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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Schöffling & Co.erschienen am23.02.20231. Auflage
Als Martha Kopetzky die E-Mail vom Bildungsministerium bekommt, ist sie sofort alarmiert. Die Beho?rde will das digitale Lernsystem KREIDE (Kreative Intelligenz durch E-Learning) einfu?hren, das fortan die Schu?ler:innen beim Lernen u?berwachen und ihnen je nach Leistung Punkte ver- leihen soll. Aus einer Beschwerdemail wird ein ausgewachsenes politisches Engagement: Martha versucht den Einsatz der KREIDE mit einer Petition zu verhindern und wirbelt damit viel Staub auf. Schließlich hat sie nicht vor, die Kinder kampflos den Tech-Giganten zu u?berlassen. Aber auch Anatol Penzel, dem Verantwortlichen im Bildungsministerium, kommen immer mehr Zweifel am neuen Programm. So werden die anfa?nglichen Gegenspieler immer weiter miteinander verstrickt, getrieben vom gemeinsamen Aufbegehren gegen eine zutiefst digitalisierte Welt. U?beraus unterhaltsam und mit bissiger Ironie erza?hlt Anna-Elisabeth Mayer in Kreidezeit vom Zusammenleben zwischen Mensch und Maschine in unserer scho?nen neuen Welt.

Anna-Elisabeth Mayer, geboren in Salzburg, studierte Philosophie und Kunstgeschichte und wohnt in Wien. Fu?r ihren Roman »Fliegengewicht« wurde sie 2011 mit dem Literaturpreis Alpha ausgezeichnet. 2014 folgte der Roman »Die Hunde von Montpellier«, im Jahr darauf erhielt sie den Reinhard-Priessnitz- Preis. 2017 erschien ihr Roman »Am Himmel« u?ber einen wahren Wiener Kriminalfall.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextAls Martha Kopetzky die E-Mail vom Bildungsministerium bekommt, ist sie sofort alarmiert. Die Beho?rde will das digitale Lernsystem KREIDE (Kreative Intelligenz durch E-Learning) einfu?hren, das fortan die Schu?ler:innen beim Lernen u?berwachen und ihnen je nach Leistung Punkte ver- leihen soll. Aus einer Beschwerdemail wird ein ausgewachsenes politisches Engagement: Martha versucht den Einsatz der KREIDE mit einer Petition zu verhindern und wirbelt damit viel Staub auf. Schließlich hat sie nicht vor, die Kinder kampflos den Tech-Giganten zu u?berlassen. Aber auch Anatol Penzel, dem Verantwortlichen im Bildungsministerium, kommen immer mehr Zweifel am neuen Programm. So werden die anfa?nglichen Gegenspieler immer weiter miteinander verstrickt, getrieben vom gemeinsamen Aufbegehren gegen eine zutiefst digitalisierte Welt. U?beraus unterhaltsam und mit bissiger Ironie erza?hlt Anna-Elisabeth Mayer in Kreidezeit vom Zusammenleben zwischen Mensch und Maschine in unserer scho?nen neuen Welt.

Anna-Elisabeth Mayer, geboren in Salzburg, studierte Philosophie und Kunstgeschichte und wohnt in Wien. Fu?r ihren Roman »Fliegengewicht« wurde sie 2011 mit dem Literaturpreis Alpha ausgezeichnet. 2014 folgte der Roman »Die Hunde von Montpellier«, im Jahr darauf erhielt sie den Reinhard-Priessnitz- Preis. 2017 erschien ihr Roman »Am Himmel« u?ber einen wahren Wiener Kriminalfall.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783731762287
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum23.02.2023
Auflage1. Auflage
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1387 Kbytes
Artikel-Nr.11109532
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



I
Anhecheln

Wenn sich in Wien der Sommer ankündigte, geschah etwas mit den Menschen. Wie bei einem aus dem Keller geholten Sonnenschirm segelte von vielen der Staub. Andere waren eher Butter ähnlich, die vor einiger Zeit aus dem Kühlschrank geholt worden war: weich und leicht verteilbar.

Diesen Sommer aber war es in Wien so heiß geworden, dass die Menschen geradezu zerrannen. Anatol in seinem abgedunkelten Büro dachte an das Zerrinnen, den Blick auf die Schneekugel am Schreibtisch gerichtet, Schweißperlen unter dem Kragen. Von draußen drang das Geräusch von Rotorblättern herein. Wurde die glühende Stadt von oben im Auge behalten? Zur Mittagszeit erst recht keiner auf der Straße - außer Touristen; oder einem Staatsbesuch, zur Abrundung des Programms stand gemeinsames Eisschlecken an. Gleich beim Mahnmal gegen Krieg und Faschismus gab es eine neue Eisdiele. Der Hubschrauber entfernte sich; Richtung Museumsquartier, stellte sich Anatol vor und wie er dort über die Agentur für Bildung flog - und sein Kollege Zachy Reisinger, aus der Mittagspause kommend, endlich die richtige Größe hatte.

Martha sah den Hubschrauber von einem Autofenster aus im wolkenlosen Himmel kreisen. »Staatsbesuch«, sagte Frederika hinter dem Steuer. »Bald werden die Kinder überwacht - da könnte jeder Staatsbesuch neidisch werden«, meinte Martha mit düsterer Stimme, strich ihrem Hund über das Fell. »Übertreib nicht«, kam es von der Rückbank. Martha drehte sich zurück zu Lynn: »Heute früh in meinem Posteingang«, sagte sie, »von Frau Blecha, der Direktorin« und reichte ihr das Telefon.

»KREIDE für die Zukunft«, las Lynn laut, »Ein Pilotprojekt, herausragend im Volksschulunterricht«. »Danke Gott, dass Damian bereits ein Teenager ist!«, bemerkte Martha. »Gott für einen Teenager danken? Mehrmals täglich«, erwiderte Lynn, musste die Stirn runzeln, als sie weiterlas: »Eine neuartige Lernplattform.« »Ich schlaf gleich am Steuer ein«, sagte Frederika. Martha ließ die Locke, an der sie gedreht hatte, springen. »Haarsträubend!«, gab sie zu verstehen, dass Langeweile nicht das Problem war: »Die Kinder sollen eine Lernplattform benützen, die sie filmt - in der Schule, zu Hause!« und sie wandte sich um: »Und, habe ich übertrieben?«, während Lynn weiterlas: »Die KREIDE zeichnet sekundengenau auf.«

»Tech-Produkte vom Erstklässler an - klingt nach Goldgrube«, sagte nun Frederika, bevor sie scharf bremste, sodass der Koffer im Heck nach vorne rutschte. »Bestimmt von Herren in hohen Positionen ausgedacht«, kam es von der Rückbank und Lynns graugrüne Augen suchten den Text eilig nach etwas ab. »Ansprechpartner Anatol Penzel (Bildungsministerium) und Zacharias Reisinger (Agentur für Bildung) - na, wer sagt s denn!«, rief sie schon. »Den Kindern würd eine Agentur für Unbildung vielleicht besser gefallen«, kommentierte Frederika, bevor sie hupte.

»Ich glaube, ich werde mal das Bildungsministerium anschreiben«, meinte Martha, nahm das Telefon wieder entgegen und begann Izzy auf ihrem Schoß die Ohren zu kraulen.

»Du bist im Krankenstand«, erinnerte Lynn.

»Ich lüfte kurz durch«, meinte Frederika mit Seitenblick auf Izzy und ließ alle Fenster einen Moment hinunter.

»Zwölf Jahre ohne Zähneputzen«, sagte Martha und schmiegte sich an den Hund, er würde ihr fehlen.

»Direktorin Blecha anhecheln!«, befahl Frederika ihm, während sie auf die Überholspur wechselte. Izzy suchte den Schatten unter dem Handschuhfach und setzte sich auf Marthas Sandalen. Sie selbst schaute unterdessen auf die vorbeiziehende Landschaft, das Gras versengt von der Augustsonne. Ihr schien, dass sie den Sommer vor allem durch Fenster gesehen hatte - die belüfteten des Krankenhauses, die Doppelfenster zu Hause, im Augenblick das von der Hundezunge verschmierte Autofenster und bald ein neues, wohl frisch geputztes.

Zum Parkplatz hochfahrend sagte Frederika: »Hier gehörst du zu den Jüngsten.« Sie parkte unter einem Baum, zog den Autoschlüssel aus dem Schloss und schnallte sich ab. Martha verabschiedete sich von Izzy, trug ihr dabei auf, Frederika zu gehorchen. »Mundwasser!«, verordnete Frederika. Lynn hatte inzwischen den Kofferraum aufgemacht und Marthas Koffer herausgeholt.

Als sich vor den Dreien die automatische Tür öffnete, zuckelte eine hüfthohe Scheuersaugmaschine an ihnen vorbei. Ein oranges Warnlicht blinkte, als winkte es ihnen zu. Die Reinigungsmaschine ließ den Parkplatz mit den Autos zurück und nahm Kurs auf das abschüssige Gelände, in Richtung des Tannenwaldes, an dem sie eben vorbeigefahren waren. »Jetzt haben sogar schon die Maschinen genug«, meinte eine entgegenkommende Frau im Rollstuhl.

»Fängt ja gut an«, murmelte Martha. Lynn, die sich um Marthas Koffer kümmerte, drehte sich noch einmal um und sah, wie jemand sich draußen suchend umblickte. Frederika drückte bereits auf den Klingelknopf in der Eingangshalle.

»Einfach Reißaus genommen«, murmelte die Rezeptionistin, als könnte sie dies auf eine Idee bringen. »Sie hat Kurs auf den Wald genommen«, informierte Lynn die Rezeptionistin, die bloß nickte. Sie händigte Martha die Magnetkarte für das Zimmer aus, gab ihr einen Therapieplan und ein paar Broschüren - das alles tat sie mit angelernter Freundlichkeit, aber Martha hatte Respekt vor jedem Erlernten. Im Spiegel des Aufzugs sah Martha, wie sich die junge Frau mit einer der Broschüren, die sie in ihrer Hand hielt, den Blick hinaus gerichtet, Luft zufächelte.

Als sie auf ihrem Stockwerk ausstiegen, war niemand zu sehen - bis auf eine Scheuersaugmaschine in der Mitte des Ganges. »Das wird doch nicht die Schwester sein«, sagte Frederika. Je näher sie kamen, desto klarer konnten sie den Schlauch am kompakten Körper der Maschine ausmachen, die Bürsten, die sich drehen konnten - würde sie nicht gerade stillstehen und das mitten im Weg. »Eine Verschwörung«, meinte Lynn. »Gut, dass ich von der Schule einiges gewohnt bin«, sagte Martha. Lynn stellte den Koffer beiseite, um mit Frederika - »Deine Bandscheiben, Martha!« - die Maschine zu verrücken.

Schließlich schlüpften sie an ihr vorbei, Martha sperrte bei ihrer Zimmernummer auf und die Tür fiel hinter ihnen zu. Martha ließ sich auf den Sessel in der Ecke fallen, atmete hörbar aus und meinte: »Das Rehazentrum ist mir nicht ganz geheuer!«

»Du hältst uns auf dem Laufenden«, erbat Lynn.

»Wenn mich nicht eine der Scheuersaugmaschinen verputzt«, erwiderte Martha.

Frederika ließ sich unterdessen auf dem Bett nieder. »Meines war weicher«, befand sie, fügte hinzu: »Das unterscheidet den Krebs von den Bandscheiben.«

Lynn, die am Fenster stand, durch das Martha die nächste Zeit blicken würde, sagte: »Ratet, wo die Putzmaschine zum Stehen gekommen ist?«

»Vielleicht hat sie einen Baum zum Umarmen gesucht«, meinte Frederika, die aufgestanden und ebenfalls ans Fenster getreten war.

»Oder für den Strick«, murmelte Martha und blickte auf den vollgepackten Therapieplan.

»Hier gibt s kein Entkommen«, sagte Frederika, die sich zurück zu Martha gedreht hatte.

»Kein Entkommen«, wiederholte Martha, dachte an die folgenden drei Wochen, an die Scheuersaugmaschine im Wald, an die Zeilen von Frau Blecha - sie richtete sich plötzlich auf, nahm ihr Telefon, suchte die Nachricht der Direktorin und rief aus: »Kein Entkommen, Anatol Penzel!«

Sehr geehrter Herr Penzel, als Lehrerin einer Klasse der Christine-Nöstlinger-Volksschule, die für die Pilotphase der neuen Lernplattform KREIDE bestimmt wurde, würde ich nähere Informationen vor allem den Datenschutz der Kinder betreffend erbeten. Mit freundlichen Grüßen, Martha Kopetzky«, das war das Erste, was Anatol in der Früh las, als er sein E-Mailprogramm öffnete. Anatol seufzte und leitete die Nachricht sogleich an Zachy in der Agentur für Bildung weiter. Wenn das Bildungsministerium schon glaubt, mit einem Start-up-Unternehmen kooperieren zu müssen, dann kann ich auch etwas davon haben, dachte er. Erstaunt war er, als er Zachy wenig später in seiner Abteilung im Bildungsministerium auftauchen sah.

»Ob das Schütteln der Schneekugel gegen die Hitze hilft?«, fragte Zachy im Türrahmen, den Fahrradhelm unter den Arm geklemmt, die Augen auf die Kugel am Schreibtisch geheftet. »Ich habe dir gerade die Nachfrage einer Lehrerin weitergeleitet«, sagte Anatol.

»Du kannst sicher behutsamer mit Ängsten von Volkschullehrerinnen umgehen«, betraute Zachy flugs wieder Anatol damit, öffnete seinen Rucksack und holte eine Blattsammlung in Spiralbindung heraus: »Hier der Präsentationsentwurf zur KREIDE - ausgedruckt, wie gewünscht!« Anatol nahm ihn wortlos entgegen. Zachy hatte schon oft genug erläutert, an wen sich dieser richtete, sodass Anatol im Geiste mitsprach, als er es ein weiteres Mal tat: »Für das geschätzte Lehrpersonal der Christine-Nöstlinger-Volksschule sowie interessierte Direktoren anderer Volksschulen.« Anatol wartete, ob noch etwas kam. »Und das bitte unterschreiben.« Anatol nickte.

»Nach Büroschluss brauche ich eine Abkühlung in der Alten Donau«, sprach Zachy unterdessen weiter, blickte auf Anatols geschlossenen obersten Hemdknopf und den ausgeschalteten Ventilator, als sein Telefon piepste. Mit einem Lächeln meinte er:...

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Autor

Anna-Elisabeth Mayer, geboren in Salzburg, studierte Philosophie und Kunstgeschichte und wohnt in Wien. Für ihren Roman »Fliegengewicht« wurde sie 2011 mit dem Literaturpreis Alpha ausgezeichnet. 2014 folgte der Roman »Die Hunde von Montpellier«, im Jahr darauf erhielt sie den Reinhard-Priessnitz- Preis. 2017 erschien ihr Roman »Am Himmel« über einen wahren Wiener Kriminalfall.

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