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Adalbert Stifters Ausgewählte Prosa I

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
248 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am29.03.20231. Auflage
»Das Wehen der Luft das Rieseln des Wassers das Wachsen der Getreide das Wogen des Meeres das Grünen der Erde das Glänzen des Himmels das Schimmern der Gestirne halte ich für groß; das prächtig einherziehende Gewitter, den Blitz, welcher Häuser spaltet, den Sturm, der die Brandung treibt, den feuerspeienden Berg, das Erdbeben, welches Länder verschüttet, halte ich nicht für größer.« (Adalbert Stifter, Bunte Steine, Vorrede, unten S. 139) In seinen Landschaftsbeschreibungen, propagiert dieser Pionier der Moderne nur scheinbar Idyllen. Stifter ist demütig vor dem Plan der Dinge, er trauert um Verlorenes und Nicht-Erreichbares, nichts ist ihm zu klein, vielleicht vermag man sogar in unseren lärmenden Tagen bei der Lektüre seiner Werke die einzelnen Minuten zu hören, wie sie in den Ozean der Ewigkeit hinuntertropfen.

Adalbert Stifter, österreichischer Schriftsteller, Maler und Pädagoge, wurde am 23. Oktober 1805 in Oberplan (Böhmen) geboren und starb am 28. Januar 1868 in Linz. Er zählt zu den großen deutschsprachigen Autoren nicht nur des Biedermeier. Stifter schuf Erzählungen und Novellen (Sammelbände »Studien« und »Bunte Steine«) sowie die monumentalen Romane »Der Nachsommer« und »Witiko«. Ausführlicher Biographischer Abriss des Herausgebers Joerg K. Sommermeyer: unten, S. 235 ff.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,60
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,49

Produkt

Klappentext»Das Wehen der Luft das Rieseln des Wassers das Wachsen der Getreide das Wogen des Meeres das Grünen der Erde das Glänzen des Himmels das Schimmern der Gestirne halte ich für groß; das prächtig einherziehende Gewitter, den Blitz, welcher Häuser spaltet, den Sturm, der die Brandung treibt, den feuerspeienden Berg, das Erdbeben, welches Länder verschüttet, halte ich nicht für größer.« (Adalbert Stifter, Bunte Steine, Vorrede, unten S. 139) In seinen Landschaftsbeschreibungen, propagiert dieser Pionier der Moderne nur scheinbar Idyllen. Stifter ist demütig vor dem Plan der Dinge, er trauert um Verlorenes und Nicht-Erreichbares, nichts ist ihm zu klein, vielleicht vermag man sogar in unseren lärmenden Tagen bei der Lektüre seiner Werke die einzelnen Minuten zu hören, wie sie in den Ozean der Ewigkeit hinuntertropfen.

Adalbert Stifter, österreichischer Schriftsteller, Maler und Pädagoge, wurde am 23. Oktober 1805 in Oberplan (Böhmen) geboren und starb am 28. Januar 1868 in Linz. Er zählt zu den großen deutschsprachigen Autoren nicht nur des Biedermeier. Stifter schuf Erzählungen und Novellen (Sammelbände »Studien« und »Bunte Steine«) sowie die monumentalen Romane »Der Nachsommer« und »Witiko«. Ausführlicher Biographischer Abriss des Herausgebers Joerg K. Sommermeyer: unten, S. 235 ff.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757896430
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum29.03.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.12023
Seiten248 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11376623
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Der Hochwald
2. Waldwanderung

Es sind noch heutzutage ausgebreitete Wälder und Forste um das Quellengebiet der Moldau, dass ein Bär keine Seltenheit ist, und wohl auch noch Luchse getroffen werden; aber in der Zeit unserer Erzählung waren diese Wälder über alle jene bergigen Landstriche gedeckt, auf denen jetzt gereutet ist, und die Walddörfer stehen mit ihren kleingeteilten Feldern, weißen Kirchen, roten Kreuzen und Gärtchen voll blühender Waldbüsche. Wohl acht bis zehn Wegestunden gingen sie damals in die Breite, ihre Länge beträgt noch heute viele Tagreisen.

An dem Laufe eines frischen Waldwassers, das so klar wie flüssiges Glas unter nassgrünen Erlengebüschen hervorschießt, führt ein gewundenes Tal entlang, und in dem Tal geht heutzutage ein reinlicher Weg gegen das Holzdorf Hirschbergen, das seine malerischen hölzernen Waldhäuser zu beiden Seiten des Baches auf die Abhänge herumgestreut hat. Diese Abhänge prangen mit Matten der schönsten Bergkräuter, und mit mancher Herde, deren Geläute mit einzelnen Klängen sanft emporschlägt zu der oben harrenden Stille der Wälder. Damals aber war weder Dorf noch Weg, sondern nur das Tal und der Bach, jedoch diese noch schöner, noch frischer, noch jungfräulicher als jetzt, besetzt mit hohen Bäumen der verschiedensten Art. An der einen Seite des Wassers standen sie so dünne, dass sich der grüne Rasen wie ein reines Tuch zwischen den Stämmen dahinzog, ein Teppich, weich genug selbst für den Fuß einer Königstochter. Aber kein Fuß, schien es, hat seit seinem Beginn diesen Boden berührt, als etwa der leichte Tritt eines Rehs, wenn es zu dem Bach trinken kam, oder sonst zwischen den Stämmen und Sonnenstrahlen lustwandeln ging. Heute aber war der Tag gekommen, wo die Heerschar der Gräser und Blümlein dieses Rasens, ungleich ihren tausendjährig stillen und einsamen Ahnherren, zum ersten Mal etwas anderes sehen sollten, als Laubgrün und Himmelsblau, und etwas anderes hören, als das Gemurmel der Wellen.

Klare, liebliche, silberhelle Menschenstimmen Mädchenstimmen drangen zwischen den Stämmen vor, unterbrochen von dem teilweisen Anschlage eines feinen Glöckleins.

Gleichsam wie lauschend dem neuen Wunder hielt die Wildnis den Atem an, kein Zweig, kein Läubchen, kein Halm rührte sich die Sonnenstrahlen traten ungehört auf das Gras und prägten grüngoldne Spuren die Luft war unbeweglich, blank und dunkelblau nur der Bach, von seinem Gesetz gezwungen, sprach unaufhörlich fort, flüchtig über den Schmelz seiner Kiesel schlüpfend wie über eine bunte Glasur. Näher und näher klangen Stimmen und Glöcklein. Plötzlich sprang eine Gestalt vor elfig, wie einst Libussas Mutter, in schneeweißem Kleide saß sie auf schneeweißem Pferdlein, das so zartfüßig wie ein Reh, kaum den Rasen eindrückend, halb hüpfend, halb spielend seine Last wie eine schwebende Feder zwischen den Stämmen hervortrug; zwei Demanten leuchteten voran, neugierig das fernere Geheimnis des Waldes suchend. Johannas Augen waren es, die heiter, glänzend, freudig vorausflogen, um die Schönheit des Tages und die ausnehmende Lieblichkeit des Plätzchens vorweg zu genießen auch das Pferdchen, Luft gewinnend zwischen den hochschaftigen, weitstehenden Bäumen, spielte neckisch vorwärts, baumelnd und neigend mit Kopf und Hals, als wollte es zu eigener Freude recht oft das silberne Glöcklein erklingen lassen, das es an himmelblauem Band um den Nacken trug. Hinter Johanna erschien nun auch Clarissa, auf einem ähnlich gezäumten Pferd, das aber hellbraun und ohne den kindischen Schmuck des Glöckleins war. Sie trug ebenfalls ein weißes Kleid.

Auch der stattliche alte Ritter wurde sofort sichtbar, und ihm zur Seite ein schöner blonder Jüngling, oder vielmehr fast noch ein Knabe, der oben angeführte Felix, der Bruder der Mädchen, beide zu Pferde, und endlich noch ein fünfter Reiter, ein hoher Mann mit sprechendem Antlitz, nachlässig edel sein Pferd zwischen den schlanken Waldsäulen vorwärts geleitend und, wie es schien, in seine dunklen Augen nachdenklich einprägend die so schönen vor ihm schwebenden schuldlosen Gestalten.

Die Waldblumen horchten empor, das Eichhörnchen hielt auf seinem Buchenast inne, die Tagfalter schwebten seitwärts, als sie vordrangen, und die Zweiggewölbe warfen blitzende grüne Karfunkel und fliegende Schatten auf die weißen Gewänder, wie sie vorüberkamen; der Specht schoss in die Zweige, Stamm an Stamm trat rückwärts, bis nach und nach nur mehr weiße Stückchen zwischen dem grünen Gitter wankten und endlich selbst die nicht mehr aber auch der Reiter tauchte in die Tiefe des Waldes und verschwand, und wieder nur der glänzende Rasen, die lichtbetupften Stämme, die alte Stille und Einöde und der dareinredende Bach blieben zurück, nur die zerquetschten Kräutlein suchten sich aufzurichten, und der Rasen zeigte seine zarte Verwundung. Vorüber war der Zug unser lieblich Waldplätzchen hatte die ersten Menschen gesehen.

Immer entlang dem Waldbach, aber seinen Wassern entgegen geht der Zug, sich vielfach windend und biegend, um den tiefer hängenden Ästen und dem dichteren Stande der Bäume auszuweichen. Sie betrachten und vergnügen sich an den mancherlei Gestaltungen des Waldes. Die vielzweigige Erle geht am Wasser hin, die leichte Buche mit den schönfarbigen Schäften, die feste Eiche, die schwanken Halme der Fichten stehen gesellig und plaudern bei gelegentlichen Windhauchen, die Espe rührt hierbei gleich alle ihre Blätter, dass ein Gezitter von Grün und Silber wird, das die Länge lang nicht auszutaumeln und auszuschwingen vermag der alte Ahorn steht einsam und greift langarmig in die Luft die Tannen wollen erhabne Säulengänge bilden, und die Büsche, Beeren und Ranken, gleichsam die Kinder, sind abseits und zurück in die Winkel gedrängt, dass mitten Raum bleibe für hohe Gäste. Und diese sind auch gekommen. Frei und fröhlich ziehen sie das Tal entlang.

Wer die Gesichter der Mädchen ansieht, wie sie doppelt rein und zart neben dem dunkeln Grunde des Waldlaubes dahinschweben, wie sie blühend und vergnügt aus dem wallenden weißen Schleier des Kopfschmuckes herausblicken der hätte nicht gedacht, dass sie sich noch kürzlich so sehr vor diesen Wäldern fürchteten und scheuten. Johanna blieb fast immer an der Spitze, wie sie ihrer Natur gemäß sich vorher unmäßig fürchtete, so freute sie sich auch jetzt unmäßig und von dem zarten Rot, das sie sich beim Abschied vom Hause in die Augen geweint hatte, war keine Spur mehr sichtbar.

Die Pracht und Feier des Waldes mit allem Reichtum und aller Majestät drang in ihr Auge und legte sich an ihr kleines Herz, das so schnell in Angst, aber auch so schnell in Liebe überfloss und jeder Schritt gab ihrer Einbildungskraft neuen Stoff, war es nun ein seltsamer Strauch, mit fremden glühend roten Beeren überschüttet, oder war es ein mächtiger Baum von ungeahnter Größe oder die schönen buntfarbigen Schwämme, die sich an Stellen schoben und drängten, oder war es ein plötzlich um eine Ecke brechender Sonnenstrahl, der die Büsche vor ihr in seltsames grünes Feuer setzte und aus unsichtbaren Waldwässerchen silberne Funken lockte, oder war es endlich dieser oder jener Ton, der als Schmelz oder Klage, als Ruf oder Mahnung aus der Kehle eines Waldvogels tief aus den ferneren geahnten Waldschoßen drang. Alles fiel in ein schon aufgeregtes, empfangendes Gemüt. Clarissas edles Angesicht lag liebreich ruhevoll dem Himmel offen, der zwischen den Ästen festlich wallend sein Blau hereinhängen ließ und erquicklich seine Luft um ihre lieben sich färbenden Wangen goss; wie ein schöner Gedanke Gottes senkte sich gemach die Weite des Waldes in ihre Seele, die dessen unbewusst in einem stillen und schönen und sanften Fühlen dahinwogte. Selbst der alte Freiherr empfand sich in der freien Luft wie gestählt und von einem frischen Hauche seiner Jugend angeweht.

So ritten sie alle vorwärts, und wenn auch die Bäume und Gesträuche oft stellenweise sich zusammendrängten und sich ihnen entgegenstellten, so fanden sie doch immer wieder einen Ausweg, der sie vorwärts geleitete, tiefer und tiefer in das Tal hinein, das die Wiege des ihnen begegnenden Baches war.

Der Vater, wo es die Stellen zuließen, ritt gerne an die Seite der Mädchen und sprach und kosete mancherlei mit ihnen. Felix war bald vorne bei den Schwestern, bald hinten bei dem nachdenklichen Reiter.

Endlich wurde der Boden so ansteigend und der Waldbestand so dicht, dass das Weitervordringen immer beschwerlicher ward, bis sie zuletzt zu einem Felsen gelangten, der jede weitere Aussicht zu verstellen schien; aber eben dieser Felsen war auch das glücklich erreichte Ziel, das sie vor der Hand mit ihrer Wanderung anstrebten; auch war der Gegenstand, den sie hier antreffen sollten, bereits allen Augen sichtbar. Ein alter Mann saß in der Nachmittagssonne an dem glänzenden...
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