Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Heilung für eine verstörte Republik

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Verlag Kremayr & Scheriauerschienen am22.08.2022
Die Politik verwundet Menschen. Und Menschen, die die Politik nur als ihr persönliches Spielfeld verstehen, verwunden das ihnen anvertraute Land und die Wähler*innen, die sie einst ins Amt brachten. Die Jahre, in denen die Gruppe um Sebastian Kurz Österreich dominierte, haben das Land und Institutionen wie Justiz, Verwaltung, Parlament und Medien nachhaltig verletzt und die Bürger*innen ausgerechnet in Krisenzeiten gespalten. Eine unsichere Gesellschaft sucht Heilung. Österreich, das - nicht zum ersten Mal - auf einen großen Blender hereingefallen ist, braucht Orientierung, gerade jetzt, wo ein Krieg ganz Europa bedroht. Die türkise Regierungszeit kann im Idealfall eine Zäsur darstellen: Schluss mit persönlichen Abhängigkeiten, mit der Korruption, mit der Zerstörung von Institutionen. Helmut Brandstätter wagt einen Blick zurück in die politische Geschichte Österreichs und reflektiert persönliche Erlebnisse, um zu zeigen, was in Zukunft geboten ist, um verlorenes Vertrauen in Politiker*innen wiederherzustellen. Denn Show-Politik bereitet das Land auf kommende Krisen nicht vor - und Neutralität allein garantiert keine Sicherheit. 'Wir müssen verstehen lernen, wie sehr das Vertrauen der Menschen in Österreich missbraucht wurde, und vor allem: Wie es dazu kommen konnte, dass sich so viele so lange täuschen ließen.'

Helmut Brandstätter, geboren 1955, Dr. jur. an der Universität Wien, dann Post Graduate-Studium an der Johns-Hopkins-University in Bologna, 1982-1997 beim ORF in Wien, Bonn und Brüssel als Redakteur, Korrespondent, Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen und Moderator REPORT. 1997-2003 Chefredakteur und Geschäftsführer n-tv, Berlin, 2003-2005 Mitgründer und Geschäftsführer PulsTV. 2005-2010 Eigentümer einer Beratungs- und Kommunikationsagentur. 2010-2018 Chefredakteur, 2013-2019 Herausgeber des KURIER. Seit 2019 Abgeordneter zum Nationalrat für die NEOS.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextDie Politik verwundet Menschen. Und Menschen, die die Politik nur als ihr persönliches Spielfeld verstehen, verwunden das ihnen anvertraute Land und die Wähler*innen, die sie einst ins Amt brachten. Die Jahre, in denen die Gruppe um Sebastian Kurz Österreich dominierte, haben das Land und Institutionen wie Justiz, Verwaltung, Parlament und Medien nachhaltig verletzt und die Bürger*innen ausgerechnet in Krisenzeiten gespalten. Eine unsichere Gesellschaft sucht Heilung. Österreich, das - nicht zum ersten Mal - auf einen großen Blender hereingefallen ist, braucht Orientierung, gerade jetzt, wo ein Krieg ganz Europa bedroht. Die türkise Regierungszeit kann im Idealfall eine Zäsur darstellen: Schluss mit persönlichen Abhängigkeiten, mit der Korruption, mit der Zerstörung von Institutionen. Helmut Brandstätter wagt einen Blick zurück in die politische Geschichte Österreichs und reflektiert persönliche Erlebnisse, um zu zeigen, was in Zukunft geboten ist, um verlorenes Vertrauen in Politiker*innen wiederherzustellen. Denn Show-Politik bereitet das Land auf kommende Krisen nicht vor - und Neutralität allein garantiert keine Sicherheit. 'Wir müssen verstehen lernen, wie sehr das Vertrauen der Menschen in Österreich missbraucht wurde, und vor allem: Wie es dazu kommen konnte, dass sich so viele so lange täuschen ließen.'

Helmut Brandstätter, geboren 1955, Dr. jur. an der Universität Wien, dann Post Graduate-Studium an der Johns-Hopkins-University in Bologna, 1982-1997 beim ORF in Wien, Bonn und Brüssel als Redakteur, Korrespondent, Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen und Moderator REPORT. 1997-2003 Chefredakteur und Geschäftsführer n-tv, Berlin, 2003-2005 Mitgründer und Geschäftsführer PulsTV. 2005-2010 Eigentümer einer Beratungs- und Kommunikationsagentur. 2010-2018 Chefredakteur, 2013-2019 Herausgeber des KURIER. Seit 2019 Abgeordneter zum Nationalrat für die NEOS.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783218013642
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum22.08.2022
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2671 Kbytes
Artikel-Nr.9802132
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DIE SUCHE NACH DEM AUSGLEICH IN DER GESELLSCHAFT

In der Pandemie tauchte eine Berufsbezeichnung auf, die vielen davor nicht bekannt war: die der Komplexitätsforschung. Komplexität ist das Maß für die Menge an Überraschungen, mit denen man rechnen muss, lautet eine gängige Definition. Komplexe Systeme verfügen laut Gabler Wirtschaftslexikon über eine große Anzahl an Elementen, Vernetztheit und Intransparenz. Komplexe Systeme entwickeln in der Regel eine Eigendynamik. Vertreter*innen der Komplexitätsforschung standen der Politik beratend zur Seite, wurden aber leider nicht immer gehört, was die Lage noch komplexer machte und daher Lösungen noch schwieriger zu finden waren.

Was für die Zeit der Pandemie in einem noch überschaubaren Maß zutraf, das gilt für unsere Gesellschaft erst recht, wobei deren Komplexität noch ungleich größer ist. Das ist heute den Menschen auch viel bewusster als noch vor ein paar Jahren und löst enorme Unsicherheit aus, und das in einem Land, in dem Sicherheit immer als wesentlicher Wert galt - oft mehr als Freiheit. Ausbildungswege sind vielfältiger, oft komplizierter geworden und dadurch schwieriger zu überblicken, Karrieren sind nicht mehr so gut planbar, Berufsbilder vielschichtiger und ständiger Veränderung unterworfen. Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit wird durch die Digitalisierung teilweise aufgehoben, wenn die Arbeit am eigenen Computer mit entsprechenden Kenntnissen oder mathematisches Verständnis der Finanzmärkte mehr Wohlstand verschaffen können als eine veraltete Produktionsstätte. Dazu kommt, dass das Vertrauen in so gut wie alle staatlichen, aber auch religiösen Institutionen sinkt, in die klassischen Medien ebenso. Informationen werden zunehmend skeptisch betrachtet, die sozialen Medien wiederum bauen auf Emotionen und Erregung auf. Genau das nutzen Parteien und Organisationen, um Menschen emotional an sich zu binden, bevorzugt durch Verunsicherung und Unwahrheiten. Wie so oft waren uns hier die Vereinigten Staaten von Amerika voraus, wo Lügengeschichten über Hillary Clinton, etwa über einen angeblichen Pädophilenring in einer Pizzeria in Washington, den Wahlkampf 2016 maßgeblich beeinflussten. Die Covid-Pandemie bot dann ebenfalls ungeahnte Möglichkeiten an Falschmeldungen: vom angeblichen Chip des Bill Gates, der über die Impfung weltweit in die Menschen eingepflanzt würde, bis zu obskuren Heilmethoden wie der eigenmächtigen Behandlung mit Desinfektionsmitteln, an denen Menschen starben. Das von FPÖ-Chef Herbert Kickl empfohlene Entwurmungstitel Ivermectin ist im Idealfall wirkungslos, führte aber leider auch zu Vergiftungen.

In einer Demokratie werden Entscheidungen im Idealfall von der jeweiligen Mehrheit getroffen, meistens im Parlament, manchmal auch durch Volksentscheide. Für den gesellschaftlichen Ausgleich arbeiten unterschiedliche Gremien zusammen, über lange Zeit entwickelte Systeme verfügen dabei über einen ausgeprägten Schutz von Minderheiten. Organisationen der Zivilgesellschaft bringen sich auf verschiedenen Ebenen ein, die digitalen, nicht immer sozialen Medien bieten dazu neue Plattformen. Konfrontationen zwischen einzelnen sich gegenüberstehenden Gruppierungen sollen so ausgetragen werden, dass sich alle Bürger*innen als Teil des Gemeinwesens sehen können, sich vor allem auch emotional eingebunden fühlen. Das funktioniert aber nur so lange, wie es so etwas wie eine kollektive Vernunft gibt. Dazu gehört eine Übereinstimmung darüber, was richtig und was falsch ist, sowie Einigkeit über wesentliche Perioden der Geschichte und über Grundzüge für Ziele der Gesellschaft in den nächsten Jahren. So gesehen hat die Pandemie nur offengelegt, was sich seit vielen Jahren zuspitzt: Es gibt immer weniger Konsens, dafür aber immer mehr Gräben in der Gesellschaft, die nicht angesprochen wurden, solange der Wohlstand zunahm. Dass das zuletzt nur mehr bedingt zutraf, werden wir noch sehen.

In der Geschichte der Zweiten Republik spielten immer der Schatten des Bürgerkriegs von 1934 und die darauffolgenden Jahre bis zum Einmarsch der Hitler-Truppen am 12. März 1938 eine Rolle. SPÖ und ÖVP können sich bis heute nicht einmal auf eine gemeinsame Bezeichnung dieser Jahre einigen - Austrofaschismus sagen die einen, unterstützt von den meisten Historiker*innen, Kanzlerdiktatur die anderen. Der jahrzehntelange Streit flammte mitten in der Pandemie plötzlich wieder auf. Engelbert Dollfuß hatte im März 1933 das Parlament aufgelöst, das Wort von der Selbstausschaltung des Parlaments ist eine täuschende Beschönigung. Erst nach langer Diskussion war das Porträt von Engelbert Dollfuß im Jahr 2017 aus den Klubräumen der ÖVP im Parlament entfernt worden. Plötzlich führte im Dezember 2021 die Person des von Nazis ermordeten Bundeskanzlers und Diktators wieder zu Diskussionen und Polemiken. Denn in seinem Geburtsort Texing wird ein Dollfuß-Museum betrieben, und genau dort war Gerhard Karner Bürgermeister, der im Dezember 2021 als Innenminister angelobt wurde. Schon wieder warf die Geschichte ihre Schatten über die Innenpolitik, wo ruhige Debatten kaum noch möglich sind. Immerhin: In einem ZiB2-Interview erklärte Karner, angesprochen auf das Wort Austrofaschismus: Auch dieser Begriff ist möglich. Dass die Diktatur von Dollfuß und dann von Kurt Schuschnigg wesentliche Anzeichen des Faschismus enthielt und nachhaltigen Schaden in der österreichischen Gesellschaft hinterließ, wollen manche in der ÖVP aber noch immer nicht laut aussprechen.

Während seit den 1990er-Jahren die Zustimmung zu den ehemaligen Großparteien ÖVP und SPÖ kontinuierlich sinkt, wurde die Parteipolitisierung noch massiver betrieben, bei Personalbesetzungen hatte das ohnehin Tradition, machte sich aber bei Sachentscheidungen bemerkbar. Dort, wo die FPÖ Einfluss bekam, übernahm sie schnell die alten, von ihr stets kritisierten Methoden. Alles nach dem Motto: Der politische Mitbewerber darf niemals recht haben. Und wenn er als Feind gesehen wird, erst recht nicht. Die schwarz-blaue Koalition unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zwischen 2000 und 2006 verschärfte die Auseinandersetzung zwischen den beiden ehemaligen Großparteien, aber die Sozialpartnerschaft sorgte für den Erhalt eines Grundkonsenses. Sebastian Kurz wollte diesen beenden. Im KURIER-Talk rund einen Monat vor den Nationalratswahlen des 15. Oktober 2017 erklärte er, er halte es für problematisch, wenn Sozialpartner bei Regierungsverhandlungen am Tisch sitzen würden. Das Problem seien dabei nicht so sehr die Sozialpartner, sondern die zu schwache Regierung . Das werde er ändern, er forderte gar nach deutschem Vorbild eine Richtlinienkompetenz für den Kanzler, die er allerdings nicht bekam. Die Sozialpartner nahmen das nicht so ernst. ÖVP-Lehrergewerkschafter Paul Kimbacher meinte damals dazu, auch Kurz werde verstehen, dass er Reformen nur mit den Betroffenen durchführen könne, und aus dem Wirtschaftsbund hieß es, dann werde eben nicht der Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner am Verhandlungstisch sitzen, sondern der ÖVP-Abgeordnete Haubner. So war es dann auch. Wie so oft bei Kurz war nur der äußere Anschein wichtig.

Diese Geschichte zeigt, dass sich in Österreich die Sozialpartner nicht so schnell verdrängen lassen, und beim Ausgleich der Kräfte spielen sie eine wichtige Rolle, weil die sogenannte Zivilgesellschaft nicht stark genug auftritt. In der Pandemie wurden die Kammern und der ÖGB sogar gestärkt. Zum Zusammenhalt der Gesellschaft trugen sie nach außen kaum bei, im Hintergrund beeinflussten sie Entscheidungen, von der lange diskutierten, dann beschlossenen und doch wieder sistierten Impfpflicht bis zur Öffnung von Geschäften. Wenig hilfreich waren sie beim Versuch, mehr Menschen zu den Impfstraßen zu bewegen, auch wenn das Versagen grundsätzlich bei der Regierung lag. Auch die Medien führten die Menschen nicht zusammen, sondern sorgten für weitere Spaltung: die klassischen, weil ihnen vor allem Impfgegner*innen nicht glaubten und vieles nicht ausreichend erklärt wurde, und die sozialen Medien leben ja geradezu von Streit und Aufregung und nicht von Verständnis und Konsens.

Deutschland erlebte im Herbst 2021 einen sehr sachorientierten Wahlkampf, und als Olaf Scholz seine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP formte, bekamen er und die Vertreter*innen der anderen Parteien Glückwünsche von der geschlagenen Union, was im österreichischen politischen Klima überraschte. Wie groß traditionell der Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist, lernte ich in vielen Jahren in Bonn und Berlin, zunächst im Frühjahr 1984 als junger Korrespondent des ORF in Deutschland. Regelmäßig berichtete ich vom Streik der Metaller für die 35-Stunden-Woche. Rund sieben Wochen lang wurde der Kampf zwischen Gewerkschaft und Metallindustrie sehr heftig ausgetragen, gerade auch in...
mehr

Autor

Helmut Brandstätter, geboren 1955, Dr. jur. an der Universität Wien, dann Post Graduate-Studium an der Johns-Hopkins-University in Bologna, 1982-1997 beim ORF in Wien, Bonn und Brüssel als Redakteur, Korrespondent, Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen und Moderator REPORT. 1997-2003 Chefredakteur und Geschäftsführer n-tv, Berlin, 2003-2005 Mitgründer und Geschäftsführer PulsTV. 2005-2010 Eigentümer einer Beratungs- und Kommunikationsagentur. 2010-2018 Chefredakteur, 2013-2019 Herausgeber des KURIER. Seit 2019 Abgeordneter zum Nationalrat für die NEOS.