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Mörderisches aus Westfalen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
283 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am08.03.2023
Fahrräder und Pferde prägen das Bild von Westfalen. Man trinkt Korn, isst Pumpernickel und Schinken dazu. Der liebenswerte Menschenschlag ist stur, arbeitsam, bodenständig, redet nicht viel - und handelt in den zwölf Kurzkrimis mit Messer, Pistole, Strick und Gift. Vom Sauer- bis Siegerland, in Ostwestfalen und im Münsterland sowie im östlichen Ruhrgebiet - in Klöstern, auf Burgen und Reiterhöfen - lässt Margit Kruse morden, was das Zeug hält.

Margit Kruse wurde 1957 in Gelsenkirchen geboren. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Revier-Krimis »Eisaugen«, »Zechenbrand«, »Hochzeitsglocken«, »Rosensalz« und »Bergmannserbe«. Sie ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Seit 2004 ist die Gelsenkirchenerin als freiberufliche Autorin tätig. Neben etlichen Beiträgen in Anthologien hat sie zahlreiche Bücher veröffentlicht. Labrador Enja ist stets dabei, wenn sich Margit Kruse auf Recherche-Tour begibt. Besonders der Hauptfriedhof ihres Heimatortes hat es der Autorin angetan. Margit Kruse ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller und war für den Literaturpreis Ruhr nominiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextFahrräder und Pferde prägen das Bild von Westfalen. Man trinkt Korn, isst Pumpernickel und Schinken dazu. Der liebenswerte Menschenschlag ist stur, arbeitsam, bodenständig, redet nicht viel - und handelt in den zwölf Kurzkrimis mit Messer, Pistole, Strick und Gift. Vom Sauer- bis Siegerland, in Ostwestfalen und im Münsterland sowie im östlichen Ruhrgebiet - in Klöstern, auf Burgen und Reiterhöfen - lässt Margit Kruse morden, was das Zeug hält.

Margit Kruse wurde 1957 in Gelsenkirchen geboren. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Revier-Krimis »Eisaugen«, »Zechenbrand«, »Hochzeitsglocken«, »Rosensalz« und »Bergmannserbe«. Sie ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Seit 2004 ist die Gelsenkirchenerin als freiberufliche Autorin tätig. Neben etlichen Beiträgen in Anthologien hat sie zahlreiche Bücher veröffentlicht. Labrador Enja ist stets dabei, wenn sich Margit Kruse auf Recherche-Tour begibt. Besonders der Hauptfriedhof ihres Heimatortes hat es der Autorin angetan. Margit Kruse ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller und war für den Literaturpreis Ruhr nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839275863
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum08.03.2023
Seiten283 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1828 Kbytes
Artikel-Nr.10294221
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Auf dem Rücken der Pferde

Die blonden Haare hingen ihr wie eine Gardine vor dem schmalen Gesicht. Sie spielte die Rolle des süßen Mädchens gut, schlug die Lider nach oben und riss die blauen Augen auf, was hier in dem dunklen Raum allerdings nicht zur Geltung kam.

Wieso bin ich bloß auf sie hereingefallen, fragte Timo sich mehr als einmal. Blond und blauäugig, dazu die zarte, knabenhafte Figur. Dabei war Mandy schon 40! Sie lief jedoch wie ein verträumtes Mädchen durch die Gegend, überließ alle wichtigen Entscheidungen ihrem 15 Jahre älteren Ehemann Dietmar, ein Justizvollzugsbeamter, der mit beiden Beinen im Leben stand, wie er selbst meinte. Er war die Langeweile pur, konnte nirgendwo mitreden. Seine Standardantwort lautete stets: »Mir doch egal.«

Mandys und Dietmars Tochter Svenja war das Ebenbild ihrer hübschen Mutter, blond, blauäugig, zart und blöd, genau wie die Mutti. Dieses Tochterfrüchtchen hatte mit ihren 14 Jahren sämtliche Tricks drauf, den Jungs die Köpfe zu verdrehen. An erster Stelle stand jedoch für sie das Reiten.

So auch bei Timos Tochter Franka, die leider ebenfalls nach ihrer Mutter schlug. Stämmig, kurzbeinig, breitgesichtig, bebrillt, picklig, dafür megaschlau und Klassenbeste am örtlichen Gymnasium. Und auch eine Pferdenärrin, was Timo gar nicht in den Kram passte. Seine Katja war stolz auf die gemeinsame Tochter und unterstützte ihre Pferdeleidenschaft, wo sie nur konnte. Sie machte Überstunden im Supermarkt, in dem sie an der Wursttheke Kunden bediente und wie verrückt Schinken und andere Wurstsorten vom Stück schnitt. Jeden Euro legte sie beiseite, und Franka tat es ihr nach. Sie sparten für ein eigenes Pferd, wovon Timo überhaupt nichts hielt. Ihm reichte die Reitbeteiligung an »Abendwind«, der seine Tochter mehrmals wöchentlich in dem übel riechenden Reitstall frönte. Hin und wieder musste er sie begleiten, beim Satteln helfen, dem Ross die Hufe reinigen und den Gaul trensen. Und für die ganze Schufterei bezahlte man auch noch Geld, was er nicht verstehen konnte. Das gesündeste Pferd war »Abendwind« auch nicht. Er litt unter stressbedingtem Kotwasser, was bedeutete, dass ihm des Öfteren sein Pferdehintern mit einem Schwamm gereinigt werden musste, auch von Timo, wenn er seine Tochter zum Reiten begleitete und das Pferd überall alles aus sich herausließ.

Dem Reiterhobby der beiden Mädchen hatte er es zu verdanken, dieses Wochenende hier zu sein, auf einem der zahlreichen Pferdehöfe im Kreis Borken im westlichen Münsterland. Hier machten Kinder in den Schulferien ohne Eltern Reiterurlaub, Schulklassen kamen auf Klassenfahrten, und am Wochenende belagerten ganze Familien mit Kindern den Hof. In der Gegend konnte man nicht nur reiten, sondern auch herrlich ausspannen, Wanderungen unternehmen und am Freizeitprogramm des Hofes teilnehmen. Planwagenfahrten durch die waldreiche Landschaft wurden geboten, Volleyball, Basketball und Tischtennis ebenfalls. Idylle pur, wären da nicht Mandy, Dietmar, seine Frau Katja und die beiden Mädchen.

Timo hatte eher an Im-Liegestuhl-Herumhängen und Faulenzen gedacht. Er hatte nicht vor, ein Pferd zu satteln, zu putzen oder zu trensen. Er hatte mit Katja und Franka ein Familienzimmer bezogen, was ihm nicht passte. Seine große Tochter blockierte stundenlang das Bad, um für irgendeinen Gaul schön auszusehen, dem das völlig egal war. Außerdem hätte er wenigstens die Nächte gerne allein mit seiner Frau verbracht.

Nun saßen sie alle zusammen beim Frühstück, und die Mädchen freuten sich auf ihre Reitstunden und den anschließenden Einzelunterricht. Für heute Nachmittag war ein gemeinsamer Ausritt zu den Teufelssteinen geplant, einem jungsteinzeitlichen Ganggrab aus Findlingen. Es befand sich in einer mit Kiefern bewachsenen Dünenlandschaft, die während der letzten Kaltzeit vor 50.000 Jahren entstanden war. Vor rund 5.000 Jahren, während der jüngeren Steinzeit, wurden die bis zu sieben Tonnen schweren und vom Eis geschliffenen Findlinge zu einer Grabanlage von 11,7 Metern Länge und 1,7 Metern Breite zusammengestellt.

Das alles interessierte Timo reichlich wenig. Während seine Katja sich ein Brötchen nach dem anderen dick belegte und einverleibte, kaute Mandy lustlos auf einem Vollkornbrot herum. Die Frauen unterhielten sich über Reiterläden, wo man was am besten einkaufen könne. Wenn er nur daran dachte, wie viel von seinem sauer verdienten Geld seine beiden Weiber für dieses Pferdegedöns in solchen Buden ließen, wurde ihm schlecht. Dauernd neue Reiterhosen und Stiefel, dann irgendwelche Bürsten, um ein fremdes Pferd damit zu striegeln.

Dietmar in seinem karierten, zeltähnlichen Hemd sagte nichts, fraß wie ein Irrer sein Rührei, schlürfte es regelrecht in sich hinein, goss Kaffee hinterher. Schuppen flogen ihm aus seinen nach hinten gekämmten fettigen Haaren. Kein schöner Anblick. Er roch nach Kaloderma-Seife. Außer dieser altertümlichen Seife benutzte er auch Kaloderma-Reispuder und bestäubte damit seinen riesigen Körper, wie er immer wieder erzählte. Na ja, jedem das Seine, dachte Timo.

Als das Frühstück beendet war, ließ Dietmar verlauten, dass er sich die Ziegen ansehen wolle.

Geh nur, das passt zu dir, bist selbst ein alter Ziegenbock, wollte Timo ihm nachrufen, konnte sich aber gerade noch beherrschen.

Die Mädchen stürmten in die Ställe, die Frauen, eine breit, die andere schmal, gingen gemächlich schnatternd hinterher.

Timo atmete tief durch, betrat den Garten hinter dem Grillhäuschen und setzte sich in einen bequemen Stuhl unter einem Sonnenschirm. Er schloss die Augen und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Ob er auch mal wieder auf ein Pferd steigen sollte? Es war Jahre her, dass er regelmäßig geritten war.

Nein, er wollte nicht reiten und am liebsten auch nicht hier sein. Mit Mandy! Wie hatte es eigentlich angefangen mit ihr? Die Frauen kannten sich über die Mädchen, die die gleiche Schulklasse besuchten und sich angefreundet hatten. Katja hatte ihm irgendwann von Mandy vorgeschwärmt, der tollsten Fußpflegerin der Welt, und ihm zum Geburtstag einen Gutschein für eine Behandlung geschenkt. Das hätte sie besser nicht gemacht. Denn bis dahin hatte er Fußpflege für völligen Unsinn gehalten, sich seine Fußnägel selbst geschnitten und die Hornhaut mit dem Hobel aus dem Drogeriemarkt wie ein Weltmeister regelmäßig heruntergehobelt. Doch dann hatte er sich von Mandy eines Besseren belehren lassen. Mit ihren langen dünnen Fingern hatte sie ihn bei der abschließenden Massage regelrecht in Trance versetzt, sodass es nicht bei der einen Fußpflege geblieben war und sie später mit den flinken Fingern auch noch anderes an ihm bearbeitet hatte. Mangels sonstiger Gelegenheit trafen sie sich seither in der bruchfälligen Laube des Schrebergartenvereins, in dem ihr Vater der Vorsitzende war.

Zuerst fand er es aufregend und lustig, mittlerweile stieß ihn diese jämmerliche Bude, in der es nach abgestandenem Bier und feuchtem Wischmopp roch, nur noch ab. Spartanische schmuddelige Küche, Wandverkleidung aus Holz wie in einer Sauna. Hinter einem muffigen Vorhang lagerten etliche Bierkästen mit vollen und leeren Flaschen, Sitzecke im altbayerischen Stil, überall schreckliche Deko: verstaubte Rehgeweihe an den Wänden, Porzellanmaulwürfe mit Schal um den Hals, Milchkrüge mit fürchterlichen Motiven.

Alles totale Abturner, fand Timo. Ebenso wie das schrille Gestöhne der scharfen Mandy auf dem Kiefernholztisch, die einfach nicht genug bekommen konnte von ihm, dem kleinen Finanzbeamten. Ihr elendes Parfum mit den Kopfnoten Amber und Patschuli verursachte bei ihm inzwischen Migräne. Sogar im Winter zwang Mandy ihn zu ausdauernden Schrebergartenbesuchen, sodass er nicht selten total erkältet durch die Gegend lief, obwohl er sich beim Mandy-Sex in eine olle Wolldecke hüllte. Klar, es gab auch einen Gasofen, doch der bullerte so stark, dass Timo Angst hatte, er würde das kleine Häuschen in die Luft fliegen lassen. Deshalb zündeten sie ihn erst gar nicht an.

Zu Hause hatte er dagegen ein wahres Paradies, ein kuscheliges, stets sauberes Bett, warm und behaglich. Nachts sind alle Katzen grau, hatte er sich irgendwann gesagt, ob nun Katja oder Mandy. Sex wurde sowieso überbewertet, fand er. Doch sämtliche Versuche, die Liaison mit Mandy zu beenden, waren kläglich gescheitert. Dabei hatte er die andere Seite der zärtlichen, verständnisvollen Mandy kennengelernt. Jedes Mal hatte sie die Zähne gefletscht und ihm gedroht, seiner Gattin alles zu erzählen.

So ging es jedenfalls nicht weiter. Er war am Ende. Ausgepowert. Ein echtes Mandy-Burn-out plagte ihn.

Plötzlich stand sie hinter seinem Stuhl und streichelte mit ihren dünnen Griffeln seinen Nacken.

»Na, wie wäre es mit einem Nümmerchen irgendwo in einer abgelegenen Ecke? Hast du Lust?« Mandy schloss die Augen und stöhnte.

Wie sie wieder aussah in ihrem kurzen Frotteekleid, das nicht einmal strandtauglich war.

»Bist du verrückt? Verschwinde! Wenn Katja oder Dietmar dich sehen! Außerdem habe ich keine Lust auf Sex.«

Verstimmt schob sie ab. Befahl ihm, ihr in die Reithalle zu folgen, wo die Mädchen gerade Unterricht erhielten.

Lustlos schritt er wenig später durch die Stallgasse, äugte in jede Box und schaute sich die Pferde an, die sich darin befanden, den Hofhund immer an seiner Seite. Anschließend suchte er die Reithalle auf, in der es nach Sägemehl roch, und sah seine Tochter aufrecht im Sattel einer braunen Stute sitzen und den Anweisungen der Reitlehrerin folgen. Wie langweilig, nur im Kreis zu reiten, fand er. Am liebsten würde er jetzt nach Hause fahren. Ob er irgendwelche Schmerzen...

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