Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Multimodale Bindungstherapie

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
248 Seiten
Deutsch
Arbor Verlagerschienen am10.10.2022
Die Multimodale Bindungstherapie (Multi-Modal Attachment Therapy, M-MAT) ist ein praxisorientiertes Therapiemodell zur Behandlung von Kindern mit besonders herausforderndem Verhalten. Es kombiniert eine Vielfalt therapeutischer Methoden in einem System, um Kinder mit ausgeprägten Bindungsverletzungen zu behandeln. Die Multimodale Bindungstherapie will das Kind auf Basis der Narrativen Therapie befähigen, ein neues, adaptives und emotional heilsames Eigennarrativ zu erschaffen. Therapeut:innen erhalten eine umfassende Grundstruktur für die Praxis, die auch als Gerüst für die Integration und den kreativen Umgang mit einer Vielzahl anderer Techniken und Methoden verwendet werden kann. Der Sicherheit aufbauende Rahmen von M-MAT besteht aus bindungsbasiertem Spiel und spezifischen Bindungsfragen, die einen Gesprächsteil umfassen. Sie kann sowohl dyadisch durchgeführt werden, etwa mit Adoptiveltern, oder auch in Einzeltherapie, z.B. mit Kindern in Jugendhilfeeinrichtungen.

Catherine Young, staatlich lizensierte Ehe- und Paartherapeutin in Kalifornien, ist Autorin, Trainerin, Beraterin, klinische Supervisorin, Kinder- und Familientherapeutin und Mutter. Seit über 25 Jahren arbeitet sie in der Kinder- und Familienhilfe in so unterschiedlichen Kontexten wie Kinder- Tagespflegeeinrichtungen, Behörden für Adoption und Vermittlung von Pflegeeltern, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in der Behandlung von Kindern mit frühkindlichen Entwicklungsstörungen, in Schulen, im offenen Jugendstrafvollzug. Sie unterhält zudem eine private Praxis für Kinderpsychotherapie.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR32,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR29,00

Produkt

KlappentextDie Multimodale Bindungstherapie (Multi-Modal Attachment Therapy, M-MAT) ist ein praxisorientiertes Therapiemodell zur Behandlung von Kindern mit besonders herausforderndem Verhalten. Es kombiniert eine Vielfalt therapeutischer Methoden in einem System, um Kinder mit ausgeprägten Bindungsverletzungen zu behandeln. Die Multimodale Bindungstherapie will das Kind auf Basis der Narrativen Therapie befähigen, ein neues, adaptives und emotional heilsames Eigennarrativ zu erschaffen. Therapeut:innen erhalten eine umfassende Grundstruktur für die Praxis, die auch als Gerüst für die Integration und den kreativen Umgang mit einer Vielzahl anderer Techniken und Methoden verwendet werden kann. Der Sicherheit aufbauende Rahmen von M-MAT besteht aus bindungsbasiertem Spiel und spezifischen Bindungsfragen, die einen Gesprächsteil umfassen. Sie kann sowohl dyadisch durchgeführt werden, etwa mit Adoptiveltern, oder auch in Einzeltherapie, z.B. mit Kindern in Jugendhilfeeinrichtungen.

Catherine Young, staatlich lizensierte Ehe- und Paartherapeutin in Kalifornien, ist Autorin, Trainerin, Beraterin, klinische Supervisorin, Kinder- und Familientherapeutin und Mutter. Seit über 25 Jahren arbeitet sie in der Kinder- und Familienhilfe in so unterschiedlichen Kontexten wie Kinder- Tagespflegeeinrichtungen, Behörden für Adoption und Vermittlung von Pflegeeltern, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in der Behandlung von Kindern mit frühkindlichen Entwicklungsstörungen, in Schulen, im offenen Jugendstrafvollzug. Sie unterhält zudem eine private Praxis für Kinderpsychotherapie.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783867813846
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum10.10.2022
Seiten248 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse606 Kbytes
Artikel-Nr.9953845
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 3
Kinder mit Bindungsverletzungen
Bindungsverletzungen bei Kindern verstehen

Bei meinen Vorträgen über Bindungstheorie und -therapie mache ich oft die - halb scherzhafte - Bemerkung, dass wir im Grunde alle Bindungsprobleme haben. Jedenfalls haben viele Menschen die frühe Beziehung zu ihren Eltern als fordernd erlebt. Deswegen fallen uns oft auch unsere Beziehungen als Erwachsene untereinander so schwer. Den meisten Menschen gelingt es jedoch, frühe Beziehungsschwierigkeiten im Lauf ihres Lebens und ihrer späteren Beziehungen durchzuarbeiten, gegebenenfalls mit therapeutischer Hilfe. Geht die Bindungsverletzung jedoch zu tief, dann weist das Kind genau die Liebe und Unterstützung zurück, die es zum Heilwerden eigentlich bräuchte. Eine Möglichkeit, Bindungsverletzungen zu fassen, ist, sie als Angststörung zu verstehen. Das Kind reagiert dann derart ängstlich und phobisch auf Beziehungen, dass es die Personen, die helfen könnten, auf jede erdenkliche Art von sich stößt.

Die ersten drei Lebensjahre eines Kindes sind entscheidend für die Entwicklung adäquater Bindungen. Schwerwiegende Störungen während dieser Zeit können großen Schaden anrichten. Für Pflegeeltern ist es womöglich schwer nachvollziehbar, weshalb ein Kind solche Schwierigkeiten hat, obwohl es doch jetzt in einem liebevollen und unterstützenden Zuhause ist. Tatsächlich aber hat das Kind in seinem Körper und seinem Fühlen und Denken die Erfahrung gespeichert, dass Beziehungen verletzend, schmerzhaft und lebensbedrohlich sind, und dazu noch das Gefühl, dass es selbst nicht richtig ist. Neurowissenschaftlich betrachtet, sind die für gesunde Bindungen relevanten Areale des Gehirns vermutlich nicht voll entwickelt, wodurch die Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt ist.

Betrachten wir zum Beispiel ein Kind, das in seinen ersten sechs Lebensmonaten eine Bezugsperson mit Suchtthematik und psychischen Problemen hatte. Wenn das Kind aus Hunger und dem Bedürfnis nach Beruhigung schrie, war diese Bezugsperson womöglich nicht bei Bewusstsein. Wach reagierte sie äußerst reizbar auf das anhaltende Schreien des Babys und brüllte es an. Das Kind war unterernährt und untergewichtig. Vielleicht hatte die Mutter einen Partner, der sie misshandelte.

Stellen wir uns vor, das Kind wurde mit sechs Monaten wegen schwerer Vernachlässigung aus seiner Familie herausgenommen. Es kann noch nicht sprechen, hat aber bereits gelernt, dass es keinerlei Kontrolle über sein Umfeld besitzt (die ausbleibende Antwort auf sein Schreien). Obwohl das Kind den biologischen Imperativ verspürt, sich für sein Überleben ganz eng an seine Bezugsperson zu halten, hat es erfahren, dass diese Bezugsperson sein Überleben gefährdet und unzuverlässig ist; dass es gefährlich ist, seine Bedürfnisse einzufordern, aber nicht minder gefährlich, dies nicht zu tun. Das Kind hat gelernt, dass es die Erwachsenen in seinem Leben fürchten und meiden sollte. In seinem neuen Zuhause verhält sich das Kind vielleicht sehr still, vermeidend, quengelig, oder auch anklammernd und vermeidend.

Die neuen Eltern, die sich auf das Baby freuen, ahnen womöglich nichts von seinen Verletzungen und den potenziellen Auswirkungen auf sein Leben, noch wissen sie, wie sie den Heilungsprozess des Babys am besten fördern können. Zum Glück ist das Gehirn des Babys noch nicht voll entwickelt, und wenn die Eltern geschickt und sachkundig agieren, besteht für das Baby eine Heilungschance. Ist dies nicht gegeben, so wird das Kind womöglich sein Leben lang mit Problemen zu kämpfen haben.

Stellen wir uns weiter vor, dass dieses Baby bis zum Alter von drei Jahren bei seinen leiblichen Eltern geblieben wäre. Vielleicht war die Mutter manchmal adäquat, manchmal nicht. Dann hat das Kind jetzt ein Schema für die Bezugsperson und die Beziehung entwickelt, das sich unter anderem mit Erfahrungen wie unberechenbar, gefährlich, verletzend und nicht hilfreich beschreiben lässt. Das Kind hat im Alter von drei Jahren bereits gelernt, dass es sich selbst um die Befriedigung seiner grundlegendsten Bedürfnisse kümmern muss. Es kann sich auf niemanden verlassen. Da kleine Kinder von Natur aus ich-bezogen sind, gesellt sich zu diesen Gedanken noch die Überzeugung des Kindes, dass es selbst schuld ist. Etwas an ihm muss grundlegend falsch sein, sonst würden sich die Eltern nicht so verhalten. Das Kind empfindet sich als nicht richtig, nicht liebenswert. Es gibt keine Freude im Leben dieses Kindes. Im Alter von drei Jahren hat das Gehirn 90 % der Größe des Erwachsenengehirns erreicht. Im beschriebenen Fall war dieser enorme Gehirnzuwachs überwiegend auf Überleben ausgerichtet und darauf, dieses kognitive Schema zu erzeugen, mit dem die Welt irgendwie verstanden und bewältigt werden kann.

Kinder mit Bindungsverletzungen hegen häufig folgende Überzeugungen:
Erwachsene haben im besten Fall emotional nichts anzubieten, im schlimmsten Fall sind sie hochgradig verletzend.
Beziehungen sind unsicher, bedrohlich und Angst einflößend.
Ich bin nicht liebenswert. / Ich bin böse.
Es gibt niemanden, auf den ich mich verlassen kann.

Infolgedessen fühlt sich das Kind vollkommen allein, haltlos, innerlich leer und ängstlich, ohne zu wissen, was ihm fehlt.

Diese üblicherweise unbewussten Glaubenssätze über sich selbst, über Beziehungen und Bezugspersonen sind sehr mächtig und schwer zu verändern. Daraus resultiert ein selbst-abwertendes, destruktives Verhalten, welches die falschen Überzeugungen verfestigt und genau die Hilfe zurückstößt, die so dringend nötig wäre. Zu diesen Verhaltensweisen zählt beispielsweise:
Emotionale Dysregulation/schwer zu beruhigen - Dies können lang anhaltende Wut- und Trotzanfälle sein, die das Familienleben stark belasten. Eltern berichten beispielsweise, dass sie sich wie auf Zehenspitzen um ihr Kind herum bewegen müssen. Schwierigkeiten in der emotionalen Regulation können auf mangelnde elterliche Einfühlung und Co-Regulation im Säuglingsalter zurückgehen. Kleinkinder lernen durch Eltern und primäre Bezugspersonen, wie sie ihre Gefühle regulieren. Wenn ihnen diese frühe elterliche Unterstützung fehlt, verfügen sie womöglich nicht über die Fertigkeiten oder die Gehirnentwicklung für Selbstregulation.
Zurückweisen elterlicher Hilfsangebote bei der Gefühlsregulierung - Dies kann für Eltern, die sich bemühen, ihrem Kind zu helfen, höchst frustrierend sein, vor allem, wenn ihre Bemühungen die Situation eher noch zu verschlimmern scheinen.
Kein eigenes aktives Aufsuchen der Bezugspersonen, um sich mitzuteilen, Beruhigung oder Unterstützung zu suchen - Manchmal ­wirken solche Kinder sehr frühreif, sind ausgesprochen unabhängig und scheinen wenig von den Eltern zu brauchen.
Kaum Blickkontakt oder Blickkontakt nur unter eigenen Bedingungen - Kleinkinder kommunizieren mit ihren Bezugspersonen sehr stark über Blickkontakt. In einer gesunden Eltern-Kind-Beziehung erfährt das Kind über die Augen Bestätigung und Wertschätzung durch die Eltern. Auch um die Sicherheit einer Situation einzuschätzen, bedienen sich Kinder eines rückversichernden Blicks zu den Eltern. In einer ungesunden Beziehung, wo das Kind über den Augenkontakt nur Wut oder Verletzung erfahren hat, oder aber Blickkontakt gar nicht stattfand, geben Kinder diesen Weg der Kontaktaufnahme gänzlich auf.
Primitive/selbstverletzende Verhaltensweisen zur Selbstberuhigung - Dazu zählen beispielsweise, sich unter Stress aufzukratzen oder mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen. Ältere Kinder lutschen am Daumen, schaukeln mit dem Oberkörper oder zeigen sonstige Verhaltensweisen, die eigentlich für Kleinkinder typisch sind.
Kontrollierendes Verhalten - Das Kind muss immer das Sagen haben und alles kontrollieren, wobei es häufig die Erwachsenen herausfordert oder mit ihnen streitet. Hat ein Kind Eltern erlebt, die nicht fähig waren, Führung zu übernehmen, oder die als Führungspersonen Angst einflößend oder unberechenbar waren, so hat es gelernt, dass es selbst das Sagen haben muss, um sich sicher fühlen zu können.
Labiles Ego, schlechter Gewinner/Verlierer - Dieses Kind kann schlecht mit Konkurrenz umgehen. Die Kernüberzeugung des ­Kindes, dass es nicht richtig ist, führt dazu, dass Verlieren unerträglich ist und mit Siegen geprahlt werden muss, weil das Kind dadurch ­versucht, sich die eigenen Wertlosigkeitsgefühle vom Leib zu halten. Aus demselben Grund kann es sein, dass Kinder überempfindlich gegen jegliche Kritik oder negative Rückmeldungen reagieren, sowohl von Gleichaltrigen als auch von Erwachsenen.
Schwache Impulskontrolle - Dem Kind fällt es schwer, zu überlegen, bevor es handelt, was zu Problemen in der Schule, zu Hause oder mit Gleichaltrigen führen kann.
Erhöhte Wachsamkeit - Das Kind ist stets auf der Hut, was um es herum vorgeht, und ist extrem wachsam in Bezug auf eventuelle Bedrohung oder Gefahr. Womöglich hing sein Überleben davon ab, dass es fähig war, alarmierende Signale in seiner Umgebung oder in der Bezugsperson wahrnehmen zu können.
Aggression - Treten, Schlagen, Kratzen oder Beißen sind nicht selten. Auch aggressives Verhalten gegen Tiere und Haustiere kommt vor. Die Aggression kann eine Folge fehlender emotionaler Regulationsfähigkeit oder fehlender Impulskontrolle des Kindes sein, oder ein Ausagieren eigener erfahrener Traumata und/oder eine...

mehr

Autor

Catherine Young, staatlich lizensierte Ehe- und Paartherapeutin in Kalifornien, ist Autorin, Trainerin, Beraterin, klinische Supervisorin, Kinder- und Familientherapeutin und Mutter. Seit über 25 Jahren arbeitet sie in der Kinder- und Familienhilfe in so unterschiedlichen Kontexten wie Kinder- Tagespflegeeinrichtungen, Behörden für Adoption und Vermittlung von Pflegeeltern, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in der Behandlung von Kindern mit frühkindlichen Entwicklungsstörungen, in Schulen, im offenen Jugendstrafvollzug. Sie unterhält zudem eine private Praxis für Kinderpsychotherapie.