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Tagebuch eines Gefangenen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
607 Seiten
Deutsch
Europa Verlagerschienen am17.07.2015
DER ZUSAMMENBRUCH DES DRITTEN REICHES PACKEND ERZÄHLT VON EINEM JAHRHUNDERTZEUGEN 27. August 1943: André François-Poncet sitzt mit seiner Familie unweit von Grenoble zu Tisch, als SS-Leute mit Maschinengewehr im Anschlag das Haus stürmen und ihn ohne Angabe von Gründen verhaften. Dieses Datum markiert den Beginn der wohl dunkelsten Zeit im Leben des erfolgsverwöhnten Botschafters, Schriftstellers und Humanisten André François-Poncet. Eineinhalb lange Jahre verbringt der 'hellsichtigste Beurteiler Nazi-Deutschlands' als sogenannter Ehrengefangener - so der zynische Begriff der Nazis - im mondänen Ifen Hotel im Kleinwalsertal. Dort teilen zwei Dutzend weitere Persönlichkeiten aus aller Herren Länder sein aberwitziges Schicksal: abgeschottet in einem entlegenen Hochgebirgstal und in ständiger unerträglicher Ungewissheit, ob sie den nächsten Tag noch erleben werden. In seinem faszinierenden Tagebuch Carnets d'un Captif (Tagebuch eines Gefangenen) hält der 'Grandseigneur' der europäischen Diplomatie seine paradoxen wie erschreckenden und gegen Kriegsende höchst dramatischen Lebensumstände in einer scheinbaren 'Gebirgsidylle' fest. Anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsendes erscheint das Tagebuch François-Poncets nun erstmals in deutscher Sprache.

André François-Poncet (1887-1978) zählte zu Europas herausragendsten und einflussreichsten Diplomatenpersönlichkeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: ob als französischer Botschafter in Berlin 1931-1938, in Rom 1938-1940 oder nach dem 2. Weltkrieg als französischer Hoher Kommissar der Alliierten und erster Botschafter seines Landes in der Bundesrepublik Deutschland, begleitete er wie kein Zweiter während eines Vierteljahrhunderts die Geschicke Deutschlands und maßgeblich die französisch-deutsche Annäherung nach 1945. Seit früher Jugend ist er ein 'homme de lettres' - seine Bücher über die Zeit als Botschafter in Berlin und Rom gelten als bedeutende Dokumente voll erzählerischer Kraft und dienen Historikern bis heute als wichtige Quelle.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR29,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR23,99

Produkt

KlappentextDER ZUSAMMENBRUCH DES DRITTEN REICHES PACKEND ERZÄHLT VON EINEM JAHRHUNDERTZEUGEN 27. August 1943: André François-Poncet sitzt mit seiner Familie unweit von Grenoble zu Tisch, als SS-Leute mit Maschinengewehr im Anschlag das Haus stürmen und ihn ohne Angabe von Gründen verhaften. Dieses Datum markiert den Beginn der wohl dunkelsten Zeit im Leben des erfolgsverwöhnten Botschafters, Schriftstellers und Humanisten André François-Poncet. Eineinhalb lange Jahre verbringt der 'hellsichtigste Beurteiler Nazi-Deutschlands' als sogenannter Ehrengefangener - so der zynische Begriff der Nazis - im mondänen Ifen Hotel im Kleinwalsertal. Dort teilen zwei Dutzend weitere Persönlichkeiten aus aller Herren Länder sein aberwitziges Schicksal: abgeschottet in einem entlegenen Hochgebirgstal und in ständiger unerträglicher Ungewissheit, ob sie den nächsten Tag noch erleben werden. In seinem faszinierenden Tagebuch Carnets d'un Captif (Tagebuch eines Gefangenen) hält der 'Grandseigneur' der europäischen Diplomatie seine paradoxen wie erschreckenden und gegen Kriegsende höchst dramatischen Lebensumstände in einer scheinbaren 'Gebirgsidylle' fest. Anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsendes erscheint das Tagebuch François-Poncets nun erstmals in deutscher Sprache.

André François-Poncet (1887-1978) zählte zu Europas herausragendsten und einflussreichsten Diplomatenpersönlichkeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: ob als französischer Botschafter in Berlin 1931-1938, in Rom 1938-1940 oder nach dem 2. Weltkrieg als französischer Hoher Kommissar der Alliierten und erster Botschafter seines Landes in der Bundesrepublik Deutschland, begleitete er wie kein Zweiter während eines Vierteljahrhunderts die Geschicke Deutschlands und maßgeblich die französisch-deutsche Annäherung nach 1945. Seit früher Jugend ist er ein 'homme de lettres' - seine Bücher über die Zeit als Botschafter in Berlin und Rom gelten als bedeutende Dokumente voll erzählerischer Kraft und dienen Historikern bis heute als wichtige Quelle.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783944305868
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum17.07.2015
Seiten607 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse9697 Kbytes
Artikel-Nr.9575149
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

GELEITWORT


»Man tut in Deutschland gut, sich den Namen
François-Poncet zu merken.«

Wilhelm Feldmann: »Seydoux und Poncet«,
Vossische Zeitung, 30. November 1922


Dieser prophetische Satz erschien zu einem Zeitpunkt, als es für den 35 Jahre jungen André François-Poncet (1887-1978) wohl noch nicht absehbar war, dass er im Laufe der nächsten 30 Jahre zu einem der bedeutendsten Deutschlandkenner Frankreichs des 20. Jahrhunderts avancieren sollte. Geboren am 13. Juni 1887 in ein bildungsbürgerliches Elternhaus (der Vater ist Jurist) mit einer sehr starken Affinität zur deutschen Kultur, wird dieses Interesse ihm quasi »in die Wiege gelegt« - und soll zu seinem »Lebensschicksal« werden. Bereits mit 14 Jahren verbringt er einige Monate als Gastschüler am Gymnasium Offenburg, 1907 studiert er in Berlin und München Germanistik und wird im gleichen Jahr an der »École normale supérieure« zugelassen, eine der angesehensten Universitäten Europas. François-Poncet macht erstmals von sich reden mit einer Arbeit über Goethes Wahlverwandtschaften (1910). Es folgt 1913 ein Buch mit dem Titel Was die deutsche Jugend denkt (Ce que pense la jeunesse allemande), das in Frankreich kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges zu einer viel gelesenen Informationsquelle wird und zum Verständnis der wilhelminischen Gesellschaft beiträgt. Im gleichen Jahr erhält er einen Ruf als Dozent ans Pariser Polytechnikum für deutsche Literatur und Geschichte. Nach einer Verwundung als Reserveoffizier ergreift er die Chance einer Karriere als Politiker und tritt 1917 in den Dienst des französischen Außenministeriums, das ihn als Presseattaché in die Botschaft nach Bern schickt. Neben seiner Aufgabe, Informationen über den Kriegsgegner Deutschland und seine Propaganda auszuwerten, wird er auch für geheimdienstliche Tätigkeiten herangezogen. Die dabei erworbene Fähigkeit, Daten und Informationen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu sammeln und zu analysieren, wird zur Grundlage von François-Poncets weiterem beruflichem Werdegang nach dem Ersten Weltkrieg. Unter der Protektion von Robert Pinot (1862-1926), dem einflussreichen Generalsekretär des Interessenverbandes der französischen Kohle- und Stahlindustrie (Comité de Forges), ist François-Poncet bis 1924 für die französische Hochfinanz und Stahlindustrie tätig.

Seit der Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages (bei der er als Dolmetscher fungiert) wird er von der französischen Regierung immer wieder zu Verhandlungen herangezogen, wenn es um das »deutsche Problem« geht, wie etwa 1919 als Mitglied in der interalliierten Wirtschaftskommission, als Delegierter bei der Konferenz von Genua 1922 oder als Pressechef während der Ruhrbesetzung im Januar 1923.

Sein Deutsch ist fließend und nahezu akzentfrei, sein Wissen über deutsche Kultur prädestiniert ihn geradezu für das Amt des französischen Botschafters in Berlin. Von der politischen Aggressivität und Gefährlichkeit des von Bismarck ins Leben gerufenen Deutschen Reiches ist er ebenso überzeugt wie von dem hohen kulturellen und von ihm so sehr geschätzten Wert der deutschen Klassik.

Nach einem kurzen Intermezzo als Delegierter beim Völkerbund ist es am 22. September 1931 schließlich so weit, und er bezieht mit seiner Frau Jacqueline und den fünf Kindern Louis, Henri, Bernard, Jean und Geneviève sein neues Wirkungsfeld am Pariser Platz. In den nächsten sieben Jahren erlebt er aus nächster Nähe den Übergang Deutschlands von der Weimarer Republik, einem ums Überleben kämpfenden Rechtsstaat, zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, in der sukzessive Barbarei und Willkür legalisiert und in einer noch nie da gewesenen Form zur Staatsmaxime erhoben werden. Unter François-Poncet und seiner Frau Jacqueline entfaltet sich die Pariser Botschaft zu einem der gesellschaftlichen Treffpunkte Berlins, und er selbst avanciert zum »Doyen des diplomatischen Corps«, dessen hellsichtige und scharfsinnige Beurteilungen des jeweiligen politischen Status quo von Freunden und Gegnern gleichermaßen mit Respekt und großem Interesse zur Kenntnis genommen werden - und zwar einschließlich der NS-Machthaber, die ihn geradezu hofieren. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Ernst von Weizsäcker (1882-1951) bemerkte einmal: »Er war der einzige Diplomat, der bei Hitler Anklang fand.« Und Hitlers juristischer Mitarbeiter im Führerhauptquartier Henry Picker (1912-1988) notierte noch am 2. Juli 1942: »Im Übrigen â¦ wäre er [Hitler] froh, wenn er unter unseren Botschaftern einen Mann vom Format François-Poncets hätte.« Nicht zuletzt dank seiner außerordentlichen politischen Integrität gelingt François-Poncet der schwierige Spagat, seine äußerst instabile Regierung (Frankreich hatte 14 Kabinette zwischen 1933 und 1940) nach außen hin »stabil« zu vertreten.

Von Hitler ist überliefert, dass er noch wenige Tage vor dem Ende im Führerbunker über François-Poncet sinnierte. Das einzige Thema, das er nie mit ihm besprochen hatte, war Literatur, denn da reichte er nicht an ihn heran. Und wenn Hitler von Literatur sprach, dann meinte er deutsche Literatur. François-Poncet hat abseits des diplomatischen Parketts die Gesellschaft des Führers nicht gesucht, stattdessen begegnet er dem unberechenbaren Charakter Hitlers mit Misstrauen und Skepsis. Von ihm stammt der viel zitierte Satz: »Wer von Hitler isst, stirbt daran.«

Unbedingt erwähnenswert ist François-Poncets warmherziges, von einem tiefen Humanismus geprägtes Naturell hinter der diplomatischen Fassade - und sein feinsinniger, hintergründiger Humor. Befragt nach der nicht gerade deutlich hervortretenden Intelligenz des Sohnes eines bekannten Diplomaten, antwortete er einmal: »Ich habe den Vater gesehen, ich habe den Sohn gesehen, aber den Heiligen Geist habe ich nicht gesehen.«

Ein treffendes Bild des vielschichtigen Charakters André François-Poncets zeichnet auch die Berliner Journalistin Bella Fromm in ihrem Buch Als Hitler mir die Hand küßte:


»Er macht den Eindruck eines menschlichen Eiszapfens, ganz gleich, ob am Konferenztisch oder bei formellen Gelegenheiten. Ob im Cut oder in goldbetresster Diplomatenuniform, den Dreispitz unter den Arm geklemmt, sein Gesicht erscheint immer wie eine Maske. Nur seine Augen scheinen ein eigenes Leben zu haben: forschend, aufmerksam, schnell blicken sie umher. Das Blitzen seines Einglases, das er manchmal fallen lässt und dann wieder ins Auge klemmt, verstärkt noch die kühle Reserviertheit seines Ausdrucks. Bei Diskussionen zeigt er sich unnachgiebig, in seinen Argumenten ist er unerschöpflich. Das Bild ändert sich vollkommen, wenn man ihn zu Hause bei seiner Frau, Madame Jacqueline, sieht. Da kann es geschehen, dass er mitten im anregendsten Gespräch sich plötzlich seinen vier Jungen zuwendet und auf einmal mit ihnen auf dem Fußboden sitzt, ganz vertieft in die Reparatur einer Kindereisenbahn oder in den Bau eines Miniaturkirchturms. Der Botschafter der grande nation sitzt da mit glühenden Wangen, ein großer warmherziger Spielkamerad.«


Eine bemerkenswerte Charaktereigenschaft ist François-Poncets Zivilcourage. Nach 1933 ist er zahlreichen Menschen bei der Flucht vor den NS-Machthabern ins Ausland behilflich, wie etwa der Familie des Schriftstellers Alfred Döblin, der Industriellentochter Marie-Anne von Goldschmidt-Rothschild oder der bereits zu Wort gekommenen Bella Fromm. Er scheut auch nicht vor Gefahren zurück, hält riskante Kontakte zu politischen Widerstandsgruppen und bezieht ihre geheimen Informationsblätter. Noch im Jahr 1937 erscheint auf kleinstem Dünndruckpapier die »Sozialistische Aktion« der SPD; sie gibt Aufschluss über die wahren Machenschaften des NS-Regimes. François-Poncet heftet sie ein in die für den Quai d Orsay bestimmten Dossiers und übersetzt die relevanten Passagen ins Französische.

Im Herbst 1938 demissioniert André François-Poncet auf eigenen Wunsch und übernimmt den Posten des französischen Botschafters im Palazzo Farnese in Rom. Die für ihn desillusionierende Unterzeichnung des Münchner Abkommens im September 1938 stellt nach seiner Ansicht nicht mehr als einen bloßen Aufschub einer herannahenden Katastrophe dar, und so sieht er in trügerischer Wahrnehmung in Mussolini den einzi gen »Schlüssel«, diese zu verhindern. Zudem befürchtet er, als derjenige in die Geschichte einzugehen, der am Ende die Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich entgegenzunehmen beziehungsweise auszuhändigen hätte.

Nach knapp zwei Jahren in Rom, in denen er unter anderem den prachtvollen Sitz der Botschaft, den Palazzo Farnese, der Öffentlichkeit zugänglich macht, den Duce kaum, dafür dessen Schwiegersohn, Außenminister Graf Ciano, häufiger zu Gesicht bekommt, überreicht dieser ihm am 10. Juni 1940 Italiens Kriegserklärung an Frankreich. Am gleichen Tag erklärt die französische Regierung Paris zur »offenen Stadt« und verlegt ihren Regierungssitz nach Bordeaux, um der Festnahme durch deutsche Truppen zu entgehen. Dorthin gelangt François-Poncet am 16. Juni, um seine Dienste zur Verfügung zu stellen. Er wird passives Mitglied (22. Juni 1940) des nach dem Waffenstillstand von Compiègne etablierten französischen Nationalrates und lässt sich mit seiner Familie in La Tronche bei Grenoble nieder, Teil jenes Gebietes im Südosten Frankreichs, das seit Juni 1940 von den Italienern besetzt war (siehe Seite 597). Er hält Vorträge, schreibt für den Figaro, bis er im August 1943 von der Gestapo in einem Handstreich festgenommen und gemeinsam mit Albert Lebrun, dem letzten...
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André François-Poncet (1887-1978) zählte zu Europas herausragendsten und einflussreichsten Diplomatenpersönlichkeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: ob als französischer Botschafter in Berlin 1931-1938, in Rom 1938-1940 oder nach dem 2. Weltkrieg als französischer Hoher Kommissar der Alliierten und erster Botschafter seines Landes in der Bundesrepublik Deutschland, begleitete er wie kein Zweiter während eines Vierteljahrhunderts die Geschicke Deutschlands und maßgeblich die französisch-deutsche Annäherung nach 1945. Seit früher Jugend ist er ein "homme de lettres" - seine Bücher über die Zeit als Botschafter in Berlin und Rom gelten als bedeutende Dokumente voll erzählerischer Kraft und dienen Historikern bis heute als wichtige Quelle.