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Teegespräche im Purpurbambushain

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
436 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am26.01.20231. Auflage
In einem Beijinger Teehaus treffen sich regelmäßig ältere Damen und Herren, um sich über ihre Erlebnisse in der Mao-Zeit auszutauschen. Als Intellektuelle wurden sie fast zwanzig Jahre politisch verfolgt. Die Gespräche über diese Zeit erleichtern ihre schwere seelische Last Aber zugleich treibt sie ein Gefühl der Verantwortung , indem sie den Ursachen für diese despotische Herrschaft und insbesondere der Auswüchse in der sog. Kulturrevolution nachgehen. Sie stellen sich die Frage, wie es dahin kommen konnte und wie man verhindern kann, dass sich derartiges wiederholt. Unsere Teehausgäste diskutieren über die Klassenkampf-Philosophie im neuen China, die Notwendigkeit der Freiheit für den weiteren Fortschritt der Gesellschaft, die Taiwan-Frage und die Perspektiven der künftigen gesellschaftlichen Entwicklung.

Song Junling (geb. 1939) studierte ab 1957 an der Beijing-Universität Anglistik. Da er wegen seiner sozialen Herkunft ständig das Opfer von Kampagnen war (sein Vater war Offizier in der Guomindang-Armee), entschied er im Jahre 1961 freiwillig, auf der untersten Ebene der Gesellschaft zu arbeiten, wo er 19 Jahre blieb. Erst mit dem Anbruch der Politik von Reform und Öffnung unter Deng Xiaoping durfte er in der soziologischen Forschung arbeiten. Unwandelbar widmete er sich mit persönlichem Einsatz dem Aufbau der Human- und Sozialwissenschaften, bis er von der Beijinger Akademie der Sozialwissenschaften in den Ruhestand ging. Zu seinen wesentlichen Forschungsgebieten gehören die Struktur der Gesellschaft, die Prinzipien der Stadt und die klassischen Theorien der Humanwissenschaften. Insbesondere stellte er die klassischen Werke des großen Lehrers der Humanismus Lewis Mumford in Übersetzungen vor. Nacheinander war er Gastprofessor an mehreren Universitäten in den USA und Chinas. Bis heute publiziert er. Im Jahre 2016 veröffentlichte er bei TWENTYSIX seine Memoiren unter dem Titel: Der Weg der Meeresmuschel.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextIn einem Beijinger Teehaus treffen sich regelmäßig ältere Damen und Herren, um sich über ihre Erlebnisse in der Mao-Zeit auszutauschen. Als Intellektuelle wurden sie fast zwanzig Jahre politisch verfolgt. Die Gespräche über diese Zeit erleichtern ihre schwere seelische Last Aber zugleich treibt sie ein Gefühl der Verantwortung , indem sie den Ursachen für diese despotische Herrschaft und insbesondere der Auswüchse in der sog. Kulturrevolution nachgehen. Sie stellen sich die Frage, wie es dahin kommen konnte und wie man verhindern kann, dass sich derartiges wiederholt. Unsere Teehausgäste diskutieren über die Klassenkampf-Philosophie im neuen China, die Notwendigkeit der Freiheit für den weiteren Fortschritt der Gesellschaft, die Taiwan-Frage und die Perspektiven der künftigen gesellschaftlichen Entwicklung.

Song Junling (geb. 1939) studierte ab 1957 an der Beijing-Universität Anglistik. Da er wegen seiner sozialen Herkunft ständig das Opfer von Kampagnen war (sein Vater war Offizier in der Guomindang-Armee), entschied er im Jahre 1961 freiwillig, auf der untersten Ebene der Gesellschaft zu arbeiten, wo er 19 Jahre blieb. Erst mit dem Anbruch der Politik von Reform und Öffnung unter Deng Xiaoping durfte er in der soziologischen Forschung arbeiten. Unwandelbar widmete er sich mit persönlichem Einsatz dem Aufbau der Human- und Sozialwissenschaften, bis er von der Beijinger Akademie der Sozialwissenschaften in den Ruhestand ging. Zu seinen wesentlichen Forschungsgebieten gehören die Struktur der Gesellschaft, die Prinzipien der Stadt und die klassischen Theorien der Humanwissenschaften. Insbesondere stellte er die klassischen Werke des großen Lehrers der Humanismus Lewis Mumford in Übersetzungen vor. Nacheinander war er Gastprofessor an mehreren Universitäten in den USA und Chinas. Bis heute publiziert er. Im Jahre 2016 veröffentlichte er bei TWENTYSIX seine Memoiren unter dem Titel: Der Weg der Meeresmuschel.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756895243
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum26.01.2023
Auflage1. Auflage
Seiten436 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.10903013
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel Kulturrevolution
Bericht, wie der aufs Land verschickte Kader Fu Ji geschlagen wurde
Unversehens ist der Frühling auf die Erde zurückgekehrt, Weidenkätzchen fliegen durch die Luft, Sperlinge tschilpen. Die alten Freunde versammeln sich wieder im Pavillon auf der Terrasse, wärmen sich in der Frühlingssonne und erfreuen sich an den noch nicht aufgeblühten Blumen und Sträuchern. Die Lotosknospen im See zeigen schon ihre Spitzen. Aus dem zur Ruhe gekommenen Wasserspiegel ragen ein paar frische Knospen wie Pfeile empor. An diesem windstillen Tag spazieren etwas mehr Leute. Das Teehaus floriert. Zu den Gesprächen sind ein paar mehr Zuhörer gekommen.

Im April des Jahres Bingxu (2006)

Wer eine derart große Katastrophe erlebt hatte, ohne ernsthaft Schlüsse zu ziehen und lange darüber nachzudenken, dem bleibt außer dem Nichts, dem Verheimlichen, außer einem nichtssagenden Bericht auf wenigen Seiten eines Lehrbuches nur wenig. Wer eine derart große Katastrophe erlebt hatte und doch wider Erwarten nichts tiefgründig Geistiges, keine vernünftige Quintessenz, keine Erhöhung auf die Ebene der nationalen Moral, des Geistes, der Geschichte, keinen soliden historischen Gedenkstein besitzt ⦠kann man das eine ernsthafte, zu Hoffnungen berechtigende Nation nennen? Kann man das eine Nation mit einer Seele nennen? Aber kann eine Nation, die eine schwere historische Schuld trägt, das Werk der Väter fortsetzen und einen Weg in die Zukunft bahnen? Wie werden die verschiedenen Repräsentanten einer solchen Nation, ob es sich um die regierende Partei oder um Intellektuelle handelt, mit ihrer eigenen Rolle und ihrem Schicksal konfrontiert?

Aus dem Kapitel Kulturrevolution

⦠ich hörte, wie jemand mich rief. Als ich mich umsah, war ich ganz erstaunt, es war Ministerpräsident Zhou. Ich sah nur, dass er auf einer Steinstufe saß, er hielt beide Hände um die Knie geschlungen und sah sehr müde aus ⦠Ich wusste auch nicht, was ich sagen sollte, ich hoffte nur, dass er auf seine Gesundheit achtgeben würde. Lange schwieg der Ministerpräsident, er sagte kein Wort, später ließ er mich vorangehen. Als ich mich umsah, saß der Ministerpräsident noch auf den Steinstufen. Etwas entfernt standen mehrere Bewacher ⦠Das war das erste Mal, dass ich dem Ministerpräsidenten so nah war. Seine Kleidung sah sehr alt und sein Gesicht ganz müde aus. Mein Eindruck war, dass dem Ministerpräsidenten Zhou viele Dinge schwer auf dem Herzen lagen, seine Miene war ernst, dass ihn von der großartigen Veranstaltung an jenem Tage tausend Berge trennten, aber er sagte nichts darüber â¦

⦠aber die Geschichte ernsthaft ins Auge zu fassen und die eigenen Verbrechen zu bereuen, ist ein großer Vorzug dieser Nation. Wegen dieses Vorzugs achten wir sie.

Aus dem Kapitel Kulturrevolution

Vorsitzender (er hat die siebzig überschritten, seine Haut ist weiß, fein und glänzend, er spricht einen schweren Sichuan-Akzent der Gegend von Guangyuan, er redet leicht und langsam): Gut, liebe Anwesende, nehmen Sie Platz. Heute sind noch mehr als letztes Mal gekommen ⦠ich werde den Anfang machen und zur Diskussion anregen, ha, ha.

Wir haben diese Teegespräche drei, viel Mal veranstaltet, einige waren recht erfolgreich. Wir haben schon recht systematische Aufzeichnungen zu Papier gebracht. Einige sind zwar ziemlich verworren, ohne ganze Sätze, manche geradezu ungereimtes Zeug, als hätte sich jemand einen Spaß gemacht, ha, ha. Aber das macht nichts, reden wir frei heraus, und wir wollen uns freuen. Aber ich möchte daran erinnern, es gibt recht viele Gründe, wenn wir nicht erfolgreich sind, doch meistens liegt es daran, dass wir untereinander zu heftig streiten, dann wird nicht nur das zentrale Thema des Gesprächs verfehlt, sondern auch die freundschaftliche Atmosphäre des Gesprächs zerstört. Dass es zu Streit kommt, ist eigentlich nichts Unerwartetes, weil unsere Themen diese Gesellschaft und eine Reihe grundlegender großer Wahrheiten in dieser Zivilisation betreffen. Wie könnten wir dann plötzlich das Denken und Wissen vereinheitlichen? Streit ist so schrecklich, aber er drückt gerade aus: Seit so vielen Jahren stimmen Gedanken und Worte der Menschen nicht überein, jetzt stehen die Anwesenden jenseits ihrer früheren Positionen; wer nicht ein bestimmtes Amt innehat, mische sich nicht in seine Aufgaben ein40; zugleich sind die Gedanken befreit und man kann frei von der Leber reden, aber dann können auch sofort Differenzen und Widersprüche hervorbrechen, was überhaupt nicht verwunderlich ist. Man kann nicht und man soll auch nicht das Wissen vereinheitlichen.

Also, was ist zu tun? Ich meine, erstens, man darf nicht von vornherein die Flinte ins Korn werfen, die Teegespräche sollen weitergehen, sie sollen deshalb nicht aufhören. Weil wir schon jetzt erkennen können, dass es von Wert ist, dass es nützlich ist, wenn wir rückschauende Gedanken anstellen; vielleicht kann mit dem Wandel der Zeiten ihr Wert noch mehr zu Tage treten. Zweitens, müssen wir dennoch auch eine Grenze, ein Prinzip einhalten, brauchen wir eine Mindestordnung. Ich dachte darüber nach und meine, sie heißt diskutieren, aber nicht zanken . Das heißt, ganz gleich, welche Meinungen auftreten, hoffe ich, dass Sie gelassen bleiben, wir wollen ruhig weiterreden, gut so? Drittens, wir müssen uns gegenseitig achten, wie es Sokrates in einem berühmten Ausspruch gesagt hatte: Obwohl ich mit deinem Standpunkt nicht einverstanden bin, wahre ich doch dein Recht auf eine eigene Meinung. (Ein Gast wirft ein: Das war Sokrates und sein Widersacher Aristoteles!) ⦠Ganz gleich, worum es geht, heißt der grundlegende Geist Gedankenfreiheit, Redefreiheit . Stellen Sie sich vor, wenn sich selbst die hier anwesenden ehrenwerten Personen nicht daranhalten würden, könnten sie sich vorstellen, dass in ganz China Redefreiheit praktiziert wird, wäre das nicht eine Utopie? Außerdem ist ein wesentlicher Geist des freien Redens, dass man ganz gleich, welche Meinung vertreten wird, seine eigenen Worte glaubhaft machen muss. Seine eigenen Worte glaubhaft machen, heißt, dass sich die Worte auf einen Hintergrund, auf Belege stützen müssen. Erst so ergibt sich der Wert, der Geschmack eines Gedankens, der die Menschen veranlasst hinzuhören und neue Ideen auslöst. Ist es nicht so? Darum fahren wir heute fort, wir werden uns dann weiter unterhalten, gut so?

Worüber unterhalten wir uns heute? In dieses Jahr fällt der 40. Jahrestag der Großen Kulturrevolution , aber nirgends gibt es die Spur eines Gedenkens oder einer Reflexion. Die Geschäftsstraßen sind friedlich und belebt, aber von woher ist die heutige Welt gekommen? Wie war es in der Vergangenheit? Niemand weiß das! Besonders die junge Generation hat über die Geschichte der eigenen Vergangenheit ein höchst illusorisches Verständnis, sie ist ahnungslos, wie ein weißer Fleck. So scheinen sich viele der wichtigen historischen Ereignisse überhaupt nicht ereignet zu haben (die Atmosphäre im Teehaus fängt an zu erstarren). Das muss uns nicht erstaunen, die Geschichte wird im tiefsten Herzen verborgen ⦠(ein Lächeln erscheint, nach einer Weile wird sein Tonfall stärker) Aber im Juni vor genau vierzig Jahren begann diese Nation, in einen Albtraum zu fallen und in Panik zu geraten. Am ersten Juni hieß der Leitartikel der Renmin Ribao (Volkstageszeitung) Fegt alle Rindsteufel hinweg! , und der Leitartikel des nächsten Tages Eine große Revolution, die an die Seele rührt , und der Titel des Leitartikels am dritten Tag hieß wohl Wascht die trüben schmutzigen Wasser der alten Welt hinweg! , ich erinnere mich nicht mehr ganz genau. Dann wurde der Artikel Eine Kritik des neu verfassten historischen Stücks Hai Rui legt sein Amt nieder 41 erneut veröffentlicht, und das Spiel begann. Diese Leitartikel waren, von oben herabschauend, voll scharfer Formulierungen und schon pulvergeschwängert, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, jeden Tag erschien solch ein Leitartikel. Unverzüglich erfasste eine bis dahin nicht dagewesene politische Bewegung das ganze Land. Im Nu waren Himmel und Erde in Dunkel getaucht, jegliche Ordnung wurde zerschlagen, alles auf den Kopf gestellt, es brach ein im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinniges Chaos aus, gütige Menschen wurden plötzlich zu tückischen Teufeln ⦠viele Menschen kamen um, viele gute Menschen, hervorragende Menschen kamen um; viele wertvolle Kulturgüter wurden vernichtet; im Handumdrehen wurden die Standardpfeifen zerstört und auf den Müll geworfen, tönerne Töpfe tönten wie Donner! Viele wertvolle Kulturtraditionen wurden wie ein alter Schuh weggeworfen. Diese vollkommen absurden, teuflischen, mörderischen zehn Jahre haben so angefangen, sie kamen und gingen vorüber ⦠das persönlich Erlebte kann man nicht vergessen. Sowie die Kulturrevolution einmal ausgebrochen war, ließ sie sich nicht mehr...
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Song Junling (geb. 1939) studierte ab 1957 an der Beijing-Universität Anglistik. Da er wegen seiner sozialen Herkunft ständig das Opfer von Kampagnen war (sein Vater war Offizier in der Guomindang-Armee), entschied er im Jahre 1961 freiwillig, auf der untersten Ebene der Gesellschaft zu arbeiten, wo er 19 Jahre blieb. Erst mit dem Anbruch der Politik von Reform und Öffnung unter Deng Xiaoping durfte er in der soziologischen Forschung arbeiten. Unwandelbar widmete er sich mit persönlichem Einsatz dem Aufbau der Human- und Sozialwissenschaften, bis er von der Beijinger Akademie der Sozialwissenschaften in den Ruhestand ging. Zu seinen wesentlichen Forschungsgebieten gehören die Struktur der Gesellschaft, die Prinzipien der Stadt und die klassischen Theorien der Humanwissenschaften. Insbesondere stellte er die klassischen Werke des großen Lehrers der Humanismus Lewis Mumford in Übersetzungen vor. Nacheinander war er Gastprofessor an mehreren Universitäten in den USA und Chinas. Bis heute publiziert er. Im Jahre 2016 veröffentlichte er bei TWENTYSIX seine Memoiren unter dem Titel: Der Weg der Meeresmuschel.