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Sammelsurium der Zeit

WeltenWechsler Geschichten 1
tolino mediaerschienen am01.07.2023
»Zeit ist relativ.« Zwischen Jahren und Jahrzehnten Jedes Mal, wenn ich das Krächzen einer Krähe höre, halte ich Ausschau. Lausche auf diesen gewissen Unterton, auf Worte, die sich einfach zwischen meine Gedanken pflanzen. Die Hoffnung auf einen Geist. Unmöglich. Aber ich habe genug Dinge gesehen, die mich an Monster und Gespenster glauben lassen. Vielleicht erzähle ich deshalb ihre Geschichten. Es gibt so viele, die noch übrig sind. Vergangenheiten, über die gelogen oder nie ein Wort verloren wurde. Jahrzehnte voller geretteter Leben und verblasster Freundschaften. So etwas wie eine Familie. Also stöbere ich entlang der Lebensfäden, die das Chaos bedingen, in dem Vanjar und ich gelandet sind. Weil das alles viel zu wichtig ist, um in Vergessenheit zu geraten. Jordi del Ferana

Carolin Summer ist verlagsunabhängige Autorin und Texterin aus dem Saarpfalz-Kreis. Zuhause ist sie in den Genre Fantasy und Krimi - oder beidem zugleich. Für ihr aktuelles Projekt hat sie eine alte Idee aus ihrem Notizbuchstapel befreit und veröffentlichte seit 2018 die Urban-Fantasy-Krimis der »WeltenWechsler Akten« inklusive Geschichtenbänden. Wenn sie nicht gerade tippt, übt sie sich außerdem in Hobby-Konditorei und übernimmt Grafik- und Illustrationsaufträge.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR16,80
BuchKartoniert, Paperback
EUR9,80

Produkt

Klappentext»Zeit ist relativ.« Zwischen Jahren und Jahrzehnten Jedes Mal, wenn ich das Krächzen einer Krähe höre, halte ich Ausschau. Lausche auf diesen gewissen Unterton, auf Worte, die sich einfach zwischen meine Gedanken pflanzen. Die Hoffnung auf einen Geist. Unmöglich. Aber ich habe genug Dinge gesehen, die mich an Monster und Gespenster glauben lassen. Vielleicht erzähle ich deshalb ihre Geschichten. Es gibt so viele, die noch übrig sind. Vergangenheiten, über die gelogen oder nie ein Wort verloren wurde. Jahrzehnte voller geretteter Leben und verblasster Freundschaften. So etwas wie eine Familie. Also stöbere ich entlang der Lebensfäden, die das Chaos bedingen, in dem Vanjar und ich gelandet sind. Weil das alles viel zu wichtig ist, um in Vergessenheit zu geraten. Jordi del Ferana

Carolin Summer ist verlagsunabhängige Autorin und Texterin aus dem Saarpfalz-Kreis. Zuhause ist sie in den Genre Fantasy und Krimi - oder beidem zugleich. Für ihr aktuelles Projekt hat sie eine alte Idee aus ihrem Notizbuchstapel befreit und veröffentlichte seit 2018 die Urban-Fantasy-Krimis der »WeltenWechsler Akten« inklusive Geschichtenbänden. Wenn sie nicht gerade tippt, übt sie sich außerdem in Hobby-Konditorei und übernimmt Grafik- und Illustrationsaufträge.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757912390
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.07.2023
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse491
Artikel-Nr.11551163
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


# Sorgenworte

[Freitag, 27. Juni, Paris, Rue Pierre Semard]

 

»Bleibst du?«

Wie viel Unsicherheit passte eigentlich zwischen zwei Worte? Jordi blickte vom Skizzenbuch auf, ohne den Bleistift beiseitezulegen. Fragend sah Luanna ihn an, die gleiche Müdigkeit ins Gesicht geschrieben, die ihm selbst in den Knochen steckte.

Im Moment brachte er es nicht fertig, zu antworten. Weil das, was sie hören wollte, auf eine Lüge hinauslief. Weil alles, was er sagen konnte, zu sehr nach demjenigen klang, der eigentlich an diesem Schreibtisch sitzen sollte. Aber Vanjar war nicht hier, nicht mehr. Auch wenn die Unterlagenstapel unter dem Zeichenkram wirkten, als ob der Weltenwechsler jeden Augenblick neben ihnen auftauchen müsste. Fallakten, Einsatzberichte, Dienstpläne. Dazwischen eine Dose kandierter Ingwer und eine halbleere Teetasse. Niemand hatte aufgeräumt. Abgesehen von Jordi wagte nicht einmal wer, den Tisch überhaupt anzurühren. Die Illusion einer Normalität, die bis vor einigen Tagen geherrscht hatte und von der jetzt kaum mehr übrig war als Spiegelungen in den Splittern eines Scherbenhaufens.

Er klemmte den Bleistift unter die Seiten und zog eine der Schreibtischschubladen auf. Kein Schließzauber hinderte ihn diesmal daran. Zum Vorschein kamen vier unbeschriftete Akten. Alte Pappordner, gefüllt mit losen Blättern. Manche geknickt, andere von Klammern zusammengehalten. Einige mit Daten, Orten oder Uhrzeiten versehen. Zum Teil von Hand geschrieben, auf unterschiedliches Papier.

Eine davon drückte er Luanna in die Finger. Zögerlich fing sie an zu blättern. »Was ist das?«

»Die Wahrheit.«

Sie starrte die Seiten an. Die gleiche Handschrift, mit der ein gewisser Dokumentationszauber ihr Notizbuch gefüllt hatte.

Unsere Geschichte wäre wohl die bessere Antwort gewesen. All das, was geschehen war, aber nie den Weg in offizielle Berichte gefunden hatte. Nicht dieser Haufen umgangener Regeln und dreckiger Lügen, mit denen Vanjar alles geradegebogen und schöngeredet hatte.

»Da stehen Dinge drin, die ich besser nicht wissen sollte, oder?«, fragte sie.

Jordi legte die Zeichensachen weg und stand auf. Mit den übrigen Ordnern im Schlepptau deutete er zu den Sofas. »Vermutlich. Auf jeden Fall eine Menge Dreck, den er dir besser gesagt hätte. Kategorie Schweigen ist loyaler als Lügen , Marke Die Beichte darfst du selbst ausbaden , allerunterste Schublade.«

Noch eine Nuance blasser, als sie ohnehin schon war, presste sie die Mappe an sich. »Du machst mir Angst.«

»Sorry.«

Die Entschuldigung klang schal. Träge ließ er sich in die lindgrünen Polster fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie sollte die Wahrheit nicht aus dem Durcheinander da fischen müssen. Dieser Mischung aus Berichten und Tagebüchern voller von der Seele geschriebener Sorgen und Geheimnisse, die Vanjar hiergelassen hatte. Doch ebenso wenig wollte er ihr den Horror persönlich auftischen, der zwischen den Zeilen lauerte. Scheiße, das war genau die Situation, in die er selbst vor Wochen geraten war - nur dass er dabei an Luannas und Van an seiner Stelle gestanden hatte.

Zwischen den Fingern hindurch linste er zu ihr hinüber. Aufeinandergepresste Lippen und dunkle Augen, die ihn unverwandt ansahen.

»Erzähl«, verlangte sie.

Müde ließ er die Hände sinken, nur um den entsprechenden Ordner aufzuschlagen. Einer der Einträge, die er als Erstes nachgeschlagen hatte.

»Dämmerung in den Banlieues, Saint Denis. Salomontitelte das Klingelschild.«

Vorzulesen fühlte sich mies an. Aber sie länger im Ungewissen zu lassen, kam nicht infrage, also fuhr er fort. Zeile für Zeile über die Sache mit ihrem Vater und den Fluch, der ihr Leben endgültig auf den Kopf gestellt hatte, nachdem sie im Belladonna ins Chaos geschlittert war.

Luanna lauschte, saugte die Sätze förmlich auf, während Tränen über ihr Gesicht liefen. Fahrig blätterte sie durch die Seiten, die er ausließ, bis er es nicht länger schaffte zu reden. Übrig blieb erdrückendes, nervenzermürbendes Schweigen. Eine Kaskade aus Wut und Hass wäre akzeptabel gewesen. Mit Streit, Lärm und Vorwürfen hatte er sogar gerechnet, aber nicht mit dieser beängstigenden Stille.

»Was denkst du?« Seine Frage war kaum mehr als ein Flüstern.

Sie ließ sich Zeit mit der Antwort. Schob die Seiten zu einem Stapel zusammen, als ließen sich so auch die Gedanken in ihrem Kopf ordnen.

»Ich frage mich ständig, was ohne meine Begegnung mit der paranormalen Gesellschaft passiert wäre. Und weißt du was? Die Antwort tut genauso weh, wie zu wissen, dass Vanjar sich mit mehr Leuten als dem Junkie in Pigalle angelegt hat, um mir aus dem Dreck zu helfen.« Sie schluckte, strich sich die Locken aus dem Gesicht und atmete durch. »Früher oder später wäre Mama zurückgekommen und Maxi beim Versuch, sie zu unterstützen, genauso in die Scheiße geraten wie jetzt. Er ist nicht wie ich. Er kann unseren Eltern nicht einfach den Rücken kehren und sie ihrem Schicksal überlassen. Keine Ahnung, wie das mit der Vormundschaft dann ausgegangen wäre. Wahrscheinlich hätte er sich zu sehr von mir im Stich gelassen gefühlt, um sich von einem Ausstieg aus der Gang überzeugen zu lassen. Und Pa würde ihn immer noch tyrannisieren. Nichts davon wäre besser als die Situation jetzt.«

»Trotzdem war es falsch.«

»Ja. Wie alles. Das Belladonna, die Akte über deinen Dad, die Sache mit Jean ... Die Liste ist endlos. Ich hasse die paranormale Gesellschaft für ihre verqueren Prinzipien. Es gibt hier kein Gut oder Schlecht, weil sogar die Guten die gleichen Saiten aufziehen müssen wie die Bösen, um überhaupt etwas zu bewirken. Und für euch ist das völlig normal. Van hat viel Scheiße gebaut, aber das ändert nichts daran, dass er uns genau damit geholfen hat. Mir, meinem Bruder und vielleicht sogar meiner Mutter. Und dir ebenfalls. Ich wäre gerne einfach nur stinkwütend, aber nicht mal das bekomme ich hin.«

Zwischen Tränen hervorsprudelnde Ehrlichkeit. Statt etwas zu erwidern, nahm Jordi sie in den Arm.

Nach einer geraumen Weile legte Luanna die Mappe auf den Tisch und kramte ihre Zigaretten aus der Cardigan-Tasche. Mit einer davon zwischen den Fingern deutete sie auf die Papiere. »Was hast du damit vor?«

Das einzig Richtige. »Sie zu Ende erzählen.«

Den Kopf noch immer an seine Schulter gelehnt, zog sie die Beine an und ein Sofakissen heran, um es sich bequemer zu machen. »Wieso?«

Das leise Knistern der aufglimmenden Kippe füllte die nachdenkliche Pause.

»Weil ich nicht einfach bei Null anfangen kann. Und weil es sich falsch anfühlt, sie so zu lassen.«

»Genauso falsch, wie zu bleiben?«

Damit waren sie wieder am Anfang dieses Gesprächs angelangt - was die Frage kein bisschen angenehmer machte. Dabei stand die Antwort längst fest. Eine Silbe, zwei Buchstaben. Ja. Dass er sie nicht aussprach, machte es nicht weniger schmerzhaft.

»Aber - wo willst du denn hin?«

Weg von Gris. Raus aus Paris. »Dorthin, wo ich noch nicht gewesen bin. Immerhin steht ein Teil meiner Weltreise noch aus. Nach New York vielleicht. Keeden Clark wartet ziemlich weit oben auf meiner Rechercheliste.«

Luanna setzte sich auf, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Paranormalitätsforschung? Ist das dein Ernst?«

»Nennen wir es Dimensionalwissenschaft . Ich bin in den vergangenen Monaten in Zwischendimensionen und anderen Universen gelandet. Wir haben gesehen, was passiert, wenn die falschen Leute mit multidimensionalen Phänomenen zu tun bekommen, und welchen Schaden Risse und Spalten im Weltengefüge hervorrufen können. Ich habe genug von dem Mist durchgestanden, um zu wissen, dass es nie wieder so weit kommen darf.«

Halb fassungslos, halb besorgt schüttelte Luanna den Kopf. »Wie kann ich dir das ausreden?«

Der Frage folgte eine Nikotinwolke. Dicke Luft, im doppelten Sinne.

»Gar nicht.« Der Entschluss hatte sich seit Tagen in seinem Kopf festgefressen. »Gris kann mich mal kreuzweise. Team Beta gibt es nicht mehr. Aber der Kampf für die Sicherheit der paranormalen Gesellschaft und den Frieden mit der unwissenden Bevölkerung ist verdammt real.«

Im Dienste der Gerechtigkeit, um die Geheimnisse zu wahren und jedes Leben zu schützen. Der Diensteid, der noch immer Teil seines Credos war, egal, was er inzwischen von der Organisation hielt.

Vorwurfsvoll verzog Luanna das Gesicht. »Du bist keinen Deut besser als Vanjar. Ein Geheimniskrämer, der nicht einmal die Hälfte von dem erzählt, was er tatsächlich weiß, und eigenbrötlerisch seiner Wege zieht, um einem unerreichbaren Ziel nachzujagen.«

»Ja.« Er hatte gelernt, sich nicht auf eine Seite zu stellen.

Luanna erhob sich und drückte die halb gerauchte Zigarette aus. Protest, Zweifel und eine Menge Fragen standen ihr ins Gesicht geschrieben, doch nur eine davon fand den Weg nach draußen. »Wieso?«

»Weil aufgeben nicht infrage kommt. Ich werde weitermachen. Ich habe versprochen, dass ich weitermache. Gegen das Chaos und die Kompromittierung dieser Welt kämpfe. Damit das alles«, er deutete auf den Aktenstapel, »nicht umsonst war.«

 

*

 

Jedes Mal, wenn ich das Krächzen einer Krähe höre, halte ich Ausschau. Lausche auf diesen gewissen Unterton, auf Worte, die sich einfach zwischen meine Gedanken pflanzen. Die Hoffnung auf einen Geist.

Unmöglich.

Aber ich habe genug Dinge gesehen, die mich an Monster und Gespenster glauben lassen. Vielleicht erzähle ich deshalb ihre Geschichten. Es gibt so viele, die noch...
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