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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
324 Seiten
Deutsch
Shadodex-Verlag der Schattenerschienen am31.10.2022
Verlassen liegen sie da. Niemand hat sie seit Jahren betreten. Es gibt sie in fast jedem Ort: alte, schon lange leer stehende Häuser - verfallen, abbruchreif, die Fassade bröckelt, die Fenster sind blind oder gar gesplittert. Niemand wagt sich mehr hinein. Doch warum wurden diese Gebäude verlassen? Welche Geschichten erzählt man sich hinter vorgehaltener Hand darüber? Und wieso werden manche dieser Häuser sogar gemieden? Was ist dort geschehen? Neugierig geworden? Dann folgt uns einfach und betretet die sogenannten Geisterhäuser. Lasst euch überraschen, welche Mysterien die Geschichten jeweils aufdecken werden.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,49

Produkt

KlappentextVerlassen liegen sie da. Niemand hat sie seit Jahren betreten. Es gibt sie in fast jedem Ort: alte, schon lange leer stehende Häuser - verfallen, abbruchreif, die Fassade bröckelt, die Fenster sind blind oder gar gesplittert. Niemand wagt sich mehr hinein. Doch warum wurden diese Gebäude verlassen? Welche Geschichten erzählt man sich hinter vorgehaltener Hand darüber? Und wieso werden manche dieser Häuser sogar gemieden? Was ist dort geschehen? Neugierig geworden? Dann folgt uns einfach und betretet die sogenannten Geisterhäuser. Lasst euch überraschen, welche Mysterien die Geschichten jeweils aufdecken werden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783985280179
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum31.10.2022
Seiten324 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse20907 Kbytes
Artikel-Nr.10093266
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
Oliver Borchers: Vingança
Anke Schlachter: Villa Caligo
Andreas Dörr: Verlorenes Schicksal
Bianca Röschl: Das verlassene Mietshaus
Anna Graupner: Vergessen
Detlev Jänicke: Der Teufel im alten Holländerhaus
Alexander Klymchuk: Tempus fugit
Piet Woudenberg: Das Schwefel-Labyrinth
Jona Baykouchev: Das Nachbarhaus
Louisa Dormann: Die Legende vom Spinnenloch
Jennifer Pfingstmann: Lass mich nicht allein!
Dennis Puplicks: Der Herr von Gegenüber
Kai Focke: Der Fuchs
Bettina Ickelsheimer-Förster: Ein folgenschwerer Deal
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Leseprobe

Vingança
© Oliver Borchers

 

 

Es war kurz vor Sonnenuntergang, als ich meine Tasche mit den Schulsachen schulterte und meinen Eltern zurief: »Ich bin dann weg!« Während ich noch schnell ein paar harte Brötchen vom Vortag in der Tasche verschwinden ließ, fügte ich hinzu: »Wartet nicht auf mich. Mario und ich wollen bis in die Morgenstunden lernen.« Auch wenn ich sie nicht sehen konnte, so wusste ich doch, dass meine Eltern die Augen verdrehten.

»Qualmt nicht so viel und Finger weg vom Alkohol, okay?«

Die Stimme meiner Mutter klang längst nicht mehr so besorgt wie noch letztes Jahr, als ich begann mich regelmäßig um diese Zeit mit meinen Freunden zu treffen. Da meine Noten in diesem Jahr besser geworden waren, akzeptierte sie allmählich, dass die Uhren hier in Portugal doch ein wenig anders tickten als in Deutschland.

Mein Vater grummelte nur und widmete sich wieder dem Fernsehprogramm, das seit einigen Wochen dank der neuen Satellitenschüssel Einzug gehalten hatte. Das Jahr 1990 brachte den Genuss der deutschen Medienwelt endlich in diesen Winkel der Welt, und das genossen meine Eltern in vollen Zügen.

Zu den Klängen einer Werbemusik für Erdnüsse verließ ich das Haus und lief die Straße entlang, auf der die Schatten der Platanenbäume immer dunkler wurden. Die ersten Straßenlaternen erwachten und zauberten einen goldgelben Schein auf die Gesichter der Menschen, die sich auf den Weg zu einem der zahlreichen Cafés oder einen Verdauungsspaziergang an der Strandpromenade machten. Eine kleine Gruppe schnatternder Mädchen kam mir entgegen und obwohl sie in meinem Alter und sehr hübsch waren, zwang ich mich, ihnen nicht nachzuschauen. Ich war auf dem Weg, Laura zu treffen, und die war allemal schöner als diese Meninas da Foz, die Mädchen des Vorortes Foz, welche den Ruf hatten, überheblich zu sein.

Foz war ein Ort, in dem gut situierte Portugiesen oder Ausländer wie meine Eltern lebten. Trotzdem hatte die Gegend schon bessere Zeiten erlebt, davon zeugten Ruinen prachtvoller Gebäude, die noch vor wenigen Jahrzehnten bewohnt waren und deren dunkle und geborstene Fenster einen starken Kontrast zu den modernen Apartments mit Satellitenschüsseln bildeten.

Ich bog in eine Straße, deren unteres Ende zur Strandpromenade führte. Von dort erstreckte sie sich einen Hügel empor bis in den Häuserwald eines anderen Ortsteils. In Sichtweite des Strandes, eingerahmt von zwei älteren Gebäuden, befand sich mein Ziel. Die Villa Dos Sonhos, ein vor Jahrzehnten bestimmt imposanter Anblick, hatte eine aus Granitsteinen bestehende Fassade, an der einige hellere Bereiche auf ehemals weiße Farbe schließen ließen. Hohe Fensterläden waren teilweise verwittert und hingen schief vor gesprungenem Fensterglas. Ein viereckiger Turm thronte mittig auf dem Hauptgebäude, stumpfe Fenster schauten jeweils in eine Himmelsrichtung.

Für einen kurzen Moment drang ein flackerndes Licht durch eine der Scheiben. Ich grinste. Ich war nicht der Erste in unserem Lieblingsunterschlupf, in dem wir ungestört lernen und feiern konnten.

Niemanden interessierte es, dass ich mich in den engen Bereich zwischen der Villa und dem Nachbarhaus quetschte und einen Weg einschlug, den sonst nur diejenigen nutzten, deren Blase voll war.

Ich ignorierte den Gestank nach Urin und erreichte den Bretterverschlag, der mit einem ordentlichen Ruck zur Seite geschoben werden konnte und dann einen dunklen Seiteneingang freigab. Kühle Luft, die nach Schimmel und Moder roch, empfing mich, während ich nach der Taschenlampe in meinem Rucksack kramte.

Etwas Kaltes berührte meinen Arm. Ein gedämpfter Schrei entfuhr mir, als an meiner Seite eine düstere Gestalt erschien.

»Wer wagt es, die Residenz des Senhor Goncalves zu betreten, ohne mindestens einmal gepinkelt zu haben? Ich verlange nach einem Opfer, einem ekligen Opfer ⦫

Die kühle Coladose, die meinen Arm berührt hatte, schwenkte zurück und wurde von einem spitzbübisch lächelnden Jungen mit einem Ruck geöffnet.

Mario war mein bester Freund und Kumpel. Er war genauso vernarrt in Computerspiele wie ich, doch seit er, dank der neuen Kontaktlinsen, nicht mehr aussah wie ein Loser, hatten sich seine Interessen gewandelt, und so gehörte er nun zu den cooleren Typen mit einer schönen Freundin.

»Arschloch!«, sagte ich.

Er grinste breit und zuckte mit den Schultern. »Wenn wir schon die Nacht hier verbringen wollen, dann auch bitte stilecht mit Grusel und so.« Dann hob er die Dose zum Prost an, doch ein Stoß in seine Seite ließ ihn innehalten.

Im Dunkeln stand Isabella, seine frischgebackene Freundin. Von ihrem stets aufwendig geschminkten Gesicht waren nur die hübsche Nase und die Grübchen an ihren Wangen zu sehen.

»Die Cola war für mich, du Egoist! Du hast ja nur an Super Bock und andere Biere gedacht.«

Er lachte und zog sie näher an sich heran. »Na ja, in dieser Notlage wirst du doch deinem lieben Freund sicher aushelfen, oder?«

Ich schüttelte den Kopf und quetschte mich an den beiden Turteltauben vorbei in die alte Empfangshalle der Villa, die trotz der abgerissenen und verschimmelten Tapeten immer noch die Würde eines Herrenhauses der portugiesischen Obrigkeit ausstrahlte. An der linken und rechten Seite führten Treppen mit steinernen Geländern zu den oberen Etagen. Auf der Balustrade im ersten Stockwerk befanden sich stilisierte Kelche aus Granit, dem Lieblingsmotiv des Senhor Goncalves, der diese Villa vor über einem Jahrhundert hatte errichten lassen.

Ich nutzte die linke Treppe, auf der die Stufenbohlen einen zuverlässigeren Eindruck machten als auf der anderen Seite. Trotzdem knarrte die Konstruktion, als ich emporstieg. Ich hatte mich mittlerweile an die Geräusche des Hauses gewöhnt, sodass ich nicht zusammenzuckte, als das Knarren hinter mir laut protestierend anstieg. Arm in Arm folgten mir Mario und Isabella.

Da erschien eine Person mit einer Taschenlampe an der Balustrade und stampfte verärgert auf. »Leute! Wie oft haben wir das jetzt schon diskutiert? Die Treppe darf nur von einer Person zur gleichen Zeit genutzt werden! Sonst bricht uns das morsche Ding zusammen und es ist aus mit unseren Lerntreffen in der Villa!«

Die dunkelhaarige kleine Person mit Zopf und dicker Brille funkelte mich vorwurfsvoll an, als hätte ich dieses Vorgehen gegen die Regeln geplant. Trotz ihres Ärgers musste ich lächeln. Laura war nicht nur intelligent, sie war die schönste Person der Welt, und ihr verärgerter Blick machte sie nur noch begehrenswerter.

Während ich die richtigen Worte zu finden versuchte, murrte Mario gespielt und sprang ein paar Stufen hinunter. Dann salutierte er und rief: »Sim, cabo-sargento!«

Laura schnaubte. »Wenn du schon Anspielungen auf den Militärrang des Herrn Goncalves machst, dann mach es richtig. Er war tenente.«

Mario lächelte. »Du bist echt eine laufende Enzyklopädie, nicht wahr? Simon, wie kannst du es nur auf Dauer mit ihr aushalten?«

Ich schmunzelte und gab ihr ein wenig ungelenk einen Kuss, doch sie war nur halb bei der Sache. Irgendetwas beschäftige Laura.

Ihre Augen funkelten, als sie sagte: »Während ihr hier unten versucht habt, das Haus zum Einstürzen zu bringen, ist oben im Turm tatsächlich etwas kaputt gegangen.«

»Oh? Was denn?«

Sie runzelte die Stirn. »Es war verrückt. Ich habe mich an den Mittelpfeiler gelehnt, während ich aus dem Fenster im Westen geblickt habe, dabei ist der alte Putz hinter mir abgebröckelt und hat eine Nische freigelegt.« Laura deutete auf die Stufen, die in den Turm empor führten. »Und das Interessanteste ist, die Nische ist nicht leer. Kommt!«

Die beiden anderen waren mittlerweile eingetroffen und hörten mit. Isabella klatschte in die Hände und grinste gespannt. »Ein Schatz. Unser Einstein hat einen Schatz entdeckt!« Dann ergriff sie Mario und mich und preschte nach vorn. »Los, ihr lahmen Hammel! Lasst uns den Schatz bestaunen, etwas lernen und dann endlich in den Sao Joao feiern!«

Hinter uns erklang die genervte Stimme meiner Freundin. »He! Was habe ich gerade eben gesagt? Nacheinander!«

Die Treppe verjüngte sich und mündete in eine Türöffnung. Isabellas Griff lockerte sich nicht, während sie sich mit uns in den Raum quetschte, aus dem der Turm bestand. Dass sie sich dabei eng an uns presste, war eines ihrer Lieblingsspiele und mir nicht unangenehm.

»Dürfte ich vielleicht auch in den Raum?« Laura stand hinter uns und betrachtete die Szene stirnrunzelnd.

Hell lachend ließ Isabella mich los und umarmte sie. »Ihr beide seid echt süß! Komm querida, zeig uns den Schatz, umso früher können wir mit der Feier anfangen.«

Der Raum war das alte Studierzimmer des Herrn Goncalves. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages fluteten durch das westliche Fenster und warfen einen warmen Farbton auf alte Malereien, die den bröckeligen Putz verzierten. Der Boden bestand aus alten Holzdielen und hier und da standen noch betagte Möbelstücke herum. In der Mitte des Raumes ragte eine breite, eckige Säule empor, die wie ein Kamin im Dachstuhl verschwand. An der westlichen Seite klaffte ein großes Loch, alter Putz lag dort verstreut auf den Dielen.

Lauras Schuhe knirschten, als sie sich hinkniete. »Ich habe mich nicht getraut, es anzufassen, weil ⦠nun ja, seht selbst!«

Die Sonne leuchtete in die Nische, und zuerst erblickte ich nur verwirrende Winkel. Doch da verirrte sich ein Strahl auf eine grob behauene Steinoberfläche, und ich erkannte den Gegenstand. »Ein...
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