Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Kosmotekten

tolino mediaerschienen am01.07.2015
Der Polizist Vincent Kemper verbringt eine Nacht mit der mysteriösen Loonie, die wenig später in Verdacht gerät, für den Tod mehrerer Politiker und Wirtschaftsbosse verantwortlich zu sein. Da Loonie trotz härtester Verhörmethoden nichts preisgibt, wird Kemper beauftragt, ihr Vertrauen zu gewinnen und das Rätsel ihrer Identität zu lösen. Seine Ermittlungen erweisen sich nicht nur als extrem gefährlich, sondern führen ihn überdies auf die Spuren unsichtbarer Mächte, die seit Jahrtausenden den Lauf der Welt bestimmen. Was als Cop-Thriller im Noir-Stil beginnt, entwickelt sich im Lauf der Handlung zu einer phantastischen Saga, die den Horizont der Ausgangssituation weit hinter sich lässt. Wer Vergnügen an spannenden Geschichten findet, die sich ungeniert über Genre-Grenzen hinwegsetzen, könnte an diesem Roman seine Freude haben.

Peter Scheerer ist hauptberuflich Grafik Designer. Zu seinen Lieblingsautoren zählen Philip K. Dick, Ray Bradbury, Raymond Chandler und James Ellroy, was sich auch in seinen Romanen widerspiegelt, die bevorzugt Motive der Science Fiction mit denen des Kriminalromans verbinden.
mehr

Produkt

KlappentextDer Polizist Vincent Kemper verbringt eine Nacht mit der mysteriösen Loonie, die wenig später in Verdacht gerät, für den Tod mehrerer Politiker und Wirtschaftsbosse verantwortlich zu sein. Da Loonie trotz härtester Verhörmethoden nichts preisgibt, wird Kemper beauftragt, ihr Vertrauen zu gewinnen und das Rätsel ihrer Identität zu lösen. Seine Ermittlungen erweisen sich nicht nur als extrem gefährlich, sondern führen ihn überdies auf die Spuren unsichtbarer Mächte, die seit Jahrtausenden den Lauf der Welt bestimmen. Was als Cop-Thriller im Noir-Stil beginnt, entwickelt sich im Lauf der Handlung zu einer phantastischen Saga, die den Horizont der Ausgangssituation weit hinter sich lässt. Wer Vergnügen an spannenden Geschichten findet, die sich ungeniert über Genre-Grenzen hinwegsetzen, könnte an diesem Roman seine Freude haben.

Peter Scheerer ist hauptberuflich Grafik Designer. Zu seinen Lieblingsautoren zählen Philip K. Dick, Ray Bradbury, Raymond Chandler und James Ellroy, was sich auch in seinen Romanen widerspiegelt, die bevorzugt Motive der Science Fiction mit denen des Kriminalromans verbinden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783739320595
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.07.2015
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse352
Artikel-Nr.10753844
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Kempers Schicht endete am späten Nachmittag. Er rüttelte Brodski wach, der sich auf dem Sofa zu einem schnarchenden Knäuel zusammengerollt hatte, und trat den Weg zur Bahnstation an. Gewohnheitsmäßig achtete er darauf, einen resignierten Eindruck zu verbreiten. Ein ausgemusterter, dem Alkohol zugeneigter Mittvierziger, der sich mit seinem Kumpel eine schäbige Wohnung teilte und gelegentlich der einen oder anderen anspruchslosen Arbeit nachging, erregte im 23. keine Aufmerksamkeit.

Ein schwarz-weiß gemusterter Vogel stieß von einem Gebäude herab und flatterte für einige Augenblicke vor Kemper her, stieß eine Sequenz unmelodischer Laute aus. Was eine Elster in dieser durch und durch urbanen Umgebung zu suchen hatte, war ihm ein Rätsel: Weit und breit kein Baum, keine Hecke oder eine Grünanlage. Der gefiederte kleine Kerl musste sich gründlich verirrt haben.

In der U-Bahn ergatterte er einen Sitzplatz, auf dem er teilnahmslos vor sich hindöste, bis ihm ein dunkelhäutiger Bursche in einer Armeejacke, das struppige schwarze Haar mit einer roten Bandana im Zaum gehalten, eine mindestens fünfzehn Zentimeter lange Messerklinge unter die Nase hielt und ihn über seine Zukunftspläne aufklärte.

»Nicht dass ich das gern tun würde, überhaupt nicht. Aber ich brauch noch ein bisschen Kohle, bevor ich mich durchs Portal verpisse. Hab mich fest entschieden, weil hier isses für mich gelaufen.«

»Ich würde mal Stütze beantragen«, meinte Kemper. »Immer noch besser, als irgendwohin zu gehen, wo vielleicht gar nichts ist.«

»Stütze? Bekomm ich keine, weil ich keinen Job annehme. Sagen sie. Dabei gibt es weit und breit keinen verdammten Job! Dann is da noch so ´ne Schickse, die hat´n Kind von mir. Die beiden kann ich doch nicht ohne alles sitzen lassen, wenn ich die Fliege mache, oder wie siehst du das?«

Kemper drückte ihm einen zerknautschen Schein in die Hand. Der Messermann dankte mit einem freundlichen Lächeln und hielt nach einem neuen Opfer Ausschau. Dank seiner Ausbildung hätte Kemper ihn mühelos überwältigen können, aber im Zug wimmelte es von Leuten aus dem 23. Bezirk, er durfte seine Tarnung nicht aufs Spiel setzen.

Am Haltepunkt Neue Peripherie 7 stieg er aus und fuhr mit der Rolltreppe zu dem weitläufigen Platz am Fuß seines Habitats hinauf. Neue Peripherie, meist NP abgekürzt, bezeichnete ein groß angelegtes Bauprojekt aus himmelstrebenden Wohninseln, die man in ringförmiger Anordnung um das Stadtzentrum hochgezogen hatte. Als er den Job beim City Security Team bekommen hatte, war ihm eine Wohneinheit im Containerhochhaus Nr. 7 zugeteilt worden. Zwar wurde ihm immer noch flau bei dem Gedanken, dass sein Heim zweiundsiebzig Stockwerke hoch über dem Boden lag. Doch wenn er nach fünf Tagen Dauereinsatz von seinem Beobachtungsposten zurückkehrte, fand er es manchmal durchaus behaglich.

Vor dem Aufzug zu seinem Wohnsegment war eine Menschenmenge an einer Absperrung versammelt. Das Lichtergewirr von Polizei- und Rettungsfahrzeugen huschte über die Flanken des Gebäudes. Kemper mischte sich unter die Leute und erfuhr, dass die Liftkabine abgestürzt war. Siebzig zerquetschte Menschen mussten geborgen und abtransportiert werden. Die schwerste Panne, seit private Investoren die Wohnanlage übernommen und das Budget für Wartungsarbeiten um fünfundneunzig Prozent gekürzt hatten.

Auch die beiden verbleibenden Lifts an dieser Seite des Gebäudes waren durch die Absperrungen unzugänglich gemacht worden. Vor den Aufzugröhren auf der anderen Seite herrschte ruppiges Gedränge. Kemper graute davor, in das Gewühl einzutauchen und in schwindelnder Höhe auf einem der windigen, von schaulustigen Hausbewohnern verstopften Steige den Komplex zu umrunden. Er kehrte in den unterirdischen Bahnhof zurück und fuhr mit dem nächsten Zug zurück in Richtung City.

Normalerweise mied er die Innenstadt, denn die allgegenwärtigen Leuchtreklamen, die haushohen Videoscreens und animierten Holografien schlugen ihm aufs Gemüt. Die meisten Lokalitäten kamen für ihn sowieso nicht infrage. Da gab es Bars, in denen kein Wort gesprochen werden durfte, neben Clubs, in denen Dirty Talk Pflicht war. Restaurants für Hunde und improvisiertes Rülps- und Furz-Cabaret mit Lachgarantie für Gehirnamputierte, Schuppen für Nackt-Karaoke und puritanisch eingerichtete Fastfood-Filialen, in denen zu jeder vollen Stunde eine Schnellversion der Heiligen Messe abgehalten wurde.

Zudem verfolgte einen auf Schritt und Tritt die unvermeidliche Propaganda für die Zweite Welt: Idyllische Flussauen, Fachwerkdörfer, Windmühlen, ein Fesselballon über einer verschneiten Gebirgskette. Männer in weißen Hemden und Kniebundhosen, die mit vereinten Kräften einen Mast aufrichteten. Eine glückliche, mit üppiger Kinderschar gesegnete Familie beim Frühstück auf der Veranda eines rustikalen Holzbungalows.

Kemper verstand nicht, warum so viele Menschen auf diesen Blödsinn hereinfielen. Vielleicht, weil sie keinen anderen Ausweg sahen aus dem lückenlos bevormundeten Dasein, das einem drohte, wenn man erst einmal an den Rand der Gesellschaft gespült worden war.

Er entschied sich für einen Abstecher ins Ginger Whale. Dort hatte er schon mal einen Abend in gepflegter Langeweile verbracht, ohne sein Budget übermäßig zu strapazieren. Ein bescheidener Laden mit freundlicher Bedienung, einer kleinen Batterie Spielekonsolen und Retro-Beschallung - Rocksongs, so alt wie die Sünde, und dazwischen ein paar neuere Titel, die nicht übermäßig weh taten. Er setzte sich an die Theke, bestellte ein Bier und folgte ohne Interesse der stumm geschalteten Übertragung eines Fußballturniers auf dem Bildschirm am Ende des Lokals.

Seine Gedanken wanderten ziellos umher, von Brodski über das Monstrum Carlsson und der Frage, wie er seinen Versetzungsantrag formulieren würde, bis hin zu dem Horrorspektakel, das vor wenigen Stunden an der NP 7 stattgefunden haben musste. Ihm wurde schlecht, wenn er nur daran dachte. Einmal war er zusammen mit drei Dutzend Leuten stundenlang auf Höhe des vierundfünfzigsten Stockwerks festgesessen. An jenem Tag hatte er seine Dienstwaffe dabei gehabt. Als seine Mitgefangenen einer nach dem anderen in Panik gerieten, war er kurz davor gewesen, um sich zu schießen.

Jemand setzte sich auf den freien Hocker neben ihm. Eine dunkelhaarige junge Frau, kurzer weißer Lackmantel, lange Beine in schwarzen Strümpfen, weiße Lackstiefel. Unter ihrer zerzausten Fransenfrisur hatte sie klare Gesichtszüge mit einer hohen Stirn, einer präzisen Nase und leuchtend grünen Augen. Ihre Haut war von einem stumpfen Braun mit einem Stich ins Graue, was sie auf den ersten Blick ungesund aussehen ließ. Bei genauerem Hinsehen jedoch wirkte es geheimnisvoll, als wäre sie von hauchfeinen Schatten umsponnen.

»Hi«, sagte sie.

»Hallo«, brummte er.

»Du siehst aus, als würdest du dich zu Tode amüsieren.«

»Ich sehe immer so aus.«

Sie winkte dem Barkeeper und bestellte ein Bier, rückte ein kleines Stück näher an Kemper heran.

»Damit das klar ist - ich ziehe nicht herum und spreche irgendwelche Typen an. Wir wissen ja, wohin das führt, nicht wahr? Aber bei dir habe ich das Gefühl, wir könnten uns etwas zu sagen haben.«

Er musterte sie reserviert. Ja, sie war verdammt hübsch. Es gab eine Menge verdammt hübscher Frauen, die nicht alle Tassen im Schrank hatten.

»Wir können gerne ein bisschen schweigen«, fuhr sie fort. »Miteinander schweigen kann auch sehr schön sein.«

»Ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin, um deine Einsamkeit zu vertreiben.«

»Wer spricht von Einsamkeit? Ich bin gern allein, mir fehlt es an nichts. Doch dann gibt es diese ganz speziellen Tage... da beginnt es in mir zu wühlen und ich fange an, mir Fragen zu stellen. Fragen, auf die es vielleicht keine Antworten gibt.«

»Dann stellst du wahrscheinlich die falschen Fragen«, meinte er.

»Darüber sollte ich mal nachdenken - aber nicht heute! Denn heute hat es mich besonders schlimm erwischt. Seit Stunden treibe ich durch die Straßen wie ein weißes Blatt Papier, das darauf hofft, jemand möge seine Unterschrift darauf hinterlassen. Ich brenne vor Sehnsucht nach einer verwandten Seele. Vielleicht bist du meine letzte Rettung.«

»Ich habe nicht vor, heute noch jemanden zu retten.«

Sie lächelte, als hätte er etwas besonders Nettes gesagt. Ihre Zähne waren gelblich und ein wenig unregelmäßig. Irgendwie passte das zu ihr.

Der Barkeeper servierte das Bier und die Fremde präsentierte Kemper ihr Glas, um mit ihm anzustoßen.

»Ich bin Loonie«, sagte sie.

»Vince.«

»Ein Sieger also.«

»Du kannst Latein?«

»Ein bisschen.« Sie grinste. »Das Meiste habe ich aber vergessen.«

Er blickte zuerst auf seine Hände und dann auf das Fußballspiel. Ein verregneter Nachmittag in Stavanger fiel ihm ein, wo er sich mit einem ständig herumalbernden Engländer eine Wohnung geteilt hatte. Er hatte ihn auf einer der Newcastle-Fähren kennen gelernt, wo sie fürs Catering zuständig gewesen waren: Sandwiches und heiße Würstchen als Unterlage für Hochprozentiges. An jenem Nachmittag waren zwei Freundinnen des Engländers zu Besuch gekommen, eine Blonde und eine Dunkelhaarige - die Loonie zwar nicht unbedingt ähnlich gesehen hatte, aber das eine oder andere Merkmal hatte sie mit ihr gemeinsam. Etwa diese unverblümte und gleichzeitig verschlüsselte Art, sich auszudrücken.

Sie hatten Musik gehört, einen Haufen Gras weggekifft und viel getrunken, waren schließlich zu viert auf dem Bett des Engländers gelegen und hatten bis tief in die Nacht gequatscht. Der Sex war wie eine tropische Regenwolke über ihnen gehangen, doch die ständigen Ergüsse aus...

mehr