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Adler, Weibliche Kriminalpolizei, Berlin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
330 Seiten
Deutsch
Verlag edition krimierschienen am19.09.20221. Auflage
Berlin 1940: Alliierte Luftangriffe treffen die Reichshauptstadt, es herrscht Verdunkelung bis zum Morgengrauen. Die Männer sind an der Front, während die Frauen die Betriebe am Laufen halten, oft bis spät in die Nacht. Doch ihr Weg nach Hause wird zur Gefahr: in den dunklen S-Bahnzügen Berlins treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Um dem Täter auf die Spur zu kommen, setzt die Polizei auf die Abteilung der weiblichen Kriminalpolizei. Kriminalassistentin Luise Adler soll den attraktiven Lockvogel spielen, doch kommt man bei den Ermittlungen nicht wie gewünscht voran. Fadenscheinig wittert der politische Apparat einen Komplott von Staatsfeinden und schnell wird klar: Es geht nicht mehr um den Fall, sondern um planmäßige Demütigung und Vernichtung all derer, die nicht ins Weltbild der Nationalsozialisten passen.

Stephan Weichert, in Berlin geboren und aufgewachsen, studierte Erziehungswissenschaften, Psychologie und Germanistik. Wenn er nicht schreibt, entwickelt er moderne Schulkonzepte und ist Dozent an der Freien Universität Berlin. Zu seinen besonderen Leidenschaften zählen geheime Orte der Vergangenheit und andere versteckte Kuriositäten seiner Heimatstadt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextBerlin 1940: Alliierte Luftangriffe treffen die Reichshauptstadt, es herrscht Verdunkelung bis zum Morgengrauen. Die Männer sind an der Front, während die Frauen die Betriebe am Laufen halten, oft bis spät in die Nacht. Doch ihr Weg nach Hause wird zur Gefahr: in den dunklen S-Bahnzügen Berlins treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Um dem Täter auf die Spur zu kommen, setzt die Polizei auf die Abteilung der weiblichen Kriminalpolizei. Kriminalassistentin Luise Adler soll den attraktiven Lockvogel spielen, doch kommt man bei den Ermittlungen nicht wie gewünscht voran. Fadenscheinig wittert der politische Apparat einen Komplott von Staatsfeinden und schnell wird klar: Es geht nicht mehr um den Fall, sondern um planmäßige Demütigung und Vernichtung all derer, die nicht ins Weltbild der Nationalsozialisten passen.

Stephan Weichert, in Berlin geboren und aufgewachsen, studierte Erziehungswissenschaften, Psychologie und Germanistik. Wenn er nicht schreibt, entwickelt er moderne Schulkonzepte und ist Dozent an der Freien Universität Berlin. Zu seinen besonderen Leidenschaften zählen geheime Orte der Vergangenheit und andere versteckte Kuriositäten seiner Heimatstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783948972882
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum19.09.2022
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten330 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1863 Kbytes
Artikel-Nr.9909397
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Sonntag, 24. November 1940

Berlin lag unter einer dichten Wolkendecke. Aus den Mietskasernen drang Abwaschgeklapper aus den Küchen, erste Kinder spielten auf den Hinterhöfen und trotz Krieg war es an diesem Morgen friedlich in der Stadt.

Mitten im Zentrum, in unmittelbarer Nähe zum Berliner Stadtschloss, lag das Gebäude des neuen Reichskriminalpolizeiamtes am Werderschen Markt. Ursprünglich war es das Kaufhaus Gerson gewesen, das einem jüdischen Familienunternehmen im Zuge der Arisierung geraubt wurde. Ein Prunkbau mit Glasdach, ganz im Sinne der nationalsozialistischen Machthaber. Hier wirkte in einem Teil die Kriminalpolizei, die Kripo, und im anderen die Sicherheitspolizei, die Sipo, in deren einschüchterndem Kürzel immer das unausgesprochene Gestapo mitschwang. Kripo und Sipo waren nicht nur durch einen Lichthof getrennt, sondern auch in den Ansichten. Konnten die einen Verbrechen nach klassischen Methoden analysieren und aufklären, wollten die anderen Staatsfeinde und Rivalen tyrannisieren - straff, zentral und effizient organisiert von jungen, zuverlässigen Nationalsozialisten akademischer Prägung.

Eine kleine Unterabteilung der Kripo war die Weibliche Kriminalpolizei. Polizeirätin Grete Hartmann, lange Zeit Leiterin der Frauen-Hilfsstelle, war Bauherrin dieser Abteilung. Die Aufgabengebiete waren kriminell und sexuell gefährdete Frauen sowie Vernehmungen weiblicher Tatzeugen oder Tatopfer. Die Mitarbeiterinnen bestanden aus Hartmann selbst, einer Sekretärin, einer Hilfskraft sowie drei weiblichen Kriminalassistentinnen für die gesamte Reichshauptstadt. Nicht viele im Verhältnis zum Personal des Hauses, in dem es mehr als vierhundert Kriminal- und Verwaltungsbeamte gab. Über den Dienstgrad der Kriminalassistentin kamen die Damen selten. Mit unterschiedlichen Berufsbiografien mussten sie zumindest einen mittleren Schulabschluss vorweisen und eine gute körperliche Konstitution. Auch waren behördliche Vorerfahrungen gefordert, daher kamen alle aus unterschiedlichen Dienstbereichen der Berliner Verwaltung.

Direktorin Hartmann prüfte diverse Schreiben ihrer Vorlagenmappe am Schreibtisch ihres geräumigen Amtszimmers. Es war wie sie selbst: klar und in jeder Ecke aufgeräumt. In einer kleinen Vitrine waren unbenutzt und auf Hochglanz poliert drei Handwaffen auf hölzernen Schatullen ausgestellt: Eine Walther P38, eine Sauer 38H und eine Mauser HSc. Jedoch waren diese Waffen nichts weiter als Ausstellungsstücke, da Frauen bei der Weiblichen weder Waffen tragen noch einsetzen durften, und das trotz Schießausbildung.

Hartmann warf einen kurzen Blick aus dem Fenster über den Hof hinüber zum Block der Sipo und nahm zum wiederholten Male den schweren Hörer des schwarzen Telefons aus Bakelit in die Hand. Sie wählte nur eine Ziffer, die Eins, das Vorzimmer ihrer Empfangssekretärin.

»Und ...? Wie, schon da? Gut, dann bitte gleich zu mir rein!«

Hartmanns Sekretärin und rechte Hand legte nebenan auf und nickte der jungen Dame um die dreißig freundlich zu, welche auf dem Besucherstuhl saß und sich zuvor noch eine kleine Pille auf die Zunge gelegt hatte, die sie ohne Wasser herunterschluckte. In ihrer Hand sah man noch das winzige Röhrchen, auf dem kaum lesbar der Name der Arznei stand: Pervitin. Dessen ungeachtet öffnete die Sekretärin die ledergepolsterte Doppeltür und sah der Dame freundlich hinterher.

»Ach, wie schön!«, erhob sich Hartmann, blickte in das schmale Gesicht mit den dunklen Augen und plauderte. »Ihr Vater versicherte uns schon am Telefon, dass Sie auf dem Weg sind, daher machte ich mir überhaupt keine Sorgen. Aber bitte, setzen wir uns doch, Kriminalassistentin Adler.«

»Sehr gern!«

Luise Adler nahm auf einem der bequemen Ledersessel Platz und schlug die bestrumpften Beine übereinander. Die Sekretärin hatte sie bereits informiert, warum sie an diesem Sonntagvormittag ins Amt zitiert wurde und war nun bereit zu hören, was ihre Vorgesetzte zu sagen hatte. Die begann sofort, indem sie zunächst die bisherigen Anstrengungen der Kriminalassistentin lobte, bevor sie Adler mit der neuen Aufgabe konfrontierte.

»Ich möchte nicht lange um den heißen Brei reden«, so Hartmann. »Ich sehe, wo Sie heute stehen. Von der Schreibstube in der Reichsjustiz über eine Ausbildung zur Polizeifachangestellten, dann später der Einstieg ins Kriminalamt und in meine Abteilung. Sie konnten sich schon immer schnell auf neue Themen einlassen, Adler. Denken wir nur an Ihren Einfallsreichtum und Ihre ausgezeichnete Ermittlungsarbeit bei den Gewaltverbrechen an den Frauen im Scheunenviertel.« Vorsichtig stopfte sich Hartmann eine Filterlose in ihre Zigarettenspitze, entfachte das Streichholz und kam zum aktuellen Fall. »Zwar wird Ihre nächste Mission mit Quadriga keine leichte Aufgabe, doch glaube ich, dass Sie genau die Richtige für den Fall sind. Der Führer will, dass Frauen bis spät in die Nacht für Ruhm und Ehre arbeiten, verdunkelt aber jede Nacht die ganze Stadt, damit die englischen Bomber nicht sehen, wo wir alle sind. Wenn da so einer im Dunkeln in der Bahn oder am Bahnhof steht, da können Sie nix machen, wenn der irre ist. Das wirkt auf den stimulierend. Da sind die Frauen ihm völlig ausgeliefert. Und ich schätze, der wittert sofort, ob wir ihm ´ne echte Frau wie Sie in die S-Bahn setzen oder nur ´ne Handvoll verkleideter Polizisten.«

»Dass Sie mich da nur nicht überschätzen, Frau Direktorin!«, entgegnete Adler mit leiser Stimme. »Es macht mir schon Sorge, mir vorzustellen, nachts in einer leeren S-Bahn zu sitzen und auf einen Mörder zu warten. Früh sterben ist sicher eine romantische Idee, aber Sie wissen sicher, was ich mit meiner Mutter in einer S-Bahn erleben musste. Zwölf Jahre ist das nun mittlerweile her.«

»Mir ist Ihre Geschichte und der schreckliche Verlust Ihrer Mutter durchaus bewusst«, entgegnete Hartmann. »Und genau aus diesem Grund werden Sie dem Täter nicht einfach so vor die Füße geworfen. Wegen unserer eingeschränkten Waffenbestimmungen bei der Weiblichen versichere ich Ihnen zu einhundert Prozent, ich wiederhole, zu einhundert Prozent, dass Kollegen in Ihrer Nähe sein werden, die bis an die Zähne, ich wiederhole, bis an die Zähne bewaffnet sind. Dafür lege ich persönlich meine Hand ins Feuer. Ich stelle Ihnen Kriminalassistent Oscar Zach zur Seite. Dem Mann kann man vertrauen, auch wenn er sich gerade selbst im Weg steht, nachdem ihm seine Verlobte abhandengekommen ist. Daher bloß keine langen Sätze bei dem Kollegen und immer viel loben. Meine Güte, ich rede ja schon wie in der Hundeschule!«

Nicht nur in der Luft lag Katerstimmung, auch bei Kriminalassistent Zach war die Laune nicht die allerbeste. Doch trank er nun schon zu häufig, um einen echten Kater zu haben.

Die von Lüdke auferlegte Fahrt zur Gartenkolonie hatte er mit der S-Bahn unternommen. Er stand auf dem verlassenen Bahnsteig des S-Bahnhofes Betriebsbahnhof Rummelsburg und sah in der Ferne, wie sich das Grau des Herbstnebels mit dem Grau des Wasserturms der Bahnbetriebsanlage vermischte. Ein ungemütlicher Wind pfiff über den Bahnsteig und er erkannte die vielen Schienen und Züge wieder. Doch keine Spur mehr vom Polizeiaufgebot der vergangenen Nacht. Nachdem er sein Notizbuch aus der Manteltasche herausgekramt hatte und die Seite fand, auf der die Nummer der Parzelle notiert war, lief er zum Ende des Bahnsteigs. Er ging durch einen Tunnel bis zum Ausgang und stand schließlich auf verlassenen Wegen. Noch waren diese gepflastert und mehrere Wegweiser lotsten den Besucher zur Laubenkolonie Gutland II. Am Eingangsportal hing ein verblasstes Schild, auf dem die vielen Wege und Parzellen des Areals wie ein Irrgarten aufgezeichnet waren. Der Versuch eines Überblicks, bevor man das Durcheinander betrat. Ab hier bestand der Weg auch nur noch aus lehmigen Radspuren und tiefen Pfützen, die mit dem Regen der Nacht gefüllt waren. Zach bemerkte, dass er die falschen Schuhe anhatte und stakste daher wie ein Storch im Salat durch den kleistrigen Matsch. Das war also die Mitte von Gutland. Er schaute sich um. Eine Welt umhüllt von schwefligen Nebelschwaden. Alle paar Meter eine schäbige Laube, hinter deren Zäunen die S-Bahnzüge stadteinwärts und auswärts regelmäßig vorbeikamen. Schließlich ging er in den Weg C und stand vor der Parzelle 1: das kleine Stück Heimat der toten Karin Borchert. Auf leisen Matschsohlen schritt er durch das quietschende Gartentor über das ausgesprochen ungepflegte Grundstück zur windschiefen Hütte ohne Charakter. Tür und Fensterläden verriegelt, zwei gruselige Gartenzwerge als Wachposten, das war´s dann auch schon.

»Was machen Sie denn da, junger Mann!?«, fragte ein großer, bärtiger Mann in scharfem Ton über den Gartenzaun des Nachbargrundstückes.

»Guten Morgen, ich bin Kriminalassistent Oscar Zach.« Zach kam...
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Autor

Stephan Weichert, in Berlin geboren und aufgewachsen, studierte Erziehungswissenschaften, Psychologie und Germanistik. Wenn er nicht schreibt, entwickelt er moderne Schulkonzepte und ist Dozent an der Freien Universität Berlin. Zu seinen besonderen Leidenschaften zählen geheime Orte der Vergangenheit und andere versteckte Kuriositäten seiner Heimatstadt.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt