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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
333 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am29.10.20231. Auflage
Auf der einen Straßenseite leben Douglas, Murilo und Biel in ihrem kleinen Apartment. Auf der anderen erstreckt sich Rio de Janeiros gigantische Rocinha Favela, dort wohnen die Brüder Wesley und Washington. Die Via Ápia markiert eine Grenze, doch gemeinsame Interessen verbinden die fünf jungen Männer: Fußball, Videospiele, Drogen. Schwankend zwischen Arbeitslosigkeit, stupiden Jobs, der strapaziösen Suche nach dem nächsten Joint und tosenden Funkpartys, versuchen die Anfang Zwanzigjährigen gerade, sich irgendwie ins Erwachsenenleben zu kämpfen - als eine Militärpolizeieinheit die Favela besetzt. Doch während nun rund um die Via Ápia die Schüsse hageln, wollen die, die sie ihre Heimat nennen, das pulsierende Leben der Favela nicht aufgeben.

Der Staat kennt nur eine Antwort auf die Probleme Brasiliens - und dieser Roman stemmt sich mit seiner Vielfalt kraftvoller, einzigartiger Stimmen dagegen. Geovani Martins erzählt von Freundschaft und Frustration, von den Träumen und Albträumen junger Männer und von den absurden Auswirkungen des Kampfes gegen die Drogen.



Geovani Martins, 1991 in Rio de Janeiro geboren, hat vier Jahre lang die Schule besucht und danach als Plakatträger und Kellner in einem Standzelt für Kinder gearbeitet. Aus dem Schatten war sein Debüt: in Brasilien ist es eingeschlagen wie eine Bombe, Martins wird dort - wie inzwischen auch international - als die Stimme eines Neuen Realismus gefeiert. Via Ápia, das lang erwartete Romandebüt, stand monatelang auf der Bestsellerliste und ist von den Medien und der Politik Brasiliens kontrovers diskutiert worden.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR21,99

Produkt

KlappentextAuf der einen Straßenseite leben Douglas, Murilo und Biel in ihrem kleinen Apartment. Auf der anderen erstreckt sich Rio de Janeiros gigantische Rocinha Favela, dort wohnen die Brüder Wesley und Washington. Die Via Ápia markiert eine Grenze, doch gemeinsame Interessen verbinden die fünf jungen Männer: Fußball, Videospiele, Drogen. Schwankend zwischen Arbeitslosigkeit, stupiden Jobs, der strapaziösen Suche nach dem nächsten Joint und tosenden Funkpartys, versuchen die Anfang Zwanzigjährigen gerade, sich irgendwie ins Erwachsenenleben zu kämpfen - als eine Militärpolizeieinheit die Favela besetzt. Doch während nun rund um die Via Ápia die Schüsse hageln, wollen die, die sie ihre Heimat nennen, das pulsierende Leben der Favela nicht aufgeben.

Der Staat kennt nur eine Antwort auf die Probleme Brasiliens - und dieser Roman stemmt sich mit seiner Vielfalt kraftvoller, einzigartiger Stimmen dagegen. Geovani Martins erzählt von Freundschaft und Frustration, von den Träumen und Albträumen junger Männer und von den absurden Auswirkungen des Kampfes gegen die Drogen.



Geovani Martins, 1991 in Rio de Janeiro geboren, hat vier Jahre lang die Schule besucht und danach als Plakatträger und Kellner in einem Standzelt für Kinder gearbeitet. Aus dem Schatten war sein Debüt: in Brasilien ist es eingeschlagen wie eine Bombe, Martins wird dort - wie inzwischen auch international - als die Stimme eines Neuen Realismus gefeiert. Via Ápia, das lang erwartete Romandebüt, stand monatelang auf der Bestsellerliste und ist von den Medien und der Politik Brasiliens kontrovers diskutiert worden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518777480
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum29.10.2023
Auflage1. Auflage
Seiten333 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11379559
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Rio, 27. Juli 2011


Noch eine Stunde bis zum Happy Birthday. Washington lief durch den Saal und sah auf die Uhr. Es war immer dasselbe. Wenn er frei hatte, rannte die Zeit, ein Monat kam einem vor wie fünf Minuten. Aber bei der beschissenen Arbeit wollte sie einfach nicht vergehen. Vor allem wenn dann noch der Fresskick einsetzte. Mit finsterer Miene trug er die Vollkorn-Snacks von Tisch zu Tisch. Noch nie waren ihm die Ricotta-Teilchen so attraktiv vorgekommen.

Den Kindern ging es offenbar anders. Nachdem sie in der ersten Stunde gefressen hatten wie die Schweine, verzogen sie jetzt schon das Gesicht, bevor sie überhaupt wussten, was es war. Zu allem Übel fing das Geburtstagskind auch noch an zu heulen und hörte nicht mehr auf. Ein nerviges Geplärre, das durch den ganzen Raum schallte, während Gäste, Eltern und Personal so taten, als wäre nichts. Das Kindermädchen gab ihr Bestes, tanzte mit den Deko-Tieren, schnitt Grimassen und alberte herum, aber der Kleine wollte einfach keine Ruhe geben. Das Geflenne vermischte sich mit den Liedern einer Zeichentrickserie, den Gesprächen, dem Lärm der Spielgeräte und sämtlichen anderen Partygeräuschen. Halb ausgehungert hielt Washington inmitten dieses Durcheinanders inne, atmete tief durch und dachte an das Ende des Tages.

Das mit dem Heißhunger war echt verrückt. Einerseits schmeckte plötzlich alles herrlich, andererseits zog sich einem der Magen zusammen, man konnte nicht mehr richtig sehen, der Blutdruck sank, es raubte einem jede Energie. Leider lief es auch immer gleich ab: Wenn er high war, vergingen die ersten beiden Stunden wie im Flug, manchmal machte es sogar richtig Spaß mit den Kids, aber sobald die Wirkung nachließ, kam dieser unerträgliche Hunger.

Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Washington lieber Getränke serviert. Klar, die Tabletts waren viel schwerer, aber egal. Hinter der Bar war es immer ziemlich locker, die Chefinnen tauchten so gut wie nie auf, so verging die Zeit total schnell. Außerdem zog ihm nicht vier Stunden lang der Essensgeruch von den Tabletts in die Nase.

Selbst nach drei Jahren bei dem Laden hatte Washington sich noch nicht an die Leute gewöhnt. Er hielt sie nur aus, weil er das Geld brauchte. Eigentlich sollte es nur für kurze Zeit sein, bis er alt genug war, um nicht mehr zum Militär zu müssen. Das war jetzt drei Jahre her. Wann sah er sich endlich nach einem vernünftigen Job um, mit anständigem Arbeitsvertrag und RioCard?

Washington drehte noch eine Runde und ging dann zurück in die Küche. Er warf einen Blick auf die Uhr an der Wand und stand plötzlich vor seiner Chefin. Mit vollem Tablett.

»Bietest du auch immer allen was an?«, fragte sie, bevor sie sich selbst eins von den Ricotta-Dingern in den Mund steckte.

»Klar, Ângela. Aber die sind alle satt, Mann. Du hast ja gesehen, wie sie am Anfang zugeschlagen haben. Wir sollten ihnen mal eine Pause gönnen«, erwiderte Washington, nachdem er das Essen in einen Behälter zu den anderen Resten gekippt hatte.

Ângela verzog das Gesicht, offenbar gefiel ihr seine Antwort nicht. Bevor sie den Mund aufmachen konnte, musste sie aber erst mal ihr Ricotta-Bällchen runterschlucken.

»Das tue ich, Washington, glaub mir. Aber dann beschweren sich womöglich die Kunden. Und was glaubst du, wer am Ende den Ärger kriegt, hm?«

»Ich meine ja nur, dass ...«

»Was du meinst, interessiert mich nicht, Washington. Du sollst deine Arbeit machen. Denkst du, ich hab nicht beobachtet, wie du hier durch die Gegend schleichst? Schlecht gelaunte Kellner will niemand sehen, mein Lieber. Wenn du gestresst bist, bleib zu Hause. Ich hab keine Lust mehr, mich mit so etwas rumzuschlagen. Wenn du hier arbeiten willst, sei gut gelaunt und lächele. Wir organisieren hier Geburtstagspartys. Ich glaube kaum, dass du irgendwelche Spaßbremsen auf der Geburtstagsfeier deiner Kinder sehen willst ...«

»Weißt du, was sie haben wollen? Hamburger. Haben schon mehrere nach gefragt. Die würden gut ankommen.«

»Dann geben wir ihnen eben Hamburger. Ich versteh sowieso nicht, warum wir hier keine machen.«

»Okay, dann warte ich, bis sie fertig sind.«

»Nichts da«, schaltete Francisca, die Köchin, sich ein. »Nimm das Tablett hier mit, bevor die Sachen kalt werden, dein Kollege ist damit los und bis jetzt noch nicht zurück.«

Im Gegensatz zu seinem Bruder amüsierte Wesley sich gut auf der Party. Nachdem er eine kleine Pause eingelegt hatte, saß er jetzt wieder bei der Spielecke, in Begleitung der ziemlich hübschen Talia, die zum ersten Mal dabei war. Wesley wurde übermütig. Da es sich um einen ersten Geburtstag handelte und mehr Erwachsene als Kinder da waren, blieb genug Zeit, sich zu unterhalten. Um sie nicht zu vergraulen, durfte er nicht zu aufdringlich sein, aber wenn er überhaupt eine Chance haben wollte, musste er zum Angriff übergehen. In der Firma gab es jede Menge schmierige Typen, einer lüsterner als der andere; wenn da mal eine Neue auftauchte, fielen sie direkt über sie her.

»Hast du schon mal bei jemand Berühmtem auf einer Party gearbeitet?«, wollte Talia wissen, nachdem das Thema ihrer beider Lieblings-Partylocations sich erschöpft hatte.

»Klar, schon oft. Hier kommen viele Fernsehstars oder auch Fußballer her ... Einmal hatten wir eine Party für die Kinder von Luciano Huck und Angélica. Das war echt crazy, wie in einer Telenovela, so viele Promis. Die Chefinnen sind total durchgedreht, alles musste perfekt sein und so, am Ende war es eigentlich total entspannt.«

»Und habt ihr Fotos mit denen gemacht?«

»Nee, ist verboten. Wenn das jemand sieht, kriegst du tierisch Ärger. Du musst so tun, als hättest du die Leute noch nie gesehen, als wäre es das Normalste auf der Welt, dass die hier einfach so rumlaufen.«

Talia lachte. Also gestand Wesley ihr:

»Nur einmal hab ich nach einem Foto gefragt. Das war bei der Tochter von einem Spieler von Flamengo, Luiz Antônio oder Júnior César, ich weiß nicht mehr genau. Nur, dass Léo Moura da war. Da konnte ich nicht anders, der Typ ist ein Idol, ich musste ihn fragen. Aber erst draußen, nach der Feier.«

Talia wirkte nicht sonderlich beeindruckt. Sie tat, als hätte sie gar nicht zugehört. Vielleicht interessierte sie sich nicht für Fußball oder, noch schlimmer, war Vasco-Fan. Wesley wollte gerade das Thema wechseln, als sie fragte:

»Weißt du, wie teuer so ein Fest hier ist?«

»Ich hab gehört, mit weniger als acht Riesen kommst du gar nicht erst durch die Tür.«

»Dein Ernst? Achttausend Reais für vier Stunden Party?«

»Aber nur, wenn du nicht auf die Idee kommst, einen Zauberer oder Clown oder so was zu engagieren. Einmal hat ein Paar eine Theatertruppe gebucht, die Die kleine Meerjungfrau aufführen sollten, ich schwör dir, das Ganze hat nicht mal eine Stunde gedauert. Angeblich haben die für die Saalmiete und die Aufführung um die dreißigtausend gezahlt. Ist doch unglaublich, oder?«

Washington kam mit den Hamburgern aus der Küche. Inzwischen war sein Hunger in Hass umgeschlagen. Als er an der Spielecke vorbeikam, erklärte er seinem Bruder, er wolle das komplette Tablett beiseiteschaffen. Magal hatte sich auf der Toilette verbarrikadiert, Washington musste nur an den Gästen vorbei in den Flur, als würde er zurück in die Küche wollen, und dann das Essen bei seinem Kumpel lassen. Wesleys Aufgabe war es, die Chefin im Auge zu behalten und, falls sie im Saal auftauchte, in ein Gespräch zu verwickeln.

Der Plan ging auf. Magal verschlang seinen Anteil noch auf der Toilette. Als Nächstes schickte Washington seinen Bruder hinterher, er selbst drehte lieber noch eine Runde, zumal er wusste, dass Ângela ihn im Visier hatte.

Kaum war Washington weg, wollte Talia wissen, was los war. Wesley fragte, ob sie Hunger habe. Sie sagte, sie habe seit dem Mittag nichts gegessen, und da sie keine Wurst mochte,...
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Autor

Geovani Martins, 1991 in Rio de Janeiro geboren, hat vier Jahre lang die Schule besucht und danach als Plakatträger und Kellner in einem Standzelt für Kinder gearbeitet. Aus dem Schatten war sein Debüt: in Brasilien ist es eingeschlagen wie eine Bombe, Martins wird dort - wie inzwischen auch international - als die Stimme eines Neuen Realismus gefeiert. Via Ápia, das lang erwartete Romandebüt, stand monatelang auf der Bestsellerliste und ist von den Medien und der Politik Brasiliens kontrovers diskutiert worden.