Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Ein schöner Ort zum Sterben

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
400 Seiten
Deutsch
CulturBooks Verlagerschienen am03.08.2022
Band 1 des Zyklus um Detective Sergeant Emmanuel Cooper. 1952: Detective Sergeant Emmanuel Cooper wird nach Jacob's Rest gerufen, ein Burenstädtchen im südafrikanischen Veld nahe der Grenze zu Mosambik. Der Kriminalermittler aus Johannesburg weiß nicht, was ihn erwartet, denn auf dem Land sind Telefone rar, und die Polizeizentrale hat nur unklare Angaben über ein »mögliches Gewaltverbrechen« erhalten. Es könnte auch falscher Alarm sein. Doch im Fluss treibt wirklich eine Leiche - in Polizeiuniform. Und was Emmanuel Cooper in Jacob's Rest zutage fördert, wird sein Leben verändern ... »Intelligenter kann man Geschichte und Literatur nicht zusammenbringen!« Marius Müller, Buch-Haltung »Malla Nunn ist eine Meisterin darin, die Unterdrückung noch in der leisesten Körpersprache darzustellen. Eine starke Schreibe, aus der der Duft der Regenzeit des südlichen Afrikas aufsteigt.« Christiane Müller-Lobeck, taz »Behutsam, fein und klug: Nunn.« Tobias Gohlis, Die Zeit

Malla Nunn wurde in Swasiland geboren. In den 1970ern emigrierte ihre Familie nach Australien, um der Apartheid zu entgehen. Malla Nunn studierte Englisch, Geschichte, Theaterwissenschaften und schuf als Drehbuchautorin drei preisgekrönte Dokumentarfilme, darunter Servant of The Ancestors. Malla Nunn lebt und arbeitet in Sydney.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextBand 1 des Zyklus um Detective Sergeant Emmanuel Cooper. 1952: Detective Sergeant Emmanuel Cooper wird nach Jacob's Rest gerufen, ein Burenstädtchen im südafrikanischen Veld nahe der Grenze zu Mosambik. Der Kriminalermittler aus Johannesburg weiß nicht, was ihn erwartet, denn auf dem Land sind Telefone rar, und die Polizeizentrale hat nur unklare Angaben über ein »mögliches Gewaltverbrechen« erhalten. Es könnte auch falscher Alarm sein. Doch im Fluss treibt wirklich eine Leiche - in Polizeiuniform. Und was Emmanuel Cooper in Jacob's Rest zutage fördert, wird sein Leben verändern ... »Intelligenter kann man Geschichte und Literatur nicht zusammenbringen!« Marius Müller, Buch-Haltung »Malla Nunn ist eine Meisterin darin, die Unterdrückung noch in der leisesten Körpersprache darzustellen. Eine starke Schreibe, aus der der Duft der Regenzeit des südlichen Afrikas aufsteigt.« Christiane Müller-Lobeck, taz »Behutsam, fein und klug: Nunn.« Tobias Gohlis, Die Zeit

Malla Nunn wurde in Swasiland geboren. In den 1970ern emigrierte ihre Familie nach Australien, um der Apartheid zu entgehen. Malla Nunn studierte Englisch, Geschichte, Theaterwissenschaften und schuf als Drehbuchautorin drei preisgekrönte Dokumentarfilme, darunter Servant of The Ancestors. Malla Nunn lebt und arbeitet in Sydney.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959882224
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum03.08.2022
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9749959
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1
Südafrika 1952

Detective Sergeant Emmanuel Cooper stellte den Motor ab und sah durch die schmutzige Windschutzscheibe. Er steckte im tiefsten Nirgendwo. Tiefer ging es nicht, es sei denn, man drehte die Zeit zurück bis zu den Zulu-Kriegen. Doch zwei Ford-Pickups, ein weißer Mercedes und ein Polizeitruck rechts neben ihm stellten klar, dass er sich im 20. Jahrhundert befand. Auf einer Anhöhe weiter vorn stand von ihm abgewandt eine Gruppe schwarzer Landarbeiter. Was dahinter lag, war von ihren angespannten Schultern verdeckt.

Emmanuel schaute hinaus auf die heißen grünen Hügel und entdeckte zwischen fünfzehn abgemagerten Kühen einen scheuen Hirtenjungen, der den für eine solch gottverlassene Gegend ungewöhnlichen Menschenauflauf anstarrte. Es handelte sich wohl nicht um blinden Alarm, wie die Polizeizentrale vermutet hatte - die Farm war tatsächlich ein Tatort. Emmanuel stieg aus dem Wagen und lüpfte den Hut vor den Frauen und Kindern, die im Schatten eines wilden Feigenbaums kauerten. Einige von ihnen nickten höflich zurück, schweigsam und besorgt. Emmanuel vergewisserte sich, dass er sein Notizbuch, seinen Federhalter und seine Waffe dabeihatte.

Ein alter Schwarzer in einem zerlumpten Overall trat aus dem Schatten des Polizeitrucks. Mit seiner Baumwollmütze in der Hand kam er näher.

»Sind Sie der Baas aus Jo burg?«

»Bin ich«, sagte Emmanuel, warf einen Blick zurück zum ­Wagen und steckte die Schlüssel in seine Jackentasche.

»Der Polizist sagt, Sie sollen zum Fluss kommen.« Mit einem knochigen Finger deutete der Alte in Richtung der Landarbeiter, die auf der Kuppe standen. »Sie müssen bitte mit mir kommen, ma Baas.«

Der Alte ging voraus, und Emmanuel folgte ihm auf die Landarbeiter zu, die sich nun zu ihm umwandten. Beim Näherkommen studierte er ihre Gesichter und versuchte die Stimmung abzuschätzen. Hinter ihrem Schweigen spürte er Angst.

»Sie müssen da lang, ma Baas.« Der Alte wies auf einen schmalen Pfad, der sich durchs hohe Gras bis ans Ufer eines breiten, glitzernden Flusses schlängelte.

Emmanuel nickte dankend und folgte dem Trampelpfad. Eine Brise raschelte im Buschwerk, zwei Gimpel flogen auf. Er roch feuchte Erde und zertrampeltes Gras. Was mochte ihn ­erwarten?

Am Ende des Pfades erreichte er den Fluss und schaute hin­über zum anderen Ufer. Unter dem klaren Himmel schimmerte eine Ebene flachen Buschlands, das Veld. In der Ferne ragten am Horizont die zerklüfteten blauen Gipfel einer Bergkette auf. Afrika pur. Wie die Fotos in englischen Zeitschriften, wenn sie die Vorzüge der Auswanderung priesen.

Langsam ging Emmanuel am Ufer entlang. Zehn Schritte weiter sah er die Leiche.

Eine Armlänge vom Flussufer trieb ein Mann im Wasser, Gesicht nach unten, die Arme ausgebreitet wie ein Fallschirmspringer im freien Fall. Sofort erkannte Emmanuel die Polizeiuniform. Ein Captain. Breitschultrig und kräftig, das blonde Haar kurz geschoren. Kleine silbrige Fische umtanzten etwas, das aussah wie ein Einschussloch im Kopf und eine zweite klaffende Wunde mitten im breiten Rücken der Leiche. Ein Schilfgestrüpp hielt den Körper in der Strömung fest.

Am Ufer deuteten eine blutgetränkte Decke und eine umgekippte Laterne mit niedergebranntem Docht auf einen Angelplatz. Im groben Sand lagen aus einem Marmeladenglas verschüttete Würmer, jetzt vertrocknet.

Emmanuels Herz hämmerte gegen seine Rippen. Man hatte ihn allein losgeschickt, solo im Einsatz beim Mord an einem weißen Police Captain.

»Sind Sie der Detective?« Die auf Afrikaans gestellte Frage klang, als spräche ein mürrischer Schuljunge den neuen Direktor an.

Emmanuel drehte sich um und sah einen schlaksigen Teenager in Polizeiuniform. Ein breiter Ledergürtel fixierte die blaue Baumwollhose und die Jacke an den schmalen Hüften. Auf den Wangen spross spärlicher Flaum. Die Politik der National Party, verstärkt Afrikaaner in den öffentlichen Dienst zu holen, war auf dem Land angekommen.

»Ich bin Detective Sergeant Emmanuel Cooper.« Emmanuel streckte die Hand aus. »Sind Sie der für den Fall zuständige ­Polizist?«

Der Junge errötete. »Ja, ich bin Constable Hansie Hepple. Lieu­tenant Uys ist noch zwei Tage auf Urlaub in Mosambik, und Captain Pretorius â¦ also â¦ der ist â¦ tot.«

Sie schauten beide zum Captain, der im Fluss der Ewigkeit trieb. Aus dem seichten Wasser winkte ihnen eine tote weiße Hand zu.

»Haben Sie die Leiche entdeckt, Constable Hepple?«, fragte Emmanuel.

»Nein.« Dem halbwüchsigen Afrikaaner schossen Tränen in die Augen. »Irgendwelche Kaffernjungs aus der Location haben den Captain heute Morgen gefunden â¦ er war die ganze Nacht hier draußen.«

Emmanuel wartete, bis Hansie sich wieder fing. »Haben Sie die Kriminalpolizei verständigt?«

»Ich bin nicht zur Zentrale durchgekommen«, erklärte der allzu junge Polizist. »Da hab ich meiner Schwester gesagt, sie soll es weiter versuchen, bis sie durchkommt. Ich wollte den Captain nicht allein lassen.«

Ein Stück weiter oben am Ufer standen drei Weiße dicht beiein­ander und ließen einen zerbeulten silbernen Flachmann kreisen. Es waren massige Hünen, die Sorte Männer, die den Planwagen selbst durchs Veld zog, wenn die Ochsen längst tot waren.

»Wer sind die?« Emmanuel nickte hinüber zu der Gruppe.

»Drei von den Söhnen des Captains.«

»Wie viele Söhne hat der Captain denn?« Im Geiste stellte Emmanuel sich die Mutter vor, eine breithüftige Frau, die zwischen Brotbacken und Wäscheaufhängen Kinder gebar.

»Fünf Söhne. Es ist eine gute Familie. Echtes Stammvolk.«

Der junge Polizist vergrub die Hände in den Hosentaschen und trat mit den beschlagenen Stiefeln einen Kiesel weg. Acht Jahre nach den Stränden der Normandie und den Ruinen von Berlin erging man sich in der afrikanischen Savanne immer noch über den Volksgeist und die Reinheit der Rasse.

Emmanuel musterte die Söhne des ermordeten Captains. Waschechte Afrikaaner, keine Frage. Muskelbepackte Blondschöpfe, die geradewegs vom Sieg in der Schlacht am Blood River zu kommen schienen und im Voortrekker-Denkmal verherrlicht wurden. Jetzt löste sich das Grüppchen auf, und die Söhne des Captains kamen auf ihn zu.

Bilder aus seiner Kindheit erwachten zum Leben. Jungs, die vom Hals abwärts und von den Ellbogen aufwärts so weiß ­waren wie die Milch ihrer Mutter. Zerbeulte Nasen von Kämpfen mit Freunden, mit den Indern, den Engländern oder auch farbigen Jungs, die dreist genug waren, ihnen den Platz an der Spitze streitig machen zu wollen.

Die Brüder traten so nah an ihn heran, dass sie ihn hätten wegstoßen können. Der vorderste und größte der drei war ganz klar der Boss. Rechts von ihm stand mit mahlenden Kiefern der Vollstrecker des Trios, einen Schritt dahinter der dritte, der auf Instruktionen von weiter oben wartete.

»Wo ist der Rest der Einsatztruppe?«, wollte der Boss in kantigem Englisch wissen. »Wo sind Ihre Leute?«

»Die Einsatztruppe bin ich«, gab Emmanuel zurück. »Sonst ist keiner da.«

»Machen Sie Witze?« Der Vollstrecker half mit einem ausgestreckten Zeigefinger nach. »Da wird ein Police Captain ermordet, und die Kriminalpolizei schickt nur einen lausigen ­Detective?«

»Ich sollte streng genommen nicht allein hier sein«, räumte Emmanuel ein. Bei einem toten Weißen war ein Ermittlerteam üblich. Bei einem toten weißen Polizisten eine ganze Abteilung. »Die Zentrale hat eine unklare Meldung erhalten. Keinerlei Angaben über Hautfarbe, Geschlecht oder Beruf des Opfers -«

Der Vollstrecker unterbrach ihn. »Lassen Sie sich was Besseres einfallen.«

Emmanuel beschloss, sich auf den Boss zu konzentrieren.

»Ich habe gerade den Mordfall Preston bearbeitet. Das weiße Paar, das in seinem Gemischtwarenladen erschossen wurde. Wir haben den Mörder auf der Farm seiner Eltern eine Stunde westlich von hier gestellt und verhaftet. Major van Niekerk hat mich angerufen und gebeten zu überprüfen, ob hier möglicherweise ein Gewaltverbrechen verübt wurde -«

»Möglicherweise ein Gewaltverbrechen?« Der ­Vollstrecker ließ sich nicht beiseiteschieben. »Was zum Teufel soll das ­heißen?«

»Das heißt, die Zentrale hat vom Anrufer nur einen einzigen brauchbaren Hinweis bekommen, nämlich den Namen der Stadt, Jacob s Rest. Mehr Informationen hatten wir nicht.«

Die These vom blinden Alarm ließ er tunlichst weg.

»Wenn das stimmt«, sagte der Vollstrecker, »wie haben Sie dann hergefunden? Das hier ist nicht Jacob s Rest, sondern die Farm vom alten Voster.«

»Ein Schwarzafrikaner hat mich an der Hauptstraße rausgewinkt, und ein anderer hat mir den Weg zum Fluss gezeigt«, erklärte Emmanuel. Die Brüder wechselten einen verdutzten Blick. Sie hatten keinen Schimmer, wovon er redete.

»Kann doch nicht sein.« Der Boss sprach den halbwüchsigen Polizisten an. »Hansie, du hast ihnen doch gesagt, dass ein ­Police Captain ermordet worden ist, oder?«

Der Teenager zog sich hinter Emmanuel zurück. In der plötzlich eintretenden Stille hörte man ihn schwer atmen.

»Hansie â¦« Der Vollstrecker witterte Blut. »Was hast du denen erzählt?«

»Ich â¦«, antwortete der Junge mit belegter Stimme, »ich hab Gertie gesagt, sie soll alles erzählen. Sie soll erklären, was passiert ist.«

»Gertie â¦ deine kleine Schwester hat angerufen?«

»Ich...

mehr