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I love you, Fräulein Lena

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
432 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.09.2023
Eine neue Heimat, eine Liebe inmitten von Trümmern
Nordfriesland 1945: Die deutsche Niederlage ist nur noch eine Frage von Tagen, die Besatzerarmeen rücken vorwärts. Erschöpft klopfen die neunzehnjährige Lena und ihre Schwester an die Tür des Pfarrhauses in Niebüll. Die beiden Pastorentöchter aus Pommern haben eine dramatische Flucht hinter sich und sind erleichtert, dass sie nun endlich aufgenommen werden. Vorbei die gefährlichen Nächte auf der Flucht, die ständige Angst ... Die selbstbewusste Lena ist mehr als bereit, sich ein neues Leben aufzubauen, doch den Flüchtlingen steht man im Dorf skeptisch gegenüber. Einzig in dem klugen Apothekenhelfer Rainer findet Lena so etwas wie einen Freund in der neuen Heimat. Durch ihre Englischkenntnisse kann sie für die britischen Besatzer arbeiten und lernt sogar Autofahren. Am Steuer der Militärjeeps erlebt Lena das erste Mal seit Jahren wieder Momente der Freiheit. Doch die Unbeschwertheit währt nur kurz in diesem Sommer des jähen Erwachens. Ein weiterer Heimkehrer bedroht das fragile Glück, und Lenas Taten auf der Flucht holen sie ein ...
Ein bewegender Roman über Liebe, Krieg, Vergebung und die Schuld, die bleibt - inspiriert von der Geschichte der Großmutter der Autorin.

Hanna Aden wurde 1983 in Heidelberg geboren. Neben ihrem erlernten Beruf als Sonderpa?dagogin schreibt sie journalistische Texte und Kolumnen fu?r Zeitschriften. Sie war Mitglied der Jury fu?r den DELIA-Literaturpreis. Für ihren Roman I love you, Fräulein Lena ließ sie sich von der Geschichte ihrer Großmutter inspirieren.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine neue Heimat, eine Liebe inmitten von Trümmern
Nordfriesland 1945: Die deutsche Niederlage ist nur noch eine Frage von Tagen, die Besatzerarmeen rücken vorwärts. Erschöpft klopfen die neunzehnjährige Lena und ihre Schwester an die Tür des Pfarrhauses in Niebüll. Die beiden Pastorentöchter aus Pommern haben eine dramatische Flucht hinter sich und sind erleichtert, dass sie nun endlich aufgenommen werden. Vorbei die gefährlichen Nächte auf der Flucht, die ständige Angst ... Die selbstbewusste Lena ist mehr als bereit, sich ein neues Leben aufzubauen, doch den Flüchtlingen steht man im Dorf skeptisch gegenüber. Einzig in dem klugen Apothekenhelfer Rainer findet Lena so etwas wie einen Freund in der neuen Heimat. Durch ihre Englischkenntnisse kann sie für die britischen Besatzer arbeiten und lernt sogar Autofahren. Am Steuer der Militärjeeps erlebt Lena das erste Mal seit Jahren wieder Momente der Freiheit. Doch die Unbeschwertheit währt nur kurz in diesem Sommer des jähen Erwachens. Ein weiterer Heimkehrer bedroht das fragile Glück, und Lenas Taten auf der Flucht holen sie ein ...
Ein bewegender Roman über Liebe, Krieg, Vergebung und die Schuld, die bleibt - inspiriert von der Geschichte der Großmutter der Autorin.

Hanna Aden wurde 1983 in Heidelberg geboren. Neben ihrem erlernten Beruf als Sonderpa?dagogin schreibt sie journalistische Texte und Kolumnen fu?r Zeitschriften. Sie war Mitglied der Jury fu?r den DELIA-Literaturpreis. Für ihren Roman I love you, Fräulein Lena ließ sie sich von der Geschichte ihrer Großmutter inspirieren.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641307714
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.09.2023
Seiten432 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3878 Kbytes
Artikel-Nr.11383290
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


WENN IHR JE IN NOT GERATET ...

... dann sucht nach dem nächsten Pfarrhaus. Klopft an die Tür und sagt, dass ihr Pastorentöchter seid. Vielleicht hilft man euch dort.

Mehr als diese Worte waren Lena von ihrem Vater nicht geblieben. Sie besaß nicht mal ein Foto, das ihr dabei helfen könnte, seine sanften und manchmal etwas spöttischen Gesichtszüge in Erinnerung zu rufen. Doch es war, als würde er in diesem Augenblick die Hand auf ihre Schulter legen und sie sacht nach vorn schieben.

Lena nahm Margots Hand und berührte die Pforte des Jägerzauns. Der Regen schimmerte auf dem Moos und verwitterten Holz der Latten. »Komm. Wir fragen, ob wir hierbleiben dürfen. Lass uns mutig sein.«

»Und wenn sie uns nicht wollen?« Margots kluges Gesicht strahlte Hilflosigkeit aus. Die Augen über den schmalen Wangen wirkten unnatürlich groß. Sie sah schrecklich jung und verletzlich aus. »Lenchen, so schlimm ist der Hunger nicht. Lass uns weitergehen, durch die Felder und zurück in den Wald. Da ist es sicher.«

Lena ließ die Pforte los und zog Margot eng an sich. Sie streichelte der Schwester über die Schultern, den Rücken, küsste ihre Wangen und Schläfen. Bloß nicht weinen, das half niemandem. Sie konnten doch nicht für immer unterwegs sein, auf offenen Truppentransportern um Mitfahrt bitten und jeden Tag aufs Neue darum beten, dass sie nicht bei Regen im Freien schlafen mussten!

Seit Lena ihre Schwester wiedergefunden hatte, war sie in ständiger Sorge. Margot verlor immer wieder den Kontakt zu der Realität und flüchtete sich in Traumwelten, in denen Regen, Kälte und Hunger keine Rolle spielten. Die Jüngere war immer ein wenig verträumt gewesen und hatte neben ihren Mathematikbüchern und dem Chemiebaukasten des großen Bruders wenig Kontakt zur Außenwelt gesucht. Doch seit ihrem Wiedersehen in Greifswald war es deutlich schlimmer geworden.

Lena hatte gelernt, nicht zu fragen, was Margot auf ihrer Flucht erlebt hatte. Doch immer, wenn sie fremden Menschen begegneten, zuckte Margot zusammen und versteckte sich hinter Lena. Besonders, wenn es Männer waren.

»Wir können nicht für den Rest unseres Lebens in den Wäldern bleiben, betteln und Essen stehlen«, erklärte Lena sanft. »Was, wenn der Winter kommt? Willst du im Schnee eine Höhle graben und darin schlafen?«

»Es ist erst April.« Margot sprach tonlos und lehnte den Kopf an Lenas Schulter. »Der Sommer freut sich auf uns und dauert eine Ewigkeit.«

»Und wenn der Herbst kommt?«

»Dann verhungern wir halt wie alle anderen. Für Volk und Vaterland. So, wie der Führer es von uns verlangt.«

Lena spürte, wie Margots Bauch zuckte. Für einen Moment glaubte sie, Margot würde zu weinen beginnen, doch es war Lachen. Ein Hauch Bitterkeit lag darin, aber dieses tonlose Lachen stand Margot sehr viel besser als die Tränen oder die Leere, die sonst so oft ihr hübsches Gesicht bedeckten.

Lena lachte mit. »Gute Idee. Brauchen wir nur noch eine Fahne, für die wir in den Tod marschieren können, dann sind wir brave deutsche Mädel für die große neue Zeit.«

Margots Lachen schlug um in Weinen.

Lena drückte ihren Arm, sah Margot fest in die Augen und schüttelte den Kopf. Wenn sie fröhlich und gut gelaunt war, gelang es ihr manchmal, Margot damit anzustecken und zurück in die Gegenwart zu holen.

»Habe ich dir mal erzählt, dass ich so rebellisch war und an Heiligabend nach den Nazi-Liedern ein christliches Lied gesungen habe? Stille Nacht, heilige Nacht . Schlimmer noch: Die anderen haben mitgesungen und fanden es schön. Fast alle. Das gefiel der Führerin nicht, und ich musste am nächsten Tag die Toiletten mit einer Zahnbürste putzen. Aber gesungen habe ich es doch.«

»Du bist immer so mutig.« Margot straffte sich und richtete sich unter Lenas Blick auf.

»Du auch. Wir sind Pastorentöchter. Das sind die schlimmsten, weißt du das nicht mehr?«

»Pastors Kinder, Müllers Vieh ...«

»Gedeihen selten oder nie.«

Sie sahen sich an und umfassten einander an den Unterarmen wie Soldaten beim Kriegergruß, der älter war als der für Hitler erhobene Arm. Schwestern. Das gleiche Blut, die gleiche Kraft.

»Was ist die Quadratwurzel aus dreihundertsiebzehn? Nenn mir die ersten drei Nachkommastellen«, sagte Lena.

»Siebzehn Komma acht null vier. Das hast du mich schon vor drei Wochen gefragt, bevor wir an dem Bauernhof mit dem Fachwerkanbau gebettelt haben. Wieso kannst du dir so was nie merken?«

»Viertausendsiebzehn.«

»Dreiundsechzig Komma drei sieben neun. Du nimmst immer Zahlen, die am Ende eine Sieben haben, ist dir das aufgefallen?«

Lena lachte leise auf. »Nein. Bitte entschuldige, Margot. Nächstes Mal nehme ich eine andere Zahl.«

»Du gibst mir solche Aufgaben immer, wenn ich mich beruhigen soll.«

»Das stimmt. Hat es funktioniert?«

Margot schien in sich hineinzuhorchen und nickte schließlich. »Aber ich habe trotzdem Angst.«

»Ich auch.« Lena öffnete das nasse und verwitterte Tor.

Ein Weg aus alten Steinplatten führte zwischen einer winzigen Buchsbaumhecke zu einem roten Backsteinhaus. Dahinter streckten in dicht bepflanzten Reihen Küchenkräuter oder Gemüse die ersten Spitzen aus der nassen Frühlingserde. Nirgendwo lagen Trümmer herum, alle Fensterscheiben waren heil. Weiße Spitzengardinen verbargen die Innenwelt vor neugierigen Blicken, doch Lena vermutete, dass man sie trotzdem beobachtet hatte.

Sollten die Leute gucken. Solche Blicke war sie aus Greifenberg gewohnt. Dort hatte jede ihrer Bewegungen unter Beobachtung gestanden, sobald sie das Haus der Eltern verließ. Es wäre sofort aufgefallen, dass Margot einen Männermantel trug, der offensichtlich früher einem Soldaten gehört hatte. Vermutlich fiel der Mantel hier ebenfalls auf, doch niemand erwartete, dass Flüchtlingsmädchen korrekt sitzende Kleidung trugen.

In den Jahren vor dem Krieg hatte Lena es gehasst, eine Pastorentochter zu sein. Wann immer sie wie eine Wilde durch das Dorf tobte, jemandem einen Streich spielte oder freche Antworten gab, hieß es: Was, du willst eine Pastorentochter sein? Schäm dich!

Lena ließ zu, dass Margot den Türklopfer hob und dreimal gut vernehmlich gegen die Tür schlug. Die Kiefermuskeln des Mädchens mahlten, aber sie hielt den Kopf aufrecht und stolz. Lena unterdrückte den Impuls, den Arm schützend um die Jüngere zu legen, und hob ebenfalls ihr Kinn. Sicher, ihre Kleidung war löchrig und hatte mehr Flecken als saubere Stellen, aber ihre Zöpfe unter den Kopftüchern waren ordentlich geflochten und sie hatten sich vorhin am Bach Gesichter und Hände gewaschen. Not und Heimatlosigkeit waren nichts, für das man sich schämen musste.

Sie schmeckten trotzdem bitter, wenn man einmal mit hocherhobenem Kopf durch die Straßen der Heimat gegangen und sich wie eine Königin gefühlt hatte.

Die Tür öffnete sich. Zwei strenge Augen musterten Lena und Margot.

»Ja, bitte? Was kann ich für euch tun?«

Die dünne, hochgewachsene Frau vor ihnen trug ein bodenlanges Kleid mit schmalen grünen, weißen und braunen Streifen, die diagonal verliefen. Es musste Unmengen an Stoff verbraucht haben, es so zuzuschneiden, dass das Muster an den Schnittkanten aufeinanderpasste. Lena hatte sich ein solches Kleid immer gewünscht, doch die Mutter hatte beim Zuschneiden für die liebevoll genähten Sonntagskleider ihrer Töchter stets auf die Stoffknappheit verwiesen. Über dem Kleid trug die Pfarrfrau eine adrette weiße Schürze mit Rüschen an Schultern und der Rockkante und hielt eine Handarbeit an sich gedrückt. Ihr prüfender Blick sagte, dass sie zu viele Menschen in Not vor ihrer Tür gehabt hatte, um den Hilfesuchenden neben Lebensmitteln auch noch ein Lächeln zu schenken.

Sie sah vollkommen anders aus als Lenas Mutter, in deren Augen bei aller Strenge immer etwas Herzenswärme aufgeblitzt war, wenn sie Hilfsbedürftigen begegnete.

»Gott zum Gruß«, sagte Lena forsch und unterdrückte das Zucken ihres rechten Arms, das sich in den vergangenen Jahren dort eingebrannt hatte. »Gnädige Frau, wir sind Pastorentöchter aus Pommern und mussten unsere Heimat auf der Flucht vor den Russen verlassen. Wir wissen nicht, wo unsere Familie ist oder ob sie noch am Leben ist, und wir haben keinen Ort, an den wir gehen können. Deswegen bitten wir Sie im Namen Jesu Christi um Obdach und Hilfe. Denn wenn niemand uns aufnimmt und barmherzig mit uns ist, dann müssen wir in den Wäldern schlafen und schließlich erfrieren und verhungern.«

Die Mundwinkel der Pastorenfrau zuckten, und ihre Augen verloren etwas von der Kälte darin. »Wie heißt ihr Mädel denn? Und wie alt seid ihr?«

Margot räusperte sich und ergriff das Wort. »Meine Schwester heißt Magdalena Buth und ist neunzehn Jahre alt, aber wir nennen sie Lena. Ich bin Margot Marie, vierzehn Jahre, und mich nennen sie Margot.«

Lena staunte, dass Margot so offen redete, anstatt sich hinter ihr zu verstecken. Irgendetwas im Blick der Älteren musste ihr Vertrauen eingeflößt haben. Sie atmete langsam aus und spürte, wie eine schwere Last von ihr abfiel. Freu dich nicht zu früh, mahnte sie sich. Doch sie spürte mit einem Mal, wie viel Kraft es sie gekostet hatte, all die Wochen ganz allein auf Margot aufzupassen.

»Wann habt ihr zum letzten Mal etwas gegessen?«

»Gestern«, erwiderte Margot. »Wir hatten unsere Vorräte eingeteilt. Lena ist sehr verantwortungsvoll. Sie hat immer gesagt, wir müssen nicht satt werden. Wir brauchen nur genug Kraft zum Weitergehen. Aber gestern haben wir das...

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