Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Smoking kills!

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
276 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am21.07.20221. Auflage
Eine liebeshungrige Raucherin wird von ihrem verhaltensgestörten Blind Date vor die Tür gestellt und erfriert in den Bergen. Ein hedonistischer Rockstar wird von einer verzweifelten Mutter erschossen. Einem Fremdgänger wird die Zigarette danach zum Verhängnis. Es gibt viele Möglichkeiten, wie die Nikotinsucht ein Leben brutal beenden kann. Dieses Buch erzählt zwanzig bitterböse Kurzgeschichten davon. Ein tödlicher Genuss.

Dominik Brülisauer wuchs in Pontresina auf. Heute arbeitet er als Kolumnist, Werbetexter und Autor in Zürich. Im Buchhandel erhältlich sind die Schallwellenreiter-Trilogie, der Thriller Tod nach Anzeige und Das Buch der Helden.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine liebeshungrige Raucherin wird von ihrem verhaltensgestörten Blind Date vor die Tür gestellt und erfriert in den Bergen. Ein hedonistischer Rockstar wird von einer verzweifelten Mutter erschossen. Einem Fremdgänger wird die Zigarette danach zum Verhängnis. Es gibt viele Möglichkeiten, wie die Nikotinsucht ein Leben brutal beenden kann. Dieses Buch erzählt zwanzig bitterböse Kurzgeschichten davon. Ein tödlicher Genuss.

Dominik Brülisauer wuchs in Pontresina auf. Heute arbeitet er als Kolumnist, Werbetexter und Autor in Zürich. Im Buchhandel erhältlich sind die Schallwellenreiter-Trilogie, der Thriller Tod nach Anzeige und Das Buch der Helden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783754366752
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum21.07.2022
Auflage1. Auflage
Seiten276 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9703990
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DER SCHNORRER

Thömy zog vor sechzehn Jahren von Disentis im Bündner Oberland ins Zentrum von Zürich. Vor zwei Jahren musste er leider seine lieb gewordene Wohnung an der Idastraße aufgeben und nach Volketswil in die Agglomeration ausweichen. Er wäre viel lieber in der Stadt geblieben, aber sein Karosseriespengler-Lohn reichte für ein Leben an zentraler Lage nicht mehr aus.

Bei 20 Minuten online hat er mal gelesen, dass man dieses Phänomen Gentrifizierung nennt: Ein Quartier wird saniert, gewinnt an Attraktivität, die Mieten steigen und die Ansässigen werden von einer wohlhabenderen Bevölkerungsschicht verdrängt. Abgesehen von seiner ohnehin schon angespannten finanziellen Lage kommt dazu, dass er mittlerweile für eine Frau und ein Kind verantwortlich ist. Da muss man den Gürtel noch enger schnallen, das ist ganz klar.

Aber er will sich nicht beschweren. Er ist glücklich. Und wer weiß? Vielleicht ist seine Tochter Lisa frühreif und zieht bereits in fünfzehn Jahren von zu Hause aus, weil sie irgendetwas Computermäßiges erfindet und sich für den Rest ihres Lebens keine finanziellen Sorgen mehr machen muss. Das kann man von einem Wunderkind wohl erwarten. Thömy hat sie ja nicht umsonst nach der klugen Simpsons-Tochter benannt. Vielleicht wird sie sogar so reich, dass sie ihren Eltern noch ein paar Milliönchen abtreten kann. Quasi als kleines Dankeschön dafür, dass sie sich die Mühe gemacht haben, sie zu zeugen, zu gebären, zu füttern, zu kleiden, zu unterhalten, zu pflegen, zu fördern, zu sponsern, zu versichern und aufzuziehen. So ein Kind ist schließlich vor allem in den ersten Jahren ein Fulltime-Job, bei dem man nichts verdient, aber viel bezahlt. Man muss schon ziemlich bescheuert sein, sich so etwas anzutun. Kann es sein, dass die Menschheit zu so einer bescheuerten Spezies wurde, weil nur die Bescheuerten bescheuert genug sind, ihre Gene weiterzugeben, während die Intelligenten darauf verzichten und dementsprechend aussterben?

An Lisas 15. Geburtstag wird Thömy 50 sein. Das ist zwar saumäßig alt, aber nicht so saumäßig alt, dass er mit den Milliönchen seiner Tochter nichts mehr unternehmen könnte. Eine Weltreise mit seiner Frau Lara zum Beispiel. Das wäre geil. Vorausgesetzt, dass sie dann immer noch zusammen sind und sich noch lieben - oder sich wenigstens immer noch mögen und nicht den Drang verspüren, sich gegenseitig die Augen auszukratzen. Aber darauf kann man sich heutzutage ja auch nicht mehr verlassen - Ehe hin oder her.

Dass Thömy seine schwangere Freundin heiratete, war für ihn eine Selbstverständlichkeit. So viel Konformismus musste sein. Früher, als er noch zu Hause im Tal lebte, rebellierte er zwar immer wieder gegen gewisse Normen und Traditionen, allerdings nur in einem vernünftigen Rahmen. Beispielsweise ließ er sich während seiner Lehre einen Panther auf den linken Unterarm tätowieren, färbte seine Haare rot und kiffte regelmäßig. Aber da war er stets in bester Gesellschaft, schließlich durchlebten seine Freunde die gleichen Phasen wie er. Außerdem wächst im Bündner Oberland hochpotentes Gras. Das kann man nicht einfach verrotten lassen.

Trotzdem: Im Nachhinein wundert er sich doch immer wieder, wie brav er eigentlich sogar während seines aufmüpfigsten Lebensabschnitts war. Damals kam er sich zwar ab und zu vor, als ob er mit seinen Interventionen der Gesellschaft ans Bein pinkelte, aber retrospektiv war er ein ganz normaler Jugendlicher in der Pubertät. Das war auch gut so. Wogegen hätte er auch ankämpfen sollen? Klar gab es Leute im Dorf, deren stockkonservativen Ansichten jeden normaldenkenden Menschen regelmäßig auf die Palme trieben. Aber die gehörten auch dazu. Wenn es diese alten Spinner nicht gegeben hätte, dann hätte man sich selbst ja nicht als normal und vernünftig bezeichnen können. Und während er in Disentis in der Super-Bar sein Bier trank, unterhielt er sich immer mit allen Anwesenden - egal ob links, rechts, groß, klein, Anwalt oder Bauer, Skilehrer oder KV-Lehrling.

In Zürich änderte sich das. Sein Bekanntenkreis wurde homogener. Während der Arbeit tauschte er sich vor allem mit anderen Karosseriespenglern aus, beim Feiern vor allem mit anderen, mehr oder weniger gleichaltrigen Elektrofans und Partykanonen.

Seit ein paar Stunden ist es Samstag. Thömy denkt kurz darüber nach, ob es noch spät in der Nacht oder bereits früh am Morgen ist. Er kann sich nicht festlegen, aber er weiß, dass seine S-Bahn erst in rund eineinhalb Stunden fahren wird. Um diese Uhrzeit dauern 90 Minuten eine Ewigkeit, aber Thömy hat plötzlich keine Lust mehr gehabt, noch länger im Bakterium auf dem Dancefloor rumzuschwanken und so zu tun, als wäre er bestens unterhalten.

Wenn man unter der Haube ist, dann machen die Partys ganz einfach nur noch halb so viel Spaß. Als verheirateter Mann in Zürich in einem Nachtklub herumzustolpern, das kommt ihm immer vor, wie mit einer Schreckschusspistole auf die Jagd zu gehen.

Ginge man fremd, wäre das etwas anderes. Aber leider kommt das für ihn nicht infrage. What goes around, comes around lautet seine Lebensphilosophie. So wie er sich kennt, würde er sich bestimmt etwas einfangen, wenn er Lara betrügen würde. Um sicherzugehen, dass er sie mit nichts Beißendem oder Kratzendem ansteckte, würde Thömy seiner Frau den Sex verweigern, bis er seine Testresultate in der Hand hielte. In dieser Zeit würde sie natürlich schon lange Verdacht schöpfen, würde mit Lisa ausziehen und ihn mit seinem Eichelpilz oder Peniskäfer allein in der leeren und kalten Wohnung zurücklassen.

Von da an würde er sich jeden Abend ins Koma saufen und jeden Morgen zu spät zur Arbeit erscheinen. Zuerst würde Thömy seinen Job verlieren, dann seine Freunde und schlussendlich seinen Stolz. Er würde in der Gosse landen und irgendwann an seinem Erbrochenen ersticken. Oder er würde auf der kalten Straße seinen erlösenden Weg zu Jesus finden, auferstehen und fortan Passanten mit dem Wort Gottes belästigen. Und das wäre sogar noch erbärmlicher als der Bon-Scott-Abgang.

Thömy genießt die frische Luft und schlendert Richtung Hauptbahnhof. Er ist warm angezogen und trägt eine dicke Wollmütze. Als Bündner ist er zwar in der Kälte aufgewachsen, aber die seebedingt feuchte Zürcher Kälte, die fühlt sich immer noch ungleich bissiger an als die trockene Kälte zu Hause. Die Februar-Kälte im Bündner Oberland spendet ihm jeweils emotionale Wärme, weil sie sich wie Heimat anfühlt, während die Februar-Kälte in Zürich einfach nur eisig und frostig und scheiße ist.

Am Straßenrand liegt noch Schnee vom letzten Mittwoch. Mittlerweile ist er allerdings pickelhart gefroren. Thömy tritt einen Eisklotz und wundert sich, wie weit er über den Asphalt gleitet. Das Eis kommt nach schätzungsweise fünfzig Meter zum Stillstand. Nicht schlecht, denkt Thömy, und lächelt zufrieden. Schon findet er einen zweiten, leicht größeren Block und versucht, diesen möglichst nah an den ersten zu treten. Es gelingt ihm ziemlich gut. Urban Soccer Curling - das wäre eine geile Sportart. Vielleicht wird die sogar mal zu einer olympischen Disziplin. Zu Ehren des Erfinders, Thömy Canova, dürfte man diesen Sport selbstverständlich nur mitten in der Nacht und ausschließlich in angetrunkenem Zustand ausüben. Das ist Zukunftsmusik.

Er denkt darüber nach, wie das Olympische Komitee die Größe und die Dimensionen der Eiswürfel festlegen und darüber diskutieren würde, wie viel Promille die Spieler beim Startschuss mindestens aufweisen müssen. Wahrscheinlich würden irgendwann ein paar Cool-Runnings-Typen aus dem Kongo auftauchen und überraschend olympisches Gold gewinnen. Thömy spaziert zwischen seinen beiden Eisblöcken hindurch und verliert dabei das Interesse daran, die Regeln für diese neue Trendsportart genauer zu definieren.

Trotz Daunenjacke macht sich die Kälte langsam bemerkbar. Während er durch die Zürcher Nacht torkelt, erwischt er sich kurz beim Gedanken daran, ein Uber zu bestellen oder nach einem Taxi Ausschau zu halten. Aber wenn er das tatsächlich tun würde, müsste er das ganze restliche Wochenende mit seiner Frau darüber diskutieren, wie saudämlich er wieder mal Geld aus dem Fenster geworfen hat. Nein, das ist es ihm nicht wert. Aber er hätte definitiv den letzten Zug nehmen können. Seine Freunde wären ihm bestimmt nicht böse gewesen.

Momentan ist sich Thömy gar nicht mehr sicher, warum er heute überhaupt ausgegangen ist. Wie jeden Freitagabend hatten sie in der Spenglerei noch ein paar Bierchen getrunken. Irgendwann wurden alle hungrig und sie fuhren mit dem Tram an die Langstraße. Zufälligerweise fanden sie sogar eine Pizzeria, die noch für fünf Leute Platz hatte.

Seine Frau gab ihm via WhatsApp grünes Licht. Sie habe zu Hause alles im Griff und er habe sich einen Abend mit...
mehr