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Die Hüter der Gralsburg

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
251 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.08.20232023
Abtei Amorbach, Anno Domini 1426. Bei einem Besuch der Klosterbibliothek stößt Bruder Hilpert auf ein sorgsam gehütetes Geheimnis. Auf einer Burg in der Nähe, so der Bibliothekar der Abtei, werde das verschollen geglaubte Originalmanuskript des 'Parzival' aufbewahrt. Von der Nachricht fasziniert, macht sich der Detektiv im Mönchshabit auf den Weg, um das kostbare Relikt zu begutachten. Wider Erwarten fällt der Empfang auf Burg Wildenberg jedoch alles andere als freundlich aus, nicht lange, und Hilpert gerät in große Gefahr.

Uwe Klausner wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte und Anglistik absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt Uwe Klausner mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst, darunter »Figaro - oder die Revolution frisst ihre Kinder«, »Prophet der letzten Tage«, »Mensch, Martin!« und erst jüngst »Anonymus«, einen Zweiakter über die Autorenschaft der Shakespeare-Dramen, der 2019 am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda uraufgeführt wurde.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
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EUR4,99

Produkt

KlappentextAbtei Amorbach, Anno Domini 1426. Bei einem Besuch der Klosterbibliothek stößt Bruder Hilpert auf ein sorgsam gehütetes Geheimnis. Auf einer Burg in der Nähe, so der Bibliothekar der Abtei, werde das verschollen geglaubte Originalmanuskript des 'Parzival' aufbewahrt. Von der Nachricht fasziniert, macht sich der Detektiv im Mönchshabit auf den Weg, um das kostbare Relikt zu begutachten. Wider Erwarten fällt der Empfang auf Burg Wildenberg jedoch alles andere als freundlich aus, nicht lange, und Hilpert gerät in große Gefahr.

Uwe Klausner wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte und Anglistik absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt Uwe Klausner mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst, darunter »Figaro - oder die Revolution frisst ihre Kinder«, »Prophet der letzten Tage«, »Mensch, Martin!« und erst jüngst »Anonymus«, einen Zweiakter über die Autorenschaft der Shakespeare-Dramen, der 2019 am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda uraufgeführt wurde.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839276983
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum09.08.2023
Auflage2023
Reihen-Nr.9
Seiten251 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11592404
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


4

»Ich weiß gar nicht, wie ich Euch danken soll, Bruder«, war mein Gastgeber voll des Lobes, von Amts wegen Vorsteher einer Abtei, deren Gründung bis in die graue Vorzeit reicht. Auf wen sie zurückgeht, ist zwar nicht bekannt, doch wurde der Bauplatz klug gewählt, am Schnittpunkt zweier Handelswege, die das Waldland südlich des Moenus durchqueren. Nicht weiter verwunderlich, dass sich die Lage als fatal erwies, zum Verdruss meines respektheischenden Gastgebers, der nicht müde wurde, die dem Luxus frönenden Konventualen im Zaum zu halten. Seit 20 Jahren Vorsteher der Abtei, haftete ihm der Ruf eines hochgebildeten Asketen an, für den die Benediktsregel das A und O bedeutete. Dass er sich unter den Subalternen nicht nur Freunde machte, wenn er zur Disziplin aufrief, verstand sich quasi von selbst. Dank der Aura, die er verströmte, hielt sich das Murren unter den Mönchen jedoch in Grenzen.

Abt Dietrich, dessen Herkunft hier nicht zur Debatte steht, war überdurchschnittlich groß, von kräftiger Statur und besaß ein kantiges Gesicht sowie einen Blick, dessen Schärfe demjenigen eines Jagdfalken glich. Wenngleich erheblich älter, als seine drahtige Gestalt vermuten ließ, stand seine Entschlusskraft außer Frage, ein Eindruck, der sich im Timbre seiner Bassstimme widerspiegelte. »Wärt Ihr nicht gewesen, wer weiß, wie der Streit mit dem Grafen geendet hätte!«

Ergänzend sei erwähnt, dass meine Anwesenheit in der Abtei kein Zufall war. Ich handelte im Auftrag meines Abtes, der mich bat, die Rolle des Vermittlers in einem Rechtsstreit zu übernehmen. Hier der benachbarte Graf, der behauptete, die Abtei schulde ihm noch Geld, auf der Gegenseite der klamme Konvent, der erklärte, beim Kauf eines Waldstücks hinters Licht geführt worden zu sein. Die Fläche, so die Begründung, sei erheblich kleiner gewesen, als vom Verkäufer behauptet - ein Faktum, das sich als korrekt erwies. Und das dazu führte, dass der Graf den Kürzeren zog, unter tätiger Mithilfe meiner Wenigkeit, die ihm klarmachte, dass er keine Chance besaß.

»Wie dem auch sei, Ihr wart im Recht«, stellte ich unmissverständlich klar, »und nur darauf kommt es ja wohl an.«

»Ihr wisst doch selbst, wie das ist, Bruder«, hielt der weltgewandte Abt dagegen, deutete mit einer Kopfbewegung an, mich ihm anzuschließen, und steuerte auf die Pforte im Seitenschiff zu, durch die man von der Abteikirche in den Kreuzgang gelangte. Auch die Fratres strömten in Zweierreihen von dannen, um sich zur Nachtruhe ins nahe gelegene Dormitorium zu begeben, die Kapuzen tief in die Stirn gezogen. »Wenn man im Recht ist, bedeutet das nicht, dass man es auch bekommt.«

»Wohl wahr«, pflichtete ich mit nachdenklicher Miene bei, umflort von den Düften des Kreuzganggartens, die sich wie Balsam auf meine lädierten Sinne legten. Die Bank in seiner Mitte lud zum Verweilen ein, überragt vom Geäst eine Eibe, neben der sich ein Bassin mit Wasserrosen befand. Ein gekiester Ringweg trug das Seinige dazu bei, den Eindruck einer unberührten Idylle zu erwecken, der durch die Schwertlilien an den Arkaden abgerundet wurde. »Ihr kennt ja das Sprichwort, Vater Abt: Summum ius, summa iniuria .«

»Ergo: Es gibt Situationen, die einen dazu zwingen, das Recht in die eigene Hand zu nehmen, ob aus Überzeugung oder nicht, spielt keine Rolle.«

»Und an was habt Ihr dabei gedacht?«

»An nichts Konkretes, Bruder«, erwiderte der Abt, eine Replik, die an Glaubwürdigkeit zu wünschen übrig ließ. »War nur so ein Gedanke, nicht der Rede wert.«

»Wie dem auch sei, ich bin der Meinung, es steht uns nicht zu, zur Selbstjustiz zu greifen. Täten wir es dennoch, begingen wir einen Akt der Barbarei.«

»Hört, hört!«, versetzte der Abt amüsiert, ein schwer zu deutendes Lächeln im Gesicht, das so schnell erstarb, wie es aufgeblitzt war. »Und die Fehden zwischen verfeindeten Geschlechtern, all die Racheaktionen, Sühnemorde und kriminellen Machenschaften - wie steht es damit?«

»Dafür sind die Gerichte zuständig, und das ist auch gut so. Der Rachsucht freien Lauf zu lassen, weil man sich ungerecht behandelt fühlt - in meinen Augen hätte das zur Folge, dass ...«

»Das Land binnen kurzem in Anarchie versinkt?«

»Denke ich schon. Ihr etwa nicht?«

»Gott erhalte Euch Eure Zuversicht, Bruder. Was mich betrifft, ich habe meinen Glauben an Justitia verloren.«

»Ich nehme an, es gibt einen Grund dafür?«

»Und das aus dem Mund eines Kriminalisten«, stieß Abt Dietrich halb spöttisch, halb missbilligend hervor, runzelte die Stirn und beäugte mich kritisch von der Seite. »Ihr seid doch ein weitgereister Mann, oder gehe ich da fehl?«

»Keineswegs.«

»Ein Mann, der es gewohnt ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen.«

»Womit man sich keine Freunde macht.«

Am Südende des Kreuzgangs angekommen, wandte sich Abt Dietrich auf dem Absatz um, steuerte auf das nächstgelegene Arkadenfenster zu und verharrte in nachdenklichem Schweigen. Dann raunte er mir aufmunternd zu: »Jetzt mal ganz ehrlich, Bibliothekarius - von Bruder zu Bruder: Findet Ihr wirklich, hierzulande lässt es sich friedvoll leben?«

»Das habe ich nicht gesagt, Vater Abt.«

»Sondern?«

Irritiert durch die barsche Erwiderung, horchte ich unvermittelt auf. Dann trat ich neben den Abt und sagte: »Dass das Land in einer Krise steckt, dürfte niemandem verborgen geblieben sein. Man denke nur an die Invasion der Hussiten, allein dabei wird einem angst und bange. Und wenn ich mir so anschaue, wie hilflos die Reichsstände reagieren, wenn die Banden sengend und brennend durchs Land ziehen, dann ...«

»Seht Ihr, genau darauf wollte ich hinaus«, warf der Abt bekräftigend ein, wie ein Mime, der darauf brennt, dass sein Stichwort fällt. »Wo man auch hinschaut, die Vorboten der Apokalypse sind nicht weit. Von den marodierenden Ketzern einmal abgesehen, wer, frage ich Euch, besitzt noch den Mut, ohne bewaffnete Eskorte über Land zu reisen? Ich jedenfalls nicht, das gebe ich offen zu. Glücklich derjenige, der nur seine Barschaft verliert - denn wenn man an den Falschen gerät, könnte es auch das Leben sein.« Der Abt hob abwehrend die Hände, gerade so, als ahne er meinen Einwand voraus. »Spart Euch die Worte, Bruder, ich weiß genau, was Ihr gleich sagen werdet. Ich gebe es ja zu, das Los der Armen gibt einem zu denken, aber wer glaubt, es könne auch nur halbwegs als Entschuldigung dienen, der lügt sich in die eigene Tasche. Mord und Totschlag allerorten, so weit musste es mit uns kommen. Geächtete und Schnapphähne, die auf Beute lauern, marodierende Banden, die sich jedem verdingen, der ihre Geldgier stillt, vagabundierende Ketzer, die ihr Gift in die Ohren des Landvolks träufeln, wahre Scharen von Entwurzelten, die sich an die Fersen von falschen Propheten heften, Zank und Hader zwischen den Mächtigen nicht zu vergessen, die dafür sorgen, dass das Land an den Rand der Anarchie gerät: Wer da noch der Auffassung ist, das alles sei nur halb so schlimm, dem ist nicht mehr zu helfen.«

»Darf ich Euch daran erinnern, Vater Abt: Wer zum Schwert greift, der wird durch das Schwert zugrunde gehen.«

»Ein schwacher Trost, findet Ihr nicht auch?«, fügte Abt Dietrich mit einem tiefen Atemzug hinzu, das Gesicht dem westlichen Horizont zugewandt, der im Abglanz des dahindämmernden Tages erstrahlte, ein Schauspiel, das einem Traumbild glich. Fast schien es, als lodere eine Feuersbrunst zum Firmament empor, und wie um die Illusion perfekt zu machen, waren die Baumkronen über dem Talgrund in Purpurrot getaucht. Nicht lange indes, und die Nacht breitete ihre Bahrtuch über der Klosteranlage aus, und als habe er einen geheimen Wink bekommen, flatterte in der Ferne ein riesiger Schwarm Kolkraben auf, überquerte den rotglühenden Horizont und verschwand. Auch der Garten, bis vor kurzem noch ein irdisches Paradies, lag in tiefem Dunkel, verborgen hinter dichten Dunstschwaden, die das Panorama in eine triste Einöde verwandelten. »Auge um Auge, Zahn um Zahn. Bitte nehmt das nicht persönlich, aber mehr fällt mir zu dem Thema nicht ein.«

»Wer dich auf deine rechte Wange schlägt, dem halte auch die andere hin. Evangelium des Matthäus, Kapitel 5, Vers 39«, gab ich kurz angebunden zurück, darauf bedacht, dem sich anbahnenden Disput die Spitze zu nehmen, und wandte mich den umliegenden Grabplatten zu, über die sich der Abglanz der Abendröte ergoss. Ein jähes Aufglimmen, wie Kaminfeuer kurz vor dem Erlöschen, ein unstetes Flackern, vergleichbar mit einer heruntergebrannten Kerze - und der Kreuzgang lag in tiefem Dunkel. »Merkwürdig, findet Ihr nicht auch?«

»Was denn?«, hakte der Abt mit lauerndem Tonfall nach, ein Windlicht in der Hand, dessen Kegel suchend über die Fliesen huschte. »Ich schlage vor, wir lassen die Toten ruhen, oder seid Ihr da etwa anderer Meinung?«

»Das da«, antwortete ich gedämpft, unter Missachtung der rhetorischen Frage, die mir nunmehr, da ich dies niederschreibe, in gänzlich anderem Licht erscheint. Um einen Sinn dahinter zu erkennen, war es noch zu früh, bedauerlich zwar, aber nicht zu ändern. »Die Grabplatte da drüben, sie scheint mir neueren Datums zu sein.«

»Meine Hochachtung, Bruder«, erwiderte der Abt gepresst, von jetzt auf gleich wie um Jahre gealtert, das Gesicht wachsbleich, einer Totenmaske zum Verwechseln ähnlich. »Mir scheint, es entgeht Euch nichts, Ihr genießt Euren Ruf zu Recht.«

»Ihr seid zu gütig, Vater Abt«, gab ich pflichtgemäß zurück, in den Anblick der Grabplatte aus Keupersandstein vertieft, erst seit kurzem bearbeitet, wie die...

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