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Bürgerjournalismus im Web

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
416 Seiten
Deutsch
Herbert von Halem Verlagerschienen am01.10.20161. Auflage
Ein großer Teil der öffentlich verfügbaren Kommunikation stammt mittlerweile nicht mehr von professionellen Kommunikatoren aus Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit, sondern von Laien, die über Weblogs, Soziale Netzwerke, Microblogging-Dienste wie 'Twitter' u. a. eine Fülle an Inhalten verbreiten. Braucht es vor diesem Hintergrund den professionellen Journalismus überhaupt noch? Oder leistet 'user generated content' dasselbe? Um dies zu beantworten, klärt die Arbeit zunächst grundlegend, welche Leistungen Journalismus erbringt und anhand welcher Merkmale er sich - auch im Internet - identifizieren lässt. Aus verschiedenen Theoriesträngen wird eine Reihe von Konstitutionsmerkmalen hergeleitet, worüber sich Journalismus abgrenzen lässt. Dessen Primärfunktion wird in der Vermittlung ausgemacht, die sich als überdauerndes Funktionsprinzip seit der Entstehung der ersten Zeitungen beobachten lässt. Im empirischen Teil nimmt die Arbeit mit 'Wikinews' eine kollaborative Nachrichtenplattform von Laien in den Blick, die aufgrund ihres Leitbilds und ihrer Nutzungsregeln einen journalistischen Anspruch erhebt. Wie Inhaltsanalysen zeigen, erbringt 'Wikinews' jedoch größtenteils nicht die Leistungen wie die Vergleichsberichterstattung professioneller Tageszeitungen. Die theoretischen Erkenntnisse und die empirischen Befunde der Arbeit deuten darauf hin, dass der in Massenmedien institutionalisierte, professionelle Journalismus auch im Internetzeitalter unverzichtbar bleibt.

Dr. Stefan Bosshart hat an der Universität Fribourg (Schweiz) Kommunikations- und Medienwissenschaft, Linguistik und Staatsrecht studiert und wurde mit der vorliegenden Arbeit dort promoviert.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR54,00
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E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
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Produkt

KlappentextEin großer Teil der öffentlich verfügbaren Kommunikation stammt mittlerweile nicht mehr von professionellen Kommunikatoren aus Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit, sondern von Laien, die über Weblogs, Soziale Netzwerke, Microblogging-Dienste wie 'Twitter' u. a. eine Fülle an Inhalten verbreiten. Braucht es vor diesem Hintergrund den professionellen Journalismus überhaupt noch? Oder leistet 'user generated content' dasselbe? Um dies zu beantworten, klärt die Arbeit zunächst grundlegend, welche Leistungen Journalismus erbringt und anhand welcher Merkmale er sich - auch im Internet - identifizieren lässt. Aus verschiedenen Theoriesträngen wird eine Reihe von Konstitutionsmerkmalen hergeleitet, worüber sich Journalismus abgrenzen lässt. Dessen Primärfunktion wird in der Vermittlung ausgemacht, die sich als überdauerndes Funktionsprinzip seit der Entstehung der ersten Zeitungen beobachten lässt. Im empirischen Teil nimmt die Arbeit mit 'Wikinews' eine kollaborative Nachrichtenplattform von Laien in den Blick, die aufgrund ihres Leitbilds und ihrer Nutzungsregeln einen journalistischen Anspruch erhebt. Wie Inhaltsanalysen zeigen, erbringt 'Wikinews' jedoch größtenteils nicht die Leistungen wie die Vergleichsberichterstattung professioneller Tageszeitungen. Die theoretischen Erkenntnisse und die empirischen Befunde der Arbeit deuten darauf hin, dass der in Massenmedien institutionalisierte, professionelle Journalismus auch im Internetzeitalter unverzichtbar bleibt.

Dr. Stefan Bosshart hat an der Universität Fribourg (Schweiz) Kommunikations- und Medienwissenschaft, Linguistik und Staatsrecht studiert und wurde mit der vorliegenden Arbeit dort promoviert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783744511292
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum01.10.2016
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.37
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3237 Kbytes
Artikel-Nr.11214855
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2 Leistungen des professionellen Journalismus

Bisher wurde Journalismus in empirischen Studien meistens über die Strukturmerkmale der Profession (Journalismus wird hauptberuflich von fest angestellten oder freien Journalisten ausgeübt) und Redaktion (Journalismus findet sich in Medienorganisationen bzw. ist in einer bestimmten Weise redaktionell organisiert) identifiziert (vgl. z.B. Bonfadelli et al. 2011: 13; Marr et al. 2001: 52ff.; Weischenberg et al. 1993: 24; Weischenberg et al. 2006b: 347; vgl. im Überblick Malik 2011: 261ff.). So bestimmen etwa Weischenberg et al. (2006b) die Grundgesamtheit von Journalisten in Deutschland über die Tätigkeit für einen journalistischen Medienbetrieb sowie das Kriterium der Hauptberuflichkeit.4

Allerdings erscheint es fraglich, ob es sich bei den Merkmalen Profession und Redaktion tatsächlich um notwendige Merkmale des Journalismus bzw. journalistischer Leistungen im Allgemeinen handelt (vgl. Neuberger 2003: 132 u. 2008a: 19). In einer funktionalen Betrachtungsweise ist Journalismus allein sinnhaft abzugrenzen, und nicht etwa anhand des Status der Akteure, die ihn erstellen, oder der in einer bestimmten Art und Weise verfassten Medien, über die er verbreitet wird (vgl. Görke/Kohring 1996: 17ff.; Kohring 2000: 153 u. 162; Kohring 2005: 275). Gerade die jüngeren Entwicklungen im Internet und die Tatsache, dass hier im Prinzip auch Laien mit selbst erstellten und dem Anspruch nach journalistischen Inhalten eine grössere Öffentlichkeit erreichen können, legen die Frage nahe, ob im Netz nicht funktionale Äquivalente im Sinne eines sogenannten Bürgerjournalismus auftauchen, welcher nicht zwingend professionell betrieben und redaktionell organisiert zu sein braucht (vgl. vgl. Neuberger 2008a: 27; Neuberger/Quandt 2010: 70ff.). Diese Vorstellung einer Konkurrenz zwischen dem traditionellen Journalismus und quasi-journalistischen Laienpublikationen im Internet ist kommunikationswissenschaftlich von hoher Brisanz (vgl. Schönhagen/Kopp 2007). Von einer Konkurrenzsituation zwischen verschiedenen Medien bzw. Medienangeboten kann im Allgemeinen allerdings nur die Rede sein, wenn sie für Rezipienten und Gesamtgesellschaft substituierbare, d.h. gleichwertige Leistungen erbringen (vgl. Neuberger et al. 2007: 96). Aus diesem Grund ist zunächst theoretisch nach den Leistungen bzw. Funktionen des (professionellen) Journalismus zu fragen, um anschliessend und unter Berücksichtigung des bisherigen Forschungsstandes zu diskutieren, ob diese allenfalls auch vom sogenannten Bürgerjournalismus im Internet erbracht werden könnten.

In der Journalismustheorie operieren vor allem systemtheoretische Ansätze mit den Begriffen der Leistung und Funktion , die dort zum festen theoretischen Inventar gehören. Im Gegensatz zu sogenannten handlungsorientierten oder sozialintegrativen Konzepten (vgl. dazu Löffelholz 2002: 44f. u. 47ff.) geht es der systemtheoretischen Journalismustheorie nicht um die Erklärung journalistischen Handelns (vgl. etwa Baum 1994; Bucher 2004) oder den Stellenwert und die Reproduktion redaktioneller Strukturen (vgl. z.B. Altmeppen 2000b; Wyss 2004), sondern hauptsächlich um die Funktion des Journalismus in der Gesellschaft.5 Nicht dessen Innenwelt, d.h. wer ihn erbringt, wie er organisiert ist und über welche Abläufe er zustande kommt, ist primär von Interesse, sondern was er für andere gesellschaftliche Teile bzw. die Gesamtgesellschaft leistet.

Aus diesem Grund sollen für die theoretische Fundierung der Fragestellung dieser Arbeit - zumindest vorerst - systemtheoretische Journalismuskonzepte nicht ausser Acht gelassen werden (vgl. Kap. 2.1). Dabei wird sich allerdings schnell zeigen, dass sich Journalismus anhand der in systemtheoretischen Arbeiten bisher entwickelten Kriterien kaum befriedigend erfassen lässt. Explizit handlungstheoretische Ansätze (vgl. z.B. Baum 1994; Bucher 2004) setzen sich umgekehrt gar nicht mit der Funktion des Journalismus in der Gesellschaft auseinander. In der Folge wird versucht, unter Rückgriff auf die von Otto Groth bereits 1928 herausgearbeiteten Wesensmerkmale der Zeitung bzw. des Journalistischen (vgl. Kap. 2.2) und das Prinzip der Kommunikationsvermittlung, das insbesondere in der Theorie der Sozialen Zeit-Kommunikation (vgl. Fürst et al. 2015: 330f.; Schönhagen 2004: 109ff.; Wagner 1980: 4ff.) einen hohen Stellenwert einnimmt (vgl. Kap. 2.3), einen Katalog verschiedener Kriterien zur Identifikation journalistischer Medienangebote zu erarbeiten (vgl. Kap. 2.4). Zu diesem Zweck wird auch die umfassende Literatur zur Qualität im Journalismus mit berücksichtigt, in der sich teils dieselben Kriterien wiederfinden.
2.1 Systemtheoretische Journalismuskonzepte

Systemtheoretisch argumentierende Journalismuskonzepte rekurrieren in der Regel auf die funktional-strukturalistische Systemtheorie von Niklas Luhmann.6 In seiner Theorie sozialer Systeme geht Luhmann von einer funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft aus, in der sich im Hinblick auf die Lösung spezifischer Probleme verschiedene Teilsysteme (Funktionssysteme) wie Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Recht oder Religion ausgebildet haben, welche eine je andere exklusive Funktion für die Gesamtgesellschaft erfüllen (vgl. Kohring 2004: 188; Weber 2010: 194).7 Das Politiksystem bringt bspw. kollektiv bindende Entscheide hervor, das Wissenschaftssystem kognitiv überprüfte Erkenntnisse oder das Wirtschaftssystem Angebot und Nachfrage von Waren und Dienstleistungen zur Bedürfnisbefriedigung (vgl. als Übersicht Krallmann/Ziemann 2001: 340).

Während im Strukturfunktionalismus Parsons` die Strukturen eines Systems die Voraussetzung bilden, damit es überhaupt eine spezifische Funktion erbringen kann, ist die Argumentation im Äquivalenzfunktionalismus Luhmanns umgekehrt: Bestimmte gesellschaftliche Probleme werden von sozialen Systemen gelöst, indem diese spezifische Funktionen erbringen. Auf welche Art und Weise sie dies tun und welche Strukturen sie dafür ausbilden, ist nicht einmalig durch ihre jeweilige Funktion festgelegt (vgl. Jarren/Donges 2006: 45). Am Anfang stehen also gesellschaftliche Probleme, deren Lösung spezifische Funktionen voraussetzt, welche von verschiedenen sozialen Systemen erbracht werden. Ihre Struktur bilden diese Systeme sekundär, und sie können sie verändern (vgl. Rühl 1969b: 192f.).8 Funktionen sind in dieser Betrachtungsweise ein Set möglicher Lösungen für bestimmte Probleme, die untereinander austauschbar sind und daher jeweils auch unterschiedlich ausfallen können (Jarren/Donges 2006: 44).9 Fasst man Journalismus in diesem Sinn als soziales System auf, das zur Lösung eines bestimmten gesellschaftlichen Problems zwar über eine bestimmte Funktion, aber prinzipiell über variable Strukturmerkmale verfügt, muss man mithin auch mit der Möglichkeit eines funktional äquivalenten sogenannten Bürgerjournalismus rechnen, der nicht zwingend über die Strukturmerkmale der Profession und Redaktion verfügt, anhand deren Journalismus traditionellerweise identifiziert wird.

Obschon soziale Systeme in systemtheoretischer Betrachtung also nicht über fixe Strukturmerkmale verfügen, besitzen sie eine Identität, die sich aus der Differenz zu ihrer jeweiligen Umwelt ergibt (vgl. Weber 2010: 192). Zudem wird mittels eines binären Codes entschieden, was vom System als relevant gesetzt und verarbeitet werden kann und was nicht, d.h. welche Operationen zum System gehören und welche Operationen in der Umwelt des Systems ablaufen (Luhmann 1996: 36). Im Wissenschaftssystem werden bspw. alle Kommunikationen nach den Werten wahr und nicht wahr , im Wirtschaftssystem nach den Werten haben und nicht haben codiert - alles, was sich dieser jeweils auf eine bestimmte Dimension ( Wahrheit , Geld ) fixierten Unterscheidung nicht fügt, gehört zur externen Umwelt des Systems (vgl. Weber 2010: 195).10

In Luhmanns Konzeption sind soziale Systeme operationell geschlossen, d.h. sie können von der Umwelt nicht direkt beeinflusst, sondern ggf. nur irritiert werden11, sie sind weiter selbstreferentiell, d.h. ihre Elemente beziehen sich permanent auf andere Elemente des Systems, und sie sind autopoietisch, d.h. sie reproduzieren sich selbst (vgl. Krallmann/Ziemann 2001: 314f.; Weber 2010: 191). Eine Besonderheit - später auch als ein blinder Fleck der Systemtheorie kritisiert (vgl. Wendelin 2008: 351) - ist nun die Tatsache, dass soziale Systeme nach Luhmann weder aus Personen oder Menschen, noch aus Handlungen oder Entscheidungen bestehen, sondern einzig und allein aus Kommunikationen, an die weitere Kommunikationen anschliessen (vgl. Weber 2010: 195). Das Fehlen eines handelnden Subjekts macht die Systemtheorie Luhmannscher Prägung deshalb ungeeignet, Akteurs-Konstellationen im engeren Sinne zu...
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Autor

Dr. Stefan Bosshart hat an der Universität Fribourg (Schweiz) Kommunikations- und Medienwissenschaft, Linguistik und Staatsrecht studiert und wurde mit der vorliegenden Arbeit dort promoviert.
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Bosshart, Stefan