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Magische Bilder

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am24.11.20231. Aufl. 2023
Als der zwanzigjährige Art in einem Laden auf ein Foto stößt, das die Hinrichtung von Ludwig XVI. zeigt, gerät sein Leben aus den Fugen. Erst recht, als er erfährt, dass fünf weitere dieser Bilder existieren, die vergangene Ereignisse lange vor der Erfindung der Fotografie zeigen. Einst wurden die Meister der sechs magischen Familien, die den großen Königshäusern dienten, mit einem Zauber in diese sechs Fotografien verbannt. Als kurz darauf der Laden von finsteren Inquisitoren überfallen wird, die das Foto stehlen wollen, wird Art vollends in eine unglaubliche Verschwörung verstrickt: Offenbar will jemand die gefangenen Magier befreien. Und Art ist der Einzige, der die Bilder öffnen kann ...mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
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E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
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Produkt

KlappentextAls der zwanzigjährige Art in einem Laden auf ein Foto stößt, das die Hinrichtung von Ludwig XVI. zeigt, gerät sein Leben aus den Fugen. Erst recht, als er erfährt, dass fünf weitere dieser Bilder existieren, die vergangene Ereignisse lange vor der Erfindung der Fotografie zeigen. Einst wurden die Meister der sechs magischen Familien, die den großen Königshäusern dienten, mit einem Zauber in diese sechs Fotografien verbannt. Als kurz darauf der Laden von finsteren Inquisitoren überfallen wird, die das Foto stehlen wollen, wird Art vollends in eine unglaubliche Verschwörung verstrickt: Offenbar will jemand die gefangenen Magier befreien. Und Art ist der Einzige, der die Bilder öffnen kann ...
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751747943
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum24.11.2023
Auflage1. Aufl. 2023
Reihen-Nr.1
SpracheDeutsch
Dateigrösse945 Kbytes
Artikel-Nr.11547032
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Stimmen aus dem Nichts

»Das ist Magie, Artur.« Monsieur Rufus sah nicht einmal auf, als Art den kleinen Laden für Fotografie betrat, der versteckt in einer der Seitenstraßen nahe des Place de Clichy lag. Wieso weiß Monsieur Rufus eigentlich immer, dass ich es bin?, fragte sich Art. Der Engländer, der seine Kunden stets in einem eleganten Dreiteiler bediente, konnte ihn doch nicht nur daran erkennen, wie er die alte, knarrende Tür öffnete. Monsieur Rufus sah selten auf, wenn jemand hineinkam. Fast immer war er vertieft in seine Arbeit oder blätterte durch den Katalog einer Galerie. Als könnte er nicht genug von Fotos bekommen, egal wie viele er schon gesehen hatte. Als wäre er immer auf der Suche nach einem besonderen Bild.

Art verstand das allerdings sehr gut, denn er teilte die Begeisterung seines Chefs für die Kunst der Fotografie. »Entschuldigen Sie die Verspätung. Meine Vorlesung hat länger gedauert«, murmelte er und warf seinen Rucksack hinter den Tresen.

»Vorlesung.« Monsieur Rufus hatte eine amüsierte Miene aufgesetzt, als er nun doch den Kopf hob. »Fotografieren lernt man nicht in der Universität, sondern da draußen.« Er deutete aus dem großen Schaufenster, über das sich spiegelverkehrt die Buchstaben zogen, die den Namen des Ladens bildeten. Art de la photographie war von außen zu lesen. Art freute sich jedes Mal, wenn er den Schriftzug las. Welcher Laden konnte besser zu ihm passen als dieser, der seinen Namen in sich trug? Es regnete, und die Menschen liefen so hastig durch Paris, als fürchteten sie, im nächsten Moment fortgespült zu werden. »Zumindest, wenn es trocken ist«, fügte Monsieur Rufus hinzu und strich sich über seinen kurzgeschnittenen Vollbart, der denselben kastanienbraunen Ton hatte wie seine noch vollen Haare.

»Eine neue Ausstellung?«, fragte Art und deutete auf den Katalog in den Händen seines Chefs. Monsieur Rufus galt, das hatte Art schnell festgestellt, in der Kunstszene als absoluter Kenner für die Geschichte der Fotografie. Manchmal wunderte es Art, dass sein Chef nicht an der Universität lehrte, die er besuchte. Monsieur Rufus entwickelte nicht nur die Fotografien seiner Kunden, sondern unterstützte sie auch dabei, seltene Bilder zu finden. Es gab einen Markt für besondere Fotos in der Kunstszene. Und Arts Chef stand in dem Ruf, hervorragende Kontakte zu besitzen.

»Ja, aber eine schreckliche. Mit dem Wunder der Fotografie darf man so nicht umgehen. Sie haben das erste Foto der Welt verfremdet und zeigen es in zahllosen Variationen. Sie wollen so seine Seele herausstellen. Ich habe selbst eine Kopie dieses besonderen Bildes und weiß, dass es niemandem seine Seele offenbart, wenn man es in Neongelb einfärbt. So ein Unsinn, oder Artur? Nur in seiner unverfälschten Form ist es Magie.«

Wie immer, wenn jemand seinen vollen Namen nannte, zuckte Art kurz zusammen. »Sie meinen Joseph Nicéphore Niépces Ansicht von Le Gras?« Er beugte sich vor, um einen Blick auf den Katalog zu werfen. »Das erste Bild in der Geschichte der Menschheit. Aufgenommen vom Erfinder der Fotografie.«

»Ja«, murmelte Monsieur Rufus ein wenig gedankenverloren. »Nicéphore. Es war ein Wunder, als die Menschen damals lernten zu fotografieren. Eine äußerst seltsame Zeit. Beinahe magisch.«

»Sie klingen, als seien Sie dabei gewesen«, versuchte sich Art an einem Scherz.

Monsieur Rufus blickte zu Art auf und sah ihn mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht an. »So ein Unsinn«, erwiderte er nach einer kurzen Pause und lachte ein wenig zu laut. Dann widmete er sich wieder dem Katalog und deutete auf eine unverfremdete Abbildung des ersten Fotos der Geschichte. Wie immer, wenn er in Gedanken war, spielte Monsieur Rufus mit seinem Ring. Er war das einzig Auffällige, das er trug. Das silbergraue Schmuckstück hatte die Form eines Fuchses, der sich um den vierten Finger seiner rechten Hand wand. »Du weißt doch, was ich sage. Fotografieren ...«

»... ist Magie«, beendete Art den Satz. Monsieur Rufus sagte dies in der Tat mindestens einmal am Tag. »Eine Magie, die Menschen nun schon seit achtzehnhundertsechsundzwanzig beherrschen.«

Monsieur Rufus wirkte beeindruckt. »Es scheint, dass du an deiner Universität wenigstens etwas lernst.« Er klappte den Katalog zu und stellte ihn in ein Regal hinter dem Tresen. Dann erhob er sich und deutete auf einen Arbeitstisch in der Ecke des kleinen Ladens, der voller Fotomappen lag. »Die dort müssen in den kommenden Tagen alle entwickelt werden. Ein paar auf Film. Einige ...«, er stockte, als würde ihm das nächste Wort wie eine Fischgräte im Hals stecken, »... auf USB-Sticks.«

»Kommen Sie, Chef. Nicéphore würde sich sicher freuen, dass die Menschen noch heute Fotos schießen.« Art hatte erneut einen Scherz machen wollen, doch Monsieur Rufus hob nur tadelnd eine Augenbraue.

»Chef? Du bist vielleicht erst ein paar Monate lang meine Aushilfe, aber du solltest wissen, dass ich es bevorzuge, mit meinem Namen angesprochen zu werden. Und der lautet nicht Chef. Was überdies Monsieur Nicéphore freuen würde und was nicht, das lassen wir mal lieber seine Sorge sein.« Er seufzte. »Ich fürchte, du musst dir nicht die Mühe machen, deine Jacke auszuziehen. Ich bin angerufen worden. Man erwartet mich im Bal. Für die Eröffnung ihrer nächsten Ausstellung wollen sie einen Vortrag von mir.« Er seufzte erneut. »Ich hoffe, ich kann das der Direktorin ausreden. Trotzdem muss ich den Laden heute etwas früher zumachen. Aber es wartet auch morgen noch mehr als genug Arbeit auf dich.«

»Wieso zumachen?« Art hatte sich seine Jacke bereits aufgeknöpft und sah seinen Chef fragend an. »Ich kann auch auf den Laden aufpassen. Ich meine«, fuhr er schnell fort, als er sah, dass Monsieur Rufus Anstalten machte, etwas zu erwidern, »ich weiß, wie die Kasse funktioniert. Und mit den Kunden komme ich auch klar. Bei dem Wetter wird sowieso kaum einer den Laden betreten.« Art wusste bereits, dass Monsieur Rufus Unzuverlässigkeit ebenso sehr hasste, wie einen Auftritt in der Öffentlichkeit. Manchmal hatte er das Gefühl, der Engländer wäre am liebsten unsichtbar. Noch schlimmer für ihn wäre es nur, ohne Not die eigenen Öffnungszeiten zu missachten. Art konnte Monsieur Rufus ansehen, wie dieser mit sich rang. »Es gibt nichts, worüber Sie sich sorgen müssten, Chef.«

Der Engländer hob noch einmal die Augenbraue, doch diesmal sparte er sich die Belehrung darüber, wie er genannt werden wollte. Er schien fast ein wenig erleichtert, dass er nicht vor Ladenschluss die Tür zu seinem Geschäft abschließen musste. »Na gut, dann sieh zu, dass du mit den Abzügen anfängst. Die auf Film stammen von Studenten wie dir. Sind bestimmt ein paar hübsche Arbeiten darunter. Die anderen haben Touristen vorbeigebracht. Ich wette, sie zeigen den Eiffelturm. Die Seine. Das Übliche eben.« Er zog sich einen Mantel über den gestreiften Anzug und griff nach seinem Regenschirm, der in einem Ständer neben der Tür steckte. »Fang mit den Aufnahmen der Touristen an.«

»Warum gerade mit denen?«, fragte Art, als Monsieur Rufus schon halb zur Tür heraus war. »Sind sie besonders eilig?«

»Nein«, erwiderte sein Chef und öffnete den Regenschirm. »Aber dann muss ich sie mir nicht ansehen.«

Das Prasseln des Regens war das einzige Geräusch im Laden. Art sah nur kurz aus dem Schaufenster in den ungemütlichen Abend, als er sich alles für die Arbeit zurechtlegte. Er war noch nie an einem Ort gewesen, an dem er sich wohler fühlte. Warum er gerade inmitten all der Fotos diese unerklärliche Ruhe fand, konnte er selbst nicht sagen. Nicht einmal zu Hause, in dem Vorort von Marseille, den er vor einem Jahr verlassen hatte, um in Paris Fotografie zu studieren, fühlte er sich so. Vielleicht lag es daran, dass Monsieur Rufus nicht einen Moment lang gezögert hatte, ihn einzustellen, als sich Art bei ihm beworben hatte. Nicht auf die schwarze Haut gesehen hatte, deren Anblick allen anderen, denen Art normalerweise begegnete, wenigstens eine Sekunde lang die Worte im Hals stecken bleiben ließ. Dieser kleine Moment, in dem sich die Menschen innerlich zu sagen schienen, dass sie sich dem Schwarzen gegenüber, dem sie ins Gesicht sahen, betont normal verhalten mussten. Dabei war Art nicht einmal völlig dunkel. Seine Grundschullehrerin hatte ihn als den Kakaojungen bezeichnet. Aber ganz gleich, wie freundlich sie das gesagt hatte, es hatte immer auch eines bedeutet: Du bist anders. Monsieur Rufus dagegen hatte nie darauf hingewiesen, dass Arts Haut eine andere Farbe als seine besaß. Nur darauf, dass er sich Mühe geben und bitte sehr pünktlich sein solle. Noch heute schien es Art in besonders verrückten Momenten, als wäre es ihm bestimmt gewesen, diesen Ort zu finden. Als wäre das Fotogeschäft der Grund dafür, dass Art in diese Stadt gekommen war.

Vielleicht vermittelten die vielen Fotos Art das unerklärliche Gefühl der Geborgenheit. Sie waren überall in dem altmodischen Laden zu finden, an den Wänden, zusammengerollt oder in Papiertaschen verstaut in den Regalen. Die Welt hatte tausendundein Gesicht. Und sie alle schienen in die Fotos gebannt, die Art hier umgaben. Der Laden mochte unscheinbar sein. Aber für ihn war er wie die Spitze eines gewaltigen Turms, von der aus er die ganze Welt betrachten konnte. Er ...

Eine Stimme schnitt seinen Gedanken ab wie einen Faden. Verwirrt drehte sich Art um. Es war doch niemand hereingekommen oder hatte die Tür geöffnet. Draußen regnete es noch immer, als wollte der Himmel die Erde fortspülen. Und kein Mensch, der bei Verstand war, würde freiwillig auf die Straße gehen....
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