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Solang der alte Peter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
TWENTYSIX CRIMEerschienen am21.04.20231. Auflage
"Solang der alte Peter ..." lautet die erste Zeile einer Münchner "Hymne", deren Melodie dem BR seit Kriegsende als Jingle für seine Verkehrsdurchsagen dient. Derselbe mitgeschnittene Jingle wurde 1981 den Eltern der kleinen Ursula Herrmann bei einem knappen Dutzend "Schweigeanrufen" als gespenstische Erkennungszeichen übers Telefon vorgespielt und setzte damit die "Tonart" diesen aufsehenerregenden und in der deutschen Kriminalgeschichte einmaligen Entführungsfalles. Der Autor nimmt die demnächst zu erwartende Entlassung des rechtskräftig verurteilten Täters zum Anlass, alle faktischen und rechtlichen, aber auch die bislang unbeachtet gebliebenen symbolisch-"kreativen" Aspekte der Tat in gewohnter Weise schonungslos kritisch, aber auch immens unterhaltsam zu beleuchten und die überraschenden Ergebnisse seiner unorthodoxen Analyse zum Kaleidoskop eines Verbrechens "nicht wie jedes andere" zusammenzufügen.

Geboren 1945 in Altensteig, Nordschwarzwald, wuchs Paul Werner in Wuppertal auf. Als Berufsoffiziersanwärter verließ er 1967 nach fast drei Dienstjahren die Bundesmarine. Anlass seiner Demission war der seines Erachtens damals von Politik und Justiz unter den Teppich gekehrte Mord an dem Studenten Benno Ohnesorg. In Würzburg und Bonn studierte er englische und russische Philologie auf das Höhere Lehramt. Ein weiteres Ziel, das er 1972 trotz des inzwischen erlangten Staatsexamens wieder verwarf. Stattdessen ergriff er die Gelegenheit, als Seiteneinsteiger Konferenzdolmetscher der EU-Kommission in Brüssel zu werden. Studierte parallel zu seiner Arbeit aus zuletzt acht "passiven" Sprachen ins Deutsche und Englische auch sechs Semester Jura an der Fernuni Hagen und hielt sich beruflich längere Zeit jeweils in verschiedenen europäischen Metropolen und Kulturen wie London, Kopenhagen, Athen, Moskau und Istanbul auf. Mit einer Dänin verheiratet, besuchte er Skandinavien und nicht zuletzt Norwegen regelmäßig zu Wasser und zu Lande. Nachdem er sich schon während seiner Militär- und Studienzeit immer mal wieder mit Gelegenheitsartikeln für alle möglichen Gazetten versucht hatte, widmete er sich vom Zeitpunkt seiner Pensionierung an fast ausschließlich der Abfassung von maritimen Essays und Abenteuerromanen mit kriminalistischem Einschlag (siehe Verzeichnis). Paul Werner ist geschiedener Vater dreier erwachsener, "durch und durch dänischer" Töchter, wohnt selbst jedoch in Heidelberg.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,50
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

Klappentext"Solang der alte Peter ..." lautet die erste Zeile einer Münchner "Hymne", deren Melodie dem BR seit Kriegsende als Jingle für seine Verkehrsdurchsagen dient. Derselbe mitgeschnittene Jingle wurde 1981 den Eltern der kleinen Ursula Herrmann bei einem knappen Dutzend "Schweigeanrufen" als gespenstische Erkennungszeichen übers Telefon vorgespielt und setzte damit die "Tonart" diesen aufsehenerregenden und in der deutschen Kriminalgeschichte einmaligen Entführungsfalles. Der Autor nimmt die demnächst zu erwartende Entlassung des rechtskräftig verurteilten Täters zum Anlass, alle faktischen und rechtlichen, aber auch die bislang unbeachtet gebliebenen symbolisch-"kreativen" Aspekte der Tat in gewohnter Weise schonungslos kritisch, aber auch immens unterhaltsam zu beleuchten und die überraschenden Ergebnisse seiner unorthodoxen Analyse zum Kaleidoskop eines Verbrechens "nicht wie jedes andere" zusammenzufügen.

Geboren 1945 in Altensteig, Nordschwarzwald, wuchs Paul Werner in Wuppertal auf. Als Berufsoffiziersanwärter verließ er 1967 nach fast drei Dienstjahren die Bundesmarine. Anlass seiner Demission war der seines Erachtens damals von Politik und Justiz unter den Teppich gekehrte Mord an dem Studenten Benno Ohnesorg. In Würzburg und Bonn studierte er englische und russische Philologie auf das Höhere Lehramt. Ein weiteres Ziel, das er 1972 trotz des inzwischen erlangten Staatsexamens wieder verwarf. Stattdessen ergriff er die Gelegenheit, als Seiteneinsteiger Konferenzdolmetscher der EU-Kommission in Brüssel zu werden. Studierte parallel zu seiner Arbeit aus zuletzt acht "passiven" Sprachen ins Deutsche und Englische auch sechs Semester Jura an der Fernuni Hagen und hielt sich beruflich längere Zeit jeweils in verschiedenen europäischen Metropolen und Kulturen wie London, Kopenhagen, Athen, Moskau und Istanbul auf. Mit einer Dänin verheiratet, besuchte er Skandinavien und nicht zuletzt Norwegen regelmäßig zu Wasser und zu Lande. Nachdem er sich schon während seiner Militär- und Studienzeit immer mal wieder mit Gelegenheitsartikeln für alle möglichen Gazetten versucht hatte, widmete er sich vom Zeitpunkt seiner Pensionierung an fast ausschließlich der Abfassung von maritimen Essays und Abenteuerromanen mit kriminalistischem Einschlag (siehe Verzeichnis). Paul Werner ist geschiedener Vater dreier erwachsener, "durch und durch dänischer" Töchter, wohnt selbst jedoch in Heidelberg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783740741907
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum21.04.2023
Auflage1. Auflage
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11550268
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

A. Kein Delikt wie jedes andere

Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt,
um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um
das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen,
oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage
eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit
Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (§ 239a/1 StGB)

â¦â¦â¦

Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den
Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder
Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren. (§ 239a/3 StGB)

Verspricht der kernige Gesetzestitel des oben zitierten Paragraphen 239a StGB, erpresserischer Menschenraub , fast schon so etwas wie eine pralle Räuberpistole mit aller Drum und Dran, so ist der doch recht sperrige Text von dessen erstem Absatz geeignet, den erwartungsfrohen Leser schlagartig zu ernüchtern.

Man mag das als exemplarisch für die Lehre vom Recht im Allgemeinen und die vom Strafrecht im Besonderen halten oder auch nicht - Tatsache ist, dass uns derlei Titel die urbayrischen Wurzeln des deutschen Strafrechts immer mal wieder mahnend ins Gedächtnis rufen. Sich dann und wann seiner Anfänge zu besinnen, hat wohl noch niemand geschadet, jemand wesentlich weitergebracht allerdings auch nicht unbedingt.

Erpresserischer Menschenraub kann bei näherer Begutachtung Spuren semantischen wie rechtssystematischen Schädlingsbefalls nicht verhehlen, macht aber als zünftiger Aufhänger ungleich mehr her als die vergleichsweise blutarme und auch nicht eben süffige Entführung zum Zwecke der Lösegelderpressung , die gut und gern als anspruchsvoller Titel einer Gebrauchsanleitung durchgehen würde.

Hüben wie drüben wird jedenfalls bereits aus der Formulierung deutlich, dass wir es mit einem zusammengesetzten Delikt zu tun haben, dessen zweiphasige Struktur sich rein begriffsbildungstechnisch beispielsweise mit dem Einbruchsdiebstahl vergleichen ließe.

Von diesem unterscheiden sich die Tatbestandsmerkmale des § 239a allerdings nicht nur durch ihren offensichtlich viel größeren Unrechtsgehalt, sondern auch durch ihre zeitliche Dehnung. Eine reine Äußerlichkeit, so schein es, die aber bei genauerem Hinsehen strukturrelevant ist.

Kann schon der Entführungsteil des Delikts, je nach den Umständen des Einzelfalles, eine für die Begehung von Straftaten im Allgemeinen eher unüblich lange Zeit in Anspruch nehmen, gilt das erst recht für den Erpressungsteil, dessen prekärer Schwebezustand sich bisweilen über Tage, Wochen und mehr hinzieht.

So wurde ein Enkel des Zeitungsverlegers Axel Springer bei seiner Entführung Mitte der achtziger Jahre stundenlang in den Kofferräumen mehrerer Autos zum Zwecke seiner Desorientierung scheinbar durch die halbe Republik gefahren, bis seine Kidnapper endlich am Ort der vorübergehenden Gefangennahme angekommen waren.

Und ein in Italien gekidnappter Enkel des amerikanischen Milliardärs Paul Getty befand sich geschlagene fünf Monate in der Hand seiner kalabrischen Entführer, bis man sich endlich mit Opa auf die Höhe des Lösegeldes geeinigt hatte.

Was unsere Aufmerksamkeit auf zwei weiteres Kennzeichen dieser Deliktart lenkt - Anzahl und Status der Opfer.

Als Geisel, die ich hier Primäropfer nennen möchte, kommen für die meisten Kidnapper entweder Kinder oder körperlich eher schwach konstituierte Personen in Frage, von denen wenig bis gar keine physische Gegenwehr zu erwarten ist. Was sich nicht unbedingt in einer umso schonenderen Vorgehensweise der Täter niederschlägt.

Auf eben diesen Sachverhalt nimmt der englischsprachige Terminus Kidnapping Bezug, der das Schreckbild eines mitten in der Nacht aus seinem Bettchen gerissenen und entführten Kleinkindes nach dem Muster des Lindbergh-Falles oder dem des deutschen schwarzen Mennes evoziert, der in den neunziger Jahren des nachts Kinder aus Jugendherbergen und Landheimen verschleppte - wenn auch nicht mit dem Ziel der Lösegelderpressung.

Durch die Erpressung werden nicht nur die Geisel als Primäropfer in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch deren Nächste, die ich als Sekundäropfer bezeichnen will, zur Mitwirkung gezwungen.

Erpresserischer Menschenraub könnte den Eindruck erwecken, als handele es sich hierbei rechtssystematisch um eine besonders schwere Form der Erpressung, im Rahmen derer das erforderliche Drohpotenzial nicht etwa durch den legalen oder illegalen Erwerb beispielsweise vitaler geschäftlicher oder peinlicher privater Geheimnisse, sondern durch den Raub eines nahestehenden Menschen geschaffen wird.

Dem ist nicht so. Kern dieses zusammengesetzten Tatbestandes ist und bleibt die freiheitsberaubende und damit potenziell die körperliche Unversehrtheit der Geisel gefährdende Entführung. Die sich in aller Regel nur gegen Vermögenswerte der Geisel selbst oder deren Nächste richtende Erpressung gehört wegen ihres geringeren Unrechtsgehalts eigentlich ans Ende dieses gedanklichen Kompositums, der reißerische Titel mit Entführung zum Zwecke der Lösegelderpressung vom Kopf auf die Füße gestellt.

Mal ganz abgesehen davon, dass wir Menschenraub , von dem auch im problematischen Verhältnis der beiden deutschen Staaten oftmals die Rede ging, heutzutage eher im ethnisch-völkerrechtlichen Zusammenhang der Verschleppung von Kindern oder weiteren Teilen der Zivilbevölkerung besetzter Gebiete verwenden.

Wenn der von den Entführern angestrebte Erfolg - im strafrechtlichen Sinne - eintreten soll, muss eine Brücke der Kommunikation von Phase eins zu Phase zwei geschlagen werden. Mit diesem Zwang zur Kontaktaufnahme, dem die Täter unterliegen, korrespondiert auf Seiten der Sekundäropfer eine Mitwirkungspflicht in Gestalt der Bereitstellung des geforderten Lösegeldes.

In dieser notwendigen Wechselseitigkeit liegt ein weiteres Kennzeichen der Deliktart, der zugleich als ihr erster neuralgischer Punkt gelten muss. Die zweite und meist noch kritischere Sollbruchstelle ist offensichtlich der Moment der Lösegeldübergabe.

Wie oft Kommunikation auch ohne individuelles Verschulden schon im banalen Alltagsgespräch scheitert, wissen wir alle aus unserem privaten oder beruflichen Erleben. Strenggenommen sind nur erstaunlich wenige von uns wirklich in der Lage, mündlich oder schriftlich genau das zum Ausdruck zu bringen, was sie tatsächlich meinen. Es gehört zu den ausgesprochen merkwürdigen und beängstigenden Phänomenen dessen, was wir Sprache nennen, dass sich die Wörter auch ohne die Mitwirkung Dritter in unserem Munde oder auf dem Papier liebend gern gegen uns zu wenden scheinen, als könnten sie Gedanken lesen und wüssten daher besser, was wir eigentlich auf dem Herzen haben. Dann kramen sie aus der Mottenkiste unseres oft sehr beschränkten Wortschatzes Ausdrucksformen hervor, die dies gegen unseren erklärten Willen erkennen lassen.

Denken wir uns jetzt noch den Stress aller Beteiligten einer Entführung / Erpressung hinzu, potenziert sich die Gefahr von Missverständnissen und daraus resultierenden Pannen dramatisch.

Bei der Abwägung von Quantität und Qualität der Kommunikation müssen beide Seiten äußerste Vorsicht walten lassen. Täter dürfen keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit zur Durchsetzung ihrer Forderungen aufkommen lassen, sollten aber jedes Wort wägen, um der Polizei nicht ungewollt Hinweise auf ihre Identität zu geben.

Die Sekundäropfer können versuchen zu feilschen, dürfen aber keine Zweifel an ihrer grundsätzlichen Zahlungswilligkeit wecken. Jeder noch so winzige falsche Zungenschlag hüben oder drüben kann die Transaktion zum Nachteil der in diesem Austausch allein weitgehend handlungsunfähigen Geisel zum vorzeitigen Scheitern bringen.

Aber auch die vorübergehende Allmacht der Kidnapper hat ihre Grenzen, denn darüber, ob man ihrer Forderung nach der Nicht-Einschaltung von Ermittlungsbehörden nachkommt oder nicht, haben sie jedenfalls bei deren geschicktem Verhalten so gut wie keinerlei Kontrollmöglichkeit.

Diese Art Hängepartie kann auf beiden Seiten zu einer nervlichen Überforderung führen, die sich umso schneller einstellenwird, als weder Täter noch Sekundäropfer vermutlich je zuvor mit dieser Deliktart in Berührung gekommen sind und es für derlei Premieren nur wenige allgemein verbindliche Verhaltensregeln geben kann. Unter den Folgen dieser Überforderung und eventuell daraus resultierenden Kurzschlusshandlungen leiden wird erneut stets die sozusagen immobilisierte Geisel.

Was uns zu einem weiteren Kennzeichen der Entführung als Deliktsorte sui generis führt: der generell mangelnden Eignung und Erfahrung der Täter, deren Ungeschicklichkeiten gerade im Bereich Kidnapping zu auffallend häufigen Pleiten, Pech und Pannen...
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