Waage im Mittelpunkt steht, richtig?«

»Ja, ja, richtig, ganz richtig.« Der Bürgermeister, den im Ort alle nur den »Fuchselouis« nannten, schwitzte, seine Segelohren glühten. »Sie sprechen das Keschdewiege an, eine alte Tradition, die unsere Dörfer auf ganz besondere Weise verbindet. Seit vielen Jahrzehnten!«

Die Reporterin nickte mit kritischem Blick, als würde er gerade die Wahrheit hinter Kennedys Ermordung ausplaudern. »Aha, das Keschdewiege . Was können sich unsere Zuschauerinnen und Zuschauer darunter denn vorstellen?«

»Also, es geht im Grund darum, welcher Ort mehr Keschde sammelt. Über die ganze Keschdezeit sind unsere Bürger dabei, also, äh â¦«, er geriet ins Stocken, es war ihm anzusehen, dass etwas in seinem Kopf rumorte, »â¦ also unsere Bürgerinnen und Bürger natürlich, die sind also dabei, so viele Keschde wie möglich einzusammeln, und die in Rhodt, die machen das genauso, äh, also, die Rhodterinnen und Rhodter.«

Bleibier lachte sich innerlich scheckig über die Mühen des Fuchselouis, alles korrekt zu gendern. Zusammen mit seinem hörbaren Pfälzer Dialekt, den er vergebens hinter überkorrekt betontem Hochdeutsch zu verstecken versuchte, lieferte er den perfekten Auftritt des kleindörflichen Bürgermeisters ab.

»All die gefundenen Keschde, die werden dann also aufbewahrt bis zum großen Wiegetag?«

Fuchs nickte eifrig und winkte der Reporterin und den Kameraleuten, ihm zu folgen. Die Umstehenden teilten sich vor ihnen wie weiland das Rote Meer vor Moses. »Genau so isses. Hier in Grumberg ist das die alte Weinpresse von einem unserer Winzer, die Sie hier sehen. In die Bütt werfen alle Ortsangehörigâ¦, öh, Ortsangehöriginnen und Ortsangehörigen ihre gesammelten Keschde hinein.« Er trat an die Weinpresse, in deren hölzernem Traubenbehälter Aberhunderte Kastanien glänzten. Gerade kam ein Bub heran, grinste zahnlückig in die Kamera und warf eine Handvoll dazu. Fuchs tätschelte ihm in vollendeter Bürgermeisterlichkeit den Kopf.

Mit beiden Händen wühlte die Reporterin in der Kastanienfülle. »Und dann kommt das Keschdefeschd und damit die Stunde der Wahrheit?«

»Richtig.« Der Kameratross zog weiter zur Mitte des Platzes, wo inzwischen ein Stapel massiver Holzstämme abgelegt worden war. Sie sahen alt aus, mit schmiedeeisernen Ringen, Ledergurten und allerlei Bohrungen. »Das hier, das ist die Keschdewoog, eine Balkenwaage aus Holz. Über siebzig Jahre alt und mannshoch, wenn sie aufgebaut ist.« Der Fuchselouis breitete seine Arme aus, stellte pantomimisch die Waage dar und sah dabei aus wie ein überdimensionales Strichmännchen. »Am nächsten Samstag um Punkt vier nachmittags werden die Keschde in die Waagensäcke geschüttet, die Rhodter auf der einen Seite, unsere auf der anderen. Und dann, tja, dann heißt es Daumen drücken.«

Die Reporterin beugte sich verschwörerisch zu ihm hinüber. »Ganz im Vertrauen, Herr Fuchs: Wer gewinnt dieses Jahr? Haben Sie einen Tipp?«

Der Fuchselouis knipste ein neutrales Politikerlächeln an. »Da halte ich es ganz mit dem klassischen Motto: Möge der Bessere gewinnen!« Doch Bleibier wusste, dass das eine glatte Lüge war. Denn in den letzten neun Jahren hatte Rhodt jedes Mal den Sieg davongetragen, ein Stachel, der tief im Fleisch der Grumberger steckte. Dieses Jahr, so lautete die einhellige Meinung, würde man der hochnäsigen Nachbargemeinde endlich zeigen, wo die besten Keschdesammler wohnten!

Die Menge setzte sich in Bewegung. Das Team des Offenen Kanals bedankte sich bei Fuchs und kündigte an, am Festtag wiederzukommen, um das Keschdewiege in die große weite Welt zu übertragen. Bleibier ließ sich von den Menschen mitspülen, Ziel war die nahe gelegene Palzstubb.

Kaum saßen alle, klopfte jemand ans Glas. Manne stand auf, räusperte sich und wusste nicht, wohin mit seinen Händen. Der Polizeimeister tat sich schwer, vor Publikum zu sprechen. Doch heute blieb ihm keine andere Wahl, schließlich war er Erster Vorsitzender des Keschde-Vereins und damit die wichtigste Person im Raum.

»Ja, hallo erst mal an alle und guten Abend.« Wie vorhin der Fuchselouis versuchte auch er, die schweren sch-Laute und die dunklen Vokale des Pfälzischen in ein hochdeutsches Gewand zu kleiden, und ebenso wie beim Bürgermeister misslang es. »Danke, dass ihr so zahlreich gekommen seid, um Grumberg den Platz zu sichern, der uns zustehen tut in unserer Keschde­region: der erste nämlich.«

Es wurde auf die Tische geklopft, die Gläser klangen, »Jawoll!«, ließ man verlauten und: »Soisses!« Manne fasste Mut, seine Stimme wurde fester. »Sicher, Rhodt ist ein schönes Dorf, immer in den Pfalzprospekten drin mit der Theresienstraße und so. Aber â¦«, er nahm Fahrt auf, »aber die Leut dort sind bequem geworden beim Sammeln, satt von ihren Siegen! Die haben s ja auch einfach, bei der Villa Ludwigshöhe, da können sie mit ihren EssJuWies bis zu den Keschdebäumen fahren, und wem das nicht reicht, der nimmt halt den Sessellift hoch zur Burg, um dort weiterzusammeln ohne einen einzigen Schweißtropfen!«

»Faules Pack, faules!« Die Menge echauffierte sich.

»Aber wir«, Manne erhob sich auf die Zehenspitzen und unterstrich seine Worte mit zackigen Handbewegungen, »wir sind uns nicht zu schade, für die allerkleinsten Keschde auf die Knie zu gehen, wir holen uns blutige Finger, weil wir sie aus der Schale brechen, statt sie liegen zu lassen und weiterzulaufen!«

Die Zuhörer johlten, Manne hatte die richtigen Saiten bei ihnen angeschlagen. Bleibier beobachtete mit Erstaunen, wie sein sonst eher stoisch veranlagter Kollege die Menschen mitriss. Andererseits war Manne tief, sehr tief in dem Keschde-Thema verwurzelt. Denn sein Großvater, August Immanuel Blümlein, hatte zur Vereinsgründung im Jahre 1951 die hölzerne Keschdewaage eigenhändig gefertigt und gleich beim ersten Wettbewerb einen epischen Sieg gegen die Rhodter Nachbarschaft errungen. Seit Manne vor fünf Jahren den Vereinsvorsitz übernommen hatte, war es deshalb sein Traum, an diesen legendären Erfolg anzuknüpfen und Grumberg ganz im Sinne der Familienehre...

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