Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Blankenese - Zwei Familien

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am28.03.20241. Aufl. 2024
Hamburg 1939. Der Krieg hat die Jugendfreunde Kurt und Fanni auseinandergerissen. Kurt, der als Jude mit einem Kindertransport nach England verschickt wurde, wächst nicht in einer fürsorglichen Familie, sondern im Heim auf. Als er im Mai 1940 als »feindlicher Ausländer« interniert werden soll, gelingt es ihm über einige abenteuerliche Umwege der Royal Air Force beizutreten. Er ahnt nicht, dass Fanni zur gleichen Zeit trotz einiger Zweifel dem insgeheim schon länger von ihr verehrten Blankeneser Kinderarzt Otto Casparius näherkommt. Eines Tages soll Kurt an einem Luftangriff auf seine alte Heimat teilnehmen. Doch in Hamburg lebt seine Familie und auch die Frau, die er seit Kindertagen liebt ...



Michaela Grünigwar lange Jahre im Ausland tätig. Dort kam sie nicht nur mit interessanten Menschen und ihren Geschichten zusammen, sie entdeckte auch ihre große Liebe zum Reisen, das sie aber immer wieder zu ihren Lieblingsorten in Deutschland zurückführte, darunter auch Hamburg-Blankenese. Ihre Romane erzählen von Menschlichkeit, Liebe und Schuld und lassen die bewegte deutsche Vergangenheit lebendig werden. Mehrfach haben Michaela Grünigs Bücher den Sprung auf dieSPIEGEL-Bestsellerliste geschafft.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextHamburg 1939. Der Krieg hat die Jugendfreunde Kurt und Fanni auseinandergerissen. Kurt, der als Jude mit einem Kindertransport nach England verschickt wurde, wächst nicht in einer fürsorglichen Familie, sondern im Heim auf. Als er im Mai 1940 als »feindlicher Ausländer« interniert werden soll, gelingt es ihm über einige abenteuerliche Umwege der Royal Air Force beizutreten. Er ahnt nicht, dass Fanni zur gleichen Zeit trotz einiger Zweifel dem insgeheim schon länger von ihr verehrten Blankeneser Kinderarzt Otto Casparius näherkommt. Eines Tages soll Kurt an einem Luftangriff auf seine alte Heimat teilnehmen. Doch in Hamburg lebt seine Familie und auch die Frau, die er seit Kindertagen liebt ...



Michaela Grünigwar lange Jahre im Ausland tätig. Dort kam sie nicht nur mit interessanten Menschen und ihren Geschichten zusammen, sie entdeckte auch ihre große Liebe zum Reisen, das sie aber immer wieder zu ihren Lieblingsorten in Deutschland zurückführte, darunter auch Hamburg-Blankenese. Ihre Romane erzählen von Menschlichkeit, Liebe und Schuld und lassen die bewegte deutsche Vergangenheit lebendig werden. Mehrfach haben Michaela Grünigs Bücher den Sprung auf dieSPIEGEL-Bestsellerliste geschafft.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751748117
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum28.03.2024
Auflage1. Aufl. 2024
Reihen-Nr.2
SpracheDeutsch
Dateigrösse2148 Kbytes
Artikel-Nr.11549775
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1
Altona, Februar 1939

Auf dem letzten Stück des Weges musste Fanni sich sputen. Sie war spät dran. Ihr Dienst im Kinderhospital begann um Punkt sieben Uhr, und schon bei der geringsten Verspätung erntete man einen Tadel von Oberschwester Karin. »Die deutsche Frau ist pünktlich«, sagte diese dann mit vorwurfsvollem Blick und brummte einem zur Strafe einige unvergütete Nachtdienste auf. Die Oberschwester führte ihre Untergebenen mit harter Hand. Aber wenn einer der Ärzte die Zeit vergaß oder gar einen Termin versäumte, verzogen sich ihre dünnen Lippen zu einem nachsichtigen Lächeln. Sobald man einen Doktortitel trug, konnte man in ihren Augen keine Fehler mehr machen. Nur der Führer selbst stand für sie noch über diesen Halbgöttern in Weiß.

Fanni, von der körperlichen Anstrengung außer Atem, sog hastig die kalte Februarluft ein. Im Grunde war es gar nicht ihre Schuld, dass sie beim Frühstück so viel Zeit vertrödelt hatte. Seit ihre Großmutter Irma die Leitung des Ausflugslokals Elbrauschen an ihre Enkelsöhne Fritz und Peter abgegeben hatte, fehlte es ihr an Ansprache. Notgedrungen verbrachte sie nun den größten Teil des Tages allein in ihrer Tweehus-Hälfte im Blankeneser Treppenviertel. Ein Zustand, der für die vormals so umtriebige Mittsechzigerin wohl nur schwer zu ertragen war. Aber jedes Mal, wenn Fanni vorschlug, dass sie doch ihrer Tochter einen Besuch abstatten könne, die in einer herrschaftlichen Villa in der Elbchaussee wohnte, schüttelte ihre Großmutter den Kopf. »Leni hat schon genug Sorgen. Da muss ich ihr nicht auch noch die Zeit stehlen.« Das stimmte zwar, änderte aber nichts daran, dass sie tagsüber nun niemanden für ein Schwätzchen hatte. War es da ein Wunder, dass sie beim gemeinsamen Frühstück jedes Mal vom Hölzchen aufs Stöckchen kam? Worüber hatte sie sich heute Morgen wieder aufgeregt? Fanni musste zugeben, dass sie dem Redefluss nur mit halbem Ohr gelauscht und mit wachsender Beklemmung auf den immer weiter vorrückenden Zeiger der Uhr geschielt hatte. Aber während sie jetzt weiter Richtung Bleickenallee eilte und aufpasste, beim Überqueren der Straße nicht von der Linie 7 angefahren zu werden, fiel es ihr wieder ein: Ihre Großmutter hatte sich über einen Erlass der Reichsmusikkammer echauffiert, den sie in der Zeitung erspäht hatte. »Stell dir vor! Jetzt schreiben die Nazis einem sogar schon vor, wie man ihre Lieder aufzuführen hat. Das Horst-Wessel-Lied soll als revolutionäres Kampflied schnell gespielt werden, das Deutschlandlied als Weihelied ganz langsam. Hat man da noch Töne? Gibt es irgendeinen Bereich, in den diese Kerle nicht ihre Nasen stecken?« Voller Entrüstung hatte sie den Kopf geschüttelt, bis sich eine schlohweiße Strähne aus ihrem Dutt löste.

Endlich erblickte Fanni das dreistöckige rote Backsteingebäude mit den vielen weißen Fenstern, in dem sie ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester absolviert hatte. Trotz der gebotenen Eile huschte sie mit einem Lächeln durch die Pforte des Personaleingangs. Sie liebte ihre Großmutter abgöttisch und das nicht nur, weil die ihr trotz widriger Umstände zu einer behüteten Kindheit verholfen hatte. Die alte Dame sprach in ihrer resoluten Art auch Dinge aus, die man sich selbst nicht zu sagen traute. Sogar vor ihrem jüngsten Sohn Heinz, einem fanatischen Nazi, kuschte sie nicht, jedenfalls nicht in der Abgeschiedenheit ihrer vier Wände. Nur in der Öffentlichkeit war sie vorsichtig. Das Denunziantentum hatte sich in der letzten Zeit arg ausgebreitet, und ein falsch verstandener Witz in der Schlachterei oder beim Anstehen vor der Bäckerei konnte unabsehbare Folgen haben. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum sie inzwischen kaum noch das Haus verließ und ihre Enkel zum Einkaufen schickte.

Kurz vor sieben Uhr erreichte Fanni das Umkleidezimmer. Hastig zog sie sich die weiße Schürze über das hellblaue, wadenlange Kleid. Während sie sich die Haube auf dem Kopf feststeckte, fiel ihr Blick auf die Schlagzeile der Norddeutschen Nachrichten, die eine Kollegin auf der Fensterbank hatte liegen lassen: Hitler kündigt im Kriegsfall die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa an. Unwillkürlich lief Fanni ein Schauer über den Rücken. Es war verrückt, wie man sich an den kleinen Sorgen des Alltags festklammerte, um die großen Katastrophen auszublenden. Doch die fett gedruckte Überschrift rief ihr die schweren Wochen und Monate, die hinter ihnen lagen, nachdrücklich ins Gedächtnis. Wie mochte es wohl gerade Tante Lenis Sohn Max gehen, der gemeinsam mit seiner Cousine Charlotte und deren Zwillingsbruder Kurt vor den Nazis nach England geflüchtet war? Wie lebten die drei in der Fremde? Ob sie wenigstens dort in Sicherheit waren?

In diesem Moment streckte Schwester Beate den Kopf zur Tür herein. »Moin, Fanni. Mensch, beeil dich! Der Drache ist bereits im Anmarsch.« Hastig machte sie sich auf den Weg ins Schwesternzimmer, wo Oberschwester Karin jeden Morgen eine Besprechung abhielt. Während ihre Vorgesetzte wortreich den zu hohen Verbrauch von Zellstofftüchern und Verbandsmaterial beklagte, schweiften Fannis Gedanken zu der Schlagzeile in den Nordeutschen Nachrichten ab. Würde es tatsächlich wieder Krieg geben? Was würde dies für ihre Familie bedeuten, die politisch schon jetzt zutiefst gespalten war? Auf der Seite der Nazis standen ihr Onkel Heinz, der im Konzentrationslager Fuhlsbüttel arbeitete, seine Frau Adelheid, die gerade ihr erstes Kind erwartete, und leider auch ihre eigene Mutter, die vor einiger Zeit einen grauenhaften Ortsgruppenleiter geheiratet hatte und sich seitdem wie die Königin von Othmarschen gebärdete. Ihre Großmutter, die Familien von Onkel Albert und Tante Leni, deren halbjüdischer Ehemann John vor der Gestapo in den Untergrund hatte fliehen müssen, waren dagegen erklärte Gegner des Regimes. Das alles bot schon genügend Anlass zur Sorge, aber wie sollte es enden, wenn sich die Situation weiter zuspitzte?

»Das war´s«, beschloss die Oberschwester ihre Gardinenpredigt. »Ab an die Arbeit!«

Jetzt war keine Zeit mehr für private Gedanken. Fanni drängte sich mit den anderen Schwestern Richtung Ausgang, um so schnell wie möglich zu ihren kleinen Patienten zu kommen. Seit Januar arbeitete sie auf der Infektionsstation, wo Kinder lagen, die an Mumps, Masern und anderen Infektionskrankheiten litten und deren Symptome so stark waren, dass sie nicht zu Hause gepflegt werden konnten. Besonders um den kleinen Thomas, der gestern mit Verdacht auf Kinderlähmung eingeliefert worden war, machte sie sich Sorgen.

Während die Lernschwestern den älteren Patienten das Frühstückstablett vor die Nase stellten und den jüngeren beim Essen halfen, bereitete sich Fanni auf die Visite mit dem leitenden Oberarzt Dr. Mook vor. Mit gerunzelter Stirn musterte sie die Krankenblätter, in die die Nachtschwestern die Ergebnisse der letzten Fiebermessung und andere Kommentare zum Krankheitsverlauf eingetragen hatten. Glücklicherweise schien es den meisten Kindern ein wenig besser zu gehen. Besonders für die kleine Ilse, die einen hochkomplizierten Scharlachverlauf nur knapp überlebt hatte, freute sie das. Aber ausgerechnet Thomas ging es schlechter. Er fieberte stark und klagte über Schmerzen in beiden Beinen. Natürlich war der Rachenabstrich positiv aus dem Labor zurückgekommen. Mit einem leisen Seufzen trug Fanni das Ergebnis ein. Sie hatte Dr. Mook erst daran erinnern müssen, den Abstrich anzuordnen. Der Oberarzt hatte diesen Angriff auf seine Autorität mit einem unwilligen Nicken quittiert. Er war ein schwieriger Chef, der einerseits über ein übersteigertes Selbstwertgefühl verfügte, andererseits aber nur über sehr begrenzte medizinische Fähigkeiten. Seine leitende Stellung verdankte er wohl eher seiner strammen politischen Gesinnung als seiner fachlichen Kompetenz.

»Moin, Schwester Fanni«, grüßte eine männliche Stimme hinter ihr.

Errötend fuhr sie herum. »Oh ... moin, Otto ... ähm ... ich meine, Doktor Casparius.« Der blonde Kinderarzt war der Halbbruder von Tante Lenis Ehemann und seit Kindertagen ihr erklärter Schwarm. Doch leider schien er in ihr immer noch das kleine Mädchen zu sehen, das er einst beim Pütschern auf der Elbe von einer Eisscholle gerettet hatte. Jedenfalls verhielt er sich ihr gegenüber gleichbleibend freundlich - leider in der Art eines gutmütigen älteren Bruders. Trotzdem hatte sie sich auch seinetwegen für die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester entschieden. Er hatte so leidenschaftlich von seiner Arbeit im Krankenhaus berichtet, dass sie den kleinen Patienten ebenfalls hatte helfen wollen. Dass sie Otto Casparius dabei fast täglich auf den langen Krankenhauskorridoren begegnete, war ein zusätzlicher Bonus.

Über sein blasses Gesicht huschte ein verärgerter Ausdruck. »Es tut mir leid, Fanni, dass Doktor Mook im Krankenhaus auf solchen Förmlichkeiten besteht.«

Erleichtert, dass sein Unmut nicht ihr galt, winkte sie ab. »Ach, das ist nicht schlimm. Und bestimmt wäre es auch Oberschwester Karin nicht recht, wenn wir uns bei der Arbeit duzen würden. Aber ... was machst du überhaupt hier? Bist du diese Woche nicht auf der Neugeborenenstation?« Die letzte Frage war rhetorisch. Natürlich kannte sie seinen Dienstplan in- und auswendig.

»Eigentlich ... ja«, erwiderte Otto gedehnt. Seine hellblauen Augen blitzten kurz auf. »Aber da Doktor Mook die Hitlerjugend Altona heute als Bannarzt auf einen Ausflug begleitet, werde ich ihn ein weiteres Mal bei der Visite vertreten.«

Fanni atmete auf. »Gott sei Dank.«

Otto blickte ihr prüfend ins Gesicht. »Wieso?«

»Ach, wir haben einen...

mehr

Autor

Michaela Grünigwar lange Jahre im Ausland tätig. Dort kam sie nicht nur mit interessanten Menschen und ihren Geschichten zusammen, sie entdeckte auch ihre große Liebe zum Reisen, das sie aber immer wieder zu ihren Lieblingsorten in Deutschland zurückführte, darunter auch Hamburg-Blankenese. Ihre Romane erzählen von Menschlichkeit, Liebe und Schuld und lassen die bewegte deutsche Vergangenheit lebendig werden. Mehrfach haben Michaela Grünigs Bücher den Sprung auf dieSPIEGEL-Bestsellerliste geschafft.
Blankenese - Zwei Familien

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt