Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Ansichten eines Klaus

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
249 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am27.10.20221. Auflage
Alexander und Ilka sind ein Paar, das seine Umgebung viel Nerven kostet. Seit Jahren lieben sie sich, was Alexander nicht davon abhält, Ilka immer wieder zu betrügen, was sie dazu bringt, sich immer wieder von ihm zu trennen und dann doch zu ihm zurückzukehren. Das wäre alles kein Problem, wenn sich nicht alle immer beim Theaterklaus treffen würden, um dort über das ewige Hin und Her zu beratschlagen. Denn Klaus, dem die Kneipe gehört, kann es nicht mehr hören. Schließlich hat er seine eigenen Probleme - mit Petra, seiner Freundin, die ganz gern etwas mehr Engagement von ihm sähe. "Klug, lakonisch, lustig. Und ein längst überfälliges Liebeslied auf das zweite Wohnzimmer, in dem der Tresen steht." Uli Hannemann

Michael-André Werner ist Romancier, Satiriker und Herausgeber. Er schreibt für Zeitungen und Zeitschriften (u. a. taz und Das Magazin), und tritt bei Poetry Slams und Berliner Lesebühnen auf. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Weißen Raben (2013), dem Reinheimer Satirelöwen (1999), dem Walter-Serner-Preis (1995) sowie mit Stipendien der Stiftung Preußische Seehandlung (1992, 2007) und der Dublin City Writers (2000). Seine Romane "Schwarzfahrer", "Ansichten eines Klaus" und "Kopf hoch, sprach der Henker" und "Das Fallen" erschienen bei Aufbau, List und im Saytr Verlag.
mehr

Produkt

KlappentextAlexander und Ilka sind ein Paar, das seine Umgebung viel Nerven kostet. Seit Jahren lieben sie sich, was Alexander nicht davon abhält, Ilka immer wieder zu betrügen, was sie dazu bringt, sich immer wieder von ihm zu trennen und dann doch zu ihm zurückzukehren. Das wäre alles kein Problem, wenn sich nicht alle immer beim Theaterklaus treffen würden, um dort über das ewige Hin und Her zu beratschlagen. Denn Klaus, dem die Kneipe gehört, kann es nicht mehr hören. Schließlich hat er seine eigenen Probleme - mit Petra, seiner Freundin, die ganz gern etwas mehr Engagement von ihm sähe. "Klug, lakonisch, lustig. Und ein längst überfälliges Liebeslied auf das zweite Wohnzimmer, in dem der Tresen steht." Uli Hannemann

Michael-André Werner ist Romancier, Satiriker und Herausgeber. Er schreibt für Zeitungen und Zeitschriften (u. a. taz und Das Magazin), und tritt bei Poetry Slams und Berliner Lesebühnen auf. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Weißen Raben (2013), dem Reinheimer Satirelöwen (1999), dem Walter-Serner-Preis (1995) sowie mit Stipendien der Stiftung Preußische Seehandlung (1992, 2007) und der Dublin City Writers (2000). Seine Romane "Schwarzfahrer", "Ansichten eines Klaus" und "Kopf hoch, sprach der Henker" und "Das Fallen" erschienen bei Aufbau, List und im Saytr Verlag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756854936
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum27.10.2022
Auflage1. Auflage
Seiten249 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.9960809
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

HEUTE




»Alexander und Ilka haben sich getrennt«, sagt Petra ein wenig atemlos, kaum dass sie sich gesetzt hat. Sie versucht, ihre Umhängetasche so über die Rückenlehne des Stuhls zu hängen, dass sie gut herankommt, diese aber nicht runterfällt, zieht ihre Jacke umständlich im Sitzen aus und hängt sie über die Tasche. 


»Ach«, sage ich. »Schon wieder.« Die Hallo-komm-rein-was-gibt s-denn-so-Wichtiges-Phase haben wir übersprungen. Kaum hatte ich die Wohnungstür geöffnet, kam Petra hereingestürzt, gab mir einen Kuss auf die Wange, rauschte dann in die Küche und setzte sich auf den Stuhl am Fenster. 

Jetzt rutscht die Tasche von der Lehne, knallt auf den Boden und nimmt die Jacke mit.

»Hast du da Steine drin?«, frage ich und setze mich auf den anderen Stuhl mit Blick zum Fenster.

»Bücher. - Und was meinst du mit schon wieder ?«, sagt Petra. Sie hebt die Tasche auf und hängt sie wieder hinter sich, diesmal über die Jacke.

»Na, schon wieder eben«, sage ich.

Alexander und Ilka haben sich schon öfter getrennt. Dreimal, um genau zu sein, viermal eigentlich. Noch genauer geht es eigentlich nicht. Alexander und Ilka haben mittlerweile eine Beziehung der Heisenberg schen Art, irgendwie unscharf also. Oder wie Schrödingers Katze. Vielleicht habe ich auch einfach nur den Überblick verloren. Sie waren manchmal sogar gleichzeitig zusammen und auch wieder nicht oder nichts von beidem und beides. Ich bin also nicht sonderlich überrascht.

»Jaja«, sagt Petra, »aber diesmal ist es endgültig. Denn eigentlich hat sich Ilka von Alexander getrennt. Aber irgendwie in gegenseitigem Einverständnis.«

Dann ist es wirklich ernst, denke ich und irgendwo in meinem Hinterkopf kichert es. Klappe auf, Katze tot.

»Sagt wer?«, frage ich aus Versehen, denn es interessiert mich nicht sonderlich.

»Sagt Ilka«, sagt Petra und bibbert. »Kalt ist es bei dir.« Sie reibt sich mit der linken Hand den rechten Oberarm hoch und runter. Nicht dass es was nützen würde, es soll nur eine kleine Geste des Vorwurfs sein. Wir sitzen in meiner Küche. In meiner Küche ist es immer kalt. Weil die doppelten Altbaufenster nicht mehr dicht halten. Und weil draußen Herbst ist und Abend und ich nicht heize. Oder koche oder backe. Bin ja eh kaum hier. Bin ja meistens unten. Wie jetzt eigentlich auch. Hätte Petra nicht angerufen.

»Willst du hier sitzen?«, frage ich. »Da am Fenster zieht's natürlich.«

»Nee, lass mal«, sagt sie. »Hast du Milch?« Sie steht auf, ohne meine Antwort abzuwarten, geht zum Kühlschrank, holt eine Packung Milch raus, dreht den Plastikverschluss auf, riecht dran, nimmt sich dann eine Kasserole, gießt die Milch rein und macht eine der vorderen Gasflammen am Herd an.

»Hast du Honig?«

»Bist du erkältet?«

»Nee.«

»Nee.«

Ich schaue unterdessen einfach mal aus dem Fenster. Irgendwo in der Ferne wandert langsam ein blinkender Punk über das Schwarz da draußen. Petra kuckt mich an, dann folgt sie meinem Blick zum Fenster.

»Hast ja immer noch die karierten Gardinen dran.«

»Ja.« - Ja, hab ich. Ja, ich habe es seit unserer Trennung nicht für nötig befunden, neue Gardinen aufzuhängen. Nee, die hängen da ja noch länger, noch vor Petra. Soll ich sagen: Ja, aber morgen kommen neue dran? Welche mit Punkten oder Oliven oder ⦠Ich bin ja eh kaum hier. Und wenn, sitze ich mit dem Rücken zum Fenster, da sehe ich die Gardinen nicht.

»Und?«, bringe ich das Gespräch wieder in Gang.

»Und was?«

»Und deshalb kommst du zu mir?«, frage ich Petra. »Nur, um mir zu sagen, dass sich Alexander und Ilka mal wieder getrennt haben?«

»Mal wieder ⦫

»Ja, mal wieder. Pass auf, dass die Milch nicht überkocht.«

»Jaja. Wem soll ich s denn sonst erzählen?«

»Deiner Schwester. Deiner anderen Schwester. Ilkas Schwester. Ulli, Jenni, Birte ⦫

»Sie heißt Birke.«

»â¦ ja gut, Birke, Rosi, Emma, deinem Mann, deiner Mutter, Jochen und Jimmi, Rolf und Corinna ⦫

»Jaja, schon gut, ich hab s verstanden.«

»Clara ⦫ Obwohl ich gar nicht weiß, ob Ilka eine Clara kennt, aber kennt man nicht immer eine Clara?

»Na, Clara weiß es ja schon. Die ist ja irgendwie der Grund dafür. Und jetzt ist sie - sssssipppp - ab nach Irland.« Petra macht aus ihrer Hand ein Flugzeug, das mit Daumen- und Kleinerfinger-Flügeln Richtung Fenster fliegt, dem blinkenden Punkt hinterher.

»Pass auf die Milch auf, dass sie nicht überkocht«, sage ich.

»Jaja.« Sie nimmt einen Holzlöffel, dreht sich halb zum Herd und rührt.

»Und?«, frage ich nach ein paar Augenblicken etwas lauter ihren Rücken. 

»Was denn?« 

»Du hast angerufen.« Sie hat angerufen vorhin, sie hat gesagt, es sei dringend, es sei wichtig sogar. Es ist nie wichtig. In all den Jahren war es nie wichtig, wenn sie angerufen hat. Es war nett, es war schön, meinetwegen war es lustig oder halbwegs unterhaltsam, aber es war nie wichtig. Jedenfalls nicht so wichtig, als dass sie es mir nicht auch später hätte erzählen können. Oder morgen. Oder nächste Woche. »Du wolltest mir was erzählen. Was Wichtiges. Und jetzt sagst du, Alexander und Ilka haben sich getrennt und dann - piff? Nichts mehr?«

»Nun warte doch mal. Ich mach mir hier gerade meine Milch und pass auf, dass sie nicht überkocht, dann setze ich mich und ⦫

»Also mit Clara hatte Alexander jetzt auch was?« Ich versuche, meine Stimme gemein klingen zu lassen und betone das auch , aber Petra geht gar nicht darauf ein.

»Ja«, sagt sie. »Nein.«

»Was, ja, nein?«, frage ich. »Ja. Nein. Abbrechen.«

»Eine Dreiecksgeschichte.«

Ach so, eine Dreiecksgeschichte. Na, mal ganz was Neues, denke ich und starre auf die Gardine. Vielleicht ja was mit Dreiecken, rechtwinkligen, gleichschenkligen. Vielleicht funktionieren Dreiecksbeziehungen ja deshalb nicht, weil der rechte Winkel immer nur bei einem liegen kann und nicht bei zweien, oder gar bei allen dreien. »Außer bei einem gleichseitigen, aber das hat keinen rechten Winkel.«

»Was murmelst du da?« Petra hat sich umgedreht und hält den tropfenden Holzlöffel in die Luft.

»Nichts. Pass auf die Milch auf.«

»Jaja.«

Mir fällt der Satz des Thales ein, irgendwas mit rechtem Winkel. In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Winkel immer hundertachtzig Grad, nee, das klingt irgendwie nicht richtig.

»Weißt du den Satz des Thales noch?«, frage ich Petra.

»Satz des Thales? Nee.«

»Mit dem rechten Winkel im Dreieck.«

»Nee.«

»In einem rechtwinkligen Dreieck ⦫

»â¦ ist immer ein Winkel der rechtwinklige«, sagt sie. »Nein, ich weiß es nicht mehr. Außerdem hab ich Biochemie studiert. Nicht Mathe.«

»Das hatten wir in der Schule.«

»Du vielleicht.«

»In der achten.«

»Hab ich übersprungen.«

»Gar nicht. Pass auf ⦫

»â¦ die Milch auf, ist ja gut.« Sie stellt den Herd aus, gießt die Milch in eine große Tasse. »Und du hast keinen Honig? Wirklich nicht?«

»Nee, vielleicht unten.«

Sie geht in die Knie und schaut in einen der unteren Küchenschränke.

»Nein. Unten unten«, sage ich.

»Ach menno!« Sie schmeißt die Tür zu und setzt sich endlich hin. »Also ⦫ Sie zittert wieder und kuckt mich an. »Nee«, sagt sie und zeigt auf mich und sich. Doch tauschen.

Wir tauschen die Plätze.

Dann steht sie nochmal auf und nimmt sich einen Löffel aus dem Besteckabtropfer neben der Spüle.

»Also«, sagt sie gedehnt und rührt in ihrer Milch ohne Honig. Ich weiß gar nicht, was es da zu rühren gibt. »Bei Ilka und Alexander hat es ja in der letzten Zeit ein wenig gekriselt.«

»Gekriselt ist gut! Und in letzter Zeit ist auch gut.«

»Nein, das meine ich nicht. Die beiden waren seit der letzten Trennung und dem letzten Wiederzusammensein ...« Sie macht aus ihren Händen zwei Fäuste und drückt sie gegeneinander. Ich überlege, ob sie nicht besser die Finger verschränken sollte, aber sie redet schon weiter, da muss ich wohl aufpassen. »Ilka war nicht mehr so eifersüchtig, und Alexander machte so was wie eine Therapie oder ging zu einer Selbsthilfegruppe oder so. Ilka wollte da nicht mit rausrücken ⦫

»Und weil alles so gut lief und langweilig wurde, haben sie sich getrennt. - Ende gut ⦫

»Hm«, macht Petra, weil sie gerade einen Schluck Milch genommen hat, dazu wedelt sie mit der freien Hand und sagt: »Haaaa, heiß!« Sie gießt ein bisschen kalte Milch dazu. »Wusstest du, dass die beiden seit der letzten Trennung nicht mehr miteinander geschlafen haben?«

»Nein.« Wusste ich nicht. Wollte ich auch gar nicht wissen. Geht mich gar nichts an. Hat mich bislang noch keiner mit belästigt, mit der Information. Hätte ich auch gut drauf verzichtet können. Trotzdem sage ich: »Na, ist doch klar, Alexander ⦫ und stell das mal so in den Raum.

»Seit zwei Jahren«, sagt Petra. »Zwei Jahre ist die Trennung her, und ein Vierteljahr waren sie auseinander. Und sicher haben sie auch schon vor der Trennung kaum noch ⦫

»Ich hab seit Jahren nicht mehr.«

»Ich hab gestern.« Sie streckt mir die Zunge raus.

Noch eine Information, die ich nicht brauche. Dann höre ich doch lieber die spannende Geschichte von Alexanders und Ilkas vierter Trennung. »Erzähl weiter«, sage ich.
...
mehr