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Geheimnisvolles Vermächtnis

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
300 Seiten
Deutsch
Bloomoon Verlagerschienen am04.06.2013Auflage
London, Mitte des 19. Jahrhunderts. Die fünfzehnjährige Grace lebt mit ihrer Schwester Lily in einem Waisenhaus in einem der ärmsten Viertel von London. Jeder Tag ist für sie ein Kampf ums Überleben. Grace ahnt nicht, dass sie und ihre Schwester per Zeitungsannonce als Erbinnen eines riesigen Vermögens gesucht werden. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis Mr Unwin, der skrupellose Bestattungsunternehmer, bei dem Grace arbeitet, die Annonce entdeckt. Kann James, der junge Anwaltsgehilfe, Grace helfen und das Komplott rechtzeitig aufdecken?

Mary Hooper begann zu schreiben, als ihre Kinder noch klein waren. Seitdem hat sie zahlreiche Kurzgeschichten für Zeitschriften und über 30 Kinder- und Jugendbücher verfasst. Daneben gibt sie Kurse in Kreativem Schreiben. Die Autorin lebt in Hampshire, England.
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Produkt

KlappentextLondon, Mitte des 19. Jahrhunderts. Die fünfzehnjährige Grace lebt mit ihrer Schwester Lily in einem Waisenhaus in einem der ärmsten Viertel von London. Jeder Tag ist für sie ein Kampf ums Überleben. Grace ahnt nicht, dass sie und ihre Schwester per Zeitungsannonce als Erbinnen eines riesigen Vermögens gesucht werden. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis Mr Unwin, der skrupellose Bestattungsunternehmer, bei dem Grace arbeitet, die Annonce entdeckt. Kann James, der junge Anwaltsgehilfe, Grace helfen und das Komplott rechtzeitig aufdecken?

Mary Hooper begann zu schreiben, als ihre Kinder noch klein waren. Seitdem hat sie zahlreiche Kurzgeschichten für Zeitschriften und über 30 Kinder- und Jugendbücher verfasst. Daneben gibt sie Kurse in Kreativem Schreiben. Die Autorin lebt in Hampshire, England.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783845803296
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum04.06.2013
AuflageAuflage
Seiten300 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3898 Kbytes
Artikel-Nr.1269139
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Die Beisetzung von MISS SUSANNAH SOLENT findet am MONTAG, DEN 8. JUNI 1861, in der LONDON NEKROPOLIS, BROOKWOOD, statt.

Trauergäste, die der Verstorbenen das letzte Geleit erweisen möchten, mögen sich im Wartesaal der ersten Klasse am Waterloo Bahnhof der Nekropolis Gesellschaft einfinden.

Abfahrt des Zuges ist um 11.30 Uhr.


Kapitel 1


Grace, die ihr kostbares Bündel fest an sich drückte, fand den Bahnhofseingang ohne große Mühe. Die Nekropolis-Bahn lief, genau wie ihr die Hebamme Mrs Smith erklärt hatte, auf einer eigens dafür eingerichteten Schienenstrecke von Waterloo Station in London bis nach Brookwood in der Grafschaft Surrey. Hier am Londoner Bahnhof versammelten sich um kurz vor elf die Hinterbliebenen, unschwer zu erkennen an den für die erste Phase der Volltrauer vorgeschriebenen Kleidern: Die wenigen Frauen, deren nervliche Konstitution es ihnen erlaubte, dem Begräbnis beizuwohnen, trugen dicke Schleier und schwarze Gewänder aus Kreppstoff bar jeglicher Verzierung - kein glänzender Schmuck, keine bunten Knöpfe oder edlen Borten lockerten die strenge Tracht auf; die Männer trugen Zylinder mit Trauerflor, förmliche Gehröcke und schwarze Schalkrawatten aus feinem Kammgarn. Alle warteten auf den Zug, der sie zusammen mit ihrem Verstorbenen aufs Land hinausbringen sollte, in den Garten des ewigen Schlafs in Brookwood. Dort, fernab vom Getöse und Gestank Londons, konnten ihre Verstorbenen unter Rosenbüschen und immergrünen Kiefern in ewigem Frieden ruhen.

Grace hielt sich ein wenig abseits und beobachtete, wie die Trauernden vor die Glasscheibe des Fahrkartenschalters traten, um ihre Karte zu lösen. Sie war ängstlich und unsicher, da sie noch nie mit der Eisenbahn gefahren war, und konzentrierte sich darauf, alles richtig zu machen. Nachdem nahezu alle Reisenden den Fahrkartenschalter passiert und sich in die jeweiligen Wartesäle für ihre Klasse begeben hatten, trat sie vor die Scheibe.

»Nach Brookwood bitte«, sagte sie. »Hin und zurück.«

Der Schalterbeamte blickte auf. »Erster, zweiter oder dritter Klasse, Miss?«, fragte er in dem mitfühlenden Tonfall, zu dem die Mitarbeiter der Nekropolis-Bahn angehalten waren.

»Dritter Klasse«, antwortete Grace und schob ihm die zwei Shillinge hin, die die Hebamme ihr gegeben hatte.

»Sie fahren ganz allein? Nicht mit einer Trauergesellschaft?«

Grace nickte. »Nur ich allein. Ich ... ich besuche das Grab meiner Mutter«, log sie.

Der Beamte schob ihr eine Fahrkarte aus dickem, schwarz umrandetem Papier hin. »Sie können sich einstweilen in den entsprechenden Wartesaal begeben. Man wird Ihnen dann zeigen, wo Sie hinmüssen«, sagte er. »Der Zug fährt pünktlich um halb zwölf Uhr ab. Einen guten Tag noch.«

Grace nahm die Fahrkarte entgegen, stammelte ein Dankeschön und ging weiter.

Es gab drei Wartesäle, für jede Klasse einen, und den Leuten darin sah man, obschon natürlich alle Schwarz trugen, ihren sozialen Stand unschwer an. Die in der zweiten Klasse waren lange nicht so elegant und förmlich gekleidet wie die der ersten, und manche aus der dritten Klasse schienen, ihren geflickten Gewändern und verwahrlostem Äußeren nach zu urteilen, fast dem Armenstand anzugehören. Grace stellte erleichtert fest, dass sie hier in ihren zerschlissenen und gestopften Kleidern nicht weiter auffiel. Und da ein jeder sowieso in seine eigene Trauer versunken war und darum rang, seine Fassung zu bewahren, blickte auch niemand zu dem zierlichen, blassen Mädchen auf, das jünger als seine fünfzehn Jahre wirkte, die Augen zu Boden geschlagen hatte und ein kleines, in Leinen gewickeltes Bündel unterm Arm hielt. Hätte jemand sich gefragt, was sie da bei sich trug, so hätte er vermutlich auf ein extra Paar Schuhe oder einen zusätzlichen Schal getippt, für den Fall, dass der Boden des Friedhofs schlammig sein oder der Himmel sich plötzlich bewölken sollte.

Um Punkt zwanzig nach elf setzten sich die verschiedenen Grüppchen in Bewegung, um den Zug zu besteigen, wobei die Passagiere der ersten Klasse von beflissenen Vertretern der Beerdigungsgesellschaften zu privaten Waggons geleitet wurden. Sie stiegen zuerst ein, damit ihnen jeglicher Kontakt mit den Reisenden der dritten Klasse - oder auch nur deren bloßer Anblick - erspart bliebe. Auch die Särge ihrer Verstorbenen reisten getrennt von denen der niederen Klassen; alles andere wäre eine Zumutung für sie gewesen.

Sobald die lebenden Passagiere sicher auf ihren Plätzen angelangt waren, kamen die Särge an die Reihe. Sie wurden nun in den Leichenwaggon geladen, was aus Rücksicht auf die Angehörigen mit der allergrößten Diskretion vor sich ging. All jene, die nicht in Begleitung eines Sargs reisten, sondern sich nur um ein Grab kümmern oder zu einem stillen Gedenken auf den Friedhof fahren wollten, stiegen in einen separaten Waggon. Ihnen schloss sich Grace an. Jemand machte eine Bemerkung, wie angenehm es doch sei, dass die Sonne schien, was rundum zustimmendes Gemurmel erntete, doch Grace blickte weder auf noch steuerte sie selbst einen Kommentar bei. Zu sehr war sie mit ihren eigenen verzweifelten Umständen beschäftigt.

Denn welchen Unterschied hätte es schon gemacht, ob es heute regnete oder schneite - oder gar die ganze Welt vom Nebel verschluckt wurde und kein Mensch je wieder das Licht der Sonne erblickte? Sie hatte ein Kind zur Welt gebracht, und das Kind war gestorben. In so einem Augenblick war nichts anderes mehr von Bedeutung.

Auf die Minute pünktlich setzte sich der Zug mit gewaltigem Dröhnen und Rattern in Bewegung. Dampf- und Rauchschwaden hüllten den Waggon ein wie eine Wolke. Von weiter hinten ertönte ein erschrockenes »Um Himmels willen!«, und einige Frauen schrien vor Angst auf. Grace war nämlich nicht die Einzige, die noch nie mit der Eisenbahn gefahren war. Angesichts des Lärms und des zischenden Dampfs sprang sie erschrocken auf, zog prompt sämtliche Blicke auf sich und setzte sich daher rasch wieder hin.

Sie wusste, dass die Fahrt ungefähr eine Stunde dauern würde, und hatte genaue Anweisungen erhalten, was sie zu tun habe: Nachdem die Fahrt begonnen hatte, sollte sie in den Waggon mit den Särgen gehen, sich einen davon aussuchen (keinen Armensarg, hatte die Hebamme sie angewiesen, sondern einen aus der ersten Klasse, aus gutem Holz und mit Messinggriffen), an einer Ecke den Deckel ein wenig anheben und ihr kostbares Bündel hineinlegen. Das war schon alles. Wenn der Zug dann den Friedhof erreichte, würden die Särge ausgeladen und, nachdem die Deckel fest zugeschraubt worden waren, an ihre letzte Ruhestätte gebracht, wo im privaten Kreis der Angehörigen die Beerdigungszeremonie stattfand.

Wenn Grace es zügig anstellte, so die Hebamme weiter, dann würde niemand bemerken, dass einer der Särge eine kleine Zugabe erhalten hatte. Und eine solche Bestattung wäre doch viel, viel besser für den toten Säugling, als in einem Armengrab in London beerdigt zu werden.

»Ich rate dies allen jungen Mädchen, die solch einen Verlust erlitten haben«, hatte die Hebamme hinzugefügt. »Und danach musst du die ganze Sache vergessen. Erzähl niemals einer Menschenseele von dem Kind - nein, nicht einmal, wenn du heiratest. Du bist eine gefallene Frau, und solch eine Sünde verzeiht niemand.«

Aber es sei doch nicht ihre Sünde gewesen, hatte Grace einwenden wollen, sie habe den Vorfall, der zu dem Kind geführt habe, doch weder gewollt noch herausgefordert, doch Mrs Smith hatte sie unterbrochen und ihr befohlen, kein Wort mehr darüber zu verlieren. Auf diese Weise werde sie das Ganze am schnellsten vergessen, so die Hebamme.

Der Zug fand allmählich in einen monotonen, schaukelnden Rhythmus, und als der Schmutz und Gestank Londons nach und nach dem lieblichen Grün des Umlands wichen, richtete Grace den Blick aus dem Fenster. Während sie noch überlegte, wo sie wohl gerade waren, wanderten ihre Gedanken zu den vergangenen Tagen zurück.

Die letzte Phase ihrer Wehen war qualvoll gewesen, aber Gott sei Dank kurz - was allerdings auch daran lag, dass Grace sich ihre heftigen Schmerzen stundenlang nicht eingestanden hatte. Und davor hatte sie sich monatelang nicht eingestanden, überhaupt schwanger zu sein, und tatsächlich hätte es ihr bis zu den letzten paar Wochen auch niemand angesehen. Erst ab da war ihr öfters aufgefallen, wie Leute auf der Straße vielsagende Blicke tauschten oder jemand spöttisch bemerkte: »Da braucht aber eine ziemlich dringend einen Ehemann!« oder »Dieser Bauch kommt ganz gewiss nicht vom Bier!«, wenn sie an einem Samstagabend an einem Wirtshaus vorbeiging. Natürlich hatte sie Lily davon erzählt, hegte jedoch ihre Zweifel, wie viel wohl jemand wie ihre Schwester von Babys verstand und davon, wie man sie bekam.

Als die Geburt näher rückte (wobei Grace selbst nicht sagen konnte, woher sie das wusste, denn sie hatte ja keine Ahnung, wie lange eine Schwangerschaft dauerte), machte sie sich auf die Suche nach jemandem, der ihr helfen würde, denn immerhin wusste sie, dass dabei nicht nur ordentliche Schmerzen mit im Spiel waren, sondern auch Blut und Leintücher und Schüsseln mit Wasser. Einmal hatte sie ein Mädchen, das sich offensichtlich in derselben Situation befand, dazu befragt, und es hatte ihr den Namen einer Hebamme genannt, doch die Frau hatte Grace mit den Worten abgewiesen, sie sei ja viel zu jung und die Angelegenheit sei ihr zuwider; einem...

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Mary Hooper begann zu schreiben, als ihre Kinder noch klein waren. Seitdem hat sie zahlreiche Kurzgeschichten für Zeitschriften und über 30 Kinder- und Jugendbücher verfasst. Daneben gibt sie Kurse in Kreativem Schreiben. Die Autorin lebt in Hampshire, England.